Arnold Wohler: Für 27 Streicher

  • Ich mische auch mal mit, weil Meister Wohler ein sympathischer Mensch sein dürfte - und da hatten wir in letzter Zeit auch ganz andere vorübergehende Artgenossen ... ...

    Spontan würden mich vermutlich die stärker avantgardistischen Kompositionen durchaus ansprechen. Weniger spontan gedacht, gibt es auf dem Sektor der Midi-Kultur gewiss unangenehmer zu Hörendes.

    Zu Deiner nordischen Orchestersuite an anderem Ort, welche bei Michael Schlechtriem in sehr knapper Form, aber meines Erachtens so zu deuten, nicht die größte Begeisterung hervorzurufen schien, welchem ich mich anschließen möchte:
    Wäre das dann in Deinem Kunstverständnis die "Filmmusik", das Brotgewerbe also - oder möchtest Du die Komposition dahingehend verteidigen, wie es vielleicht auch ein Penderecki tun müsste (vielleicht auch nicht), wenn man seine Weihnachtssinfonie und seine Threnodie für die Opfer von Hiroshima vergleicht? Oder, um ein deutlicheres Beispiel zu formulieren: Gorecki mit seiner berüchtigten Dritten. :P :)??

    :wink: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Konzeption und Komposition

    Konponieren auf der Basis von seriellen Anordnungen eines in diesem Sinne bewusst vorstrukturierten Materials unterscheidet sich für mich vom tradfitionellen Komponieren im Sinne von Tonalitäten dahingehend, dass dort, wo traitionellerweise "musikalische Idee" ihren Ort hat, die Konzeption tritt. Eine solche Konzeption kann außermusikalisch sein. Natürlich versucht man immer im Komponieren sämtliche musikalische Parameter unter Beobachtung zu nehmen, um melodische Linien so zu ziehen, dass sie einander sinnvoll ergänzen. In diesem Sinne würde ich sagen, dass meine "Nordische Sinfonie" und mein Stück "Für 27 Streicher" unterschiedliche Denkweisen im Umgang mit einem Material zum Ausdruck bringen. Ich würde also nicht das eine Werk gegen das andere ausspielen wollen.

    Viele Grüße

    Arnold Wohler

  • Also ich finde das Stück toll. Und ich denke auch, dass es sehr wohl noch deutlich gewinnen würde, wenn es von Streichern gespielt wäre. Wobei mir aber an manchen Stellen nicht ganz klar ist, wie das überhaupt realisiert werden soll. Zum Beispiel zwischen 04:00 und 04:20 klingt es nach purem Synthesizer. Auch wenn du diesen Klang irgendwie aus deinen Streichersounds herausgekitzelt hast, kann ich mir schwer vorstellen, dass das auf realen Instrumenten reproduziert werden kann. Und ein bisschen zu lang ist mir das Stück auch. Ich meine das Konzept trägt vielleicht nicht ganz für 18 Minuten. Ist aber natürlich Ansichtssache.
    Die Kompositionsmethode würde mich übrigens noch etwas näher interessieren. Seriell, ok, und sonst? Wie bist du so vorgegangen?

  • Dass Musiker es nicht mögen, wenn man unnötig unbequem oder absichtlich unbequem für sie schreibt, ist ja wohl nachvollziehbar.
    Das kann dennoch Teil des Konzepts sein, sozusagen das Quälende, das durch die Musik ausgedrückt wird, wird mittels sich quälender Musiker realisiert, was womöglich auch hörbar ist (könnte man bei Jakob Ullmanns "disappearing Music" so sehen). Die Wahrscheinlichkeit öfterer Aufführung reduziert man dadurch natürlich. Und wenn man noch gar keine Aufführungen hatte, lässt man sowas lieber.
    Wie es überhaupt sinnlos ist, gleich Orchesterstücke für die Schublade zu schreiben, ohne dass jemals irgendwas aufgeführt wurde.
    Der Kostenvoranschlag von Michael kommt mir jetzt nicht so absurd vor. Wenn man die Mittel hat, und einem das Hobby soviel Wert ist, gibt es ja kein Problem.
    Sonst muss man entweder selbst ein Instrument spielen können oder Instrumentalisten persönlich gut kennen, die das gerne für einen spielen, oder elektronische Musik machen oder z.B. mittels Kompositionsstudium Eingang in die "Szene" suchen.
    Aber Sibelius-Outputs ins Internet stellen ist für die Katz.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Aber Sibelius-Outputs ins Internet stellen ist für die Katz.

    Miau.

    ich übersetze mal: "...ist nichts, womit putto etwas anfangen kann".
    Ich finde es nämlich durchaus interessant, auch wenn jetzt dieses Stück von der Stlilistik her nicht so mein Ding ist..
    Gerade andere Komponisten ohne Orchester, die sich selber mit diesen Sounds rumschlagen, weil ihr kreativer Geist nicht geduldig genug ist, sich mit der möglichst perfekten elektronischen Verwirklichung rumzuschlagen - ein Vorgang, der mit Komposition selbst garnichts mehr zu tun hat - können schon ganz gut hören, was gemeint ist.

    Natürlich, für den modernen Audiophilen ist das nichts. Muß es ja auch nicht.

    Wie es überhaupt sinnlos ist, gleich Orchesterstücke für die Schublade zu schreiben, ohne dass jemals irgendwas aufgeführt wurde.

    Schön, daß es endlich mal einer ausspricht: "Laßt es einfach sein, die ihr kein Orchester begeistern/engagieren konntet bisher!"
    :shake:

    Daß bestimmt viel wertloses Zeugs geschrieben wird, gebe ich ja noch zu. Aber daß der Schluß daraus sein soll: "Laßt es sein!" und zwar abhängig von der konkreten Auftragslage: :shake:
    Hat irgendwer schon mal ein Ochester überzeugt, ohne schon mal was für Orchester geschrieben zu haben?
    "gebt euch mehr Mühe!" wäre ein schöner Spruch, oder "schaut mal genauer hin, was sich gut spielen läßt, wenn ihr Interpreten überzeugen wollt!".

    PS miau

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • PS findest Du es eigentlich auch "für die Katzüberhaupt sinnlos", ein Instrument zu üben ohne konkreten Auftrittstermin?

    Daß man solche Sprüche im Unterforum "für Komponisten" lesen muß...
    Immer wieder: :shake:

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • Gerade andere Komponisten ohne Orchester, die sich selber mit diesen Sounds rumschlagen, weil ihr kreativer Geist nicht geduldig genug ist, sich mit der möglichst perfekten elektronischen Verwirklichung rumzuschlagen - ein Vorgang, der mit Komposition selbst garnichts mehr zu tun hat - können schon ganz gut hören, was gemeint ist.

    Na, offenbar nicht! Da gibt es eine lobende Stimme, die aber meint, die Sounds, die AW aus Sibelius herausgekitzelt hat, würde er mit realen Streichern nicht hinbekommen. D.h. gerade die mit diesen Surrogaten Vertrauten verwechseln die Surrogate mit der Komposition. Das wäre für mich sogar der Hauptgrund, sofort mit den Sibelius-Outputs aufzuhören, d.h. diese "positiven" Feedbacks sind eigentlich die negativsten. Aber ich sollte aufgeben, in diesen Threads auf die Probleme hinzuweisen und Vorschläge zu machen, die Leute wollen eigentlich nur Lob, aber eigentlich sind wir hier keine Kinder mehr, oder?

    Zitat

    "gebt euch mehr Mühe!" wäre ein schöner Spruch, oder "schaut mal genauer hin, was sich gut spielen läßt, wenn ihr Interpreten überzeugen wollt!"

    Ich denke, meine Vorschläge waren doch um einiges praxisnäher und konstruktiver als "gib Dir mehr Mühe".

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • PS findest Du es eigentlich auch "für die Katzüberhaupt sinnlos", ein Instrument zu üben ohne konkreten Auftrittstermin?

    Im Gegenteil: Ich rate jedem Hobbykomponisten, ein Instrument zu lernen, auch zu dem Zweck, dass er seine eigenen Stücke spielt.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Mir scheint durchaus, dass putto irgendwo Recht hat. Was ich sagen möchte, soll nicht gegen unseren Freund Junck gerichtet sein und schon gar nicht gegen Arnold Wohler. Und doch ...

    Man bastelt sich heute Musik am PC zurecht. Früher ging man spazieren - mit Bleistift und Notizblock, vielleicht auch mit dem Tonbandgerät, um den Vögeln zu lauschen (oder auch, um das nicht zu tun) - und setzte sich dann ans Klavier.

    There is a difference, wie der Chinese sagt.

    :wink: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Im Gegenteil: Ich rate jedem Hobbykomponisten, ein Instrument zu lernen, auch zu dem Zweck, dass er seine eigenen Stücke spielt.


    Ich gehe davon aus, dass Du nicht unterstellen willst, dass unserer neuer Mitforianer nicht in der Lage wäre, ein (mehrstimmiges) Instrument zu spielen, um sich seine Werke zumindest rudimentär selbst vorzuspielen.

    Das würde ja heißen - und die Technik seriellen Komponierens mag dazu verleiten -, dass so ein Werk eventuell rein konstruktivistisch daherkommen würde.

    Man macht also 1.000 Ansätze für die seriellen Parameter, jagt das durch den Computer, und man wählt die 3 oder 4 aus, die sich zufälligerweise halbwegs nach erdachter Musik anhören.

    Ist das der implizite Vorwurf?

    Andererseits - und das würde ich so unterschreiben - : ich finde es immer noch gut, wenn einer zeigt, dass er eine anständige Doppelfuge zustande bekommt, bevor er dodekaphon, vierteltönig, modal, sonstwie nach einem eigenen völlig neuen Ordnungsprinzip daherkommt.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Ich gehe davon aus, dass Du nicht unterstellen willst, dass unserer neuer Mitforianer nicht in der Lage wäre, ein (mehrstimmiges) Instrument zu spielen, um sich seine Werke zumindest rudimentär selbst vorzuspielen.

    Wenn jemand Kompositionen für Instrumente in Form von Computer-Noten-Programm-Soundfiles vorstellt, habe ich immer diesen Verdacht ...

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Zitat

    Andererseits - und das würde ich so unterschreiben - : ich finde es immer noch gut, wenn einer zeigt, dass er eine anständige Doppelfuge zustande bekommt, bevor er dodekaphon, vierteltönig, modal, sonstwie nach einem eigenen völlig neuen Ordnungsprinzip daherkommt.

    Wohl wahr. Man muss dabei nicht gleich den oder das Lieschen meinen, welches sich bei Picasso daran stört, dass der Kopf so viereckig ist: Der kann ja gar nicht malen! Doch auch diesbezüglich sollte man - und sei es aus Sicherheitsgründen ;+) - nicht an konkrete lebende User denken. Die Thematik ist von allgemeinem Interesse.

    :wink: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Zitat

    Wenn jemand Kompositionen für Instrumente in Form von Computer-Noten-Programm-Soundfiles vorstellt, habe ich immer diesen Verdacht ...

    Indem dass Du eben ein ganz pöser putto bist!

    :vv: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Aspekte zurt Komposition

    Hallo, und danke für die Kommentierungen meines Stücks!

    Mein Stück „Für 27 Streicher“ basiert auf seriellen Anordnungen von musikalischen Parametern, nämlich die aller zwölf Töne, die von Tondauern, die von Pausen und die von Klangdichten. Eine wichtige Rolle für den Aufbau von Klangflächen, wie sie insbesondere im 2. Satz vorgestellt werden, spielt die zeitversetzte Entfaltung der von mir entworfenen 12-Tonreihe (Ligeti mag ich sehr). Dabei werden die seriellen Anordnungen der genannten Parameter innerhalb meines Stückes nicht durchgängig beibehalten, sondern sie werden durchbrochen und verändert, wo dies für mich musikalisch sinnvoll erschien.

    Viele Grüße

    Arnold Wohler

  • Ich wünsche mir natürlich, einzig für mich selbst und meine Eitelkeit, dass meine Stücke von Musikern so bald wie möglich gespielt werden. Nicht, dass sich Musiker bereits an ihnen versucht hätten - nein, es ist einfach bis jetzt garnicht so weit gekommen, dass Musiker meine Noten vor sich gehabt hätten, um das Beste - nämlich den sinnlichen Klang - aus ihnen herauszuholen.

    Das klingt jetzt nicht so, als ob Du selbst ein Instrument spielen könntest. Ist das ein Missverständnis?

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Doch auch diesbezüglich sollte man - und sei es aus Sicherheitsgründen - nicht an konkrete lebende User denken. Die Thematik ist von allgemeinem Interesse.

    Aber natürlich! Vor allem Anwesende sind grundsätzlich ausgeschlossen. :D

    Dabei werden die seriellen Anordnungen der genannten Parameter innerhalb meines Stückes nicht durchgängig beibehalten, sondern sie werden durchbrochen und verändert, wo dies für mich musikalisch sinnvoll erschien.

    Was ist für Dich der Maßstab des "musikalisch Sinnvollen"?

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe


  • Man macht also 1.000 Ansätze für die seriellen Parameter, jagt das durch den Computer, und man wählt die 3 oder 4 aus, die sich zufälligerweise halbwegs nach erdachter Musik anhören.

    Ist das der implizite Vorwurf?

    Nö, ich habe mir nur überlegt, was man tun sollte, wenn man für Instrumente komponieren will. Bei den Stücken, die weniger Kunstanspruch suggerieren, halte ich dann doch lieber die Klappe, aber wenn jemand "Neue Musik" machen will, dachte ich, schreibe ich doch mal was. War wohl ein Fehler.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Im Gegenteil: Ich rate jedem Hobbykomponisten, ein Instrument zu lernen, auch zu dem Zweck, dass er seine eigenen Stücke spielt.


    Wie weit soll das Lernen denn gehen? Es gab nämlich so manch großen Komponisten, der als Instrumentalist nur ein (bestenfalls) mittelmäßiges Niveau erreicht hat - Wagner und Ligeti fallen mir spontan hierzu ein. Allerdings waren das auch keine "Hobbykomponisten"...

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Eine Bach-Invention am Klavier wär schon ganz nett.
    Für ein Kompositionsstudium wird, glaube ich, eine Bach-Fuge verlangt oder eine Beethoven-Sonate.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!