Kirill Petrenko - Der König Midas unter den Dirigenten?

  • Auch ich finde die Rotwein-Analogie sehr passend. Danke für Deinen Beitrag, lieber maticus! :cincinsekt:

    Und vielleicht auch gerade, weil sich eine große Erwartung aufgebaut hat.

    Das war wohl das Hauptproblem bei Mahler 6 mit Petrenko am letzten Donnerstag. Selbst The New York Times hat einen Rezensenten für dieses Donnerstag-Konzert nach Berlin geschickt:
    https://www.nytimes.com/2020/01/24/art…ilharmonic.html

    Dass Petrenko im Finale den dritten Hammerschlag ausließ, hat mich übrigens auch ein wenig gestört. Das ist natürlich eine künstlerische Entscheidung, die zu respektieren ist. Trotzdem hätte ich ihn rein subjektiv gern gehört.

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • Mahler 6 ist jetzt im Archiv der DCH.

    maticus

    Social media is the toilet of the internet. --- Lady Gaga

    Ich lieb‘ den Schlaf, doch mehr noch: Stein zu sein.
    Wenn ringsum nur Schande herrscht und nur Zerstören,
    so heißt mein Glück: nicht sehen und nicht hören.
    Drum leise, Freund, lass mich im Schlaf allein.
                       --- Michelangelo Buonarroti (dt. Nachdicht. J. Morgener)

  • Heute habe ich mein Vorhaben wahrgemacht und am Abend Petrenko mit Mahler VI nochmal in der DCH nachgehört, nachdem am Nachmittag schon Simon Rattle mit den BPh vom Juni 2018 (ebenfalls in der DCH) dran war.

    Dieser allerletzte Rest an Begeisterung, den ich ähnlich wie music lover beim Live-Erlebnis vermisst hatte, stellte sich nun bei der "Konserve" interessanterweise fast durchgehend ein.

    Ich erkläre mir das einerseits mit dem, was maticus schon ein paar Beiträge zuvor vermutet hatte, nämlich einer so sehr in die Höhe geschraubten Erwartungshaltung beim Live-Erlebnis, dass diese eigentlich nur enttäuscht werden konnte. Andererseits durch diese Gegenüberstellung mit der Rattle-Aufführung. Diese war nun ganz sicher alles andere als schlecht und doch habe ich bei Petrenko von Beginn an gespürt, wie dessen Sicht auf das Werk und ihre Umsetzung mich wesentlich mehr begeistern.

    Bei Ratlle herrscht ein kompakterer, weniger differenzierter Orchesterklang vor, der gepaart ist mit einer (mich auch früher bei Rattle schon störenden) etwas schematischen Tempogestaltung, dergestalt, dass lyrische Passagen immer mit deutlichen Ritardandi versehen werden, während bei bewegteren Passagen das Tempo deutlich angezogen wird. Tendenziell geschieht dies bei Petrenko auch, aber immer so, dass der Grundpuls weiter spürbar bleibt. Bestes Beispiel hierfür die Coda des 1. Satzes, bei der Rattle das Tempo so anzieht, dass Details auf der Strecke bleiben, zum "Götterdämmerungs-Akkord" (T. 473) aber so stark ritardiert, dass dessen Wirkung fast verpufft.

    Was den Klang der Petrenko-Aufführung betrifft, fühle ich mich beim Nachhören in meinem ersten Eindruck bestätigt (gerade auch im Vergleich zu Rattle), dass das Schroffe, Kantige, im ersten und dritten Satz auch Kriegerische, im Vordergrund steht, was im (gegenüber Rattle noch deutlich schärfer akzentuierten) Scherzo schon fast in Richtung von dem geht, was im Werk-Thread als "Schostakowierung" bezeichnet wurde (was der rbb-Kritiker hier wahrgenommen hat, bleibt mir ein Rätsel).Dabei wird die Mahler'sche Polyphonie durchhörbar wie selten (worauf Petrenko im Nachgespräch auch größten Wert legt) und die sich überlagernden Bläserstimmen gewinnen zeitweise fast dialogisierenden Charakter. Ein wohliges Baden im Streicherespressivo hingegen findet kaum statt - auch im (sehr fließend genommenen) Andante moderato ist der Klang lange zurückhaltend, fast zögernd, wodurch dann die große Schlussteigerung ihre Wirkung umso überzeugender entfalten kann. Nur beim Finale bleibt (ähnlich wie bei matico) ein letzter Rest Unbefriedigtheit, ohne dass ich wirklich festmachen kann, an was das liegt. Hier bleibt ein wenig das Gefühl, dass sich die Einzelteile des Satzes nicht vollkommen zu einem Ganzen zusammenschließen, auch wenn der Bläserchoral am Ende wunderbar klingt und das letzte Tutti markerschütternd ist. Nichtsdestotrotz: Ein Nachhören lohnt sich m.E. auf jeden Fall.

  • Im Anmarsch

    und die ersten Kritiken, die ich so finden konnte, sind alle ähnlich begeistert wie ich nach dem Konzertbesuch:

    https://www.gramophone.co.uk/review/mahler-…y-no-7-petrenko
    https://www.concerti.de/rezensionen/ki…-sinfonie-nr-7/

    Gruß Benno

    Überzeugung ist der Glaube, in irgend einem Puncte der Erkenntniss im Besitze der unbedingten Wahrheit zu sein. Dieser Glaube setzt also voraus, dass es unbedingte Wahrheiten gebe; ebenfalls, dass jene vollkommenen Methoden gefunden seien, um zu ihnen zu gelangen; endlich, dass jeder, der Überzeugungen habe, sich dieser vollkommenen Methoden bediene. Alle drei Aufstellungen beweisen sofort, dass der Mensch der Überzeugungen nicht der Mensch des wissenschaftlichen Denkens ist (Nietzsche)

  • Ich war gestern (27.10.2021) neben mind. zwei weiteren Forianern (einen habe ich im Foyer vor dem Konzert getroffen) in der ersten Aufführung des Programms mit Mendelssohns "Schottischer" und Schostakowitsch "Zehnter". Zur "Schottischen" kann ich nur sagen, dass mir klar wurde, dass ich die "Italienische" viel lieber mag. Es gibt sehr schöne Stellen, aber einige, die mir gar nicht gefallen. Gestern bei der Aufführung gefiel mir der Streicherklang bei der "Schottischen" nicht, er schien mir häufig recht dünn und ins Schrille tendierend. Ist das ein "Feature" der "Schottischen"?

    Beim Schostakowitsch war der Streicherklang (freilich bei aufgestocktem Apparat) dagegen astrein voll und satt. Sehr gut gefiel mir die Solo-Klarinette (Wenzel Fuchs) und das Solo-Horn (wobei sich letzteres einmal einen kleinen Fehler erlaubte, aber insgesamt großartige Leistung), auch die Percussion. Auch das Fagott und die Piccolo fand ich sehr gut, dagegen haben mich Solo-Oboe und -Flöte nicht sehr beeindruckt. (Mir schien es, dass Albrecht Meyer, der schon gut 15 Minuten vorher auf der Bühne war, mit seinen Rohren nicht ganz glücklich war; aber ich könnte mich täuschen.) Gut herausgearbeitet (betont/transparent) war die Polyphonie, insbesondere im 1. Satz. Es war sehr befriedigend, nach langer Abstinenz mal wieder die volle Wucht eines großen Orchesters zu spüren. Allerdings empfand ich an den ganz lauten Spitzen (etwa auf dem Höhepunkt der ersten Durchführung im ersten Satz), trotz recht mittig/frontalen Sitzplatzes in Block B, dass der Klang verwaschen/matschig bei mir ankam, was mich doch etwas wunderte. War die (doch deutliche) Vehemenz manchmal zuviel des Guten (bezogen auf die Raumakustik)? Eigentlich kaum vorstellbar. Aber die Kritiken hier sind auf höchstem Niveau. Ich habe das Konzert sehr genossen und bin glücklich nach Hause gegangen. (Es gibt sicherlich nur ganz wenige Orchesterwerke, die ich (wenn überhaupt) öfter gehört habe als die Zehnte, sowohl live und auf CD etc.)

    maticus

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  • Gestern bei der Aufführung gefiel mir der Streicherklang bei der "Schottischen" nicht, er schien mir häufig recht dünn und ins Schrille tendierend. Ist das ein "Feature" der "Schottischen"?

    Das habe ich etwas anders gehört bzw. bewertet: Petrenko hat die Streicher in der Tat oft sehr zurückgenommen, gerade damit aber eine phänomenale Transparenz insbesondere zu den Holzbläsern erreicht. Z.B. die Mischung Violinen/Klarinette (ich müsste in die Partitur sehen, wo das genau ist) habe ich so deutlich noch nie gehört, auch die perlenden Läufe im Scherzo. Es war insgesamt eine eher klassische Deutung dieses Stückes ohne den ganz großen romantischen Überschwang, was ich zwar vielleicht etwas einseitig aber gerade dadurch sehr faszinierend fand.

    Zur "Schottischen" kann ich nur sagen, dass mir klar wurde, dass ich die "Italienische" viel lieber mag. Es gibt sehr schöne Stellen, aber einige, die mir gar nicht gefallen.

    Dazu kann ich nur sagen, dass es bei mir nicht so ist ;) . Ich finde die Symphonie vom ersten bis fast zum letzten Ton großartig, lediglich die Dur-Code ganz am Ende ist vielleicht etwas problematisch.

  • Ich habe bei Petrenkos Konzerten mittlerweile das Problem, dass ich (unsinnigerweise!) fast eine Art Unfehlbarkeit der Interpretation voraussetze und mir damit bei den Konzerte manchmal selbst im Weg stehe (bzw. sitze), so dass ich oft erst beim Nachhören in der DCH zu meiner Einschätzung der Interpretation komme (wie hatten das auch schon angesichts der 6. Mahler einige Beiträge zuvor). So ging es mir auch wieder mit dem Schostakowitsch. Bis in den 3. Satz hinein konnte ich vor lauter hochgesteckter Erwartung zeitweise nicht die konzentrierte Ruhe finden, mich dem, was ich höre, einfach zu überlassen. Mir schien im Orchester bei einzelnen Übergängen zwischen Abschnitten oder Wechseln zwischen Instrumenten(gruppen) manchmal ein allerletzter Rest an Konzentration und Perfektion zu fehlen (z.B. Anfang 3. Satz, ich kann die Stelle aber nicht mehr wirklich benennen), als ob die Interpreten bis dahin noch nicht zu absolut 100% bei der Sache wären (ich denke, man liest das völlig Subjektive meiner Empfindung hier schon heraus ;) ). Erst im dritten Satz hat es bei mir endgültig Klick gemacht – und es ist unmöglich für mich zu sagen, ob die Wahrnehmung bis hierher in irgendeiner Korrelation zur tatsächlichen interpretatorischen Leistung stand. Den Beginn des Finales empfand ich dann als frappierend wie selten, wenn die Klarinette das Thema des Allegros in düsterem Klanggewand vorbereitet und den Hörer auf eine völlig falsche Fährte führt, bis der Tanz beginnt. Dieser Moment war klanglich und im Gestus sozusagen perfekt inszeniert, ohne dass irgendetwas im Ungefähren blieb, das scheint mir eine der ganz großen Stärken Petrenkos zu sein. Das Allegro dann für mich (wenn man den kolportierten Stalin-Hintergrund des Werks akzeptiert und mir erscheint er plausibel), wie wenn das gesamte Orchester dem toten Stalin die Zunge herausstreckt (womit ich mich gleich für dieses banale Bild entschuldige ;) ).

    (Bei Petrenkos Feuervogel im September allerdings hatte ich im Konzert quasi von Beginn an das Gefühl, etwas Besonderem beizuwohnen, was sich dann beim Nachhören in der DCH auch bestätigt hat - für mich [!] der beste Feuervogel, den ich je gehört habe.)

    Ein Detail noch zu vorgestern: Beim Hervorrufen der Orchestersolisten nach dem Mendelssohn hatte es ja kurz eine kleine Unstimmigkeit zwischen der Flöte (Pahud) und dem Fagott (Schweigert, glaube ich) gegeben: Petrenko meinte die Flöte, aber das Fagott fühlte sich angesprochen - sicher ein etwas unangenehmer Moment für das Fagott. Nach dem Schostakowisch hat Petrenko dann bei der zweiten Applausrunde nur noch einmal das Fagott aufstehen lassen, bevor sich das ganze Orchester erhob, wie um das Missverständnis nach dem Mendelssohn wiedergutzumachen. Ob es wirklich so gemeint war, weiß ich nicht, aber wenn, wäre es ein schönes Beispiel für die Sensibilität, mit der Petrenko den Musiker/innen begegnet und die ich ihm absolut zutraue.

  • Es würde mich ja interessieren, ob noch jemand hier gestern oder vorgestern das aktuelle Petrenko-Programm bei den Philharmonikern besucht hat oder heute noch besucht und besonders wie andere die Zweite von Brahms beurteilen.

    Ich war gestern dort und den Brahms fand ich frappierend. Sehr zügige Tempi, sehr zugespitzt, agogisch frei, aber nicht im Sinne abrupter Temporückungen, sondern eines permanent minimal modifizierten Metrums, alles unglaublich transparent, dabei die artikulatorische und dynamische Feinabstufung in den Streichern (Celli am Beginn des 2. Satzes!) derart subtil durchgearbeitet, wie ich das meiner Erinnerung nach noch nicht gehört habe - ohne jeglichen Anflug von Behäbigkeit, aber wohl auch kaum das Etikett von der "Pastorale" bedienend. Das Finale kaum noch unbeschwert-fröhlich, eher wie eine triumphal-vorwärtsstürmende Kriegsmusik. Das war absolut mitreißend, doch fragte ich mich danach, ob die lyrisch-melancholische Seite dieser Musik dabei nicht unterbelichtet blieb, abgesehen davon, dass selbst ein Orchester wie die Berliner beim Parforceritt des Finales an seine spieltechnischen Grenzen zu kommen schien. Andererseits: Den – vermutlich nicht leicht zu dirigierenden – 3. Satz habe ich noch nie so schlüssig und konzeptionell wie aus einem Guss gehört wie gestern Abend. Diese Eindrücke gehen mir heute noch weiter im Kopf herum und ich will das möglichst bald in der DCH nochmal nachhören.

    Lutoslawskis I. Symphonie (davor) gehört wohl nicht zu seinen größten Meisterwerken und auch nicht zu den bedeutendsten Symphonien des 20. Jahrhunderts, ist aber äußerst wirkungsvoll und unterhaltsam, wenn sie so perfekt und mit Spaß an rhythmischer Perfektion "exekutiert" wird wie von Petrenko und seinem Orchester gestern.

    Dagegen war B. A. Zimmermanns geniales Orchesterstück "Photoptosis" in dieser gestrigen Interpretation zur Eröffnung vielleicht sogar der eigentliche Höhepunkt des Abends – ein überwältigender Klangfarbenrausch, dessen Reiz sich selbst meine Begleitung, die mit deutscher Nachkriegsavantgarde erklärtermaßen nichts anfangen kann (das Stück ist freilich jetzt auch schon gute 50 Jahre alt), nicht entziehen konnte und der mir deutlich machte, was für ein müder Abklatsch der Partitur die Aufführung, die ich vor einigen Jahren mit dem Orchester der Dt. Oper unter Runnicles hörte, war.

    Auf gewisse Weise war das für mich also ein wirklich spektakulärer Abend.

    2 Mal editiert, zuletzt von Peter Jott (28. Januar 2022 um 19:37)

  • + heute Abend LIVE in ''Deutschlandfunk Kultur''  :!:

    < < - - die Lutoslawski - Symphonie ist eh' schon seit längerem vorgemerkt ('Photoptosis' --- echt gänsehäutig: jmd., der inzw. zumindest ahnen dürfte, dass er vermutlich über kurz oder lang erblinden wird, schreibt ein Stück mit dem dt. Titel 'Lichteinfall' ?( --- 'Photoptosis' war einer der Avantgarde-Hits meiner Jugend >müsste die Ernest Bour - Aufnahme gewesen sein< d. h. steckt mir wohl bis heute derart in den Knochen, dass ich ihn nicht mehr brauche!!)..........und nu bin ich glatt noch neugierig auf Brahms-Zwei geworden!! < < - - wird aber nixx: nach der Pause im musica viva - Konzert in München gibts ein Stück von Luc Ferrari (den ich bisher nur dem Namen nach kenne!)

    :wink:

    Das TV gibt mehr 'Unterhaltung' aus, als es hat - in der bürgerl. Gesetzgebung nennt man das 'betrügerischen Bankrott' Werner Schneyder Es ging aus heiterem Himmel um Irgendwas. Ich passte da nicht rein. Die anderen aber auch nicht. FiDi über die Teilnahme an seiner ersten (und letzten) Talkshow

    3 Mal editiert, zuletzt von wes.walldorff (28. Januar 2022 um 18:19)

  • Das Konzert, um das es in den beiden vorangegangenen Beiträgen ging – Zimmermann: Photoptosis / Lutoslawski: Symphonie Nr. 1 / Brahms: Symphonie Nr. 2 – kann, wie ich gerade zufällig entdeckt habe, weiterhin auf Deutschlandfunk Kultur nachgehört und sogar heruntergeladen werden.

    Die konzertante »Pique Dame« vom 24. April mit den Berliner Philharmonikern ist auf rbb Kultur noch verfügbar.

    Gestern dirigierte Petrenko im Jubiläumskonzert der Karajan-Akademie u.a. Beethovens Fünfte (die ich im Konzert sonst eher meide), und zwar absolut umwerfend, was zu solch spontanen und geschlossenen stehenden Ovationen führte, wie ich sie meiner Erinnerung nach noch nie erlebt habe. Ich hoffe, der Mitschnitt taucht auch bald auf einer der Radio-Websites auf.

    Einmal editiert, zuletzt von Peter Jott (8. Mai 2022 um 22:04)

  • Ich zitiere mich mal selbst aus "Wo wir so hingehen":

    War außer mir noch jemand aus diesem Forum bei einem der drei Petrenko-Konzerte der letzten Woche mit dem Schulhoff-Sinigaglia-Zemlinsky-Programm?

    Ich muss sagen, ich war schlichtweg überwältigt von den beiden Sinigaglia-Werken. So etwas auszugraben und mit den Berliner Philharmonikern und einem der Konzertmeister als Solist aufzuführen (andere Violinsolisten auf Spitzenniveau hätten sich für dieses Repertoire vermutlich nicht gefunden), ist typisch Petrenko. Und wie wunderbar komponiert sind diese Werke aus den Jahren 1899 und 1900! Kein Wunder, dass Furtwängler sich für diesen Komponisten eingesetzt hat. Bei der Romanze op. 29 handelte es sich um die erste Aufführung dieses Werks bei den Berliner Philharmonikern überhaupt, während die Rapsodia piemontese op. 26 dort immerhin schon mal am 4. Januar 1907 unter der Leitung von August Scharrer mit dem Solisten Max Lewinger erklang. Nun also, 115 Jahre später, ein zweites Mal.

    Hier eine (erste) Kritik des Abends aus einem Blog:

    Die Petrenko-Philharmoniker bei Sinigaglia, Schulhoff, Zemlinsky
    Die Berliner Philharmoniker spielen in einem außergewöhnlichen Konzert Schulhoff, Sinigaglia und Zemlinsky und lassen so diesen Komponisten beziehungsreich…
    konzertkritikopernkritikberlin.wordpress.com

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • Das Philharmoniker-Programm 23/24 ist jetzt veröffentlicht und damit auch die acht (mit dem Waldbühnenkonzert neun) Programme mit Petrenko. Keine weitere Beethoven-, Mahler- oder Schostakowitsch-Symphonie (sehr schade, aus meiner Sicht), von Brahms die Vierte, was etwas erstaunt, da er die schon vor zwei oder drei Jahren präsentierte und jetzt eigentlich die Erste oder Dritte "fällig" gewesen wären. Das vorab veröffentlichte Programm vom 14.-16. Sept. mit u.a. K. A. Hartmanns Gesangsszene hatte mir Hoffnung gemacht, dass er sich nun - wie bei Amtsantritt schon vage in Aussicht gestellt - auch dessen Symphonien annimmt, aber auch das ist leider (noch) nicht der Fall. Die spektakulären Höhepunkte sind für mich wohl die konzertante Elektra sowie das Schönberg-Programm mit der Jakobsleiter (bei Walküre I an Silvester werd ich wohl nicht in Berlin sein). Auffällig ist für mich wie bereits in den vergangenen Saisons die geringe Präsenz von Intrumentalsolist*innen: in den acht regulären Programmen nur ein Fall, Batiashvili mit Szymanowskis 1. Violinkonzert (im Waldbühnenkonzert dann noch Yuja Wang mit Rachmaninows Paganini-Variationen).

    Hier die Übersicht:

    Musik im Umbruch
    Konzerte mit Chefdirigent Kirill Petrenko
    www.berliner-philharmoniker.de

    [Edit: Gerade gesehen: Das Programm vom 1.-3. Nov. mit Mozart KV 201, Berg op. 6 und Brahms IV fehlt in der Übersicht. Damit sind es neun reguläre Programme mit Petrenko.]

    Ein weiterer früher Höhepunkt der Saison in der Philharmonie – allerdings ohne Petrenko und die Philharmoniker – ist für mich auf jeden Fall die konzertante Aufführung von Berlioz' Trojanern unter Gardiner am 1. September.

  • Das vorab veröffentlichte Programm vom 14.-16. Sept. mit u.a. K. A. Hartmanns Gesangsszene hatte mir Hoffnung gemacht, dass er sich nun - wie bei Amtsantritt schon vage in Aussicht gestellt - auch dessen Symphonien annimmt, aber auch das ist leider (noch) nicht der Fall.

    Dieses Programm wird auch am 17.9. in München gespielt beim "Räsonanz-Stifterkonzert" der Siemens-Musikstiftung in Zusammenarbeit mit musica viva:

    räsonanz – Stifterkonzert - Gasteig München
    Erstmals zu Gast in München: die Berliner Philharmoniker unter der Leitung ihres Chefdirigenten Kirill Petrenko! Mit Christian Gerhaher als Solisten und einem…
    www.gasteig.de

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    Was ist heute Kunst ? Eine Wallfahrt auf Erbsen. (Thomas Mann, Doktor Faustus, Kap. XXV)

  • Petrenko hat in einem Pressegespräch über die kommende Saison und die weitere Zusammenarbeit mit den Berliner Philharmonikern gesprochen. Ungern verlinke ich ausgerechnet auf den entsprechenden B.Z.-Artikel, aber tatsächlich waren dort interessantesten Zitate wiedergegeben:

    Kirill Petrenko sieht die Philharmoniker als seine Lebensaufgabe
    „Mit diesem Orchester kann man alles erreichen, es gibt nichts, was sie nicht können oder wollen.“ Große Liebeserklärung von Kirill Petrenko (51) an seine…
    www.bz-berlin.de

    Zur Suche nach dem optimalen Klang:

    „Ich will keinen Karajan-Breitwand-Sound. Ich wollte, dass das Orchester mehr singt, die Bögen etwas weiter schwingen lässt. Jetzt nach vier Jahren hat sich schon etwas im Klang getan, was in meine Richtung geht. Aber wir sind erst am Anfang. Ich glaube, in Richtung Unverwechselbarkeit können wir noch viel weitergehen.“

    Es überrascht mich, dass er hier seinen Vor-vor-vorgänger direkt ins Spiel bringt (und ein ganz klein wenig ungerecht erscheint es mir auch, dieses Karajan-Klischee - das seine Berechtigung ja vor allem aus den späten Karajan-Jahren speist - hier so pauschal einzusetzen).

    Interessant auch die Anmerkung

    „Keiner programmiert derzeit mutiger als Petrenko. Da runzeln sogar einige der Philharmoniker die Stirn, wie er jetzt freimütig bei einem Pressegespräch zugab. So mancher im Orchester wünscht sich die Chef-Programme populärer, würde gerne mit ihm mehr Beethoven und Brahms, Mahler und Bruckner machen.“

    in diesem Tagesspiegel-Artikel.

  • Manuel Brug in der Welt ist offensichtlich sehr zufrieden mit der bisherigen Leistung Petrenkos in Berlin:

    Kirill Petrenko zum Saisonauftakt der Berliner Philharmoniker: „Ich will noch mehr Einmaligkeit“ - WELT
    Kirill Petrenko ist ein Selbstzweifler, einer, der selten von Herzen zufrieden ist. Dabei könnte er es sein mit dem, was er als Chefdirigent bisher mit seinen…
    www.welt.de

    Gruß Benno

    Überzeugung ist der Glaube, in irgend einem Puncte der Erkenntniss im Besitze der unbedingten Wahrheit zu sein. Dieser Glaube setzt also voraus, dass es unbedingte Wahrheiten gebe; ebenfalls, dass jene vollkommenen Methoden gefunden seien, um zu ihnen zu gelangen; endlich, dass jeder, der Überzeugungen habe, sich dieser vollkommenen Methoden bediene. Alle drei Aufstellungen beweisen sofort, dass der Mensch der Überzeugungen nicht der Mensch des wissenschaftlichen Denkens ist (Nietzsche)

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