Mendelssohn Bartholdy: Klavier solo

  • ihr klarer Stil, der ohne jede 'Romantisierung' auskommt

    dagegen sehr traditionelle deutsche Romantik-Spielschule

    Mendelssohns "Lieder ohne Worte" sind in vielerlei Hinsicht geradezu der Inbegriff der musikalischen deutschen Romantik, da ist es wohl nicht die schlechteste Interpretationsentscheidung, sie nicht wie Prokofieff klingen zu lassen. Wieso beklagt eigentlich niemand z.B. die "Barockisierung" einer Händel-Oper oder die "Klassizierung" einer Haydn-Symphonie? Sicheres Stilempfinden scheint nur im Falle der Romantik zum Vorwurf zu taugen. Mir scheint das eher ein Problem der Kritiker als der Kritisierten zu sein.

    Viele Grüße,

    Christian

  • Romantisches

    Mendelssohns "Lieder ohne Worte" sind in vielerlei Hinsicht geradezu der Inbegriff der musikalischen deutschen Romantik, da ist es wohl nicht die schlechteste Interpretationsentscheidung, sie nicht wie Prokofieff klingen zu lassen.

    Zweifellos, wobei ich nicht nur bei Matthias' Feststellung, eine Interpretation komme ohne "Romantisierung" aus, nachfragen würde, was genau hier "romantisch" meint.

    Ich höre beispielsweise eben die Lieder ohne Worte mit Barenboim und habe gar nicht den Eindruck, daß das "übertrieben romantisch" sei. So würde ich eine Interpretation bezeichnen, in der mit vielen Rubati und pathetischen Gebärden und Betonungen, mit Gefühlsmacherei gearbeitet würde, so daß ich den Eindruck hätte, der Interpret wolle die Musik an sich reißen, was letzlich auf eine Selbstdarstellung hinausliefe. Im Extremfall wäre das Kitsch. Möglicherweise meint so etwas zwar nicht Matthias, aber mancher Kritiker, wenn er von "Romantisierung" spricht? Oder, anders gefragt: Was wäre bei Mendelssohn "falsche Romantik"?

    Barenboim dagegen läßt, so höre ich es, die Musik sich frei entfalten, ist sorgfältig darauf bedacht, in Tempo und Dynamik ein Zuviel zu vermeiden, indem er nur soviel gibt, wie zur Differenzierung nötig ist, um die sprachliche Vorstellung der Musik (das Liedhafte) zu vermitteln. Das macht er mit großer Diskretion. Auch auf Kosten der Klarheit geht das nicht.

    Allerdings kenne ich keine Alternativeinspielungen, was damit zusammenhängt, daß ich Barenboims Weg bei Mendelssohn immer als stimmig und richtig empfunden habe.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Lieber Christian, lieber Gurnemanz,

    ihr weißt mit recht auf die Schwäche meines (zu) kurzen Charakterisierungsversuchs hin. Mir fiel um die Zeit nichts besseres mehr ein. "'Romantisierung'" habe ich bewußt in Anführungsstriche gesetzt, in dem Sinne, wie du, Gurnemanz, es gelesen und weitergedacht hast. Nun empfinde aber auch ich Barenboim nicht als übertrieben 'romantisierend' und habe das ja auch nicht geschrieben, ihn nur einer traditionelleren Interpretationsrichtung zugeordnet, lasse mich da aber auch gerne korrigieren, wenn ich da falsch liege. Ebenso spielt Lívia Rév nun wirklich nicht völlig stilfremd, auch nicht 'zu nüchtern', schon gar nicht "wie Prokofieff". Mir ging es bloß darum, Tendenzen zu beschreiben zu versuchen. Auch kann ich bei Lívia Rév noch manches deutlicher heraushören, als selbst in der sehr guten Interpretation Barenboim, ohne dass sie, meinem Empfinden nach, überbetonen würde.

    :wink: Matthias

  • Lieber Matthias, nur damit wir uns nicht mißverstehen: Es ging mir nicht darum, Deine Verwendung des Begriffs "Romantisierung" zu kritisieren, zumal Du Dich bei Deinen Anmerkungen zu Lívia Rév und Daniel Barenboim in meinen Augen keineswegs undifferenziert geäußert hast, und auch Deine Gänsefüßchen habe ich wohl bemerkt. ;+)

    Im Moment weiß ich noch nicht, ob es mich zu einer Alternative zu Barenboim zieht, aber die Hinweise hier könnten mich da vielleicht noch verführen... :rolleyes:

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Hi Matthias,

    Du kannst nichts dafür, das Wort "Romantisierung" hat eine besondere Färbung bekommen, die jeder versteht, der sie verstehen will.
    Treffender wäre von "Überromantisierung" zu sprechen aber das Wort gibt's halt nicht.
    In jedem Fall hast Du das Spiel von Lívia Rév gut beschrieben. Ich würde es frei interpretieren als "feines Aquarell statt großem Fresko". Ist es richtig ?
    Ich freue mich auf Deine Einschätzung con Carmen Piazzini.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Dann gibts ja noch die drei Klaviersonaten! (...) Die früheste der drei Klaviersonaten ist die in g-moll op. 105 von 1821 in stilistischer Nähe zu den Streichersymphonien [auch zu Haydn], die Mendelssohn ebenfalls als Dreikäsehoch komponiert hatte. 1826/27 sind dann (immer noch im Teenager-Alter) die Sonaten E-dur op. 6 und B-dur op. 106 entstanden. Beide sind Reminiszenzen an Beethovens späte Sonaten. Die B-dur-Sonate hat absichtlich die Opuszahl 106 zu Ehren von Beethovens B-dur-Sonate erhalten.

    Das mit der bewusst vergebenen Opus-Zahl 106 ist ein interessantes Detail. Ich mag die Sonate recht gern (besonders das raffiniert komponierte Scherzo, also den 2. Satz) und habe sie als Live-Mitschnitt mit Nikita Magaloff von den Salzburger Festspielen

    Eine CD, die wegen ihres Programms (vor allem wegen der selten gespielten Mendelssohn-Sonate und des Dallapiccola-Werks) äußerst reizvoll ist, bei welcher man allerdings über so manchen Patzer des Pianisten hinweg hören muss. Insbesondere die "Appassionata"-Aufführung ist an der Grenze des Zumutbaren. Aber das nur nebenbei.

    Magaloff scheint sich der Mendelssohn-Sonate op. 106 öfter angenommen zu haben. Man findet bei Amazon weitere Aufnahmen von ihm:
     [Blockierte Grafik: http://ecx.images-amazon.com/images/I/41duIwLYz0L._SL500_AA300_.jpg]

    Warum kommt eigentlich niemand auf die Idee, die Beethoven- und Mendelssohn-Sonaten op. 106 einmal zusammen auf einer CD zu koppeln?

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • Lieber Philbert,

    "...statt großem Fresco" finde ich sehr gut, aber "Aquarell" - zerfließt das nicht immer etwas mit unscharfen Rändern? Vielleicht besser: "Feine Kohlestiftzeichnung statt großem Fresco."

    Schön, dass Caesar sich auch Rév und Piazzini bestellt hat. Vielleicht kann ich mir auch Katz noch einmal ausleihen. Dann kommen wir vergleichend vielleicht etwas über die immer mehr oder weniger unbeholfenen Metaphern hinaus (oder können die wenigstens untereinander vergleichend austauschen :D )

    :wink: Matthias

  • Du kannst nichts dafür, das Wort "Romantisierung" hat eine besondere Färbung bekommen, die jeder versteht, der sie verstehen will.

    Das liegt daran, dass sich unter dem Begriff jeder etwas anderes vorstellt. Dem daraus erwachsenden Vorteil, dass ihn vermeintlich jeder versteht, steht leider der nicht ganz unerhebliche Nachteil gegenüber, dass seine Aussagekraft gegen Null tendiert ;+) . Ich verstehe den Begriff schon bei Mozart nicht (der doch angeblich historisch korrekte Arthur Schoonderwoerd spielt bei seinen Sonateneinspielungen mit extremem Dauer-Rubato, z.B. für Gurnemanz ein Kennzeichen von "Romantisierung"), aber angewandt auf das Kernrepertoire der musikalischen Romantik kann ich ihn nur noch unfreiwillig komisch finden. Was könnte man noch unter "Romantisierung" verstehen? Vielleicht breite Tempi? Nun, die paar Hörschnipsel von Lívia Révs Einspielung (bei jpc) zeigen, dass Barenboim vor allem bei manchen schnellen Stücken deutlich schneller spielt (z.B. op. 30 Nr. 2, Barenboim ca. 138, Rév ca. 122, op. 30 Nr. 3 sogar 120 gegen 88!). Sind also doch schnelle Tempi "romantisierend"? Leider ist das Verhältnis bei anderen Stücken umgekehrt... Auch beim Pedalgebrauch kann ich keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen beiden Interpreten hören, beide spielen mit reichlich aber gut differenziertem Pedal. Rubato ebenso: Beide spielen geschmackvoll frei, orientieren sich eindeutig an sängerischen Ausdrucksmöglichkeiten und Gepflogenheiten. Barenboim ist dabei nach dem kurzen Eindruck der "Hörschnipsel" der etwas bessere "Begleiter", weil er z.B. die Sechzehntel-Figuren in op. 30 Nr. 1 etwas mehr im Hintergrund hält, ohne an Klarheit oder Ausdruckskraft zu verlieren. Um nicht missverstanden zu werden: Lívia Révs Einspielung macht einen durchaus guten Eindruck auf mich, aber ich finde sie weder klarer noch "unromantischer" als Barenboims, auch nicht "moderner". "Romantisierend" sind beide nicht, weil man Mendelssohn nicht romantisieren kann. Der ist schon romantisch. In der grundsätzlichen Beschreibung von Barenboims Einspielung und ihrer Qualitäten stimme ich mit Gurnemanz überein, ebenfalls in der Schlussfolgerung, dass ich deshalb bis heute keinen Bedarf an einer weiteren Gesamteinspielung habe. Einzelne Lieder kenne ich großartig mit Emil Gilels, Murray Perahia und manch anderen.


    Viele Grüße,

    Christian

  • Warum kommt eigentlich niemand auf die Idee, die Beethoven- und Mendelssohn-Sonaten op. 106 einmal zusammen auf einer CD zu koppeln?

    de facto vermutlich, weil kaum jemand überhaupt diese Mendelssohn-Sonate spielt bzw. eingespielt hat.
    Abgesehen davon würde, obwohl es sicher nicht uninteressant wäre, die beiden Stücke nacheinander zu hören, Beethovens op.106 das andere Werk völlig "erschlagen", daher wäre die Kopplung auf den zweiten Blick vielleicht keine so gute Idee.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Abgesehen davon würde, obwohl es sicher nicht uninteressant wäre, die beiden Stücke nacheinander zu hören, Beethovens op.106 das andere Werk völlig "erschlagen", daher wäre die Kopplung auf den zweiten Blick vielleicht keine so gute Idee.


    Magaloff hat bei seinem Salzburger Klavierabend 1969 ja auch Mendelssohns op. 106 mit Beethovens "Appassionata" gekoppelt - letztere Sonate ist auch nicht gerade ein Leichtgewicht. Du hast aber bestimmt Recht, dass das der Hintergrund ist, weshalb niemand (nicht einmal Magaloff) bisher auf diese Idee gekommen ist.

    Von den Spielzeiten her würde sich die Koppelung geradezu aufdrängen. Magaloff brauchte in Salzburg für die Mendelssohn-Sonate 15'20 min. Also ein idealer "Füller", um eine CD mit Beethovens Sonate op. 106, für welche z.B. Richter in Aldeburgh am 11. Juni 1975 ca. 45 min. und Gould im CBC-Studio 1970 ca. 49 min. benötigte, "vollzumachen".

    Auf der Suche nach weiteren Einspielungen der drei Mendelssohn-Sonaten bin ich auf diese Aufnahme der Sonate E-Dur op. 6 mit Murray Perahia gestoßen. Kennt sie jemand? Ist sie zu empfehlen?

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • Hallo,

    im Nachgang an die Diskussion hier habe ich gerade entdeckt, dass es seit wenigen Tagen eine neue CD eines meiner aktuellen Lieblingspianisten gibt:

    Michael Korstick spielt Mendelssohn:
    "Lieder ohne Worte" (komplett) und "Variations serieuses op. 54" :love:

    bis zum 15. März beim Werbepartner noch zum Sonderpreis- da werde ich wohl nicht "daranvorbeikommen".

    Ansonsten kann ich in Bezug auf Mendelssohns (weitere) Klavierwerke unbedingt noch diese CD mit Matthias Kirschnereit empfehlen:

    - Klaviersonate op. posth.(!) 106
    - 3 Fantaisies ou Caprices op. 16
    - Variations serieuses op. 54
    - Fantasie op. 28 "Sonate ecossaise"

    Wie ich gerade sehe, mittlerweile auch sehr preiswert: zugreifen!


    Gruß petit_concours

    PS:


    1826/27 sind dann (immer noch im Teenager-Alter) die Sonaten E-dur op. 6 und B-dur op. 106 entstanden. Beide sind Reminiszenzen an Beethovens späte Sonaten. Die B-dur-Sonate hat absichtlich die Opuszahl 106 zu Ehren von Beethovens B-dur-Sonate erhalten. An das Original reicht sie freilich nicht heran, mir ist sie aber dennoch die liebste von den dreien.

    Die Opuszahl 106 scheint zwar bewusst an die Sonate B-Dur vergeben worden sein, aber dann wohl nicht von Mendelssohn (op. posthum)!

    W o h n z i m m e r w e t t b e w e r b:
    Petit concours à la maison... (S. Richter, 1976)


  • ... eine neue CD eines meiner aktuellen Lieblingspianisten gibt:

    Michael Korstick spielt Mendelssohn:
    "Lieder ohne Worte" (komplett) und "Variations serieuses op. 54" :love:

    bis zum 15. März beim Werbepartner noch zum Sonderpreis- da werde ich wohl nicht "daranvorbeikommen".

    Die Doppel-CD ist jetzt seit gestern in meinem Besitz und auch wenn ich bisher nur die ersten vier Bände (= CD1) gehört habe
    :juhu: :juhu: :juhu:

    Ich finde die CD ganz großartig! Dass der Pianist diesen Stücken technisch und musikalisch weit überlegen ist (und das meine ich nicht abwertend gegenüber Mendelssohn!) tut der Musik sehr gut. Korstick kann bei Tempovorschriften wie Presto oder Agitato wirklich ein solches Tempo wählen- ohne den geringsten Verlust an Musikalität (oder hörbare technische Schwierigkeiten). Und die Stücke im Andante und Moderato nimmt er keineswegs zu schnell (wie ich das leider schon öfters gehört habe, wenn hochbegabte Musiker einfachere Stücke spielen). Darüber hinaus gelingt ihm auch die Linienführung, der Spannungsbogen und die dynamische Abstufung meisterlich!
    Eine neue Referenz? Bei mir bleiben keine Wünsche offen.
    (Also gut, bei ein oder zwei Stücken könnte man das gewählte Tempo vielleicht diskutieren, außerdem verwendete er die rhythmische Verschiebung beim ANschlag beider Hände für meinen Geschmack ein- oder zweimal zu viel), aber sonst:
    :thumbup:

    Kann denn "Caesar" schon von einen kurzen Vergleich zwischen verschiedenen Aufnahmen berichten?

    Gruß petit_concours

    W o h n z i m m e r w e t t b e w e r b:
    Petit concours à la maison... (S. Richter, 1976)

  • Kann denn "Caesar" schon von einen kurzen Vergleich zwischen verschiedenen Aufnahmen berichten?

    Noch nicht - Korstick habe ich noch nicht vollständig hören können, die zweite Hälfte fehlt noch, aber nach meinen bisherigen Eindrücken unterschreibe ich vorbehaltlos, was Du geschrieben hast ;+)

    :wink: :wink:

    Christian

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Hallo,
    hier noch eine weitere großartige (Live-) Einspielung der Fantasie fis-moll op. 28:

    Nikolai Demidenko (rec.1993)
    :juhu: :juhu: :juhu:

    Gruß petit_concours

    W o h n z i m m e r w e t t b e w e r b:
    Petit concours à la maison... (S. Richter, 1976)

  • Eben lief Mendelssohn

    Felix Mendelssohn Bartholdy: Lieder ohne Worte Nr. 13-24

    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Lieber Peter,

    Du hörst gerade Brautigams Mendelssohn-Aufnahme. Wie sind Deine spontanen Eindrücke zu dieser Einspielung?

    Da Dein Posting in "Eben gehört" vielleicht untergeht, habe ich es in diesen Thread kopiert.

    :wink: :wink:

    Christian

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Ich habe mir das erste Heft noch einmal angehört (Nr. 1-6), dazu im Vergleich die Einspielung mit Frank van de Laar, die ich auch zur Hand hatte. Der für den Höreindruck wichtige Unterschied ist zunächst das Instrument, während Bräutigam auf einem historischen Pianoforte musiziert, spielt van de Laar ein modernes Instrument. Das historische macht den Klang schärfer, die Partitur wird durchsichtiger, das moderne mischt den Klang, klingt harmonischer. Dazu kommen unterschiedliche Vorstellungen im Tempo. Das betrifft vor allem das letzte Lied, das "Venezianische Gondellied". Brautigam braucht dafür 1'57, van de Laar 2'32: in der linken Hand ist das Wasser deutlich bewegter bei Brautigam. Wenn man es ein wenig pointiert benennt: bei Brautigam hört man eher den der Klassik, bei van de Laar den der Romantik zugewandten Komponisten.

    Wo Brautigam das schnellere Tempo wählt (Nr. 1 ist da extrem: 2'36 gegenüber 3'52), ergibt sich ein anderer Charakter, beim genannten Beispiel wird das Stück drängender, das Jägerlied gehetzter (2'08 gegenüber 2'34) das Agitato mitreißender (2'35 gegenüber 3'31!). Das a-Moll-Andante wird von beiden Pianisten ähnlich aufgefasst. Insgesamt ist die Brautigam-Interpretation fließender, die Dynamik deutlicher, das Agitato läuft dramatisch ab.

    Eines kann man auf jeden Fall feststellen: Brautigam nimmt den Stücken jeden biedermeierlich-behäbigen Schleier. Die unterschiedlichen Charaktere der Stücke werden geschärft, insgesamt wirken sie (auch Dank der Berücksichtigung der vielen gegebenen dynamischen Anweisungen) abwechslungsreich und lebendig. Die Einspielung mit van de Laar ist wahrscheinlich nicht unbedingt der Gradmesser, sobald mir noch eine andere unter die Finger gerät, werde ich auf jeden Fall noch einmal gegenhören, aber schlecht finde ich sie auch wieder nicht. Spannender ist die mit Brautigam.

    Liebe Grüße Peter

    .
    Auch fand er aufgeregte Menschen zwar immer sehr lehrreich, aber er hatte dann die Neigung, ein bloßer Zuschauer zu sein, und es kam ihm seltsam vor, selbst mitzuspielen.
    (Hermann Bahr)

  • Unbedingt hinweisen möchte ich auf folgende Aufnahme, die den ersten Teil einer Gesamtaufnahme darstellt:



    Mendelssohn ist bei Shelley unter den besten Händen. Die Lieder ohne Worte op. 19b habe ich noch nie so schön phrasiert gehört (und ich habe einige Aufnahmen...).

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

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