Die barocke Triosonate - ihre Bedeutung und ihre Schönheiten

  • wie ist denn "Sonata" im Barock definiert?


    "Sonata" war zunächst mal das, was der Komponist so nannte. Das ist bei BWV 660 usw. nicht so.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Daß bei Corelli (oder auch Vivaldi) überwiegend Violinen drin sind, überrascht jetzt ehrlich gesagt nicht. Aber das sind halt nur zwei...

    Cima, Castello, Bertali, Legrenzi

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)


  • wie ist denn "Sonata" im Barock definiert?

    Definiert?

    So in etwa: Instrumentalmusik... fast jedes Stück für Instrumente konnte mit "Sonata" betitelt werden: sie die einsätzigen, bis zu 8 (oder mehr) stimmigen Orchestersonaten, dann die Violinsonaten...

    Sonaten für ein Soloinstrument gab es relativ spät: Cembalo oder orgelstücke betitelte man eher mit Capriccio oder Toccata...

    LG
    Tamás
    :wink:

    "Vor dem Essen, nach dem Essen,

    Biber hören nicht vergessen!"


    Fugato


  • "Sonata" war zunächst mal das, was der Komponist so nannte. Das ist bei BWV 660 usw. nicht so.

    Gruß
    MB

    :wink:


    Wollen wir den Begriff daran festmachen, was der Komponist oder der Herausgeber daraufgeschrieben hat, oder daran, was drin ist? Wenn ersteres, hast Du natürlich unumschränkt recht.
    Ich ziehe für mich allerdings vor, es etwas formaler zu betrachten.

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Zu Ende des 16. Jahrhunderts war das nun mal nicht festgelegt, was eine Sonata war. Das Formschema war nicht festgelegt. Die beiden Gabrielis hatten in Venedig allgemein damit mehrchörige Instrumentalstücke gemeint. Die späteren Sätze waren bei ihnen einfach Abschnitte einer einteiligen Sonata. Ich persönlich nenne diese Stücke immer Sonata, um sie von den späteren mehrsätzigen zu unterscheiden.

    Bei Corelli hatten sich zwei Typen herausgebildet (2. Hälfte des 17. Jahrhunderts):

    - die Kammersonate (Sonata da camera:( Präludium & 2-4 Tanzsätze
    - die Kirchensonate (Sonata da chiesa:( langsam - schnell - langsam - schnell

    Beide Arten werden dennoch als Triosonate bezeichnet; den Unterschied macht die Menge der Besetzung: die Kammersonaten sind solistisch, die Kirchensonaten chorisch besetzt.

    Diese Aufteilung hat Vivaldi auch verwendet.


    jd :wink:

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

  • Zitat

    "Meine" barocke Entdeckung der letzten Jahre schlechthin waren die Triosonaten für zwei Oboen, Fagott und B. c. von Jan Dismas Zelenka....

    Für zumindestens vier von den großartigen Zelenka-Sonaten gilt, dass es sich - obwohl sie meistens als solche bezeichnet werden - überhaupt nicht um Triosonaten handelt :D . In den Sonaten Nr. 2, 4, 5 und 6 gibt es nämlich eine obligate Bass(Fagott)stimme, die in der 5. Sonate regelrecht konzertant angelegt ist und auch in den anderen drei genannten Sonaten eine so große Rolle spielt, dass man - im Gegensatz zu allen anderen mir bekannten Triosonaten - mindestens vier Musiker für eine sinnvolle Ausführung benötigt.
    Auch bei der 3. Sonate geht man davon aus, dass es in ihr eine solche (leider verschollene) obligate Bassstimme gegeben hat. Dann bliebe nur noch die 1. Sonate als "echtes" Trio.

    Wie Zelenka diese Werke selber überschrieben hat, weiß ich nicht. Ich bin im Moment auch zu faul/ zu beschäftigt dazu, entsprechende Recherchen zu betreiben, aber vielleicht hat ja jemand von euch Lust dazu? Meine Vermutung geht dahin, dass die Dinger ursprünglich nur "Sonaten" hießen....

    Viele Grüße

    Bernd

  • Ich bin sehr dafür, dass wir bei unseren Betrachtungen nicht allzu rigide verfahren und Werke ausschließen, die nicht dem Sonatentypus folgen, wie er sich später etabliert hat. Denn in diesem Fall würden wir vieles an wunderschöner früh- bis hochbarocker Kammermusik links liegen lassen - z.B. die von vorne bis hinten überzeugenden Sonaten von Legrenzi, op. 2. Die Werke wurden hier im Forum schon einmal besprochen, ich glaube von Josquin Dufay. Sie sind alle einsätzig und kurz und folgen dem Besetzungstypus 2 Violinen und Bass. Der Bass kann dabei aus bis zu drei Instrumenten bestehen, nämlich Fagott, Orgel und Theorbe, was zu sher unterschliedlichen Klangwirkungen führt. Die Werke, insgaesamt 17 Sonaten, sind allesamt Gönnern von Legrenzi gewidmet und tragen deren Namen. Die Kontrapunktik, die bekanntermaßen auch Bach beindruckt hat, und die für die damalige Zeit sehr prägnanten Soggetti machen Legrenzis op. 2 für mich zum absoluten Highlight. Dringendste Empfehlung!

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Wie Zelenka diese Werke selber überschrieben hat, weiß ich nicht. Ich bin im Moment auch zu faul/ zu beschäftigt dazu, entsprechende Recherchen zu betreiben, aber vielleicht hat ja jemand von euch Lust dazu? Meine Vermutung geht dahin, dass die Dinger ursprünglich nur "Sonaten" hießen....


    Laut Booklet der folgenden CD gab Zelenka den sechs Sonaten den Titel "Sonata" oder "Suonate"

    Unter dem Schlagwort "Trio" gibt es auf der MGG-CD-Rom (alte Aufl. der MGG) einen gut lesbaren Abschnitt zur Triosonate; wenn Interesse daran besteht, kann ich das mal hierher kopieren.


    lg vom eifelplatz, Chris.

  • Ich bin sehr dafür, dass wir bei unseren Betrachtungen nicht allzu rigide verfahren und Werke ausschließen, die nicht dem Sonatentypus folgen, wie er sich später etabliert hat.

    Jau. Ich auch.
    (Ich hoffe allerdings, Du meinst mit dem "späteren Sonatentypus" nicht den der Klassik... ;+) )

    Konstituierend für eine Triosonate sind zwei gleichberechtigte Melodiestimmen plus Bass. Letzterer kann dabei als harmonische Stütze wirken, oder ebenfalls gleichberechtigt kontrapunktisch neben die Oberstimmen treten. In der ersten Hälfte des 17. Jhs. hat man punktuell versucht, diese beiden Funktionen des Basses durch die Bezeichnung "a due" für ersteres und "a tre" für letzteres zu unterscheiden. Das wurde aber nicht einheitlich gehandhabt.

    "Sonata" war dagegen (ebenso wie Sinfonia oder Anfang des 17. Jhs. auch Concerto) eine völlig undifferenzierte allgemeine Verkehrsbezeichnung für IRGEND ein Instrumentalstück. Wenn man "Triosonate" nur an dieser Begrifflichkeit festmachen möchte, fällt ein Großteil des Repertoires durch das Raster: In der ersten Hälfte des 17. Jhs. findet man Werke, die eindeutig dem Triosonaten-Typus zuzuschreiben sind, auch unter der Bezeichnungen Canzona, Sinfonia oder Concerto, und auch noch Mitte des 18. Jhs. findet man Triosonaten z.B. bei Sammartini als Ouvertüre, Sinfonia oder Partita betitelt, und bei Stammitz sind sie als Kammer- oder Orchester-Trio bezeichnet. Es lohnt sich also allemal, genauer hinzusehen. So gesehen sind natürlich auch Regers Trios op. 47 originäre Triosonaten in der obigen Definition.

    Es ist vielleicht auch interessant, besonders im Zusammenhang mit Corelli, den Zusammenhang zwischen Triosonate, Sonata da Chiesa und Sonata da Camera näher zu beleuchten:

    Wegen des Umstandes, daß in der Kirche die liturgischen Texte am Altar durch den Zelebranten vollzogen wurden, war die Kirchenmusik nicht daran gebunden, diese liturgischen Texte auch noch zu vertonen. Da die Laien während der Messe ohnehin keine Aufgaben hatten, konnte daher während der gesamten Dauer der Messe Musik gespielt werden - mit ein paar Ausnahmen, an denen sie zu schweigen hatte. Die konnte auch rein instrumental sein, also eine Sonata, ohne daß damit irgend eine spezielle Form oder Besetzung verknüpft gewesen wäre (wie gesagt: "Sonata" bezeichnet irgend ein Instrumentalstück). Für Werke, die in der Kirche gespielt werden sollten, gab es natürlich ein paar zu beachtende Auflagen, wie z.B. der selbstverständliche Verzicht auf die Verwendung von Tanzsätzen. Damit war der Unterschied zwischen der Sonata da Chiesa und der säkularen Sonata da Camera geboren, für die diese Auflagen nicht nur nicht galten, sondern in der Tanzsätze besonders gern verarbeitet wurden, ansonsten waren die Unterscheidungsmerkmale zunächst eher marginal, wobei eine stärkere Abgrenzung der beiden Typen allerdings durchaus im Interesse der Kirche lag. Da die Sonata da Chiesa allerdings keinerlei liturgische Funktion besaß, war sie nicht zwangsläufig an die Verwendung in der Kirche gebunden und konnte nach Belieben überall aufgeführt werden. Die Sonata da Camera ist dagegen sozusagen negativ definiert als ein Stück, das für eine Aufführung in der Kirche aus welchen Gründen auch immer nicht geeignet war.

    Wegen der Beliebtheit des Triosonatenmodells lag es nahe, dieses Modell sowohl auf den Sonata da Chiesa- als auch auf den Sonata da Camera-Typus anzuwenden. Bei der Triosonate (definiert durch die Anzahl der Stimmen und deren gegenseitiges Verhältnis) und den beiden Sonata-Typen (limitiert oder nicht limitiert bezüglich Ort und Umstand der Aufführung) handelt es sich allerdings um unterschiedliche Kategorien bezüglich unterschiedlicher Merkmale, bei denen die Erstere mit den beiden Letzteren zwar jeweils eine gemeinsam Schnittmenge real existierender Werke bildet, ansonsten aber keine gegenseitigen Abhängigkeiten existieren.

    Corellis Beitrag zu diesem Thema besteht nun darin, daß er zahlreiche Triosonaten für beide Typen geschrieben hat, und dabei eine weitgehende Normierung der meist vierteiligen Satzfolge (für die Sonata da Chiesa, mehr Freiheiten in der Anlage der Sonata da Camera) entwickelt hat. Damit befriedigte er offensichtlich ein Bedürfnis der Zeit, wodurch er zum Vorbild für andere wurde. Im Laufe des 17.Jh. wurde vom viersätzigen Modell aber auch wieder abgewichen, später dominieren dreisätzige Sonaten langsam-schnell -langsam (Chiesa) oder schnell -langsam-schnell (Camera); Gegen Ende der Barockzeit finden sich sogar auch wieder zwei- oder gar nur einsätzige Stücke des Triosonatenmodells.

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Danke, Bustopher, für diese ausführliche Diskussion! Mir ist tatsächlich auch schon aufgefallen, dass der Bass oft gar kein Generalbass sondern eine völlig eigenständige Stimme ist. Ganz deutlich ist das bei Legrenzi herauszuhören. Die Abgrenzungen sind hier sehr unscharf. In fast allen Fällen aber sind zwei Stimmen solisitisch besetzt. Bei den dreisätzigen Triosonaten dürften zumindest einige die Konzertform als Vorbild haben, z.B. Bachs g-Moll Gambensonate.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Den "Legrenzi" hole ich jetzt weider aus dem Regal, viel zu lange nicht gehört. (...). Schon getan.

    Überhaupt:
    Vielen Dank für diesen Thread, der mitten in meine Alte-Musik-Hörgewohnheiten zielt.

    Die vielleicht interessantesten Sachen wurden schon erwähnt, wobei man Corelli nie hoch genug einschätzen kann. Ich habe hier v.a. die Einspielungen mit London Baroque sehr zu schätzen gelernt, sowie auf Vinyl die wenig bekannte Einspielung des op. 1 mit Bohdan Warchal aus den frühen 1980er-Jahren).

    Noch nicht angerissen worden sind zwei wichtige Schauplätze: Frankreich und England, wo die Triosonaten ein sehr langes Fortleben genossen. Das "Konservative" in England lässt sich wohl durch die Polyzentrizität des dortigen, sehr lebendigen Musiklebens erklären, das nicht nur auf Profis baute. Dies wirkte sich viefach auf den Anspruch der Werke aus, die auch von Amateuren gespielt werden können sollten.

    Frankreich:

    Francois Couperin (1668-1733):
    "Le Parnasse ou l'Apothéose de Corelli" (Grande Sonate, en trio) und "Concert Instrumental sous le Titre d'Apothéose composé à la Mémoire immortelle de l'incomparable Monsieur de Lulli"

    (Aufnahme mit London Baroque)

    Jean-Féry Rebel (1666-1747)
    Nur sieben Triosonaten aus einer Sammlung von 1712:

    (Aufnahme mit dem Ensemble Rebel; Jörg-Michael Schwarz)

    England:

    William Boyce (1711-1779) [also ein echter Zeitgenosse Carl Philipp Emanuel Bachs]
     

    Thomas Augustine Arne (1710-1778)

    LG, Kermit :wink:

    Es ist vielfach leichter, eine Stecknadel in einem Heuhaufen zu finden, als einen Heuhaufen in einer Stecknadel.

  • Na, wenn wir schon England erwähnen, sollen auch die wunderbaren Stücke Purcells nicht fehlen:


    Also die Sonaten in "three parts" and "four parts" - die Bezeichnung ist missverständlich, eigentlich haben beide Sammlungen dieselbe Besetzung: 2 Violinen, ein Streichbass (Bassgambe, Cello oder ähnliches) und BC. mit bezifferung. Wobei letzteres immer die unterste Stimme (also in der Regel den Bass) verdoppelt.

    LG
    Tamás
    :wink:

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    Biber hören nicht vergessen!"


    Fugato

  • Die Triosonaten von Biber wurden noch garnicht erwähnt??? :wut2:

    Schön, dass ihr MICH habt. :D ;+)

    Die "Harmonia artificiosa-ariosa" enthält 7 Triopartiten für skordierte Violine (bzw. in einem Fall für Violine + Bratsche bzw. für zwei Viola d'amore). Es handelt sich bei dieser Sammlung um Bibers letztem Druck von instrumentalstücken, ein Alterswerk. Die Stücke sind in jeder Hinsicht sensationell und genial. Biber at the best eben.


    Ich war mir ohne Nachzusehen nicht sicher, dass es Werke für Trio-Besetzung sind :hide: Warum diese Sammlung weit weniger bekannt als die Rosenkranz- oder Tierstimmensonaten sind, weiß ich auch nicht.
    Es sind durchweg Partiten, keine "Kirchensonaten" und eine Besonderheit (außer der Skordatur) sind Doubles/Variationensätze, die sich hier weit häufiger und ausführlicher finden als bei den meisten mir bekannten italienischen Stücken (obwohl Corelli ja auch in einem Opus eine Chaconne drin hat). Goebel meint im Beitext, dass diese Variationssätze wahrscheinlich auch Bach beeinflusst hätten, allerdings in dessen Solosonaten (außer den Orgeltrios und der im musikalischen Opfer ist ja anscheinend keine zweifelsfreie Triosonate JS Bachs erhalten), besonders der h-moll-Partita (in der alle Sätze Doubles haben). Außer der Goebel-Aufnahme habe ich noch die mit Tafelmusik gehört, aber Goebel ist m.E. erheblich ausdrucksstärker und fesselnder.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Die Harmonia-Arteficioso-Ariosa ist in der Einspielung von Reinhard Goebel eine schon sehr intellektuelle Angelegenheit: er lässt die Wiederholungen nicht weg, und der musikalische Fluss ist nicht so lebendig-virtuos wie in der fulminanten Aufnahme des Rare Fruits Council mit Manfredo Kraemer und Pablo Valetti (erschienen bei Astrée, inzwischen vergriffen und teuer) oder so fließend-(englisch-)zurückhaltend wie beim Purcell Quartet mit Elizabeth Wallfisch (bei Chandos) - die beiden skeptischen Bewertungen im Amazon-Portal für die Goebel-Aufnahme sind daher nicht unverständlich. Denn Goebel's Aufnahme ist in ihrer Kopflastigkeit m. E. viel schwerer zu verstehen, und damit rückt er Biber an den späten Johann Sebastian Bach heran und lotet Tiefen aus, die die anderen beiden großartigen, aber eben etwas "populistischeren" Aufnahmen eher "überspielen".

    Wenn wir schon bei Partiten in Triobesetzung sind, muss ich Johann Adam Reinken bzw. Reincken (1643-1722) doch erwähnen - und damit nach Norddeutschland wechseln:

    In diesen Sechs Partiten ist jeweils als erster Satz eine mehrsätzige Sonata da chiesa eingebaut (Reinhard Goebel im Booklet zu Johann Friedrich Meisters "Il Giardino del Piacere": "sechs formal identischen Suiten mit bleischwerer Sonaten-Einleitung"; auch an anderer Stelle im Booklet mokiert sich Goebel über Reincken und zugleich über Buxtehude). Nur in der Einspielung des Ensemble Les Cyclopes sind alle Partiten wiedergegeben, aber ohne die Wiederholungen. An der ersten Violine: Manfred Kraemer (da frage ich mich immer, ob der nicht doch identisch ist mit Manfredo Kraemer vom Rare Fruits Council).
    Les Cyclopes tun jedenfalls alles, um Reinkens bzw. Reinckens Werk "verdaulich" zu machen. Aber etwas sehr gelehrsam wirkt die Sammlung eben doch.
    Etwas Schwierigkeit macht allerdings die Definition - sind das hier überhaupt Triopartiten bzw. Triosonaten? Hierzu das Booklet (S. 7): "La texture polyphonique est à 3 ou 4 voix selon que la viole e gambe est utilisée comme continue ou comme partie indépendante dans le registre du ténor. Seules, les fugues sont toujours à 3 voix." Damit sxchlägt Reinken/Reincken dem heutigen Schubladendenken zum zweiten Mal ein Schnippchen.
    Wikipedia-D gibt nicht sehr viel her: "http://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Adam_Reincken" (mit der Korrektur des Geburtsdatums wird die Lebensspanne glaubwürdiger. Goebel bezieht sich noch auf das "alte" Geburtsdatum Reinckens,1623).

    Weitere Teil-Einspielungen:
    (mit diversen Kürzungen ganzer Sätze)
    Nur die Partiten 1, 2 4, und 6 enthaltend, aber mit zum Teil deutlich längeren Spielzeiten, aus den man schließen kann, dass die Wiederholungen gespielt werden.

    Auch Johann Friedrich Meisters (ca. 1638-1697) (leider nur hälftig von der MAK aufgenommene) Partiten-Sonaten-Sammlung besteht aus Trio-"Sonaten-Suiten" für 2 Violinen und Basso Continuo; sie wurden 1695 veröffentlicht. Nach Goebel (Booklet, S. 7) ist es der erste Druck von Werken [nur] für Triobesetzung seit dem Druck von Johann Rosenmüllers (ca. 1619-1684) Suiten aus dem Jahr 1645 (!).

    Diese CD markiere ich hier als Kaufempehlung, nicht nur, weil es die letzte Einspielung der Musica Antiqua Köln ist.

    LG, Kermit :wink:

    Es ist vielfach leichter, eine Stecknadel in einem Heuhaufen zu finden, als einen Heuhaufen in einer Stecknadel.

  • Die Harmonia-Arteficioso-Ariosa ist in der Einspielung von Reinhard Goebel eine schon sehr intellektuelle Angelegenheit: er lässt die Wiederholungen nicht weg, und der musikalische Fluss ist nicht so lebendig-virtuos wie in der fulminanten Aufnahme des Rare Fruits Council

    8|

    Das empfinde ich nicht so - Goebel und Co. sind ja eben teilweise mehr brachial unterwegs (in den Presto-Sätzen) und haben einen schöneren melodischen Fluss (bei den langsamen), und es leuchtet mir auch nicht ein, was daran intellektuell ist, die Wiederholungen nicht wegzulassen.... gut, es ist blöd sie wegzulassen, und das Gegenteil von blöd ist intelligent, ... :D

    Ich habe übrigens mit bestürzung einmal festgestellt, dass The rare Fruits Council auch kaum Wiederholungen weglässt - nur ist das Tempo bei ihnen so schnell, dass das ganze auf eine CD passt. Ist aber gerade deswegen mir zu einförmig im Tempo.

    Die Purcells sind aber auch zu empfehlen, etwas braver, als MAK, aber manchmal gefällt gerade diese Zurückhaltung besser.

    LG
    Tamás
    :wink:

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    Fugato

  • Hallo zusammen,

    Ich gebe gerne zu, dass ich - bei aller mir eigenen Barockbegeisterung - den Triosonaten nicht ganz die gleiche Aufmerksamkeit habe zukommen lassen wie der Vokalmusik.

    Außer einigen hier schon genannten Stücken/Aufnahmen habe ich die im Folgenden genannten Stücke immer sehr gemocht und sehr gerne gehört. Die Matteis-CD (Quellen dazu wurden 1676-1682 komponiert) mit McGegan ist übrigens für meine Frau eine Art Ohrenöffner für Barockmusik gewesen, vielleicht mag es dem einen oder anderen ja auch so gehen:

    sehr arkadisch = idyllisch-verträumt gespielt

    Und für diese Erlabach-CD kann ich auch nur werben:

    wobei die Lieder in meinen Ohren die großartigen Triosonaten noch in den Schatten stellen, aber das mag wieder meine Präferenz für die Vokalmusik sein, die ich oben beschrieb.

    Gruß Benno

    Überzeugung ist der Glaube, in irgend einem Puncte der Erkenntniss im Besitze der unbedingten Wahrheit zu sein. Dieser Glaube setzt also voraus, dass es unbedingte Wahrheiten gebe; ebenfalls, dass jene vollkommenen Methoden gefunden seien, um zu ihnen zu gelangen; endlich, dass jeder, der Überzeugungen habe, sich dieser vollkommenen Methoden bediene. Alle drei Aufstellungen beweisen sofort, dass der Mensch der Überzeugungen nicht der Mensch des wissenschaftlichen Denkens ist (Nietzsche)

  • Dringendste Empfehlung!

    Gut, daß du mich daran erinnert hast, denn die CD habe ich auch. Allerdings halte ich sie nicht für eine "dringendste" Empfehlung - sondern für eine "unumgängliche"... :juhu: :juhu: :juhu: :juhu: :juhu: :juhu:

    -----

    Um mal beim Ensemble Parnassi musici zu bleiben - sie haben noch andere Schätzchen gehoben:

    12 Sonaten für 2 Violinen & bc, erschienen 1780 erstmals im Druck. Sie wurden Pergolesi zugeschrieben, doch inzwischen hat man entdeckt, daß diese Sonaten eher von Domenico Gallo (ca. 1730 - nach 1768) stammen. Sie sind alle dreisätzig angelegt (schnell - langsam - schnell) und sind bis auf drei alle in Dur-Tonarten.




    Philipp Friedrich Buchner
    (1614-1669) veröffentlichte 1662 seine Sammlung Plectrum musicum op. 4, in der er eine Auslese seiner Instrumentalwerke offerierte. Hier ist eine Auswahl von 15 Sonaten drauf, die allerdings nicht alle zwingend Triosonaten sind (man möge mir diese Freiheit verzeihen). Nur vier Sonaten sind tatsächlich dreistimmig, alle anderen pendeln zwischen 2-5 Stimmen. - Das ist die einzige Aufnahme dieser Sonaten, aber eine wirklich großartige... :thumbup:

    -----

    Dann möchte ich noch Dietrich Buxtehude (1637-1707) nennen: er veröffentlichte zwei Sammlungen seiner Triosonaten im Druck (opp. 1 & 2: 1694? & 1696; BuxWV 252-265) mit je sieben Sonaten. Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit sind die Werke bereits früher im Laufe seiner Komponistentätigkeit entstanden. Darüber hinaus sind sechs weitere Sonaten erhalten geblieben, die in der Düben-Sammlung in Uppsala aufgewahrt werden (BuxWV 266, 267, 269, 271-273); doch auch hier sind nur drei davon wirklich Triosonaten.

    Die Sätze sind sehr vielfältig gesetzt und entsprechen keinem festen Schema. Mal beginnen die Sonaten in einem schnellern Eröffnungssatz, mal mit einem langsamen. Die Anzahl variiert stark zwischen vier und elf Tempoangaben, und die Dur-Tonarten überwiegen deutlich (14 von 20).

    Ich habe die Sonaten in einhelliger Besetzung:


    John Holloway, Jaap ter Linden & Lars Ulrik Mortensen (plus Ursula Weiss & Mogens Rasmussen bei Vol. 3)

    Eine klasse Einspielung... :thumbup: :thumbup: :thumbup: :thumbup:


    jd :wink:

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

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