Eben im Rundfunk gehört
Da ich mich von "Eben gehört" weitgehend verabschieden werde, dokumentiere ich hier den bisher meist verborgenen Eisberg meines Hörens. Die zahllose Folge meiner schlaflosen Nächte ließen mit Musik erträglich machen - und da war das sechsstündige ARD-Nachtkonzert auch zeitlich angemessen. Ich habe es aber nicht "live" gehört, sondern mitgeschnitten, so dass ich auch Stücke wiederholen konnte und andere überspringen. Inzwischen hat es sich bei mir eingebürgert, dass ich eine Woche lang ausgewählte Sendungen aufnehme, die ich dann abhöre, so wie im Moment das ARD-Nachtkonzert vom 20.5.2014.
In diesem Thread wird es mir auch um die eine oder andere Einzelvorstellung gehen, aber auch um das Programm einer Sendung und auch die Moderation. Dem Eindruck nach ist das ARD-Nachtkonzert vom zuständigen Redakteur zusammen gestellt, wobei die ersten beiden Stunden aus dem Repertoire eines Rundfunkhauses ausgesucht wird. Die Moderation beschränkt sich weitgehend auf eine Ansage der Stücke. Nun braucht mir niemand bei Gounods Messe Nr. 1 G-Dur die Sätze anzugeben. Aber ein wenig hätte ich doch gerne über das Werk erfahren, eine Messe für Chor und Orchester, hier dargeboten vom Chorale du Brassus unter André Chalet. Wir sind ja im Zeitalter des Cäcilianismus, einer Renaissance der Kirchenmusik, die aber auch den Beigeschmack von Gefühlsüberladung bis hin zum Kitsch hat. Und eben von beidem ist diese bislang mir unbekannt gebliebene Messe deutlich entfernt. Es hat seine meditativen Momente ohne je frömmelnd zu sein. Für mich ein erfüllender Schlusspunkt des Nachtkonzertes, das ich damit verlasse ("http://www.swr.de/swr2/programm/…flot/index.html").
Gestern abend hörte ich den ersten Teil. Begonnen wurde das Konzert mit einem schwungvollen Walzer von Lehár, "Wilde Rosen". So etwas kann man immer hören. Es folgte eine faszinierende Aufnahme von Mozarts B-Dur Klavierkonzert KV 595. Mozartaffine Dirigenten sind ja nicht so üppig gestreut, das einfühlsame Dirigat von Blomstedt, das inspirierende Spiel des DSO schuf einen klanglichen Raum, den Richard Goode durch eine exzeptionelle Interpretation des Klavierpartes nutzte. Ich habe mir das Konzert dann umgehend noch einmal auf CD angehört (wie in "Eben gehört" angeführt).
Nach der beglückenden Mozartstunde zurück im Programm: Hector Berlioz: "Nuits d'été" in einer mehr als ansprechenden Einspielung mit Bernada Fink, da nahm ich mir vor, wieder im alten Thread über die Einspielungen der "Nuits d'été" zu stöbern. Erstaunlich, wie gut das Klavierkonzert Mozarts und die Lieder Berlioz' sich miteinander vertrugen. Dall'Abacos Sonate folgte mit dem engagierten Spiel des Ensemble Zefiro - und wirkte doch nach all den so differenziert dargebotenen Gefühlen wie ein seltsam fremdes Plastikteil, ein Warentrenner, das ermöglichte anderes danach zu hören, ohne selbst zu verpflichtend zu sein. Eine Funktion, die IMO Barockmusik nicht selten gerade in solchen Konzertprogrammen wahrnimmt.
Jetzt habe ich doch weitergehört - da kann ich nicht mehr schreiben: Wolfgang Amadeus Mozarts Klaviersonate c-Moll KV 457, gespielt von Sokolov. Jetzt schnell auf den Anfang zurück. Da will ich nichts versäumen.
Und tschüss - hier werden wir uns jetzt in der Regel eher sehen als in "Eben gehört".
Liebe Grüße Peter