BIBER, Heinrich Ignaz Franz - Vom Pauernkirchfahrt bis zur Missa salisburgensis

  • BIBER, Heinrich Ignaz Franz - Vom Pauernkirchfahrt bis zur Missa salisburgensis

    Der am 12. August 1644in Wartenberg geborener Heinrich Biber (laut Taufschein Henricus Pieper), der sich selbst - in Verehrung der jesuitischen Bewegung - die zwei Beinamen Ignatius und Franciscus zuzog, wurde gewisserweise die Entdeckung der historich informierten Musikbewegung. Er (und vielleicht noch, aber in anderem Maße: Monteverdi) ist derjenige, dessen Werke sich Dank dieser musikhistorischen Denkweise auch im Konzertrepertoire, aber vor allem auf dem CD-Markt etablieren konnten, und vom Publikum begierig aufgenommen wurde. Heutzutage gibt es schon eine "biberphile" Fangemeinde, die jede neue Erscheinung mit der größten Interesse verfolgen.
    Ich widme ihnen dieses Thema und natürlich auch denen, die sich vielleicht erst jetzt mit der Musik von Biber anfreunden, und denen, die zuerst nach Informationen und Meinungen suchen, bevor sie sich an einem Werk heranwagen,... aber auch denen widme ich es, die seine Kompositionen nicht ausstehen können, und hier diskutieren möchten, wieso das so sei, und wieso dann doch andere jedoch, so anders darüber denken.

    Die Wikipedia-Artikel über Heinrich Biber ("'http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Ignaz_Franz_Biber') bietet ausreichende biographische Details zum Komponisten. (Leider ist heute noch keine Biber-Biographie erschienen.) Über sein beliebtestes Werk, die Rosenkranz-Sonaten, habe ich schon ein eigenes Thema erstellt.
    Hier sollen eher seine persönlichen Merkmale, sowie seine weiteren Werke besprochen werden.

    Um den Anfang zu machen: ich erwarb gerade gestern meine Sammlung der Biber-Aufnahmen des Purcell Quartets vervollständigt. Sie haben bisher vier wichtige Sammlungen Biberscher Kammermusik eingespielt:

    ("'http://www.chandos.net/details06.asp?CNumber=CHAN%200591') Sonatae tam aris quam aulis servientes (1676)
    ("'http://www.chandos.net/details06.asp?CNumber=CHAN%200748') Mensa sonora (1680) + Violinsonate in A-Dur
    ("'http://www.chandos.net/details06.asp?CNumber=CHAN%200605') Fidicinium sacro-profanum (1683) (+ zwei Psalmenvertonungen für Solostimme und einigen weiteren Kammerwerke)
    ("'http://www.chandos.net/details06MP3.asp?CNumber=CHAN%200575') Harmonia artificiosa-ariosa (1696)

    Alle sind sehr-sehr gute Aufnahmen (das bedeutet aber nicht, es gäbe nicht bessere), die ich jedem empfehle. Sie spielen mit einem sehr vollen und sonoren Klang, man denkt da oft unwillkürlich an englische Gambenconsorten. Vor allem die Mensa sonora wird ganz in dieser Weise gespielt - das zweite woran man immer denkt ist, dass das klassische Streichquartett sich gerade aus dem Divertimento entwickelte, das sich aber auf der Tafelmusik zurückführen lässt. Wo bei der Musica Antiqua Köln und der La Folia Salzburg, die beide Einspielungen der Sammlung machten das Cembalo dominiert, hört man hier das Cello stärker hervortreten, damit werden die erwähnten Assoziationen geweckt. (Die Originalbesetzung wäre Violine-2 Bratschen-Violoncello - aber leider benutzen all mir bekannten Einspielungen die übliche Streichquartettbesetzung.)
    Hervorrangend ist die Einspielung der Sonatae tam aris geworden: vielleicht die beste Interpretation, die ich kenne, weit besser als die von Manfred Kraemer und der Rare Fruits Council. Schillernd, phantasievoll, beeindruckend.
    Das Fidicinium sacro-profanum ist seither in einer noch besseren Einspielung erhältlich, als diese erste war. Diese Aufnahme ist ein wenig fahl nach meinem Geschmack, aber die von David Plantier verdient alle Hochachtung ("'http://www.zigzag-territoires.com/article.php3?i…le=1859&lang=de'): ich tat diese Werke schon als nicht so gelungen ab, als mich seine Neuerscheinung vom Gegenteil überzeugte.
    Zwar ist die Einspielung der Harmonia artificiosa keineswegs so misslungen, als die, des Vorigen, doch kann sie mit der von Musica Antiqua Köln unter Reinhard Goebel nicht mithalten. Nicht weiter schlimm: da kann niemand mit. :troest:

    "Vor dem Essen, nach dem Essen,

    Biber hören nicht vergessen!"


    Fugato

  • Hallo Tschabrendeki!

    Ich zähle inzwischen auch zu den "biberphilen" Musikhörern. Ich habe den Komponisten erst durch das Tamino-Forum (noch genauer: Salisburgensis) kennengelernt. Und seine Werke haben bei mir eingeschlagen wie eine Bombe.

    Zitat

    Zwar ist die Einspielung der Harmonia artificiosa keineswegs so misslungen, als die, des Vorigen, doch kann sie mit der von Musica Antiqua Köln unter Reinhard Goebel nicht mithalten. Nicht weiter schlimm: da kann niemand mit.

    Die MAK-Aufnahme der Harmonia halte ich auch für eine unverzichtbare CD. Ich würde sogar sagen: Jeder Freund der Barock-Musik sollte sie kennen.
    Neben den großartigen Kammermusik-Meisterwerken Bibers (v.a. die Rosenkranz-Sonaten und die Harmonia arioso-artificiosa sowie diverse Violinsonaten) begeistern mich die bombastischen Sakralwerke Missa Salisbugensis und Missa Bruxellensis. Ein (Geheim?)-Tip von mir ist die Marienvesper-CD (Capella Ducale, Musica Fiata, Roland Wilson): sehr, sehr schön!

    Ich stelle dann mal eine besonders phantasiereiche Sonate Bibers vor, die Sonata Representativa:

    Wir selbst müssen die Veränderung sein, die wir in der Welt zu sehen wünschen.
    (Mohandas Karamchand Gandhi)

  • Sonata Representativa

    Hallo!

    Es ist mir ein Vergnügen, diese außerordentliche Violinsonate kurz vorzustellen:

    Entstanden ist sie 1669, als Biber im Dienst des Fürstbischofs Karl Liechtenstein-Kastelkorn zu Olmütz und Kremsier war (dieser hatte ein Faible für Programmusik). Man vermutet, daß der Anlaß der Komposition ein für den mährischen Adel veranstalteter Karnevalsball war.
    Die Tierimitationen sind notengetreu dem Werk „Musurgia Universalis“ des Musiktheoretikers Athanasius Kircher entnommen.
    Die Grundtonart der Sonate ist A-dur. Damals war solch eine Angabe aber noch nicht üblich.
    Für den Violinisten ist das Stück sehr anspruchsvoll, da er neben extremen Lagen und Doppelgriffen auch die Mysterien der Skordatura beherrschen muß. Biber hat sich das wohl auf den Leib geschreiben.
    Zur Musik selbst sage ich erstmal nix; das kann man man eh kaum griffig beschreiben, man sollte die Sonate besser HÖREN!

    Der Aufbau:

    Sonatina violino solo representativa
    1. Allegro
    2. Nachtigal
    3. CuCu
    4. Fresch
    5. Die Henn & Der Hann
    6. Die Wachtel
    7. Die Katz
    8. Musqetir Mars
    9.Allemande

    Zu den Aufnahmen:

    Ich habe drei davon, nämlich von Alice Harnoncourt (1969), Reinhard Goebel (1987) und Andrew Manze (1994).

    Die Harnoncourt-Aufnahme klingt im Vergleich zu den beiden neueren etwas altbacken, und es fehlt ihr an Witz. Doch damals war das sicher sensationell, solch einen lange vergessenen Klangschatz hervorzuzaubern und darzubieten, und eine Aufführungspraxis mußte erst etabliert werden. Somit sei auch die recht brave Cembalo-Begleitung verziehen. Immerhin gelingt der Marsch der Musketiere als expressiver Höhepunkt (die Begleitung klingt aber arg "abgehackt"), und die IMO beste Wachtel der drei Aufnahmen gibt es auch zu hören.

    Goebel, der im Durchschnitt die zügigsten Tempi wählt, gelingt eine sehr homogene Aufnahme, die mich absolut überzeugen würde, wenn ich Manze nicht kennen würde. Bei Goebel gefällt mir die Nachtigall sehr gut, und auch der Frosch ist wahsinnig klangulkig (wie kriegt er dieses Schnarchgeräusch in der Satzmitte hin?). Die Katze ist mir zu schnell, und der Musketier-Marsch ist leider zu blaß (gerade im Vergleich zu Manze), das ist sehr schade.

    Manze setzt mehr auf die Extreme als die anderen beiden. Das eröffnende Allegro finde ich bereits bei ihm am gelungensten. Dann kommt eine sehr stille und langsame Nachtigall. Das liegt wohl näher an der Nachtigall in natura, bremst hier aber IMO den musikalischen Fluß zu sehr aus. Auch die Wachtel ist mir zu langsam. Aber das ist vergessen, sobald die zwar auch langsamen, aber herrlich schrägen Katzen das Miauen beginnen. Grandios! Und noch genialer ist dann der Musketier-Marsch. Das klingt phänomenal aufregend!
    Eine schleppende Allemande bildet dann den ruhigen Abschluß.

    Viele Grüße,
    Pius.

    Wir selbst müssen die Veränderung sein, die wir in der Welt zu sehen wünschen.
    (Mohandas Karamchand Gandhi)

  • Hallo Pius,

    Die Sonata representative war das Werk, das ich zuerst von Biber hörte (gleich in der Manze-Aufnahme), und gleich lieben gelernt: so wurde Biber mein "Lieblingsbarockkomponist".

    Ich kenne noch zwei weitere Aufnahmen davon:

    Ryo Terakado, hat sie 1994 eingespielt. Er nimmt schnellere Tempi, und wirkt irgendwie "zu japanisch". Als würde er den Witz nicht ganz kapieren, vielleicht sprechen die Tiere in Japan anders... man fühlt: es ist ihm fremd. Jedoch ist das keine misslungene Aufnahme: er sehr musikalisch, bewältigt so diese Schwierigkeit mit Fleiß, Begabung und Können.

    Im selben Jahr ist auch die Biber-Platte von Maria Lindal mit dem Ensemble Saga erschienen. Später erlebte sie noch eine Neuauflage. Die Nachtigal wirkt bei ihr wirklich überzeugend, und auch die Frösche zeigen ihr Humor. Das Hühnergackern ist bei ihr auch einen Lachanfall wert. Die Wachtel bekommt ein wunderschön lansames Tempo - am Ende naht aber die Katze schon, die aber an Manze nicht heranreichen kann. Der Marsch wird auch hier zum Höhepunkt, vielleicht etwas agressiv gespielt, aber mit Ironie.

    Es gibt noch zwei Einspielungen auf die ich scharf bin: beide mit den Violinsonaten 1681 gekuppelt.

    Mit Gunar Letzbor :juhu: :juhu: :juhu: :juhu: :juhu: :

    und mit Marianne Ronez

    "Vor dem Essen, nach dem Essen,

    Biber hören nicht vergessen!"


    Fugato

  • Sonatae violino solo, 1681

    Schwer sowas über die Lippen zu bringen, aber die acht Violinsonaten aus 1681 sind vielleicht noch ausgefallener, als die berühmten Rosenkranz-Sonaten. Zwar wird hier der Skordatur nicht so gehuldigt (nur die Vierte und der Mittelteil (!!!) der Fünften ist skordiert), sind aber virtuoser, wilder, sprühen nur so vor Witz und Können.
    Nach den Schnipseln auf der Seite von Ars Antiqua Austria ("'http://www.ars-antiqua-austria.com') zu urteilen, dürfte die Letzbor-Aufnahme die Beste sein. Ich kenne sie aber leider nicht.

    Die Ronez-Einspielung dürfte auch nicht zu weit hinten stehen... aber ich kenne auch die nicht.

    Die Manze-Einspielung der Sonaten kenne ich aber: und sie ist fantastisch.

    Hier lernen wir den angeberischen, humorvollen Schelm, Heinrich Biber kennen - doch auch hier lauert die Mystik der Rosenkranz-Sonaten: das Vorwort zu diesen 8 Sonaten, mit seinen alchemistischen Anspielungen und die Kircher-Zitate in der Sonata representativa machen eindeutig, dass Biber das Werk von Kircher bestens gekannt hat (sein Kollege, Muffat, war mit ihm auch befreundet).
    Manze wählt hier besonders farbig und draufgängerisch zu spielen. Er spielt wortwörtlich.

    Holloway nähert sich der Violinsonaten, wie immer, gelassener, klassischer. Wenn ich sage, dass diese Aufnahme besser ist, als seine Einspielung der Rosenkranz-Sonaten, dann meine ich, dass diese sehr-sehr gut ist... :thumbup: (an Manze reicht er aber auch hier nicht auf)
    Auf zwei CDs erschienen bei ECM:
    und

    "Vor dem Essen, nach dem Essen,

    Biber hören nicht vergessen!"


    Fugato

  • RE: Sonata Representativa

    Guten Tag

    Hallo!

    Die Harnoncourt-Aufnahme klingt im Vergleich zu den beiden neueren etwas altbacken, und es fehlt ihr an Witz. Doch damals war das sicher sensationell, solch einen lange vergessenen Klangschatz hervorzuzaubern und darzubieten, und eine Aufführungspraxis mußte erst etabliert werden. Somit sei auch die recht brave Cembalo-Begleitung verziehen. Immerhin gelingt der Marsch der Musketiere als expressiver Höhepunkt (die Begleitung klingt aber arg "abgehackt"), und die IMO beste Wachtel der drei Aufnahmen gibt es auch zu hören.

    Viele Grüße,
    Pius.

    Für mich waren vor fast 40 Jahren -damals noch auf LP- Harnoncourts Biber Aufnahmen mit dem Concentus Musicus Wien eine Offenbarung, ich kannte Biber vorher überhaupt nicht und lernte ihn erstmals durch diese LPs kennen und schätzen. Wer hatte um diese Zeit schon H.I.F. Biber eingespielt ?

    Eine Aufnahme dieser Zeit ist diese

    CD mit Instrumental- und Vokalmusik des famosen Komponisten.

    Gruß :wink:

    Deio

    " Ein Kluger bemerkt alles, ein Dummer macht über alles eine Bemerkung !"

    (Heinrich Heine)

  • Ein paar Aufnahmen mit der Musik Bibers die mir besonders gut gefallen haben:


    teilweise auch mit Trompeten, ziemlich "kernig" gespielt. richtig schöne hochbarocke Instrumentalmusik.


    und Biber hat auch eine Oper verfasst, die auch recht ordentlich von der Salzburger Hofmusik für JPC aufgenommen wurde.

    allerdings sollte man hier schon eine Vorliebe für die typische italienische Oper des 17. Jahrhunderts haben, von der Opera Seria im Stile von Scarlatti, Caldaras oder Händels ist Biber noch weit weg, das Werk erinnert eher an Opern von Cesti oder Cavalli.

    Man weiß weder genau wann und ob die Oper überhaupt gespielt wurde, man schätzt, das sie wohl um 1691 / 92 entstanden ist.
    Die Partitur ist relativ "nackt" die geforderten Ballette und Ritournelle fehlen meist, ebenso gibt es keine Ouverture, oder einleitende Sinfonia.
    Wolfgang Brunner hat diese fehlenden Passagen mit anderen Werken Bibers ausgefüllt, eine Praxis die ja im Barock, wie auch Heute ganz normal ist (bei den Cavalli Opern, die Jacobs in der Vergangenheit gemacht hat, sind die Instrumentalstücke meist von Schmelzer, Krieger oder Rosenmüller).

    In jedem Fall ist es ein interessantes Werk, zumal das eine der wenigen Aufnahmen einer italienischen Oper aus der zweiten Hälfte des 17. Jh. ist, leider konzentriert sich ja sonst alles auf Monteverdi, dann eventuell Cavalli, dann geht es erst wieder mit Vivaldi und Händel weiter.

  • Lange Zeit vor der Neuen Wiener Schule, gar noch vor der Alten Wiener Schule, war der Freiherr von Biber bereits ein Vorkämpfer der Atonalität und der Vierteltontechnik und somit vermutlich der modernste Musiker seiner Zeit. Wer es nicht glaubt, höre sich den 2. Satz seiner Battallia an:

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    »Die liederliche Gesellschaft von allerley Humor« schildert das Saufgelage der Landsknechte und Schildknappen in grellen Tönen und mit drastischen Mitteln - sehr amüsant, und nach einer Minute ist das Gequietsche vorbei. Die gesamte Battallia ist ein schönes, herzhaftes und unterhaltsames Stück, das ein Biberfreund wohl kennen sollte.

    Cheers

    Lavine :wink:

    “I think God, in creating man, somewhat overestimated his ability."
    Oscar Wilde

  • Ein paar Aufnahmen mit der Musik Bibers die mir besonders gut gefallen haben:


    teilweise auch mit Trompeten, ziemlich "kernig" gespielt. richtig schöne hochbarocke Instrumentalmusik.

    Eine kleine Ergänzung:

    Diese von dir empfohlene Aufnahme enthält, neben Werken Schmelzers, die eine Hälfte von den Sonatae tam aris quam aulis servientes mit der Freiburger Barockorchester Consort. Die zweite Hälfte, vemengt mit Stücken von Georg Muffat, ist auf folgende CD erhältlich:

    Grüße

    Tscha

    "Vor dem Essen, nach dem Essen,

    Biber hören nicht vergessen!"


    Fugato

  • Lange Zeit vor der Neuen Wiener Schule, gar noch vor der Alten Wiener Schule, war der Freiherr von Biber bereits ein Vorkämpfer der Atonalität und der Vierteltontechnik und somit vermutlich der modernste Musiker seiner Zeit. Wer es nicht glaubt, höre sich den 2. Satz seiner Battallia an:

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    Multitonalität und Collagentechnik (a la Ives) fällt mir da eher ein, als Atonalität. :thumbup: :wink:

    "Vor dem Essen, nach dem Essen,

    Biber hören nicht vergessen!"


    Fugato

  • Ich habe interessante Infos über Biber ("'http://www.everything2.com/index.pl?node=Heinrich+Biber') im Netz gefunden:

    darunter einige, die zu Nachdenken verleiten:

    - "Some of Biber's descendants were musically gifted and active in Salzburg in and beyond the time of Mozart." Die Rede ist über die Nachfahren von Karl Heinrich Biber, dem Sohn des großen Heinrich Ignaz. Es wäre interessant endlich mal einen Stammbaum der Familie zu sehen - aber es fehlt leider noch immer eine umfassende Biber-Monographie...

    - "The appearance of themes from Biber's Missa Sancti Henrici in the Credo Mass, Jupiter Symphony, and The Magic Flute of Mozart indicate a tradition that was not forgotten while Mozart was growing up in Salzburg." - Na, das war mir ganz neu! Weiß da jemand über welche Themen die Rede sein könnte?

    Ein Hinweis. Eben gefunden. ("'http://books.google.hu/books?id=l6I6B…+Biber&as_brr=3')

    "Vor dem Essen, nach dem Essen,

    Biber hören nicht vergessen!"


    Fugato

  • Hallo!

    Na, wenn hier so viele CDs empfohlen und Covers gepostet werden, dann darf dies nicht fehlen:

    Das Requiem ex F mit einem der lässigsten Dies Iraes, die mir je untergekommen sind, ist ganz anders, als man es von der Missa Salisburgensis her erwarten würde. Es wird von McCreesh (einer meiner Lieblingsdirigenten alter Musik) garniert mit einer weiteren kleinen Biber-Messe sowie Stücken von Muffat, Schmelzer, Megerle und Di Lasso (warum letzterer, erschließt sich mir nicht, aber sei's drum, seine "Media vita"-Vertonung ist wunderschön).
    Das Requiem ist auf der alten Harnoncourt-CD auch drauf, aber hier gilt gleiches wie bei der Representativa-Sonate: Damals sensationell, heute altmodisch. McCreesh findet den IMO richtigen Biber-Ton.

    Viele Grüße,
    Pius.

    Wir selbst müssen die Veränderung sein, die wir in der Welt zu sehen wünschen.
    (Mohandas Karamchand Gandhi)

  • Das Requiem ex F mit einem der lässigsten Dies Iraes, die mir je untergekommen sind, ist ganz anders, als man es von der Missa Salisburgensis her erwarten würde. Es wird von McCreesh (einer meiner Lieblingsdirigenten alter Musik) garniert mit einer weiteren kleinen Biber-Messe sowie Stücken von Muffat, Schmelzer, Megerle und Di Lasso (warum letzterer, erschließt sich mir nicht, aber sei's drum, seine "Media vita"-Vertonung ist wunderschön).

    Die Missa ex B ist auch ein überaus interessanter Werk von Biber: steht in der Tradition der vierstimmigen Choralmesse mit Orgelbegleitung, die ihre Wurzeln bei Monteverdi hat und noch von Bruckner praktiziert wurde.

    Die Lasso-Stücke sind auch nich Fehl am Platz: seine Werke (wie auch die Palestrinas) wurden in Salzburg, aber vor allem am Wiener Hof noch gesungen und respektiert. Nicht um sonst nennt Benedikt Anton Aufschnaiter ihn als einer seiner Meister.

    "Vor dem Essen, nach dem Essen,

    Biber hören nicht vergessen!"


    Fugato

  • Sonatae tam aris quam aulis servientes, 1676

    Die "Sonaten tauglich so für den Altar, wie für den Hof" sind sechs Jahre nach Biber plötzlichem Stellungswechsel zum Salzburgischen Hof in Druck in der (späteren) Mozartstadt erschienen. Es handelt sich um 12 Sonaten für Streicher und Trompeten (3 für 2 Trompeten und Streicher [I, VII, XII], 2 für Solotrompete und Streicher [IV, X], 3 für 6-stimmig gesetzten Streicher [II, III, V], 4 für 5-stimmig gesetzen Streicher [VI, VIII, IX, XI]); der Begriff "Sonate" wird hier im "venezianischen" Sinne verstanden, es sind also Sonaten des von den Gabrielis geprägten Stils, der in Österreich eine breite Aufnahme fand und sogar länger lebendig blieb, als in Italien. (Übrigens ist im ersten Drittel der 11. Sonata ein Teil, der ein Motiv aus der Missa salisburgensis vorwegzunehmen scheint - ein Beweis der Autorschaft Bibers für Letzteres?) Vorbild für die Biberschen Sonaten waren wahrscheinlich die Werke Valentinis, Bertalis, aber vor allem [Johann Heinrich] Schmelzers, dessen Sacro-profanus concentus musicus 1962 in Nürnberg erschien. Dieses Opus hatte einen so großen Eindruck auf Biber ausgeübt, dass er sogar noch seine 1683 veröffentlichte Sammlung ähnlich betitelte: Fidicinium sacro-profanum. Heilig-profane Werke haben wir also vor uns: Werke, die sowohl als Kirchenmusik ("Altar"), als auch Kammermusik (im eigentlichen Sinne - "Hof") vewendet werden können. Für den kategorisch Denkenden kann das verwirrend sein: nicht aber für den, der sein religiöses Leben nicht vom Alltag "abgekuppelt" erlebt.
    Bei Bach wird oft festgestellt, wie stark sogar seine profansten Instrumentalwerke durch seinen Glauben durchwebt sind - man vergisst oft, das dasselbe auch für viele andere Musiker seiner Zeit typisch ist: und wie wäre es anders in einem Lande, wo am Thron jemand sitzt, der nicht nur der musikalisch begabteste aller Herrscher war, aber wahrscheinlich auch der religiöseste unter ihnen: Leopold I (man hat sogar nach seinem Tod gemunkelt, er solle heilig gesprochen werden; doch die politische Lage [der Papst förderte eher Frankreich, von der habsburgischen Übermacht sich fürchtend] war dazu mehr als ungünstig. Und heute gibt's deren nur wenige die sich über seine Größe in staunen versetzt werden).

    Aber genug des Ausschweifs!

    Ich kenne folgende vier Aufnahmen der Biberscher Sammlung von Altar-und-Hof-tauglichen Sonaten:

    - The Parley of Instruments; Roy Goodman und Peter Holman
    Hyperion, 1985

    Soviel ich weiß, die älteste Gesammtaufnahme (Teile daraus hat Harnoncourt und Leonhardt schon früher eingespielt). Eine schön atmospherische Aufnahme, auch dann, wenn die späteren deutlich besser sind. Die Intonation der Trompeten scheint nicht immer ganz präzise zu sein, jedoch macht das die eigene Charm der Einspielung aus. Mit viel Gefühl wir gespielt, doch für mich bleiben sie hier und da zu sehr an der Oberfläche "hängen".

    - Freiburger Barockorchester Consort
    auf zwei separaten CDs, (Biber, Muffat: 1994 - Neuaufl.: 2000; Schmelzer, Biber: 1995)
     
    Rauhe Klänge, schnelle Tempi. Eine gut ausbalancierte, professionelle Aufnahme, jedoch weniger mein Fall.

    - The Rare Fruits Council; Manfredo Kraemer
    Audivis/Astrée 1998 - Neufl. 2003 Naive, jedoch auch nicht mehr erhältlich.

    Wunderschön. Sehr kopulenter Klang, tiefgreifend, betörende Tempi.

    - The Purcell Quartet
    Chandos/Chaconne

    Ich mag die noch besser als Kraemer: konzentriert sich mehr auf die Polyphonie, sonorer Klang.

    :wink:

    "Vor dem Essen, nach dem Essen,

    Biber hören nicht vergessen!"


    Fugato

  • Ich habe interessante Infos über Biber ("'http://www.everything2.com/index.pl?node=Heinrich+Biber') im Netz gefunden:

    - "The appearance of themes from Biber's Missa Sancti Henrici in the Credo Mass, Jupiter Symphony, and The Magic Flute of Mozart indicate a tradition that was not forgotten while Mozart was growing up in Salzburg." - Na, das war mir ganz neu! Weiß da jemand über welche Themen die Rede sein könnte?

    Ein Hinweis. Eben gefunden. ("http://books.google.hu/books?id=l6I6B…+Biber&as_brr=3')

    "Wolfgang Amadeus Mozart apparently made use in his compositions of two of the themes from Biber's Missa Sancti Henrici. The theme of Biber's Agnus Dei appears in the finale of the Jupiter Symphony.
    The theme of the "Kyrie" from the Missa Sancti Henrici can be found in Mozart's The Magic Flute, in the finale of Act II, as a counterpoint to the song of the two armored men. Andreas Leiss states that there is possibly a connection between Biber and W. A. Mozart through Leopold Mozart. It has been mentioned previously that Leopold
    Mozart served as concertmaster to the Salzburg Kapelle under Heinrich Biber's son, adding some weight to this connection."
    (THE IMPORTANCE OF SCORDATURA IN THE MYSTERY SONATAS OF HEINRICH BIBER by KURT ARDEE OILMAN, B.M.)

    "Vor dem Essen, nach dem Essen,

    Biber hören nicht vergessen!"


    Fugato

  • Fidicinium sacro-profanum, 1983

    Ich konnte im Stadtbibliothek die Stimmenhefte des Fidicinium sacro-profanum in der Edition von Nikolaus Harnoncourt finden, habe sie auch ausgeliehen, und bin gerade dabei sie für mich in Partitur zu setzen. (Wenn ihr an das Endergebnis neugirig seid, schreibt eine PN).

    Diese Sammlung aus 1683 enthält 6 fünfstimmige (mit doppelter Bratsche) und 6 vierstimmige (in Streichquartettbesetzung) Streichersonaten, also "Vorboten" des Streichquartetts, bzw. -quintetts.

    Interessant, dass es da keinen eigenständigen Continuopart gibt, und wie ich gelesen habe, wäre es überhaupt nicht verkehrt, diese Sonaten ohne Continuo (also nur mit Violone) aufzuführen. Ich habe auch gelesen, dass die früheren Quartette von Haydn, sogar die noch des op.9 oft mit Continuo aufgeführt worden sind! Damit rückt für mich Biber sehr nah an Haydn heran, und Werke, wie diese (die Mensa sonora ist dabei ähnlich: letztere enthält Quartette mit doppelter Bratsche, die man auch als Suiten (Baletti, Partiten, usw.) verstehen kann, also Folgen von Tanzsätzen, die Stücke des Fidicinium orientieren sich eher an die Kirchensonate.) werden für mich ein Weg das Medium "Streichquartett" zu verstehen.

    Ich habe zwei vollständige Aufnahmen der Werkreihe:

    Eine wirklich gute Einspielung, ich kann sie nur empfehlen: lebhaft, mit viel Humor und Einfühlungsvermögen gespielt.


    Nicht so gut, wie die Gruppe von David Plantier, irgendwie hat diese Einspielung des sonst so guten Purcell Quartet mich nicht begeistern können. Die Sonaten der Sammlung werden hier mit weiteren Werken aus dem Schaffen Bibers ergänzt.

    Breitere Auszüge (5 Sonaten: 1, 4, 5, 7, 11) findet man auf dieser fantastischen CD:

    Unbedingt empfehlenswert!

    Liebe Grüße
    Tamás
    :wink:

    "Vor dem Essen, nach dem Essen,

    Biber hören nicht vergessen!"


    Fugato

  • Lieber Tscha

    Kennst Du diese Aufnahme?

    Die Platte ist im Moment nicht verfügbar, ich habe vor Ewigkeiten gekauft und fast ebenso lange nicht mehr gehört. Ich glaube, das war meine zweite Biberplatte nach Goebels Aufnahme der Rosenkranzsonaten, und ich war so enttäuscht, dass ich schon sehr lange nicht mehr reingehört habe. Irgendwie langweilig. Soll ich der Aufnahme nochmal eine Chance geben, oder lieber gleich eine andere kaufen?

    Viele Grüße
    Michel

    Es gibt kaum etwas Subversiveres als die Oper. Ich bin demütiger Diener gegenüber diesem Material, das voller Pfeffer steckt. Also: Provokation um der Werktreue willen. (Stefan Herheim)

  • Die Platte ist im Moment nicht verfügbar, ich habe vor Ewigkeiten gekauft und fast ebenso lange nicht mehr gehört. Ich glaube, das war meine zweite Biberplatte nach Goebels Aufnahme der Rosenkranzsonaten, und ich war so enttäuscht, dass ich schon sehr lange nicht mehr reingehört habe. Irgendwie langweilig. Soll ich der Aufnahme nochmal eine Chance geben, oder lieber gleich eine andere kaufen?

    Leider kenne ich die Aufnahme nicht... ;( (ich dachte schon ich hätte alle Aufnahmen...)

    Ich möchte aber meinen, dass eine zweite Chance jeder verdient... :D Man darf natürlich nicht die Rosenkranz-Sonaten erwarten: hier wird anders gearbeitet: mehr unterschwelliger Humor, oft bizarre Themen mit denen merkwürdige Spielereiengetrieben werden: das ganze aber so unterschwellig, dass wenn man nicht genau hinhört, nur gefällige Unterhaltungsmusik vernimmt. :rolleyes:

    Wenn du dich doch bei einer zweiten Aufnahme entscheidest, dann wähle Plantier! Da wird alles gegeben bis das Zeug hält!
    :juhu: :juhu: :juhu: :juhu: :juhu:

    Liebe Grüße
    Tamás
    :wink:

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    Biber hören nicht vergessen!"


    Fugato

  • Leider kenne ich die Aufnahme nicht... ;( (ich dachte schon ich hätte alle Aufnahmen...)

    Ha. Ich habe eine Biber-Platte die Du nicht kennst. Das ich das noch erleben darf :juhuu:

    Michel

    Es gibt kaum etwas Subversiveres als die Oper. Ich bin demütiger Diener gegenüber diesem Material, das voller Pfeffer steckt. Also: Provokation um der Werktreue willen. (Stefan Herheim)

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