Tito Gobbi - der Wandelbare
Bevor ich mit meinem kleinen und natürlich sehr subjektiven Portrait über Tito Gobbi beginne, möchte ich in eigener Sache etwas
voranstellen:
Musik – und besonders die Oper – ist meine Leidenschaft, nicht meine Profession. Das bedeutet, meine Beurteilungen spiegeln wider,
inwiefern mich die Interpretation der Musik berührt. Wir wissen: „Mit dem Herzen sieht man besser“, vielleicht verhält es sich mit der Musik ebenso. Der
Hörer braucht eventuell nur das Herz, der Musizierende selbstverständlich wesentlich mehr. Allerdings meine ich, dass Musik nur sachlich-technisch
perfekt dargeboten, niemals die Herzen berühren kann.
Aber jedes Herz schlägt anders (und kann sich auch mal irren) und aus diesem Grund erfreuen wir uns auch an unterschiedlichen Sängern.
Nun zu Tito Gobbi (24. Oktober 1913 – 5. März 1984)
Er gehörte einer großartigen Sängergeneration an, zu denen in seinem Baritonfach ebenbürtige Kollegen wie Ettore Bastianini, Rolando
Panerei, Mario Sereni, Leonard Warren, Robert Merill, direkt gefolgt von Piero Cappuccilli und Sherill Milnes (um nur einige zu nennen) gehörten.
Aber Tito Gobbi war ein Besonderer, nicht nur, weil man seine Stimme am ersten Ton erkennen kann, sondern auch, weil er ein großartiger Darsteller
war. Und für mich gibt es drei Rollen, in denen er unersetzlich ist: Scarpia – Jago -Rigoletto. (Besonders gerühmt wurde auch
immer sein Falstaff, aber diese Oper ist bisher an mir vorübergegangen).
Ich hatte das besondere Glück, Tito Gobbi zweimal live in Hamburg zu erleben. Seinen Scarpia sah ich 1965. (Ich war damals zwar erst 15, aber durch ein
absolut opernbegeistertes und sachkundiges Elternhaus infiziert) Neben ihm sangen ein ( leider indisponierter) di Stefano und Regine Crespin. Gobbi riss
das Hamburger Publikum von den Stühlen, so hatte ich es noch nicht erlebt. Die gesamte Pause nach dem 2. Akt skandierten wir GOBBI-GOBBI! Er hatte eine
gewaltige Stimme und konnte all das, was der Text (und natürlich die Musik) vorgibt, mit ihr ausdrücken: Macht, Drohung, Verachtung. Er WAR der
Polizeichef, vor dem Rom zitterte und der die Menschen tyrannisierte. Man musste ihn nicht sehen, man kann das alles HÖREN. Was ich gerade beim Schreiben tue: MET 1965 mit Corelli und Callas – legendär. (Ich weiß leider nicht, wie ihr die passenden Bildchen dazu einstellt). Ende des 1. Aktes:“Va Tosca….“da möchte man nicht in ihrer Haut stecken.
Beim 2. Akt läuft mir ein Schauer nach dem anderen über den Rücken. Den meisten ist das Video aus London mit Callas sicher bekannt – über das
Zusammenspiel dieser beiden Ausnahmekünstler braucht man nichts mehr zu sagen. Man sollte es für sich stehen lassen und meiner Meinung nach niemals als Maßstab verwenden, es wird nie erreicht werden.
Oder 1958:
Zu Anfang, als Scarpia erfährt, dass Angelotti ihm durch die Lappen gegangen ist, drückt diese Stimme blanken Hass und Wut und unerbitterliche Härte aus. Später dann die schmierige (wenn er ihr das Glas Wein anbietet) Begierde nach Tosca, und wenn er dazu noch einfach eine Augenbraue hochzieht…
Für mich gibt es keinen anderen Scarpia neben ihm und nach ihm. (Das ist eine rein persönliche und subjektive Liebeserklärung!) :juhu: :juhu: :juhu: :juhu: :juhu: :juhu: :juhu: :juhu: :juhu: :juhu:
Neben der Met-Tosca gibt es folgende Studio-Aufnahme http://en.wikipedia.org/wiki/Tosca_%28Sabata_recording%29' (Callas, Di Stefano; de Sabata, 1953) EMI
Auch seinen Jago durfte ich 1962 in HH auf der Bühne bewundern. Sehr beeindruckend. Er war die intrigante Schlange in Person. „Era la notte…“er versprüht ganz subtil sein Gift, schleicht sozusagen von hinten an sein Opfer heran – all das liegt in dieser Stimme.
(Nebenbei, hier sah ich auch Cappuccilli und Milnes, beide auch herausragend und Milnes für mich ebenso beeindruckend)
http://en.wikipedia.org/wiki/Otello (Rysanek, Pirazzini, Vickers; Serafin, 1960) http://en.wikipedia.org/wiki/RCA , eine wunderbare Aufnahme mit einem herausragenden Vickers.
Seinen Rigoletto habe ich leider nie gesehen, ich beziehe mich auf die Studioaufnahme mit (einem wunderbaren) di Stefano und (einer
ungewohnten) Callas. Hier kommt die andere Seite dieser Stimme zum Vorschein, die Verzweiflung und zärtliche Liebe
ausdrückt. Ein kleines Tonbeispiel: http://www.youtube.com/watch?v=Q_i9Eg2ejT8
In dieser Rolle zeigt sich die ganze Vielfalt, Wandelbarkeit der Stimme.
http://en.wikipedia.org/wiki/Rigoletto (Callas, Di Stefano; Serafin, 1955) EMI
Eine sehr schöne Aiufnahme ist auch diese “Lucia” Donizetti: url='http://en.wikipedia.org/wiki/Lucia_di_Lammermoor (Callas, Di Stefano; Serafin, 1953) EMI
Lesenswert:
Gobbi, Tito (1979), My Life. London: Macdonald and Jane's.http://en.wikipedia.org/wiki/Special:BookSources/0354043684']ISBN 0-354-04368-4
Vielleicht finden sich hier noch andere Verehrer dieses großen Baritons
Leonora