Wilhelm Furtwängler - Maßstab, unzeitgemäß, Solitär?

  • Gemacht hat er das u.a. mit einer äußerst fein abgestuften Agogik, mit vielfältigen Temporückungen jenseits alles rein metronomischen Denkens.

    Sagt man das Thielemann nicht auch nach? 8+)

    Aber das ist nicht der springende Punkt. Dieser liegt vielmehr in dem von Yukon gebrachten Thärichen-Zitat (Beitrag 30).

    Und da sind wir schon wieder beim Außermusikalischen ...

  • Nein, ja.

    Wie du siehst, kann ich das auch... :sev:

    Ich habe nie das Gegenteil behauptet! :wink: ;+)

    Du kannst offensichtlich auch nicht lesen: ich habe nicht von DDR und SU gesprochen, sondern nur vom Dritten Reich.

    Eben, mein lieber teurer Freund; eben! Und ich erweitere das thematisch, weil Diktatur Diktatur ist, sei sie nun braun oder rot. Und ich erinnere mich keines Filmes, der Schostakowitsch die Leviten liest, weil jener in der SU Karriere machte und er mit Preisen und Auszeichnungen überhäuft wurde.

    Ich habe gar nichts angedeutet, sondern mich bemüht zu erklären, daß dieser Film keine Biopic der damaligen Verhältnisse darstellt. Er will ein Bewußtsein schaffen und nimmt Furtwängler als Fallbeispiel.

    Entschuldige, aber diese feine Trennung wird wohl den wenigsten Rezipienten bewusst sein. Wie auch immer die Intention und der methodische Zugriff waren, in jedem Fall wird WF instrumentalisiert und benutzt und letztlich über Gebühr negativ dargestellt.

  • Entschuldige, aber diese feine Trennung wird wohl den wenigsten Rezipienten bewusst sein. Wie auch immer die Intention und der methodische Zugriff waren, in jedem Fall wird WF instrumentalisiert und benutzt und letztlich über Gebühr negativ dargestellt.


    Diese feine Trennung sollte einem Rezipienten bewusst sein, wenn er das Stück sieht. Die Dramenfiguren, die in Peter Shaffers "Amadeus" ihre Namen tragen, haben mit den realen historischen Figuren Mozart und Salieri nur wenig zu tun (zum Glück!) trotzdem ist das ein verdammt gutes Theaterstück. Beaumarchais war als historische Figur jemand anderes als die Dramenfigur in Goethes "Clavigo" (entstanden sogar noch zu Lebzeiten Beaumarchais´), der historische Phillipp II. und sein Sohn Don Carlos haben wenig mit Schillers Dramenfiguren zu tun. Von Paul Barz gibt es ein sehr gelungenes Theaterstück über eine mögliche Begegnung zwischen Bach und Händel. Wir alle wissen, dass eine solche Begegnung in Wirklichkeit nie stattgefunden hat.
    Kurz: Es gibt viele, viele Theaterstücke, in denen Figuren auftreten, die an historische Vorbilder angelehnt sind und deren Namen tragen. Wer solch ein Stück sieht, dem muss aber bewusst sein, dass er eine von einem Autor erfundene Dramenfigur in einer von einem Autor erfundenen Situation sieht, keine historische Reportage. Und damit hat der Autor auch nicht die Verpflichtung, sich immer an die historischen Fakten halten. Er kann aus Don Carlos einen Freiheitskämpfer machen, aus Salieri einen Mörder und aus Furtwängler einen ängslichen Schwächling, wenn er es gut macht. Er kann auch eine mögliche Begegnung zwischen Bach und Händel auf die Bühne stellen oder eine erfundene Geschichte über die erfindung der Currywurst, wenn ihm etwas Gutes einfällt.

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Zitat

    Sagt man das Thielemann nicht auch nach?

    Mag sein - aber zumindestens für meine Ohren ist Thielemann :sleeping: noch weit, weit weg von Furtwängler. Als ich ihn mal live erlebt habe, hatte ich Mühe, nicht einzuschlafen.

    Zitat

    Und da sind wir schon wieder beim Außermusikalischen ...

    Nein, nicht unbedingt. Es geht um die Ausstrahlung, die ein Dirigent in seinem persönlichen Umgang mit der Partitur entwickelt. Und auch auf den unteren Ebenen, auf denen ich als Instrumentalist agiere, kann man da enorme Unterschiede erleben. Die meisten pinseln ihren Takt mehr oder minder technisch gekonnt herunter, aber ab und an (leider viel zu selten) trifft man schon auf jemanden, der bei den Musikern eine ungewöhlich hohe Spannung erzeugen kann. Und das hängt bei demjenigen, dem das gelingt, offenkundig mit der Intensität seines eigenen Musikerlebens zusammen - bzw. mit der Fähigkeit, dieses intensive Erleben nach außen zu tragen. Da brennt bei einer Aufführung plötzlich die Luft....

    Viele Grüße

    Bernd

  • Beim Anhören der Aufnahme des Jahrtausends (aus dem tausendjährigen Reich)

    Ich habe heute mal wieder in die Aufnahme von Beethoven 9. Vom März 1942 reingehört und konnte mich der Intensität des Gehörten nicht entziehen, grade auch vor dem Hintergrund, dass ich einen HIP-Ansatz für diese Musik mehr mag. Was daran so fasziniert? Er macht sehr viel, vieles wirkt - auf mich - nicht stimmig und historisch 'falsch'. Aber berechtigt, sehr individuell, manches Mal sogar 'falsch', aber dennoch überzeugend. Ich würde die große Individualität gerade als den Reiz dieser Aufnahme beschreiben, manches wirkt auf mich eher unfreiwillig komisch, z.B. die akustisch vordringliche Pauke. An einigen Stellen höre ich nur noch 1. Geige, Pauke und Trompeten. Das gibt der Musik etwas von ihrer Monumentalität, die ich als angestrebt empfinde, aber eben bei dieser Musik als unpassend empfinde. Grade vor dem Hintergrund, dass ich die Wirkung wahrnehme und als in sich stimmig beschreiben würde.

    Soweit meine zwiespältigen, aber begeisterten Kommentare.

    LG Benno

    Überzeugung ist der Glaube, in irgend einem Puncte der Erkenntniss im Besitze der unbedingten Wahrheit zu sein. Dieser Glaube setzt also voraus, dass es unbedingte Wahrheiten gebe; ebenfalls, dass jene vollkommenen Methoden gefunden seien, um zu ihnen zu gelangen; endlich, dass jeder, der Überzeugungen habe, sich dieser vollkommenen Methoden bediene. Alle drei Aufstellungen beweisen sofort, dass der Mensch der Überzeugungen nicht der Mensch des wissenschaftlichen Denkens ist (Nietzsche)

  • Zitat

    Er macht sehr viel, vieles wirkt - auf mich - nicht stimmig und historisch 'falsch'. Aber berechtigt, sehr individuell, manches Mal sogar 'falsch', aber dennoch überzeugend.

    Benno, mein letzter (und neben dem ersten wirklich sehr guter) Oboenlehrer hat mal in meinem Unterricht folgenden, sicherlich anfechtbaren, aber für mich trotzdem wichtigen und prägenden Satz formuliert:

    Zitat

    In der Musik gibt es kein "richtig" und kein "falsch" im engeren Sinne. "Richtig" ist das, was den Zuhörer überzeugt und mitreißt.

    Viele Grüße

    Bernd

  • mein letzter (und neben dem ersten wirklich sehr guter) Oboenlehrer hat mal in meinem Unterricht folgenden, sicherlich anfechtbaren, aber für mich trotzdem wichtigen und prägenden Satz formuliert:


    Zitat

    In der Musik gibt es kein "richtig" und kein "falsch" im engeren Sinne. "Richtig" ist das, was den Zuhörer überzeugt und mitreißt.

    Allgemeinplätze erzeugen auch Konsens.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Zitat

    Allgemeinplätze erzeugen auch Konsens.

    Manchmal auch Dissens.

    Bin dann mal wieder wech aus diesem Thread, konzentriere mich fürderhin ausschließlich auf oboenfachliche Fragen.

    Mal schauen, wann es mich wieder reitet, in diesem Forum einen Beitrag zu einem weniger holzblasinstrumentenspezifischen Thema zu leisten....hoffentlich nicht so bald! :( :( :(

    Bis denne

    Bernd

  • Nochmals: "Taking Sides"

    Ich will diesen Nebenschauplatz wirklich nicht dolle weiterdrehen - aber auch zu einem diesbzgl. Mini-Exkurs gehört m.E. der Verweis auf die ästhetischen Ansichten und Absichten von Istvan Szabo!
    Wenn ich mich nicht ganz fies "verlesen" habe, dann hält sich auch sein OBERST REDL eher nur oberflächlich an tatsächliche Gegebenheiten, was Szabo selbstbewußt zu begründen wusste........

    Das TV gibt mehr 'Unterhaltung' aus, als es hat - in der bürgerl. Gesetzgebung nennt man das 'betrügerischen Bankrott' Werner Schneyder Es ging aus heiterem Himmel um Irgendwas. Ich passte da nicht rein. Die anderen aber auch nicht. FiDi über die Teilnahme an seiner ersten (und letzten) Talkshow


  • Diese feine Trennung sollte einem Rezipienten bewusst sein, wenn er das Stück sieht. Die Dramenfiguren, die in Peter Shaffers "Amadeus" ihre Namen tragen, haben mit den realen historischen Figuren Mozart und Salieri nur wenig zu tun (zum Glück!)

    Ich glaube, dein Beispiel geht nach hinten los; denn ich kenne viele, allzuviele; deren Mozartbild, so sie eines haben, von diesem Film und von der lächerlichen und albernen Figur des Protagonisten bestimmt ist. Mozart, ein infantiler, (koprophiler) Clown; dem die Natur ein unglaubliches Genie schenkte. Nein, nein; es wäre zu schön, die Rezipienten wüssten zu unterscheiden ... der gemeine Mann tut das eben nicht!

  • Interpretationsanalysen?

    Ich finde es bezeichnend, dass hier fleissig weiter am Heiligenbildchen gemalt wird. Anekdotisches, Politisches, Allzumenschliches. Entschuldigung, aber alles was wir heute noch von Furtwängler haben und was von ihm bleiben wird, sind die Tonaufnahmen. Da mögen die blonden Nachkriegsmädels noch so elegisch geseufzt haben, dass sie nach dem Ableben des Herrn F. nun nie mehr eine Neunte hören mögen. Heute gibt es sehr viele Neunte auf Tonträger, viele davon ausgezeichnet, da muss man sich schon fragen, ob der interpretatorische Darwinismus Furtwängler auf die hinteren Ränge verweist oder ober er auch noch den Heutigen etwas zu sagen hat. Und zwar nicht nur den Nostalgikern und Mythensuchern, sondern denen, für welche die Musik im Mittelpunkt steht.

    So möge es denn hier vielleicht auch mal etwas um die Aufnahmen gehen. Aber das ist leider die einzige Analogie zu Thielemann, die ich bei Furtwängler gelten lasse - hier wie drüben schwelgt man in Anbetung, pflegt seine Abneigungen und Verschwörungstheorien, aber wenn man mal fragt, was denn das Besondere ihres Interpretationsansatzes ausmacht, wird man angesehen, wie wenn man einem Wagnerfreund mit dem Hinweis kommt, Wagner habe die Anfangspassagen des Rheingolds bei Mendelssohn "entlehnt"....

    Freundliche Grüße

    Kleiber

  • Ich glaube, dein Beispiel geht nach hinten los


    Nein, das glaube ich nicht. Wer "Salome", "Amadeus", "Taking Sides" oder "Don Carlos" im Theater gesehen hat und danach meint, er wüsste jetzt, wie Herodes Antipas, Mozart, Furtwängler oder Philipp II. so drauf waren, der hat die Stücke nicht verstanden.

    denn ich kenne viele, allzuviele; deren Mozartbild, so sie eines haben, von diesem Film und von der lächerlichen und albernen Figur des Protagonisten bestimmt ist.


    Ich kenne da niemanden, sicher auch, weil dieser Film in meiner Generation nur noch wenig bekannt ist. Für uns ist er halt einfach zu alt. Ich habe "Amadeus" mal als Theaterstück gesehen, mit einem phantastischen Schauspieler als Salieri, seitdem mag ich das Stück sehr gern.
    Aber zurück zu deinem Einwand: Ja, ich glaube dir, dass dieser Film das Mozartbild vieler Zuschauer geprägt hat. Aber ich glaube nicht, dass sie deshalb nicht verstanden haben, worum es in Shaffers Geschichte eigentlich geht: Um Neid, um Eifersucht und um den Kampf des Talentes mit dem Genie eines anderen. Und ich glaube auch nicht, dass das gegen die künstlerischen Freiheiten spricht, die Shaffer sich genommen hat.

    Nein, nein; es wäre zu schön, die Rezipienten wüssten zu unterscheiden ... der gemeine Mann tut das eben nicht!


    Hm... da bin ich mir nicht so sicher. Doch, ich glaube, die meisten Zuschauer wissen, dass da Schauspieler eine historische Figur spielen und dass da ein Autor eine Geschichte rund um diese historische Figur erfunden hat. Die meisten Zuschauer können einen historischen Roman von einem Geschichtsbuch unterscheiden, einen Spielfilm von einer Dokumentation. Dass auf der anderen Seite natürlich gut gemachte Gedichte, Romane, Theaterstücke und Filme das Bild einer historischen Figur nachhaltiger und tiefer prägen können als alle wissenschaftlichen Dokumentationen, steht auf einem anderen Blatt und für mich außer Frage.

    Sky Unitel Classica korrespondiert übrigens unserem Thread hier: Gestern gab es den "Don Giovanni" von 1954 von den Salzburger Festspielen mit Wilhelm Furtwängler, wohl eine der letzten Filmaufnahmen.


    Ich habe diesen Film schon vor Jahren als DVD gekauft (nicht wegen Furtwängler, sondern wegen der Sängerbesetzung, vor allem wegen Lisa della Casa). Es ist bis heute die einzige Aufnahme geblieben, die ich mit Furtwängler gekauft habe, was aber reiner Zufall ist, keine Abneigung gegen den Dirigenten.
    Ich muss gestehen, ich war von Furtwängler bei dieser Aufführung ein Bisschen enttäuscht. Ich hatte etwas ganz Besonderes erwartet, ein anderes Mozartbild, als es andere Dirigenten zeigen, alle die Qualitäten, von denen auch in dieser Diskussion schon die Rede war, ungeheure Spannung, abwechslungsreiche Agogik, tiefempfundene musikalische Stimmungen. Und was ich höre ist ein grundsolides klassisches "Don Giovanni"-Dirigat ohne besondere Höhen und Tiefen. Etwas wuchtiger und schwerfälliger vielleicht als beim jungen Karajan und bei Krips, nicht ganz so gesanglich wie bei Böhm, aber im Prinzip kein großer Unterschied zu all diesen bedeutenden Mozart-Dirigenten der 1950er Jahre.

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • So möge es denn hier vielleicht auch mal etwas um die Aufnahmen gehen. Aber das ist leider die einzige Analogie zu Thielemann, die ich bei Furtwängler gelten lasse - hier wie drüben schwelgt man in Anbetung, pflegt seine Abneigungen und Verschwörungstheorien, aber wenn man mal fragt, was denn das Besondere ihres Interpretationsansatzes ausmacht, wird man angesehen


    Den Einwand würde ich nicht gelten lassen. Was das Besondere an einem Dirigenten ausmacht, ist immer besonders schwer zu fassen, weil er eben als einziger Musiker selbst keine Töne hervorbringt, sondern nur das Musizieren anderer anleitet. Dafür wurde hier doch (z. B. von Bernd) schon ziemlich konkret gesagt, was das Spezifische an Furtwänglers Musizier-Stil ausmacht.

    Heute gibt es sehr viele Neunte auf Tonträger, viele davon ausgezeichnet, da muss man sich schon fragen, ob der interpretatorische Darwinismus Furtwängler auf die hinteren Ränge verweist oder ober er auch noch den Heutigen etwas zu sagen hat. Und zwar nicht nur den Nostalgikern und Mythensuchern, sondern denen, für welche die Musik im Mittelpunkt steht.


    Dass ein Dirigent, über den so diskutiert wird wie hier in diesem Diskussionsfaden, auch heute noch etwas zu sagen haben muss, finde ich ziemlich offensichtlich. Über wie viele Dirigenten, die so lange tot sind, wird denn noch so gestritten, wie über Furtwängler (auch musikalisch!)?

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde


  • Dass ein Dirigent, über den so diskutiert wird wie hier in diesem Diskussionsfaden, auch heute noch etwas zu sagen haben muss, finde ich ziemlich offensichtlich. Über wie viele Dirigenten, die so lange tot sind, wird denn noch so gestritten, wie über Furtwängler (auch musikalisch!)?

    Lieber Cherubino,

    meine These ist: Über Furtwängler und Thielemann wird halt mehr schwadroniert und ideologisiert als dass sie gehört werden. Und geliebt gar. Ich lasse mich gern eines besseren belehren.

    Viele Grüße

    Kleiber

  • Lieber Cherubino,

    meine These ist: Über Furtwängler und Thielemann wird halt mehr schwadroniert und ideologisiert als dass sie gehört werden. Und geliebt gar. Ich lasse mich gern eines besseren belehren.

    Viele Grüße

    Kleiber


    Lieber Kleiber,

    bei Furtwängler kommen zwei Dinge zusammen: Zum Einen ist er seit beinahe sechzig Jahren tot, länger als die meisten von uns hier auf der Welt sind. Dass ein Dirigent, der der Generation meiner Urgroßeltern angehört, nicht so gehört wird wie einer, der gegenwärtig das Musikleben mit prägt, halte ich für eine ganz natürlich Erscheinung. Auch unter den Klassikliebhabern hören nicht alle mit Begeisterung siebzig oder achtzig Jahre alte Aufnahmen. Zum Anderen war Furtwängler während einer geschichtlichen Umbruchssituation eine sehr prominente gesellschaftliche Figur. Das lässt ihn gut als geeigent erscheinen als Exempel für ein ganzes Bündel an menschlichen, künstlerischen und historisch interessierten Fragen. Dafür steht das Theaterstück von Harwood, über das hier viel gesprochen wurde.
    Bei Furtwängler kommen als zwei Dinge zusammen, die es sehr erstaunlich erscheinen lassen würden, wenn über ihn nicht mehr diskutiert, meinetwegen auch ideologisiert würde, als dass man ihn hört. Trotzdem wird er aber noch viel gehört, für einen von uns zeitlich so weit entfernten Musiker erstaunlich viel. Was seine Interpretationen so besonders macht, darüber wurde hier im Thread von Hörern, die ihn besser kennen und höher schätzen als ich, schon eine Menge gesagt.
    Meine These ist also: Wenn über die Aufnahmen eines Dirigenten, der schon so lange tot ist, noch so konkret, so differenziert und kontrovers gesprochen wird, wie es hier geschieht, wie könnte man auf die Idee kommen, er habe heute musikalisch nicht mehr viel zu sagen?! Hier im Forum bist du eines besseren belehrt, denke ich.
    Thielemann ist ein eigener Fall, dazu sage ich hier jetzt nichts.

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Lieber Cherubino,

    meine These ist: Über Furtwängler und Thielemann wird halt mehr schwadroniert und ideologisiert als dass sie gehört werden. Und geliebt gar. Ich lasse mich gern eines besseren belehren.

    Viele Grüße

    Kleiber


    Das ist vollkommen richtig, allein zu sehen an meinen mehrfachen Nachfragen hier, was denn rein musikalisch das Besondere an WF wäre. Das Gleiche erlebt man tasächlich auch bei CT. Nur bei Amazon in einigen Rezensionen und bei den hervorragenden Analysen Glockentons bei Tamino habe ich rein fachliche und sachliche Argumentationen gelesen.


  • Ich habe diesen Film schon vor Jahren als DVD gekauft (nicht wegen Furtwängler, sondern wegen der Sängerbesetzung, vor allem wegen Lisa della Casa). Es ist bis heute die einzige Aufnahme geblieben, die ich mit Furtwängler gekauft habe, was aber reiner Zufall ist, keine Abneigung gegen den Dirigenten.
    Ich muss gestehen, ich war von Furtwängler bei dieser Aufführung ein Bisschen enttäuscht. Ich hatte etwas ganz Besonderes erwartet, ein anderes Mozartbild, als es andere Dirigenten zeigen, alle die Qualitäten, von denen auch in dieser Diskussion schon die Rede war, ungeheure Spannung, abwechslungsreiche Agogik, tiefempfundene musikalische Stimmungen. Und was ich höre ist ein grundsolides klassisches "Don Giovanni"-Dirigat ohne besondere Höhen und Tiefen. Etwas wuchtiger und schwerfälliger vielleicht als beim jungen Karajan und bei Krips, nicht ganz so gesanglich wie bei Böhm, aber im Prinzip kein großer Unterschied zu all diesen bedeutenden Mozart-Dirigenten der 1950er Jahre.

    Jene?

  • Ich kenne bislang noch nicht viel von Furtwängler, deshalb mag ich an dieser Stelle (noch) keine allgemeine Einschätzung kundtun. Sein "Fidelio" mit Windgassen und Mödl ist für mich allerdings die musikalische Referenz dieser Oper, gerade auch wegen des fulminanten Dirigats!

    Insofern hat Furtwängler bei mir auf jeden Fall schon mal einen Stein im Brett ...

    "Wer Europa in seiner komplizierten Verschränkung von Gemeinsamkeit und Eigenart verstehen will, tut gut daran, die Oper zu studieren." - Ralph Bollmann, Walküre in Detmold

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