Francis Poulenc – „Journal de mes Mélodies“
So lautet der Titel eines Buches, in welchem Poulenc sein Liedschaffen vorstellt und erläutert. Ich habe es gratis zu dem Band der Klavierlieder von Salabert dazu bekommen. Aber man kann es auch käuflich erwerben. Für alle an seinen Liedern interessierten bietet es eine Fülle von Informationen zur Entstehung und zu den Dichtern, welche er vertont hat.
Poulenc hat Zeit seines Lebens Lieder komponiert, und die Vokalwerke nehmen insgesamt den größten Raum in seinem Schaffen ein. In seinen Liedern gibt es gleichsam einen Widerhall seines kompositorischen Schaffens, ähnlich wie in seiner Klaviermusik, die er auch immer wieder komponiert hat. Für diejenigen, welche sich noch nicht oder nur bislang wenig mit dem Komponisten beschäftigt haben, kann ich die sehr informative Seite "http://www.poulenc.fr" empfehlen. Dort findet man neben biografischen Details auch einen kompletten Werkkatalog und viele weitere Informationen zu diesem Komponisten.
Katalog der Lieder für Singstimme und Klavier:
Titel, Entstehungsdatum, Textdichter
Le bestiaire, ou Cortège d’Orphée , 1919, Guillaume Apollinaire
Huit Chansons gaillardes , 1926, anonym
Vocalise (XVIIe siècle) , 1927
Epitaphe, 1930, Charles Malherbe
Cinq Poèmes de Max Jacob , 1931, Max Jacob
Quatre Poèmes de Guillaume Apollinaire , 1931, Guillaume Apollinaire
Trois Poèmes de Louise Lalanne , 1931, Guillaume Apollinaire
Pierrot, 1933, Théodore de Banville
Huit Chansons polonaises , 1934, Traditionelle Lyrik
A sa guitare , 1935, Pierre Ronsard
Cinq Poèmes de Paul Éluard, 1935, Paul Éluard
Trois Poèmes de Louise de Vilmorin, 1937, Louise de Vilmorin
Deux Poèmes de Guillaume Apollinaire, 1938, Guillaume Apollinaire
La grenouillère, 1938, Guillaume Apollinaire
Le portrait, 1938, Colette
Priez pour paix, 1938, Charles d'Orléans
Bleuet, 1939, Guillaume Apollinaire
Ce doux petit visage, 1939, Paul Éluard
Fiançailles pour rire (six mélodies), 1939, Louise de Vilmorin
Banalités (cinq mélodies), 1940, Guillaume Apollinaire
Colloque (pour soprano, baryton et piano), 1940, Paul Valéry
Les chemins de l’amour, 1940, Aus “Léocadia” von Jean Anouilh
Six Chansons villageoises, 1942, Maurice Fombeure
Deux Poèmes de Louis Aragon, 1943, Louis Aragon
Métamorphoses (trois mélodies), 1943, Louise de Vilmorin
Hyde Park, 1945, Guillaume Apollinaire
Deux Mélodies sur des poèmes de Guillaume Apollinaire, 1946, Guillaume Apollinaire
Paul et Virginie, 1946, Raymond Radiguet
Hymne, 1947, Jean Racine
Le disparu, 1947, Robert Desnos
Main dominée par le cœur, 1947, Paul Éluard
Mais mourir, 1947, Paul Éluard
Trois Chansons de Federico García Lorca, 1947, Federico Lorca
Calligrammes (sept mélodies), 1948, Guillaume Apollinaire
Mazurka “Les Bijoux de Poitrine”, 1949, Louise de Vilmorin
La fraîcheur et le feu (sept mélodies), 1950, Paul Éluard
Parisiana (deux mélodies), 1954, Max Jacob
Rosemonde, 1954, Guillaume Apollinaire
Dérnier poème, 1956, Robert Desnos
Deux mélodies 1956, 1956, Guillaume Apollinaire
Le travail du peintre (sept mélodies), 1956, Paul Éluard
Vive Nadia, 1957, unbekannt
Une chanson de porcelaine, 1958, Paul Éluard
La courte paille (sept mélodies), 1960, Maurice Carême
Fancy, 1962, William Shakespeare
Nos souvenirs qui chantent (d’après un thème de Francis Poulenc), 1962, Robert Tatry
Toréador (Chanson hispano-italienne), 1918, rev.1932, Jean Cocteau
Cocardes, 1919, rev.1939, Jean Cocteau
Cinq Poèmes de Pierre Ronsard, 1924–25, Pierre Ronsard
Quatre airs chantés, 1927–28, Jean Moréas
Quatre Chansons pour enfants, 1934–35, Jaboune
Tel jour, telle nuit (neuf mélodies), 1936-37, Paul Éluard
Miroirs brûlants (deux mélodies), 1938–39, Paul Éluard
Histoire de Babar le petit éléphant, 1940–45, Jean de Brunhoff
Montparnasse, 1941-45, Guillaume Apollinaire
An Tonaufzeichnungen gibt es mittlerweile 3 (fast) vollständige Gesamtaufnahmen, jeweils mit einem Pianisten und unterschiedlichen Sängern.
Die älteste wurde von EMI France in der Serie „l’Esprit francaise“ herausgegeben. Als Pianist fungiert dort Dalton Baldwin, und als Sänger treten Elly Ameling, Gérard Souzay, Nicolay Gedda, William Parker und Michel Sénechal auf.
Seit ein paar Jahren gibt es eine Aufnahme mit dem Pianisten Malcolm Martineau, die bei signum classics erschienen ist. Auch hier ist eine illustre Sängerriege versammelt:
John Mark Ainsley, Lorna Anderson, Sarah Fox, Jonathan Lemalu, Lisa Milne, Ann Murray, Robert Murray, Thomas Oliemans, Felicity Lott, Christopher Maltman, Wiliam Dazelay, Magdalena Molendowska.
Die letzte erschienene Gesamtaufnahme erschien unter der Führung von Graham Johnson bei Hyperion. Einige der zuvor genannten Sänger sind auch bei Johnson mit von der Partie:
Felicity Lott, Ailish Tynan, Agnieska Adamczak, Nicole Tibbels, Sarah Fox, Sarah-Jane Brandon, Geraldine McGreevy, Susan Bickley, Ben Johnson, Robin Tritschler, Christopher Maltman, Brandon Velarde, Ivan Ludlow, Ashley Riches, Neal Davies.
Welcher dieser 3 Aufnahmen man den Vorzug geben sollte ist schwer zu entscheiden, denn alle haben ihre Stärken und (allerdings kleinen) Schwächen. Wer gleichzeitig zu den Interpretationen auch eine hervorragende Dokumentation haben möchte ist mit Johnson optimal bedient. Wem die Vielzahl der Sänger nicht so behagt, der ist mit der älteren EMI Aufnahme besser versorgt. Im Zweifelsfall nimmt man alle 3. Etwas verkehrt machen kann man bei keiner der Aufnahmen.
Zwei Sänger haben das Liedschaffen von Poulenc sehr beeinflusst und er hat ihnen, ähnlich wie Richard Strauss seiner Frau Pauline, und Benjamin Britten seinem Lebensgefährten Peter Pears, einige Lieder quasi „auf den Leib“ geschrieben. Es waren die Spranistin Denise Duval und der Tenor Pierre Bernac. Beide Künstler waren mit Poulenc eng befreundet und haben sein Liedschaffen mit großem Einsatz unterstützt. Er hat auch eine ganze Reihe von Liederabenden mit beiden Künstlern gestaltet, und ist mit ihnen auf Tournee gegangen.
Poulenc hat mit nur wenigen Ausnahmen (z.B. Pierre Ronsard) fast ausnahmslos zeitgenössische Dichter bevorzugt, und auch unter denen zwei, die er besonders häufig vertont hat. Zum einen war es sein langjähriger Freund Paul Eluard, und dann der Dichter Guillaume Apollinaire, der leider 1918 der spanischen Grippe zum Opfer fiel. Hätte er länger gelebt, dann wären sicher noch mehr Gedichte von ihm vertont worden. An Apollinaire schätzte Poulenc den lakonischen Tonfall seiner Gedichte, aber auch dessen Hang zu etwas skurrilen Texten. Er hat ihn naturgemäß nur kurz gekannt (bei dessen Tod war er gerade 19 Jahre alt) und bewunderte an ihm das unspektakuläre Auftreten (ähnlich wie bei Paul Eluard). Er hat ihn als „halb melancholisch und halb ironisch“ bezeichnet, und war von seinem plötzlich herausbrechenden Lachen beeindruckt.
Guillaume Apollinaire (eigentlich Wilhelm Albert Włodzimierz Apolinary de Wąż-Kostrowicki) 1880-1918, war ein französischer Dichter italienisch-polnischer Abstammung.
Nach Aufenthalten in Italien und Südfrankreich gelangte er um die Jahrhundertwende nach Paris, wo er bald Anschluss an die Künstlerkreise (Picasso, Derain uvam.) fand. Er betätigte sich nicht ausschließich literarisch sondern auch mit so profanen Tätigkeiten wie Bankangestellter oder als Redakteur eines Börsenmagazins. Er wurde im 1. Weltkrieg verwundet, und kehrte nach Paris zurück, wo er Opfer der zu dieser Zeit grassierenden spanischen Grippe wurde.
Fortsetzung der einzelnen Liedbesprechungen folgt in weiteren Postings.
Eusebius