Violoncino - Violoncello piccolo - Viola pomposa...

  • Violoncino - Violoncello piccolo - Viola pomposa...

    Wahrscheinlich handelt es sich um zumindest ähnliche, wenn nicht sogar die gleichen Instrumente. Gemeinsam haben sie auf jeden Fall, dass es ziemlich wenig Quellen über sie gibt, und dass diese Quellen sich z. T. widersprechen.

    Das Violoncino ist laut dem Buch von Lauro Malusi "Il Violoncello" (Zanibon Verlag; dieses Buch ist in italienischer Sprache erschienen, aber über Fernleihe in deutschen Bibliotheken erhältlich) der unmittelbare Vorläufer des heutigen Violoncellos und diesem schon sehr ähnlich, aber kleiner. Es konnte die Form eines Violone, einer Gambe oder des heutigen Violoncellos haben. An Stimmungen waren CGdae1, Gdae1 und CGda in Gebrauch. Komponisten, die für dieses Instrument geschrieben haben, sind Giovanbattista Fontana, Domenico Freschi, Francesco Cavalli, Gasparo Gaspardini und Giambattista Bassani. Das Violoncino kam in Italien im frühen 18. Jahrhundert außer Gebrauch, und die verbleibenen Instrumente wurden als 3/4-Celli genutzt oder vergrößert. Auf die Spielweise (auf dem Arm oder "da gamba") gibt es in diesem Buch keinen direkten Hinweis; aus der späteren Verwendung schließe ich allerdings eher, dass es "da gamba" gespielt wurde. Vielleicht waren auch beide Spielweisen in Gebrauch.

    Die Viola pomposa war dagegen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Gebrauch. Es handelte sich wohl (laut Erich Valentin, Handbuchder Musikinstrumentenkunde) um eine Riesenbratsche (760 mm lang (Korpus?), aber nur 38 mm Zargenhöhe) und war gestimmt wie ein Cello mit zusätzlicher e-Saite (oder die 5-saitige Version des Violoncinos). Sie wurde mithilfe eines Tragriemens auf der Schulter gespielt, also mehr oder weniger "da braccio". Johann Sebastian Bach hat sie angeblich erfunden und von J. Ch. Hoffmann bauen lassen, soll aber den Namen "Viola pomposa" selbst nicht benutzt haben.

    Das Lexikon der Musikinstrumente (Meyers Lexikonverlag) versteht unter "Viola pomposa" allerdings etwas Anderes, nämlich quasi eine fünfsaitige Bratsche mit zusätzlicher e2-Saite, oder, anders gesagt, eine Kombination aus Bratsche und Geige. Dieses Instrument soll teilweise auch als "Violino pomposo" bezeichnet worden sein.

    Beim Violoncello piccolo sind die Quellen besonders widersprüchlich; sie sind sich schon hinsichtlich der Spielweise (da braccio oder da gamba) nicht einig. Laut dem eben genannten Lexikon für Musikinstrumente war es "eine Tenorgeige mit hohen Zargen (etwa 8 cm) und wurde ähnlich gespielt wie das erstgenannte unter "Viola pomposa" verstandene Instrument. Es könnte sich jedoch laut mehrerer Quellen auch um ein "da gamba" gespieltes Instrument (kleiner oder gleich groß wie ein normales Cello) mit zusätzlicher e1-Saite gehandelt haben. Dies entspräche eher dem 5-saitigenTyp des o. g. Violoncino.

    Das Instrument meines Freundes (er hat es unter der Bezeichnung "Violoncello piccolo" mit dem Ziel, die 6. Cellosuite und jene Kantaten von Bach, die das Violoncello piccolo verlangen, möglichst original spielen zu können, erworben) ist am ehesten ein 5-saitiges Violoncino in der Form eines Barockvioloncellos und hat etwa die Größe eines heutigen 3/4-Cellos. Er spielt es "da gamba".

  • Hier
    "http://badiarovviolins.com
    kommt man zur Website eines Violinbauers, der auch den Violoncello da spalla baut.
    Dmitry Badiarov hat auch einen ziemlich umfangreichen Artikel unter dem Titel
    The Violoncello, Viola da Spalla and Viola Pomposa in Theory and Practice
    verfaßt. Um ihn zu finden, sollte man
    GSJ60 121-145 Badiarov.indd

    in die Google-Mühle einspeisen.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • GSJ60 121-145 Badiarov.indd


    Danke. LG Katka

  • violocello da spalla

    Tach,

    Dmitry Badiarov hat die Cellosuiten auf einem von ihm gebauten violoncello da spalla eingespielt:

    Im Booklet macht er sehr informative Ausführungen, welches Instrument mit der Bezeichnung violoncello piccolo bei Bach gemeint sein könnte.

    Sigiswald Kuijken verwendet bei seiner Aufnahme der Cellosuiten aus dem Jahre 2007 ebenfalls ein von Badiarov gebautes violoncello da spalla.

    Ich würde gerne die Rückseite der CD mit einem Foto von Kuijken und dem Instrument verlinken; darf man aber nicht ... :boese:

    VG Bernd

  • Interessant, daß Badiarov selber auch die Cellosuiten eingespielt hat - er hat nämlich Kuijkens Instrument gebaut.

    Ich habe Kuijkens Einspielung. Mir gefällt da der Klang des Violoncello da spalla wirklich sehr. Es klingt sehr voll, ohne einen übermäßigen Baß zu entwickeln... :thumbup:


    jd :wink:

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

  • Hier mal ein akustischer (und optischer) Eindruck des Violoncello da spalla auf Youtube. Sigiswald Kuijken spielt das Prelude aus der ersten Cellosuite von Johann Sebastian Bach auf diesem Instrument:

    "

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    "

    Wirklich schöner, voller Klang.

  • Vor ein paar Tagen gab es ein livestram-Konzert (ohne Publikum) des hr-Sinfonieorchesters unter Andrea Marcon mit Sergey Malov als Solist, der hier ein Cellokonzert von Luigi Boccherini auf dem "Violoncello da spalla" spielt:

    https://www.youtube.com/watch?v=NSU6Ylxaobs


    Klingt für meine Ohren ganz wunderbar 8)

    Viele Grüße - Allegro

    "Musik ist ... ein Motor, Schönheit, Intensität, Liebe, Zauber, alles in allem: ein Elixir." Lajos Lencsés

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