• Ich habe gestern auf WDR 3 auch die Aufzeichnung mit den Symphonien 8 und 9 vom Beethoven-Fest Bonn gehört. Diese 9. von Järvi war orchestral so ziemlich mit die beste Wiedergabe der 9., die ich kenne. Die berühmte D-Dur-Stelle im 1. Satz kam schon fast an Furtwänglersche Weltuntergangsdramatik heran, das Scherzo war straff und zupackend, der langsame Satz gesanglich und das Finale einfach nur wunderbar - zügige Tempi bei trotzdem ausgekosteter Dramatik.

    Zwei kleine Wermutstropfen: den Tenor (IIRC Simon O'Neill) fand ich schwach - der mußte brüllen und stemmen, bei seinem berühmtem Solo schien er mehr oder weniger vor Järvis Tempo zu kapitulieren. Und der Tonmeister gehört m. E. mit Maßnahmen bestraft, die ich hier lieber nicht näher ausführen möchte. Generell war alles zu leise aufgenommen, die piano-Stellen daher häufig verrauscht, die Klangmischung stimmte z. T. nicht (z. B. beim orchestralen Einsatz des "Freude"-Themas). Ansonsten: toll!!!

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Am 16. 10. war ich in der Alten Oper Frankfurt, wo das HR - Sinfonieorchester, dessen Chef Järvi ist, seinen 80. Geburtstag mit einem eindrucksvollen Konzert beging. Zur Aufführung kamen " Le tombeau resplendissant " ( Das leuchtende Grabmal ) von Olivier Messiaen und das Deutsche Requiem von Johannes Brahms. Das sechzehnminütige Jugendwerk des " Vaters der Avangarde " war mir gänzlich unbekannt. Kein Wunder, hatte doch Messiaen diese Komposition fast vernichtet, weil sie ihm zu bekenntnishaft schien. Immerhin geht es um seine verpfuschte Jugend. Järvi arbeitete minutiös die knalligen Ecksätze und raunend leisen Mittelsätze heraus, wobei ihm der riesige Orchesterapperat höchst willig folgte.

    Beim Requiem gesellte sich der wunderbare Schwedische Rundfunkchor dazu, der - relativ klein an Zahl - über ein unglaubliches Stimmpotenzial verfügt, das dem Werk vom ppp bis zum ff nichts schuldig blieb. Järvis im besten Sinne kapellmeisterlicher Ansatz machte das Werk zum Hörerlebnis, mit akkuratem, mitatmendem Dirigat.

    Leider ließ der Gesang von Nathalie Dessay bei ihrem einzigen Solo ( Ihr habt nun Traurigkeit ) sowohl sängerisch ( Legatobögen,

    lyrische Emphase ) als auch interpretatorisch ( vordergründig, maniriert ) Wünsche offen. Ludovic Tézier machte seine Sache besser, wenn auch nicht so überzeugend wie Chor und Orchester.

    Das ohnehin gute HR - Sinfonieorchester hat unter Järvi hörbar weitere Fortschritte gemacht. Mit der Verpflichtung diese Dirigenten

    und der Weigles am Opernhaus hat die Rhein - Main - Metropole ihren guten Ruf als Kulturstadt deutlich gefestigt.


    Ciao. Gioachino :klatsch:

    miniminiDIFIDI

  • Zitat

    Das ohnehin gute HR - Sinfonieorchester hat unter Järvi hörbar weitere Fortschritte gemacht. Mit der Verpflichtung diese Dirigenten


    Das kann ich bestätigen, weil ich einen Mitschnitt von Beethovens Sinfonie Nr. 5 mit dem HR-Sinfonieorchester unter P. Järvi vom 15.02.08 habe. Und dieser ist sehr vielen anderen Wiedergaben von Nr. 5 überlegen, wobei die Mitschnitte von Järvis Wiedergaben der gleichen Sinfonie mit der Deutschen Kammerphilharmonie vom 02.04.08 und vom 10.09.09 mir noch etwas näher sind..

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Hallo Amfortas,

    Ist leider nicht mehr mit dem EM erhältlich, nur mit den Gothenburg SO, aber die kenne ich nicht.

    meines Wissens spielen bei allen Ausgaben beide Orchester: das Ensemble Modern den Beethoven, das Gothenburg SO jedoch den Eötvös ("zero points" - ich muss da gleich an den Grand Prix de la Chanson denken).

    :wink:

    Nur weil etwas viel Arbeit war und Schweiß gekostet hat, ist es nicht besser oder wichtiger als etwas, das Spaß gemacht hat. (Helge Schneider)

  • Noch mal kurz zu Järvi und Sibelius:

    die einzige Aufnahme, die ich von Järvi überhaupt kenne, ist diese hier mit seltenerem Sibelius-Repertoire:

    Ich habe sie mir gerade noch mal angehört - und bin zwiespältig. Einerseits ist es einfach fabelhaft, was für Klangfarben Järvi aus dem Orchester rausholt. Es gibt bestimmte Stellen, wo die Streicher so ganz fahl klingen und die Holzbläser auf eine Art dreinfahren, das ist schon sehr toll und sehr perfekt. Erinnert mich in der Klangfarbenbehandlung (wenngleich völlig anderes Repertoire) ein bisschen an Ansermet.

    Andererseits: Staunen kann ich wirklich über vieles in dieser Aufnahme. So richtig ans Herz geht sie mir aber nicht.

    Mir ist das alles ein bisschen zu aufgedonnert und überdramatisch. Das hat aber auch mit meiner persönlichen Sibelius-Auffassung zu tun. Ich finde ja immer, dass Sibeliussche Sinfonik ihre Wirkung am besten entfaltet, wenn man sie schlicht und klar musiziert, der Musik einen eindeutigen Puls gibt und sie atmen lässt. Mein favorisierter Dirigent für Sibelius' Musik ist deshalb Abravanel, mit einigem Abstand als zweiter folgt Maazel. Man muss, finde ich, bei Sibelius nicht, wie Karajan es tut, auf jedem einzelnen Ton ein crescendo setzen. Damit etabliert man so eine Dauer-Aufgeregtheit, die der Musik nicht gerecht wird. Bei Järvi sitzt vielleicht auf jedem zweiten Ton das crescendo - immer noch zuviel, was mich angeht.

    Grüße,
    Micha

  • RE: Sibelius Kullervo - Sinfonie

    Hallo Henning und Micha,

    gerade bei Sibelius gehen die Geschmacksunterschiede sehr auseinander. Ich bevorzuge hauptsächlich die hochemotionale Sicht von Ashkenazy (Decca) und Bernstein (SONY). Bernstein hat dann bei seinen späteren DG-Aufnahmen noch einen drauf gesetzt - die Nr.1, 2 und 5 sind der Wahnssinn.

    Aber zurück zum Thema Paavo Järvi und die Sibelius Kullervo - Sinfonie: Trotz längerer Spielzeit ist Paavo alles andere als langweilig. Wie tief er die Partitur auslotet geht weit über die Aufnahme seines Vaters Neeme hinaus. Die besondere Note der Klangfarben hat Micha bereits erkannt. Der Klang dieser P. Järvi-Aufnahme ist sehr natürlich und klar und eindeutig viel besser als die gesamte BIS - GA mit Neeme J. Damit möchte ich nichts gegen BIS gesagt haben, denn das sind ansonsten klanglich absolute Spitzenaufnahmen - mit BIS bin ich immer zufrieden.

    Von daher kannst Du klanglich auch nicht von Deiner Sibelius-GA BIS - Vänskä auf BIS - N.Järvi schließen - die sind warscheinlich total unterschiedlich.

    Zitat

    Zitat von Hennig:
    Du hattest Kullervo auf BIS mit N.Järvi? Ich frage, weil ich eine BIS - Einspielung mit Vänska und dem Lahti-Orchester habe - aber bei BIS wundert es eigentlich nicht, dass die mehrere Sibelius-Alternativen im Katalog haben. Wer übernimmt bei P. Järvi denn das Gesangliche? Als Hardcore-Sibelius-Sammler komme ich ja ins Grübeln.


    Hennig fragte nach den Solisten: Diese sind Randi Stene, Peter Mattei. Mit diesen Namen kann ich persönlich nichts anfangen (, weil es mich auch nicht interessiert).

    Zitat


    Zitat von Hennig:

    So etwas in der Art hatte ich mir gedacht, weil alle HIP-Begeisterten auch Järvi-begeistert sind, wie mir schien und ich meist nichts, und schon gar nicht bei Beethoven mit Kleinorchestern und anderen historisch korrekten Dingen anfangen kann und vor gar nicht langer Zeit einen Versuch mit Immerseel gestartet hatte - für mich schlicht furchtbar!


    Deine Ausführungen kann ich schon nachvollziehen in Bezug auf HIP. Aber meine Begeisterung für Paavo Järvi beruht hier nicht auf seinen HIP-Aufnahmen, sondern auf Sibelius und Tubin - und die sind alles andere als HIP-Kram !

    ______________

    Gruß aus Bonn

    Wolfgang

  • Ich bin absolut kein HIP-Mensch, mir kommt es allein auf eine überzeugende Aufnahme an, ob HIP oder nicht.

    Und Järvi ist absolut überzeugend und spannend.
    Ich finde überhaupt nicht das es etwas kammermusikalisches hat, wenn ich die Crescendi und fortissimo etc von Järvi (z.B. 3. S ) höre, so kommt da m.E. manche Aufnahme mit riesen Orchestern und Superbesetzungen in keiner weise mit. Wo klingt er dünn? ich konnte das bei keiner Sinfonie finden.

    Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum (Nietzsche)
    In der Tat spuckte ... der teuflische Blechtrichter nun alsbald jene Mischung von Bronchialschleim und zerkautem Gummi aus, welchen die Besitzer von Grammophonen und Abonnenten von Radios übereingekommen sind Musik zu nennen (H Hesse)
    ----------------------------
    Im übrigen bin ich der Meinung, dass immer Sommerzeit sein sollte (gerade im Winter)

  • Paavo Järvi hat sich dankenswerter Weise auch der einzigen Oper Sibelius' angenommen: Die Jungfrau im Turme (1896). Dankenswert allein deshalb, weil ich mich immer wieder über die musikalischen Nischen freue, in die nicht allzu oft geleuchtet wird. Was in diesem Fall dann aber leider auch schnell verständlich wird. Sibelius' einzige fertig gestellte Oper ist ein ganz schwaches Werk in seinem gesamten Oeuvre. Knappe 37 Minuten dauert das Drama nach dem einfältigen Libretto Rafael Hertsbergs: Böser Vogt beraubt holde Jungfrau ihrer Tugend, sperrt sie dann in den Schlossturm. Geliebter der Jungfrau schmachtet am Fuße des Turms, wird vom Vogt ebenfalls bedroht. Schlossherrin kommt hinzu, befiehlt die Freilassung, Jungfrau und Geliebter sind wieder vereint. Viel mehr ist nicht...

    Dem armen Sibelius fiel zu diesem Quark leider nicht besonders viel ein. Bezeichnenderweise hat die Mini-Oper in ihren orchestralen Passagen wie der Ouvertüre oder dem instrumentalen Intermezzo ihre Höhepunkte, die in bekannter Manier stimmungsvolle Naturbilder erklingen lassen. Sibelius selbst untersagte zu Lebzeiten weitere Aufführungen.

    An Järvi liegt's also am wenigsten, dass die Jungfrau im Turme eine getrübte Freude ist. Im Prinzip lässt er den Finnen schon so klingen, wie es mir sehr lieb ist. Das kommt dann erheblich deutlicher bei der ebenfalls auf der gleichen CD veröffentlichten Musik zu Pelleas und Melisande zum Tragen.

    LG
    C.

    „Beim Minigolf lernte ich, wie man mit Anstand verliert.“ (Element of Crime)

  • das Einzige womit ich mich bisher mit P. Järvi noch nicht so recht anfreunden konnte, sind seine Mahler-Wiedergaben: S3 + S 2 (beides Radio-Live) Bei Brahms S 4 habe ich einen guten Live-Mitschnitt mit dem HRlern... auch beim Doppelkonzert sind mir andere Wiedergaben näher, als die unter Järvi...

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Komme aus Zeitgründen erst heute zum antworten...

    Zitat

    von Amfortas09
    Zur gestrigen S. 9 noch einige ungeordnete Eindrücke zum 4. Satz, die alles andere als vollständig sein können: ich habe bisher noch nie die Holzbläser (also das Freudenthema nach der Schreckensfanfare) so emotional hinreißend spielen gehört

    Gerade diese Stelle war mir am Samstag bei wdr3 auch aufgefallen, sehr speziell. Ich war mir nicht ganz im Klaren darüber, ob ich das schön finden sollte oder doch eher übertrieben und entstellt. Aber insgesamt hat mir die Neunte gut gefallen. Obwohl ich Beethoven fast garnicht mehr einlege, spiele ich mit dem Gedanken, mir die Gesamteinspielung von Paavo Järvi mit den Bremern zuzulegen, wenn sie denn erscheint.

    :wink: maticus

    Social media is the toilet of the internet. --- Lady Gaga

    Ich lieb‘ den Schlaf, doch mehr noch: Stein zu sein.
    Wenn ringsum nur Schande herrscht und nur Zerstören,
    so heißt mein Glück: nicht sehen und nicht hören.
    Drum leise, Freund, lass mich im Schlaf allein.
                       --- Michelangelo Buonarroti (dt. Nachdicht. J. Morgener)

  • was heisst wenn sie erscheint?

    Einzeln sind doch inzwischen alle erschienen

    Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum (Nietzsche)
    In der Tat spuckte ... der teuflische Blechtrichter nun alsbald jene Mischung von Bronchialschleim und zerkautem Gummi aus, welchen die Besitzer von Grammophonen und Abonnenten von Radios übereingekommen sind Musik zu nennen (H Hesse)
    ----------------------------
    Im übrigen bin ich der Meinung, dass immer Sommerzeit sein sollte (gerade im Winter)

  • was heisst wenn sie erscheint?

    Einzeln sind doch inzwischen alle erschienen

    Na, wenn da eine Box draus gemacht wird, wird es schon deutlich billiger werden......................... :wink:

    Stattdessen sind Sie Knall und Fall mitten im Unterricht vom Gymnasium abgegangen.
    GULDA: Ja, ich hab' gesagt, Herr Professor, darf ich aufs Klo, und bin nicht wiedergekommen. Ich glaub', es war in der Mathematikstunde .
    Warum sind Sie nicht in der Pause gegangen?
    GULDA: Das wär' ja fad gewesen. Keiner lacht. Die Tür ist eh offen. Ich wollte schon, daß es prickelt.

  • Zitat

    oder doch eher übertrieben

    ist das "übertrieben" nicht doch auch ein wichtiger Bestandteil der Beethovenschen Musik ?

    Zitat

    Obwohl ich Beethoven fast garnicht mehr einlege, spiele ich mit dem Gedanken, mir die Gesamteinspielung von Paavo Järvi mit den Bremern zuzulegen, wenn sie denn erscheint.

    vielleicht wird ja die deutsche Kammerphilharmonie mit P. Järvi dazu beitragen, dass Du Beethoven wieder verstärkst einlegst...

    Zitat

    Na, wenn da eine Box draus gemacht wird, wird es schon deutlich billiger werden.........................

    ich brauchte mir bisher keine Beethoven-Järvi-CD mir zu kaufen, da ich diese durch Rohlingspreis (preisünstiger als Zigaretten) - Radiogebühr und Dreamnbox (billiger als ein teuerer Fleischmannzug) bezahle..

    :wink:

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Ich finde das Järvi ein völlig überschätzter Langeweiler ist. Ich habe mittlerweile alle Beethoven-Symphonien unter seinem Dirigat gehört, und ich muß sagen: pappig, schnarchig, unnötig. Er schwankt zwischen der Haltung "hört mal, was ich hier in der Partitur entdeckt habe" und "das kleistern wir doch lieber zu" - zudem: diese Basslastigkeit... was soll das??? Das ist Beethoven für den MP3-Player.
    Ich höre gerade die Sechste, nachdem ich sie heute Nachmittag unter Harnoncourt gehört habe. Was für ein Unterschied. Da kann sich Järvi nur noch verkriechen.

    (So, ich hoffe das war jetzt Provokant genug, um diesem Thread 1000 neue Hits einzubringen)

    (Also echt, was findet ihr alle an dem? Da ist ja Böhm noch besser :shake: )

    .


    --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------


    Immer noch da ... ab und an.

  • :troest: :troest: :troest: :troest: :troest: :troest: :troest:

    Aus Versehen im Wedding eins auf die Mütze und Ohren bekommen??
    Man mag Järvi vorwerfen, was man will, aber dass er schnarchig ist, kann nicht wirklich Dein Ernst sein. Hallo? Hörst Du überhaupt richtig zu???????????

    Entschuldige meine drastisches Auftreten, aber das kann kein normaler Sinneseindruck mehr sein - wir mögen uns ja über die oder jene Intepretation streiten, mangelnde Tiefe o.ä. lässt sich schwer bemessen, das ist Geschmackssache. Das straffe, klar artikulierte, pathosfreie Beethoven-Dirigat Järvis als schnarchig zu bezeichnen ist allerdings schlichtweg absurd.

    :shake:
    Wulf

    "Gar nichts erlebt. Auch schön." (Mozart, Tagebuch 13. Juli 1770)

  • Da ist ja Böhm noch besser
    .

    Echt jetzt? - Ich habe in der Firma mal in eine der Järvi-Aufnahmen reingehört und war auch nicht sonderlich begeistert - hatte ich schnell vergessen. - Aber ich denke der Harnoncourt wird mich auch nicht überzeugen können (Vorurteile?) - hat mich bisher immer gelangweilt.

    Gruß,

    B.


    "Alles Syphilis, dachte Des Esseintes, und sein Auge war gebannt, festgehaftet an den entsetzlichen Tigerflecken des Caladiums. Und plötzlich hatte er die Vision einer unablässig vom Gift der vergangenen Zeiten zerfressenen Menschheit."
    Joris-Karl Huysmans

  • Järvis als schnarchig zu bezeichnen ist allerdings schlichtweg absurd.

    Ja, einschlafen kann man natürlich nicht, dafür macht der Mann zuviel Lärm. Ich meine: "Gewitter", nicht "Orkan mit Fliegerangriff", oder? Und ich finde das beileibe nicht straff dirigiert, viel eher kommt es mir so vor, als würde ihm fast jede Symphonie Beethovens zerfasern. Ich kann da keine Linie erkennen. Ich steig da immer wieder aus - insofern: schnarchig. :sleeping: :D (Und ich war den ganzen Tag in Friedenau - aber die Leute, die einem immer im Weg rumstehen, die können einen schon ganz schön aggressiv machen... :cursing: )

    .


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    Immer noch da ... ab und an.


  • Tja.

    Merkwürdig. Interessant.

    Bei mir ist es völlig anders. Paavo Järvis Beethoven-Zyklus ist meine liebste Einspielung. Karajans 60er Zyklus war der erste, dann Immerseel, Norrington, schließlich Järvi - für mich das Beste beider Welten. Nie zu dicke oder gar Pathos-selig, viele Details, und - ja, in meinen Ohren - eine klare Linie.
    Deine Negativ-Urteile kann ich insofern nicht teilen. Aber: Du schreibst ja selbst, dass es lediglich "fast jede Symphonie" betrifft - es besteht also noch Hoffnung. ;+)

    Jein (Fettes Brot, 1996)

  • Und ich finde das beileibe nicht straff dirigiert

    Falls mit "straff" die Tempi gemeint sind, dann stimmt diese Aussage objektiv nicht. Järvi bewegt sich immer in der Nähe der Beethoven'schen Metronomangaben und reiht sich damit tempomäßig in die Reihe Leibowitz, Gielen, Norrington, Gardiner etc. etc. ein. Mal ist er ein bisschen schneller, mal ein bisschen langsamer. Harnoncourt ist jedenfalls mit wenigen Ausnahmen wesentlich gemächlicher. Von Böhm wollen wir mal schweigen. :D


    In finde die Beethoven-Aufnahmen Järvis durchweg ausgezeichnet, wenn auch nicht alles gleichermaßen gelungen ist. Über die Aufnahme der Vierten mit der Deutschen Kammerphilharmonie und Järvi schrieb ich mal woanders (Text leicht modifiziert):

    Das Bremer Orchester macht das phänomenal, voller Spielfreude und scheint selbst bei rasanten Tempi wie im vierten Satz noch Reserven zu haben. Relativ kleine Besetzung, insgesamt 40 Musiker, die Streicher sind 8-7-5-5-3 besetzt. Antiphonische Aufstellung von ersten und zweiten Geigen. Alle Wiederholungsvorschriften werden befolgt. Die Streicher spielen mit sehr reduziertem Vibrato, weniger als z.B. bei Zinman, aber variabler als bei Norrington. Die Tempi sind 10:50/8:35/5:28/6:08 - also ziemlich schnell, z.T. sehr schnell, jedenfalls nahe an Beethovens Metronomisierungen.

    Das ist doch eigentlich alles nichts besonderes mehr, könnte man meinen. Und doch ist das eine besondere Aufnahme, m.E. hörbar spannender als Norrington, Gardiner, Gielen, Abbado, Rattle. Man höre sich nur den zweiten Teil der Durchführung des ersten Satzes mit der Überleitung zur Reprise an. In der Steigerung gar nicht so sehr klanglich forciert, aber dafür mit der Fähigkeit, den Spannungsbogen auch in den ausgedünnten p/pp-Passagen zu halten. Große, aber nicht übertriebene dynamische Spannweite, dabei sehr differenziert, aber nicht manieriert. Großartig gelingt Järvi und der Kammerphilharmonie gerade der langsame Satz - den finde ich oft entweder klanglich zu "dick" musiziert (bei normalen Symphonieorchestern) oder melodisch unterbelichtet (Norrington, Gardiner). Järvi scheint auch einen besonderen Sinn für Klangverbindungen und -mischungen zu haben (die Präsenz tiefer Horntöne!)

    Superbe Klangtechnik - nicht die erste SACD mit ganz natürlich gestaffeltem Orchesterklang, die ich höre. Schwer zu sagen, auf wessen Kosten die perfekte Klangbalance zwischen den Instrumenten(-gruppen) geht.

    Die Siebte auf derselben CD finde ich sehr gut, wenn auch nicht so exzeptionell wie die Vierte.



    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • In finde die Beethoven-Aufnahmen Järvis durchweg ausgezeichnet, wenn auch nicht alles gleichermaßen gelungen ist. Über die Aufnahme der Vierten mit der Deutschen Kammerphilharmonie und Järvi schrieb ich mal woanders (Text leicht modifiziert):

    Ich sehe schon, den Beethoven muss ich mir doch mal kaufen ;+)

    Jedenfallls hat Järvi in der Zwischenzeit mit dem Sinfonieorchester des HR auch zwei Bruckner-Symphonien aufgenommen:

    Nr. 7:

    und

    Nr. 9:

    Da ich durch die hymnischen Besprechungen der Beethoven-CD´s neugierig geworden war und Bruckners E-Dur-Symphonie ohnehin zur eisernen Reserve gehört, habe ich mir Järvis Einspielung spontan zugelegt und war sehr gespannt. Vielleicht ist mir da meine Erwartungshaltung zum Verhängnis geworden: erwartet hatte ich zügige Tempi und einen schlanken Orchesterklang. Zumindest bei den Tempi bewegt sich Järvi in sehr gemächlichen Bahnen. Allegro, Adagio und Finale nimmt Järvi sehr gemächlich. Im Kopfsatz ist er runde fünf Minuten langsamer als Bruno Walter. Järvis Tempi sind für Bruckner-Interpretationen nicht ungewöhnlich, aber enttäuscht war ich irgendwie doch. Järvi schwelgt hier sehr im Orchesterklang, das klingt wunderschön zweifelsohne. Aber die Einspielung der Neunten habe ich mir bisher nicht zugelegt.

    :wink: :wink:

    Christian

    Rem tene- verba sequentur - Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen

    Cato der Ältere

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