Herrmann, Bernard - ein großartiger Filmkomponist!

  • Herrmann, Bernard - ein großartiger Filmkomponist!

    Hallo!

    Anlass zu diesem Thread gibt mir Michael Schlechtriem, der in meinem "s/w - Farbe"-Thread folgendes sagte:

    Und das war leider das Ende einer der besten Zusammenarbeiten im Bereich Film und Musik.
    Hitch und Benny, das war es dann. Sie haben sich niemals mehr vertragen oder überhaupt ausgesprochen.
    Dieses Thema ist derartig stark, also das Thema Hitchcock, Herrmann, es hätte einen eigenen thread verdient.

    Leider kenne ich selber von Herrmann bewusst nur zwei Filmmusiken. Es sind dies die Arbeit für Hitchcocks Psycho, das ich auf dieser CD mein Eigen nennen darf:

    Viel kann ich nicht dazu sagen, außer, dass ich diesen Score, der sich nur auf Streicher beschränkt, absolut genial finde. Schon die treibende Ouvertüre am Anfang des Films, die dumpfen Kontrabässe, die "schreienden" Geigen, die akzentuierten Streicher, die förmlich "ausgezackte" Figuren spielen (und damit m.E. auch toll zum von Saul Bass kreierten Vorspann passen), finde ich sehr beeindruckend, aber auch im restlichen Film versteht es Herrmann, z.B. mit Hilfe in extrem hoher Lage gespielten Flageoletttönen Spannung und eine unheilverkündende Atmosphäre zu erzeugen.


    Ein weiterer Score, den ich schon als Kind kannte, war dieser hier, ebenfalls auf CD:

    Der Film "The 7th Voyage of Sinbad" (dt. "Sinbads siebte Reise") hat mich schon als kleines Kind beeindruckt ... in erster Linie natürlich wegen der von Ray Harryhausen kreierten Figuren, besonders die Zyklopen sind wirklich furchteinflößend! Aber auch die Musik reißt einen mit, und das merke ich jetzt, wo ich älter bin, auch viel bewusster als damals!

    Auch hier gibt es eine tolle Ouvertüre, wuchtig, packend, orientalisch, majestätisch kündet sie von Abenteuern aus längst vergangener Zeit, von Schifffahrten, fremden Inseln, Monstern, von Zauberern und Schätzen. Aber auch der restliche Score ist herrlich, ob es nun ruhige Klänge sind, die man leise im Hintergrund während der Dialoge hört, oder "kräftige" Nummern, es passt einfach!

    Eine besonders spannende Nummer ist für mich "The Egg": in dieser Szene wird ein gigantisches Ei des Vogel Roch von den hungrigen Matrosen geöffnet, doch heraus kommt ein zweiköpfiger Riesenvogel - wie Herrmann dieses Aufschlagen der Schale mit einem immer tiefer und bedrohlicher werdenden Orchester instrumentiert, das bleibt einfach in den Ohren haften! UNBEDINGT REINHÖREN!! Gänsehaut!

  • Die Soundtracks zu Hitchcocks Vertigo und zu Scorseses Taxi Driver (wohl sein letztes Werk) finde ich auch toll.

    Nur weil etwas viel Arbeit war und Schweiß gekostet hat, ist es nicht besser oder wichtiger als etwas, das Spaß gemacht hat. (Helge Schneider)

  • Es ist zwar schon sehr lang her, dass ich "Der Mann, der zuviel wußte" (1956) gesehen habe, aber mir ist gut in Erinnerung geblieben, dass Herrmann im Lauf des Films (gegen Ende?) als Dirigent auftritt. Laut Wikipedia dirigiert er die "Storm Clouds Cantata" des Australiers Arthur Benjamin, die als Musik bereits 1934 bei Hitchcocks Erstverfilmung des Stoffs eingesetzt wurde.

  • Von dem habe ich sogar etwas und kürzlich gehört:

    Prelude, Outer Space, Radar, Nocturne, The Flashlight, The Robot, Space Control aus "The Day The Earth Stood Still"

    Begeistert mich natürlich nicht, war auch sozusagen aus "fachlichem Interesse".
    :wink:

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)


  • Begeistert mich natürlich nicht, war auch sozusagen aus "fachlichem Interesse".
    :wink:

    Warum "natürlich"?

    "Wer Europa in seiner komplizierten Verschränkung von Gemeinsamkeit und Eigenart verstehen will, tut gut daran, die Oper zu studieren." - Ralph Bollmann, Walküre in Detmold

  • "Storm Clouds Cantata" des Australiers Arthur Benjamin


    wie man auch auf einem Plakat lesen kann, das die hysterische Frau Mama passiert, als sie sich kurz vor der RAH befindet - wohlgemerkt, natürlich reden wir von der zweiten Verfilmung (in Farbe). Cineasten können ja mal den Aussagewert der ersten s/w-Verfilmung mit der vorerwähnten Fassung vergleichen.

  • Als erstes eine kleine Auflistung aller seiner Scores:

    "http://www.imdb.com/name/nm0002136/#composer" [draufklicken]


    Herrmann komponierte offiziell die Musik für 48 Spielfilme und für einige Serien, TV-Filme und Kurzfilme; darüber hinaus hat er noch für Torn Curtain (1966) etwas komponiert, was Hitchcock ablehnte, und für The Magnificent Ambersons (1942), dessen Credit er verweigerte, da der Film nachträglich vom Studio gekürzt wurde. Gleich mit seinem ersten Score für Citizen Kane (1941) legte er die Meßlatte auf ein Niveau, das nicht unentdeckt blieb. Über die nächsten 35 Jahre hinweg gelang ihm das Kunststück, für fast jede Filmproduktion eine Musik zu kreieren, die eine immense Wirkung auf die Zuschauer ausübte. Mir fällt kein Film ein, wo Herrmanns Musik nicht eine beträchtliche Unterstützung für die Handlung darstellt, und ich kenne immerhin zwei Drittel davon.

    Für vier Filme des Trickkünstlers Ray Harryhausen schuf er beeindruckende Scores, die nicht umsonst zu dessen besten Filmen zählen: Sindbads 7. Reise, Die drei Welten des Gulliver, Die geheimnisvolle Insel, Jason und die Argonauten. Der Erstgenannte hat in der Titelmelodie eins der einprägsamsten Motive der gesamten Filmgeschichte, die Jules-Verne-Verfilmung beginnt mit einem viertönigen Motiv, welches auf die Dramatik des Films einschwört wie selten (eine ähnliche Motivik wendet er später für de Palmas Sisters an).

    Die Reise zum Mittelpunkt der Erde hat eine Titelouvertüre, dessen Töne in Halbtonschritten immer weiter nach unten schreitet, beeindruckend in den Bläserstimmen realisiert. In Die Nackten und die Toten verwendet er einen strikten Marsch, der durch sein hohes Tempo eine erstaunliche Dramatik erreicht.

    In Sinuhe der Ägypter teilt er sich den Score mit Alfred Newman: dieser konnte durch den engen Zeitplan nicht alles komponieren, so bat er Herrmann, ob der ihm unter die Arme greifen könne; heraus kommt ein sehr geschlossener Score, obwohl sie nie zusammen, sondern nebeneinander komponierten.

    Der Score für Ein Köder für die Bestie wurde für das Scorsese-Remake nochmals verwendet. Elmer Bernstein arrangierte ihn neu und verwendete auch Motive aus dem nichtverwendeten Score für Torn Curtain.

    Die sieben Scores für Hitchcock (1955-1964: Immer Ärger mit Harry, Der Mann der zuviel wußte, Der falsche Mann, Vertigo, Der unsichtbare Dritte, Psycho, Marnie) gehören natürlich zu seinen bekanntesten, aber auch zu seinen besten. Besonders Psycho mit seinen bizarren Streichern und Vertigo mit seiner traurigen Romantik sind vollendet wie selten.

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    Für mich ist Herrmanns Filmmusik so einprägsam und auch so schnell erkennbar wie kaum die eines anderen Filmkomponisten: fast sofort kann man seinen Stil erkennen, der bereits mit den ersten Tönen die Situation des jeweiligen Films erfaßt. Für jeden Film konnte er eine musikalische Lösung anbieten, die sofort paßte. Er gehört wirklich in den Olymp... :juhu:


    jd :wink:

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

  • Vor zwei Jahren hatte ich im Thread "Außergewöhnliche Filmmusiken" etwas über Bernard Herrmanns Score zu "Torn Curtain" geschrieben und ich kopiere das mal hierher:

    Lionel

    "Musik ist für mich ein schönes Mosaik, das Gott zusammengestellt hat. Er nimmt alle Stücke in die Hand, wirft sie auf die Welt, und wir müssen das Bild zusammensetzen." (Jean Sibelius)

  • Warum "natürlich"?

    Ich kenne meinen Geschmack gut genug, dass ich mich nicht darüber wundere.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Bernard Herrmann (1911-1975) - ein großartiger Filmkomponist! - ja aber nicht alle Aufnahmen lösen das "Versprechen" ein

    The Man Who Knew Too Much
    Psycho: A Suite For Strings
    The Knife
    Marnie: Suite
    North By Northwest
    Vertigo: Suite
    Torn Curtain
    Fahrenheit 451: Suite For Strings, Harp And Percussion
    Taxi Driver: A Night-Piece For Orchestra With Obbligato Alto Sax

    Los Angeles PO
    Esa-Pekka Salonen
    Aufnahme: April 1996 LA

    Eigentlich müsste alles passen: Super sound, junger aufgeschlossener Dirigent, location.... Lässt mich "cool" - packt nicht! Vielleich doch "zuviel Anspruch" und "Originalität"? Am besten noch "Vertigo"

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