VERDI: Luisa Miller - fast wie Sturm und Drang

  • VERDI: Luisa Miller - fast wie Sturm und Drang

    Daß Verdi von Schillers Dramen angezogen wurde, weiß fast jeder Musikfreund. MIt "Kabale und Liebe", vom Librettisten Salvatore Cammarano nach Tirol verlegt und schematisierend verändert, wählte er einen Stoff, der die Möglichkeit zu viel Emotion bot. Die 1849 in Neapel uraufgeführte Oper gehört nicht zu Verdis populärsten Schöpfungen und wurde auch damals kein rauschender Erfolg, sie steht aber meiner Ansicht nach etwas zu Unrecht im Schatten. Verdi trägt hier noch etwas dick auf, aber er macht das mit einer Meisterschaft, die schon die kommenden Werke ahnen läßt. Mag er bei den Ausbrüchen des Rodolfo auch etwas zu viel des Guten getan haben, läßt sich ihre Wirksamkeit doch nicht leugnen, zumal in dieser Einspielung:

    Rundfunkaufnahme mit dem Orchestra Sinfonica und dem Chor von RAI Rom 1951

    Mario Rossi ist einer meiner Lieblingsdirigenten, der weiß , wie man Verdi anpacken muß, und Giacomo Lauri-Volpi als Rodolfo präsentiert sich in leidenschaftlicher Hochform. Auch Scipio Colombo als Miller bietet eine großartige Leistung.
    Weniger zufrieden bin ich mit Lucy Kelston in der Titelrolle. Anfangs eher in Schwierigkeiten singt sie sich dann warm und berührt durch eine angenehme Mittellage, aber in den höheren Regionen gibt es wiederholt einen Beiklang von Schrillität. Das mag auch der technischen Qualität der Aufnahme geschuldet sein, die nicht ganz den Standard der Zeit wahrt (vermutlich war das Band zum Zeitpunkt des Remasterings auch schon ein wenig zu sehr gealtert), aber eine Spitzenkehle ist das nicht. Sie verdirbt nichts wirklich und ist natürlich eine versierte Opernsängerin, fällt aber gegen das maßstabsetzende Niveau ihrer Kollegen deutlich ab. Die Duchessa hingegen, verkörpert durch Miti Truccato-Pace, macht ihre Sache gut, doch ist das nur eine kleine Partie.
    Giacomo Vaghi als böser Conte bemüht sich sehr und ist wie Kelston im wesentlichen versiert, strengt sich aber teilweise dabei hörbar an. Duilio Baronti als schurkischer Wurm, der zuletzt ins Gras beißen muß, liefert korrekten Gesang, ist im Ausdruck aber nicht stark genug, um den Schuft wirklich glaubhaft zu machen.

    Dennoch ist das für mich eine empfehlenswerte Aufnahme, die ich dazu noch für einen wahren Spottpreis erstehen konnte. So günstig kommt man an spätere Einspielungen sicher nicht.

    Liebe Grüße

    Waldi

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    Homo sum, ergo inscius.

  • Habe heute Morgen diese sehr gute Aufnahme der "Luisa Miller " gehört .

    [Blockierte Grafik: http://ecx.images-amazon.com/images/I/61weu%2BxeNjL._SL500_.jpg]

    Count Walter, Raffaele Ariè
    Rudolf, Lucia Pavarotti
    Federica , Cristina Angelakova
    Wurm, Ferruccio Mazzoli
    Miller, Matteo Manuguerra
    Luisa, Gilda Cruz Romo
    Laura, Anna di Stasio

    Orchestra Sinfonica e Coro di Torino della RAI , Cond. Peter Maag

    Eine Live GA von 1974, bei meiner steht allerdings 1969, aber im Netz ist '74 angegeben !
    Gesanglich bietet sie alles ,was diesem leider unterschätzten Werk , gerecht wird!
    Pavarotti mit unverbraucher Stimme, Cruz Romo gibt eine feurige Luisa , Manuguerra einen durchdringen Miller sowie Mazzoli mit prägnanter Stimme für den Wurm.
    Und Raffaele Ariè ist ein Walter mit prachtvollem Bass !

    LG palestrina


    * Die GA ist auf dem Marktplatz für 0,01 € zu haben :thumbup:
    Sie hat eine sehr gute Klangqualität, die von MYTHO ist viel schlechter.

    „ Die einzige Instanz, die ich für mich gelten lasse, ist das Urteil meiner Ohren. "
    Oolong

  • Lieber Palestrina,

    das ist ja eine wunderschöne Aufnahme, ich höre sie gerade an. Für eine Liveaufnahme von sehr guter Qualität und das für den sagenhaften Preis.

    Gut, daß ich Deinen Beitrag gelesen habe.


    :wink: :wink: :wink: Kristin

    Vom Ernst des Lebens halb verschont ist der schon der in München wohnt (Eugen Roth)

  • Viel Musikalischen Genuss, wünsch ich dir ! l-l

    LG palestrina

    „ Die einzige Instanz, die ich für mich gelten lasse, ist das Urteil meiner Ohren. "
    Oolong

  • Na, HollaD,dann auf zu Sturm und Drang ! ;+)
    Leider ist diese Oper sehr unterschätzt !

    LG palestrina

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    Oolong

  • Verdis Luisa Miller gibt es auch auf Deutsch.

    Wer sich das antun will hat zumindest gute Stimmen. Die Staatskapelle Dresden unter Karl Elmendorff [1944] hatte hier als berührende Luisa - Maria Cebotari zur Hand. Kut Böhme singt einen noblen Graf Walter , Hans Hopf [an diese Stimme muss man sich erst gewöhnen, für mich hat er einen nicht ganz so schönen Tenor] singt den Rudolf in Richard Strauss Manier. Helena Witt ist eine grandiose Amalia und Georg Hann ist für den Wurm eigentlich zu sympathisch. Josef Hermann als Vater Miller tut was er kann und das ist nicht so übel. Trude Eipperle als Lucia fällt nicht unangenehm auf.

    Das Einzige was störend wirkt ist halt die deutsche Sprache, aber wenn man etwas weghört geht auch das.

    Aber im Jahr 1944 wurde halt in Dresden [und nicht nur dort] Verdi auf Deutsch gesungen.

    LIebe Grüße sendet Euch Euer Peter.

    P.S. In Italienisch habe ich Waldi schon zitierte Aufnahme.

  • Da ich mir möglicherweise am nächsten Donnerstag in Hamburg die 'Luisa' anschauen werde, habe ich heute schon einmal diese Live-Aufnahme in den Player geschoben:

    Und wieder funktioniert es mit dem Bild nicht, daher hier der Link:

    https://www.amazon.de/Verdi-Luisa-Mi…iller+gavazzeni

    Gianandrea Gavazzeni dirigiert das Scala-Orchester am 12.05.1976 mit
    Caballé, Pavarotti, Cappuccilli, Baglioni, Zardo und del Bosco.

    Caballé und Pavarotti sind in bestechender Form, wie ja gerade die 70iger beider großer Jahrzehnt war. Gerade er ist ein einziger Genuss. Die Stimme noch voll intakt, weit entfernt von später auftretendem Routinesingen, zeigt er einen stilistisch wie technisch mehr als beeindruckenden Verdi-Gesang. Legato, Diktion, Registerausgleich, Passagio, Schönheit des Timbre, das Strömen der Stimme in jeder Lage - vorbildlich. Das er nicht die Leidenschaft in Person war, dass sein Piano vielleicht nicht seine größte Stärke war, fällt bei diesen Vorzügen kaum ins Gewicht.

    Caballé ist bei mir immer so eine Sache. Einerseits bin ich gar nicht mal so ein Freund ihres Timbres und auch gewisser Schärfen, kann oder möchte sie mir in bestimmten Rollen optisch auch nicht vorstellen. Aber andererseits war sie ein Bühnentier, warf sich immer in die Rollen hinein und dann ist mir alles andere egal. Und was man auf dieser Aufnahme eben auch hört: sie war da, war präsent, konnte ein Bühnengeschehen dominieren, wenn es erforderlich war. Und sie ergänzt sich mit Pavarotti wunderbar.

    Cappuccilli war, für mein Empfinden, immer am besten, wenn er nicht den Edlen, wie als Posa z.B., geben musste. Und so auch hier. Genauso wie die Caballé jemand, der eine unglaubliche Präsenz live wie auf einer Konserve mit brachte und hier einen Miller scharf konturieren konnte.

    Baglioni ergänzt das Trio sehr angemessen und Gavazzeni, vielleicht ein wenig mit grobem Pinsel arbeitend, feuert das Geschehen aber immer wieder an.

    Tolle Aufnahme!

    :wink: Wolfram

    "Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern." (Samuel Beckett)

    "Rage, rage against the dying of the light" (Dylan Thomas)

  • Bei dieser Oper hat mich sogleich die Overture in ihren Bann gezogen - ich finde sie fantastisch! Einmal spielt die Klarinette eine wichtige Rolle, ein Instrument, welches glaube ich für Verdi besondere Bedeutung hatte. Ich kann mich irren und müsste nochmal die früheren Opern daraufhin nachhören, aber ist es das erste mal, dass die Klarinette bei Verdi so wichtig ist ? Sie nimmt mMn fast eine Art leitmotivische Rolle ein. Sie kündigt an und lässt erinnern, sie stellt Assoziationen her. Soweit denke ich, aber diese Sicht könnte sich ändern, dass sie Rodolfo in Luisas Gedanken und Gefühlen darstellt. Auf jeden Fall wird der Zuhörer sofort in der Overture auf den Klang der Klarinette aufmerksam gemacht, man wird sozusagen darauf geeicht, damit sie dann später ihren Effekt entfalten kann.

    Zum Zweiten ist mir in der Ouverture die Nähe zu Beethoven aufgefallen. Dieser Gedanke kam mir bei La Battaglia, siehe mehr dazu hier. Wie ist es mit Weber?

    Wunderschön und bemerkenswert finde ich gleich den Beginn der ersten Szene und den anschliessenden Chor. Dieser Beginn ist vom Allerfeinsten und beschreibt die Ausgangssituation des Dramas so hervorragend. In die Stille hinein schleicht sich eine Solo Klarinette mit einer Art verträumten Jagdruf, als Antwort zwitschern die Geigen kurz. Die Klarinette ruft wieder....und es entsteht eine verhalten freudige Morgenstimmung auf dem Lande, eine Pastorale (eine deutsche sogar, wie ich zu hören meine), mit Vogelgezwitscher, ländlich sanftem Hühnergegacker im Hintergrund und unschuldiger und hoffnungsvoller Vorfreude auf den Tag, Luisas Geburtstag. Der Frauenchor beginnt.....

    Die Musik kann von diesem idyllischen Ausgangspunkt aus dann im Verlauf ihre starke Dramatik entlang der Handlung entwickeln. Eine ganz wunderbare Oper.

    Auf dieser Aufnahme finde ich die Ouverture besonders gut gelungen. Ansonsten habe ich vorerst nur Teile von ihr angehört - und sie scheint mir soweit sehr gut! Zeit müsste man haben.....dann würde ich mich durch alle Aufnahmen der Luisa Miller durchhören.

    Conductor Fausto Cleva - 1965(STU)

    RCA Italiana Orchestra

    RCA Italiana Chorus

    Luisa - Anna Moffo

    Rodolfo - Carlo Bergonzi

    Miller - Cornell MacNeil

    Walter - Giorgio Tozzi

    Federica - Shirley Verrett

    Wurm - Ezio Flagello

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