Eben gewälzt

  • Bist schon durch mit dem Bleak House? Puuh, du bist aber schnell...

    Ich poste hier wenig weil mich der Wallace ("Unendlicher Spaß") Wochen und Wochen kostet... Macht aber unendlichen Spaß (der öfters im Halse steckenbleibt)


    :P

    "Verzicht heißt nicht, die Dinge dieser Welt aufzugeben, sondern zu akzeptieren, daß sie dahingehen."
    (Shunryu Suzuki)

  • Bist schon durch mit dem Bleak House? Puuh, du bist aber schnell...

    nein - bin etwa bei Seite 200 - ich lese oft mehrere Sachen gleichzeitig ....äh...natürlich nicht gleichzeitig.....Du weisst, was ich meine.

    Bleak House ist weiterhin wunderbar. Die typisch englische Kombi von Unterhaltung und unglaublichem Tiefsinn, welcher eben genau durch den hohen Unterhaltungswert erst vermittelt wird. Für den Tiefsinn muss man aber selber das Gespür haben, sonst geht er an einem vorbei. Das Ganze mit so viel Empathie und ohne predigend oder schulmeisterlich zu wirken. Was für eine Kunst das ist !
    Ich versuche immer mal wieder mein Gedächtnis zu befragen, was mein Vater eigentlich von Dickens zu sagen wusste....aber ich finde nichs bestimmtes in meiner Erinnerung. Von meiner Mutter auch nichts. Hm.

  • Georg Wilhelm Friedrich Hegel

    Eine erneute Beschäftigung mit dem großen deutschen Denker schien mir ein Gebot der Stunde zu sein. Nicht aus dem naheliegenden Grunde, weil dem Philosophen in diesem Jahr gedacht wird. [Deshalb natürlich auch. Ehre, wem Ehre gebührt.] Vielmehr lohnt sich eine Beschäftigung mit seinem Schaffen schon allein deshalb, weil es so sehr aktuell ist. Der erste Gedanke, der den grübelnden Homo Philosophicus [ich will das jetzt nicht durchdeklinieren] bei der Beschäftigung mit Hegel vor der Folie der kruden Gegenwart zwangsläufig befällt, ist seinem Konzept der Freiheit geschuldet. Freiheit ist für das menschliche Dasein und das Zusammenleben in organisierten Gesellschaften wichtig – und möglich. Aber sie hat ihren Preis. Viele Menschen fühlen sich aktuell in ihrer Freiheit eingeschränkt, etliche davon bemühen dafür hierzulande die Verfassung. [Diesen politischen Ansatz des Diskurses zu verfolgen, würde nicht nur den Rahmen hier sprengen, Audiamus würde im Namen der Moderation auch sofort das Licht ausmachen.] Und es ist Hegel, der uns hier vor Augen führt, warum diese Freiheit mit einem Preis behaftet ist, der beispielsweise darin bestehen kann, dass man im Gegenzug Einschränkungen in Kauf nehmen muss. [In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit muss ich arg verkürzen, was im philosophischen Diskurs nicht unproblematisch ist.]

    Hegels Texte sind im Original nur für geübte Philosophen genießbar. Im Kollegenkreis wurde er durchaus als „lausiger Stilist“ bezeichnet [ein harsches Wort weise ausgesprochen]. Aber Philosophen bedienen sich grundsätzlich eines spezifischen Sprachcodes – meinetwegen Fachsprache genannt. Und wenn man ihre Texte mit Gewinn lesen möchte, so ist man gut beraten, ein Philosophiestudium zu absolvieren [Plan A]. Die skizzierte Ausgangssituation ist in etwa – ganz grob – vergleichbar mit einem Leser, der ein englischsprachiges Buch liest, dieser Sprache aber nicht mächtig ist. Also was ist zu tun? Richtig: englische Syntax und Vokabeln büffeln! Aber dem geneigten Leser kann vielleicht ein Workaround angeboten werden. [Das wäre dann im Lektürebeispiel der Dolmetscher.]

    Ich empfehle für diesen Fall [Plan B] den Einstieg über dieses Sachbuch – es sorgt für ein belastbares Fundament und gibt Sicherheit:

    Jürgen Kaube: Hegels Welt, August 2020 [Kaube: 2020]

    Der Autor hat u. a. Philosophie studiert und ist im Brotberuf für den verstorbenen Frank Schirrmacher in den Kreis der Herausgeber der FAZ berufen worden. Auf nicht ganz 600 Seiten verhandelt Kaube alles, was zu Hegels Leben und Werk relevant wäre. Für ein Buch zu diesem komplexen Sujet ist das ein eher geringer Umfang.

    Zum „lausigen Stil“ Hegels wird auch eine schöne Anekdote erzählt. Goethe hat sich wahnsinnig über den Schreibstil Hegels echauffiert. Er hat deshalb 1803 an Schiller geschrieben, „ob man Hegel nicht durch Rhetorikunterricht helfen könne“ [Kaube: 2020, S. 153]. Man hat das Procedere dann dahingehend verkürzt, dass man Hegel mit einem Bekannten verkuppelt hat, der absolut keinerlei philosophische Bildung hatte. Man wollte Hegel dadurch zwingen, seinen Kosmos so einfach wie möglich zu erklären. Dadurch sollte sein Stil „transparenter“ und die Inhalte verständlicher werden [das wäre dann Plan C aus heutiger Sicht gewesen, der aber keinen Sinn ergibt, da Hegel längst verstorben ist].

    Ich werte das jetzt mal subjektiv-relativ. Entweder Hegels Stil war vor dieser Begegnung noch schlimmer (kaum vorstellbar), oder aber: es war einfach fruchtlos.

    NB 1.0: Eigentlich will ich hypotaktische Sätze grundsätzlich vermeiden, scheitere aber an diesem Unterfangen immer wieder. Wahrscheinlich in jungen Jahren zu viel Thomas Mann konsumiert. Das prägt nun mal nachhaltig. Auch das habe ich von Hegel gelernt. Dazu stehe ich.

    NB 2.0: Ein Professor der Philosophie hat mir einmal erzählt, dass er einen Zeitgenossen kennt, der ohne jegliche philosophische Vorbildung seit sechzehn (16) Jahren an Hegels Phänomenologie des Geistes kaut und es noch immer nicht vollständig durchdrungen hat (ist schon eine Weile her). Und er studiert nur dieses eine Buch. Also: wenn du diese Zeilen liest, weisste Bescheid, den Kaume kaufen. [Ich bitte Bestellungen von Hegels Welt ausschließlich über den Bestell-Button des Forums zu tätigen, damit ich nicht in den Verdacht gerate, ich würde andernfalls an den Umsätzen partizipieren. Sieht einfach besser aus. Also bitte.]

    :wink:

    Jean

    "You speak treason" - "Fluently"
    "You've come to Nottingham once too often!" - "When this is over my friend, there'll be no need for me to come again!"

  • David Foster Wallace II

    Oder: Wer A sagt, muss auch rsch B sagen!

    Ich poste hier wenig weil mich der Wallace ("Unendlicher Spaß") Wochen und Wochen kostet... Macht aber unendlichen Spaß (der öfters im Halse steckenbleibt

    Mensch Garcia (ich hoffe, ich spreche das richtig aus). Da haben wir endlich eine tonnenschwere Schnittmenge. Also jetzt ist sie noch leer, aber wenn du dieses Buch gelesen hast, dann ist sie voll – wie bei einer mondfinsteren Sonnenfinsternis – oder so.

    David Foster Wallace: Der Spaß an der Sache, 1.086 S. und 1.042 g (gut ausbalanciertes Verhältnis von sein Umfang zu’n Gewicht, Formel weiß ich jetzt auch nich, R2D2 glaub‘ ich).

    Das ist nach einer langen Langstrecke (Unendlicher Spaß) eine ebenso lange Länge, aber jetzt endlich mal mit vielen Kürzen. Aber ohne Durststrecke. Darauf kommt's schließlich an. Hintereinander. Also am Stück. Die kann man sich dann aber einteilen. Je nach Gusto, aber nich der von dem Jacques mit den Weltmeeren. Das ist ein Sammelband seiner Essays (nich der Gusto :whistling: , der David doch), die ich inzwischen auswendig kann. Jetzt ma Content. Viele spannende Einzelteilwörter werden zu Textpäckchen geschnürt. Ohne Lücken dazwischen. Merkt man dann auch i-wie beim Lesen. Lückenlose Lücken. Ohne Ende.

    Beispiel? Voll: Wallace wird vonne Kreuzfahrt für Reiseveranstalter für eine Kreuzfahrt gebucht, warum hab' ich nich verstanden. Egal. Ein schwerer Fehler. Er schreibt dann aber darüber. Oder er besucht eine „Erotikmesse“ (ich verharmlose jetzt, denn um diese Zeit könnten Kinder hier mitlesen) und beschreibt, für welche völlig total abgefahrenen Disziplinen insgesamt über fünfzig Oscars vergeben werden. (Dieser Satz klingt jetzt i-wie komisch, wenn ich ihn nochmal schreibe, egal). Fehlt dir vollkommen das Besteck für.

    Muss jetzt echt aufhören, sonst fange ich an zu schpoilern. Kann man i-wo einsteigen, in beliebiger Reihenfolge lesen. Nur nicht rückwärts, ist endsschwer. Aber manche können das. Hab‘ ich mal gesagt, einach so. Ich bin da in zwei Tagen durch, wie ein Lötkolben durch Butter (also warm - nicht die Butter, der Lötkolben!). Zwischendurch nur mal kurz vor die Tür. Im Dunkeln. Dann mit Taschenlampe. Sonst siehst du nix, aber auch gaaar nix. Beim Weiterlesen. Merk dir das, wenn du auch mal ne Pause brauchst. Inzwischen immer wieder gelesen. C’est mon livre de chevet. Klingt i-wie gut, oder? (Keine Ahnung, was das heißt.) Voll.

    Du hast dein Leben einfach nicht gelebt, wenn du dieses geile Teil nich gelesen hast. Und ich dann i-wie auch nich. Also meins dann. Oder? Ich schwööööre…

    Also Bestell-Button drücken, damit du nahtlos dem Wallace seinen Spaß nach dem anderen Spaß haben kannst. In der Reihenfolge. Oder lesen geht dann auch. Ich verlass mich jetzt mal auf dich. Soll Druck aufbauen. Denn du musst dann hier für mich eine Zusammenfassung schreiben. Quitt für’n quo, oder ich steig aus. Jetzt ma alles in Buddha. (Ich will hier nicht schon wieder so einen langen Text diktieren müssen). Tipp: machste einfach ne Copy fürn Paste. Machen alle andern hier auch so. Sieht einfach besser aus, wenn man seine Quellen für sich behält und so.

    Also. Bitte...

    :top:

    Ich like dich dann zurück.

    :wink:

    Jean

    So. War lang genug. Auch der Tag. Aber immer daran denken. Nich nur immer fordern, sondern auch ma lassen. Los!

    "You speak treason" - "Fluently"
    "You've come to Nottingham once too often!" - "When this is over my friend, there'll be no need for me to come again!"

  • Bücher-die-wo-am-Bett-liegen : Schichtwechsel , jetzt sind es Fruttero & Lucentini ( den Dickens - Freunden im Forum durch 'Die Wahrheit über den Fall D." hoffentlich bekannt ) , die mit ihren jeweils nur wenige Seiten langen Portaits , Pamphlete , Parodien - der Untertitel erinnert an PPP von Friedrich Torberg , auch was Feines - diesen Leser zu einem nostalgischen 'Das war noch Dummheit' veranlassen .

    Good taste is timeless "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?" A thing of beauty is a joy forever.

  • Der Brexit kommt unaufhörlich und da ist es gut zu wissen, wie unendlich öde es in Teilen des U.K. war, bevor es in die EU gelassen wurde.
    MacMillan bettelte ja geradezu darum, doch Frankreich sagte "Non"
    Man musste also bis 1973 warten.
    Wie es im Osten Englands aussah, davon gibt dieser Reisebericht Kunde
    Es ist zwar nur ein Nebenthema aber durchaus erhellend
    "Die Ringe des Saturn" von W.G. Sebald
    [Blockierte Grafik: https://images-na.ssl-images-amazon.com/images/I/51YtEN7E+gL._SX313_BO1,204,203,200_.jpg]

    Gruß aus Kiel

    "Mann, Mann, Mann, hier ist was los!"

    (Schäffer)

  • :top: :cincinsekt:


    Find ich auch - ein in seiner Dichte und Vielfältigkeit kaum je erreichter Roman, ein Wunderwerk. Ich freu mich über jeden (und beneide auch irgendwie jeden) der/die da zum ersten Mal einsteigt und das alles mit frischen Augen lesen und entdecken darf :D


    :)

    "Verzicht heißt nicht, die Dinge dieser Welt aufzugeben, sondern zu akzeptieren, daß sie dahingehen."
    (Shunryu Suzuki)

  • Pünktlich zum 100. von Leonardo Sciascia habe ich gerade 'Der Ritter und der Tod' wiedergelesen . Immer noch gut , wie überhaupt vieles von Sciascia . Aber er war den Italienern wohl zu unabhängig / unbequem . Und nun fange ich gerade das Buch an , daß ich schlicht für eine Pflichtlektüre halte . Die Begründung findet sich beim Lesen . Die Affäre Moro .

    Ein wenig Hintergrund : https://www.lettereaperte.net/ausgaben/ausga…re-affaire-moro

    Good taste is timeless "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?" A thing of beauty is a joy forever.

  • Noch eine Ergänzung : wer Gefallen an Leonardo Sciascia findet , dem sei sein Tagebuch aus den Jahren 1969-1979 ans Herz gelegt ::Schwarz auf Schwarz .

    Good taste is timeless "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?" A thing of beauty is a joy forever.

  • Meine Frau bekam vom Kind zu Weihnachten dieses Buch geschenkt:
    Die Ermordung Margaret Thatchers: Erzählungen von Hilary Mantel

    Ich bekam das Buch zuerst in die Finger und lese mit größtem Vergnügen. Frau Mantel schildert sehr eindringlich die Ursachen der britischen Tristesse anhand diverser Kurzgeschichten.
    Nur soviel. Die letzte Geschichte, die den Namen gab, endet sehr liebevoll. Mehr sei nicht verraten.
    Gruß aus Kiel


    "Mann, Mann, Mann, hier ist was los!"

    (Schäffer)

  • Eigentlich hat er nur einen Roman geschrieben, den aber öfters.
    Halten wir uns an das Original: Ginger Man von J.P.Donleavy.

    Die Geschichte von Sebastian Dangerfield, Amerikaner, den es nach Irland verschlagen hat und der sich da durchschlägt (Suff, Frauen und Geldnot)
    So eine Art "Joyce für Arme"
    Ich las den Roman als ich Anfang 20 war und fand ihn heute im Regal wieder.
    Ein Vergnügen.
    Gruß aus Kiel

    "Mann, Mann, Mann, hier ist was los!"

    (Schäffer)

  • Ich bin momentan mit diesem meinungsstarken Buch beschäftigt (das, nebenbei bemerkt, diverse Leseempfehlungen enthält bzw. interessante Belletristik zur Kaiserzeit nennt).

  • Hallo Knulp, rein interessehalber: wenn Du das Buch Craigs als "meinungsstark" bezeichnest, könntest Du an einem Beispiel kurz erläutern, was Du damit meinst? :cincinbier:

    Zu dem Thema sind übrigens im Herbst so einige neue Bücher erschienen, das hier zum Beispiel hat mir sehr gut gefallen:

    Christopher Jahr: Wie Preussen Deutschland erzwang:

    Herzliche Grüße, Christian

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

  • Just auf der Seite des Lesezeichens geht es darum, wie Hindenburg und Ludendorff den Kanzler Bethmann abgesägt haben. In diesem Zusammenhang wird das Wirken Erzbergers abschließend wie folgt kommentiert: "Man mag über die Aufrichtigkeit seines Wunsches nach Frieden und nach einer Ausweitung der parlamentarischen Befugnisse denken, wie man will, für die Entstehung einer Militärdiktatur in Deutschland, die jede Aussicht auf Frieden und politische Reformen auslöschte bis zu dem Tag, an dem das Reich in Scherben gehen sollte, trug er ein gut Teil Verantwortung."

    Oder mit Bezug auf die Flottenpolitik:
    "Bei Anerkennung aller seiner großen Fähigkeiten ist man doch versucht, Tirpitz als den bösen Geist der deutschen Außenpolitik nach 1898 zu bezeichnen..."
    "Der Kaiser und sein Außenminister scheinen keinen einzigen Gedanken daran verschwendet zu haben, daß die Engländer sich vielleicht andere Verbündete suchen könnten."
    "Es ist denkbar, daß diese Entwicklungstendenz noch 1901 hätte gestoppt werden können, wäre Deutschland in London diplomatisch besser vertreten gewesen."

  • Ja, aber äußerst kenntnisreich. Früher hat man ja gern die angelsächsische mit der deutschen Historikerschreibe verglichen. Keine Frage, wo Craig zu verorten war. Wobei er ja lange in Deutschland gelehrt hat.

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