Alfredo Kraus
Wenn ich richtig geschaut habe, dann findet sich hier noch kein Thread zu Alfredo Kraus. Ich finde dieser oft zu Unrecht vernachlässigte Sänger hat ihn verdient.
Alfredo Kraus (1927-1999) wurde in Las
Palmas der Hauptstadt von Gran Canaria geboren. Er wuchs in einem
musikbegeisterten Elterhaus auf, musste aber zunächst einen
Schulabschluss machen. Bei verschiedenen Lehrern hatte er Unterricht,
bis er als 28 Jähriger durch Zufall auf seine wichtigste Lehrerin
Mercedes Llopart traf. Nach einem Engagement in Kairo, bei dem er
auch den Cavaradossi sang, beschränkte er sich bald auf wenige
Partien, die seiner Stimme gut lagen, wie beispielsweise den Herzog
und Alfredo von Verdi und lyrische Tenorrollen von Bellini und
Donizetti. Von den Plattenfirmen wurde er eher selten in
Gesamtaufnahmen eingesetzt und ein Recital hat er mit einer eigens
dafür gegründeten Firma aufgenommen.
(Quelle: Kesting Die großen Sänger)
Sein Timbre hat immer wieder
Kontroversen unter Opernfreunden hervorgerufen, da er anders als
beispielsweise Pavarotti nicht unbedingt von Natur aus mit dem
schönsten Material ausgestattet war.
Ich persönlich mag sein Timbre und vor
allen Dinge seine differenzierte Ausgestaltung der Arien sehr. Durch
die kluge Konzentration auf die Rollen, die seiner Stimme liegen, hat
er bis ins hohe Alter seine Stimme, als auch seine Spitzentöne
erhalten. Als Pavarotti den Tonio nicht mehr singen konnte, hat ihn
der acht Jahre ältere Kraus übernommen.
Leider sind die beiden schönsten CDs,
die ich von ihm besitze derzeit nicht im Handel. Es sind zwei
Solorecitals, die er mit seiner eigenen Plattenfirma Carillon
aufgenommen hat. Sicher beim Orchester muss man ein paar Abstriche
machen, da klingt manches doch etwas ungehobelt. Aber durch sein
Singen macht das Alfredo Kraus schnell vergessen.
Besonders hervorheben möchte ich die
beiden Arien aus Wilhelm Tell von Rossini. Hier erreicht er mühelos
die Spitzentöne eingebettet in eine schöne Interpretation.
Wunderschön verträumt auch die Arie des Werthers: Pourquoi me
réveiller.
Bei EMI finden sich auf zwei CDs Arien,
vorwiegend aus Gesamtaufnahmen. In fast jeder Arie überzeugt er mich
durch seine schöne Interpretation und die oft lyrische
Herangehensweise. Das ist eine Gesangskultur, die ich bei vielen
anderen Tenören vermisse, die vor allen Dingen nur laut singen
können.
Die Gesamtaufnahme von Lucia di
Lammermoor ist derzeit auch nicht erhältlich, obwohl er dort einen
für mich sehr überzeugenden Edgardo singt und in der Aufnahme auch
zwei sonst oft gestrichene Passagen zu finden sind.
So bleibt Alfredo Kraus, dessen Tod
sich am 10. September zum 15. Mal jährt wieder zu entdecken.