Was sind denn diese "offenkundigen Schwächen"? Für mich sind so anscheinend nicht offenkundig genug...
Wenn man die Wagner-Dichtungen als das nimmt, was sie sind - also als Texte, die auf ein Zusammenwirken mit Musik angelegt sind - dann finde ich die Schwächen auch nicht offenkundig. Aber was als musikdramatischer Text exzellent funktionierte, kann als sprechdramatischer Text enervieren oder lächerlich sein. Naklar funktionieren Wagners Texte (eigentlich schon ab dem "Holländer", aber ganz sicher ab den "Ring"-Dichtungen) als solche besser als nahezu alle anderen Opernlibretti des 19. Jahrhunderts (Ausnahmen bestätigen die Regel. Boito wurde ja schon genannt). Dies ist ja bereits auf der Strukturturebene angelegt, weil die Texte eben selbst im Kern "dramatisch" funktionieren und die handlungstragenden Passagen nicht alle naselang durch "Arien" oder sowas stillgestellt werden.
Aber ob beispielsweise die unentwegten Alliterationen der Pseudostabreime der "Ring"-Dichtung, die ja mit der Musik ganz wundervoll zusammenwirken und recht eigentlich auch (zumindest im vorgesehenen musikdramatischen Kontext) dem Text selbst eine musikalischen Klanghaftigkeit verleihen, im Sprechtheater nicht unfreiwillig komisch wirken müssen, wage ich zu bezweifeln. Daran ändert auch ein Hommage-Lesungs-Marathon erstmal nichts.
Adieu,
Algabal