KÁLMÁN: Die Csárdásfürstin – Kommentierte Diskografie

  • NAXOS 2005, aufgenommen 2002 (die Bonus-Nummern 2003)

    Daß Richard Bonynge ein wunderbares Dirigierhändchen für die Operette hat, ist eine längst bekannte Tatsache, welche durch diese Aufnahme mit dem Slowakischen Radio-Symphonieorchester großartig bestätigt wird. Bonynge weiß nämlich sehr genau, daß Temperament und Schnelligkeit nicht kongruent sein müssen, nimmt eher getragene, ausschwingende Tempi, die er mit lebhafteren Momenten gekonnt kontrastiert. Natürlich schwelgt er dabei in Rubato-Effekten, genau wie es sich für die Kálmánsche Musik gehört.

    Leider, leider liegt auch hier wieder einmal nur eine Kurzfassung vor, die von einem bloßen Querschnitt nicht weit entfernt ist, und es tröstet wenig, daß einige Orchesternummern aus anderen Operetten als Bonus beigegeben sind. Denn mit Yvonne Kenny hatte man eine Sylva Varescu zur Verfügung, die als ideale Interpretin der Titelrolle anzusprechen ist. Die Australierin ist bei uns viel zu wenig bekannt. Ihre dunkel timbrierte Stimme verfügt über Wärme und Sinnlichkeit, ihr voller Klang steht dem der großen Operettendiven des vorigen Jahrhunderts nicht nach. Die Sylva ist ihr wie auf den Leib und die Stimmbänder geschrieben.
    Michael Roider als Edwin (bekannt auch aus Mörbisch) paßt gut zu ihr, vermittelt glaubhaft sowohl den Verliebten wie den Aristokraten, ohne als Weichei zu wirken. Heinz Holecek als alter Fürst ist natürlich auch eine gelungene Besetzung, obwohl er hier nicht alle Register zieht und einige Abnützungserscheinungen erkennen läßt (was aber im Grund dem Leopold Maria ja angemessen ist).
    Marko Kathol und Mojca Erdmann verkörpern das Buffopaar Boni und Stasi. Kathol, den ich auch von der Bühne her kenne, ist an sich ein guter und sympathischer Sänger, der aber vom Typ her eher einen guten Edwin abgäbe. Für die Komik fehlt ihm und seiner Partnerin ein bißchen die Lockerheit. Auch der Feri Karl-Michael Ebners könnte mehr Temperament vertragen, aber schlecht sind alle drei nicht, nur halt etwas steif für meine wienerisch-ungarischen Ansprüche.

    Den obigen und sonstigen Empfehlungen für die Edition kann ich mich aber nur anschließen. Kenny und Bonynge sind ein Glücksfall und hymnischer Begeisterung wert. Das Orchester geht munter und versiert mit. Roider ist auch über dem Durchschnitt. Schwach ist niemand (außer vielleicht die alte Fürstin, die aber hier nur ein paar belanglose Sätze aufzusagen hat). Operettenfreunde in aller Welt, greift zu und genießt!

    Liebe Grüße
    Waldi

    ______________________

    Homo sum, ergo inscius.

  • Meine Lieben,

    Bequemlichkeitshalber wärme ich einen alten Tamino-Beitrag auf:

    Die Moffo-Kollo-Einspielung (1971, eine deutsch-ungarische Koproduktion) gibt es als DVD auch in einer ungarischen Version, leider jedoch in ziemlich krepierten Farben - was man aber auf Grund des Gesamteindrucks bald vergißt. Die umwerfenden Kostüme kommen trotzdem zur Geltung.

    Bei dieser Variante ersprart man sich manche mangelhafte Synchronisiererei der cisleithanischen Fassung, denn es wird hauptsächlich ungarisch gesprochen und gesungen. Nur Moffo, Kollo und Koller singen englisch (was bei der Moffo und der Koller gerade noch angeht, aber bei Kollo nicht gut wirkt). Immerhin: Ein Lied singt die Moffo auch auf ungarisch und wie sie das macht - da kniest dich nieder! Ich bin sonst kein unbedingter Moffo-Fan, aber in diesem Moment konzediere ich ihr, ganz groß zu sein. Anfangs wirkt sie für die Sylva etwas zu alt, macht das aber mit ihrer Routine und ihrer Bühnenpräsenz bald wett. Ihr Edwin hat es dagegen schwer. René Kollo bemüht sich aufrichtig, aber mit diesem temperamentvollen Ensemble kommt er nicht ganz mit (daß er kein guter Walzertänzer ist, sehe ich ihm aus persönlichen Gründen bereitwillig nach :schaem: ).
    Sándor Németh hat zwar keine besondere, nur eine ordentliche Singstimme, aber als Tänzer und Schauspieler wirkt er hinreißend und beherrscht mühelos die Bühne. Trotzdem dominiert der hier aufgewertete föpincér (Oberkellner), verkörpert durch den legendären Zoltán Latinovits (1931-76), einen der besten Schauspieler, die Ungarn je hervorgebracht hat. Er zieht hier alle Register komödiantischen Könnens. Auch Dagmar Koller als Stasi agiert in Bestform ebenso wie die umwerfende Irén Psota als Fürstin, die ihr früheres Tingeltangeldasein noch blendend verkörpern kann. Köstlich übrigens die Schlußszene, wenn die nunmehrige junge Fürstin (Moffo) und die alte Fürstin (Psota) mit ihren Ehemännern im Orféum den neuen weiblichen Bühnenstar beäugen, also das, was sie selbst waren. An dieser Konkurrenz (die den Männern sichtlich gefällt) wollen sie kein gutes Haar lassen. Die Alte sagt verächtlich "tingli" und die Junge ebenso blasiert "tangli" - da hat die sonst nicht in allem tiefschürfende Inszenierung witzigstes Niveau! Karl Schönböck ergänzt bestens als senil-liebenswürdiger Fürst Leopold Maria.

    Der Regisseur Miklós Szinetár bürgt für Schmiß und Schwung. Musikalisch läßt sich natürlich - teilweise - berechtigte Kritik an der Verschlagerung anbringen. Trotzdem lebt - wohlgemerkt: in der ungarischen Variante - die Operette aufs beste. Von Schwerfälligkeit ist nichts zu merken.

    Außerdem erspart man sich hier die sonst üblichen Kürzungen, die die Gesamthandlung sonst beeinträchtigen. Das Libretto ist nämlich wirklich gut und verliert in den Rumpf-Fassungen zu sehr.

    Liebe Grüße
    Waldi

    ______________________

    Homo sum, ergo inscius.

  • :wink: :wink: Lieber Waldi!

    Wo gibt es diese ungarische "Czardasfürstin"? :?: :?: :?: ,

    man kommt doch bestimmt gut mit, und die ungarische Sprache hat so etwas an sich,

    das merkt man an der CD mit Erszebet Házy, die ja auch in Wien die Sylva gesungen hatte, als das Raimundtheater noch Operettenbühne war,

    heute ist es eine sog. Musicalbühne mit miesen Musicals. :hide: :hide:

    Liebe Grüße sendet Dir Peter.

  • Lieber Peter,

    Möglicherweise bekommt man sie noch in Budapest. Bei meinen normalen "Quellen" ist sie schon lange nicht mehr aufgetaucht, aber die sind in dieser Beziehung auch nicht erste Wahl. Ich halte die Augen stets offen und werde im Fall des Falles natürlich an Dich denken. Im Moment tut sich aber auf unserem Sektor generell nicht viel. Manchmal tauchen aber unerwartet einzelne Restexemplare auf.

    Liebe Grüße und nicht zuviel Lernfrust wünscht Dir herzlichst

    Waldi (habe auch eine Prüfungswoche, was mir ebenso lästig ist wie den Prüflingen)

    ______________________

    Homo sum, ergo inscius.

  • Lieber Waldi!

    Herzlichen Dank das wäre sehr nett, :juhu: :juhu:

    habe noch dei Prüfungen vor mir, aber das sind für mich nicht so tragische Themen.

    Liebe Grüße sendet Dir Peter. :wink: :wink: :wink:

  • Bestimmt ist die ungarische Czardasfürstin wundervoll!


    Meine schon :D


    Diese gefiederte hier aber auch - scheint 2005 in Szeged eine schmissige Produktion gewesen zu sein mit Rálik Szilvia und Gregor Joszef:


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    Sehr, sehr ungarisch wird es hier, da nicht ein Orchester, sondern eine Cigány-Kapelle begleitet:

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    Die gleiche Nummer hier hoch elegant mit DER ungarischen Diva Honthy Hanna:

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    Von Frau Moffos Qualitäten kann man sich hier ein Bild machen:

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    Cheers,

    Lavine :wink:

    “I think God, in creating man, somewhat overestimated his ability."
    Oscar Wilde

  • Großartig, lieber Général, daß Du auf diese Perlen hinweist! Die Szegeder Produktion von 2005 ist zwar schwungvoll, aber auch ein bißchen vulgär und fällt gegen die älteren Schwarzweiß-"Csárdásfürstinnen" trotz allem ab. Kálmán verlangt schon eine gewisse Eleganz. Hanna Honthy (1893-1978), Kamill Feleki (außerhalb Ungarns nannte er sich Camillo Feleky, 1908-1993) und Pál Homm (1907-1987) demonstrieren in der Version von 1963 das unüberbietbar hohe Niveau ungarischer Operettenkunst von einst; musikalisch ist dasselbe Trio in der älteren Fassung aber noch besser - das extreme Rubato, welches da zu hören ist, entspricht übrigens ziemlich der CD-Version von 1968, in der ja auch Feleki als Oberkellner Miska fungiert. Meine Güte, von solcher Perfektion kann man heute nur träumen - obwohl, naja, irgendwie muß man schon anerkennen, daß in der jetzigen Generation in Ungarn man sich hier und da bemüht, diese glanzvolle Tradition weiterzuführen, und das nicht immer erfolglos!

    Liebe Grüße
    Waldi

    ______________________

    Homo sum, ergo inscius.

  • Ich stehe jetzt vor einer ähnlichen Situation wie Mozartinaa seinerzeit und habe mir daher diesen Thread mal genauer angesehen. Die Aufnahme unter Mattes kommt nach den youtube-Ausschnitten, die ich finden konnte, nicht in Frage - da schüttelt es mich! "Distinguiert-unterkühlt" oder "zu lahm", lieber Waldi, sind da ja schon die reinsten Euphemismen. Das ist Operette, wie ich sie als Teenie im Fernsehen kennen- und von Herzen hassen gelernt habe!

    Die ungarische Aufnahme ist von 1968 - da wäre die Honthy schon 75 gewesen. Wenn sie da so klingt, wie auf dem vom General eingestellten youtube-Video, wäre das auch nicht das richtige - was nicht heißt, daß die drei älteren Herrschaften in dem Video nicht großartig sind! Aber das wäre dann ein add-on.

    Es wird also wohl auch bei mir die Bonynge-Aufnahme werden, die immerhin wirklich günstig zu haben ist. Ich glaube, die Csárdásfürstin ist von der Zahl der deutschsprachigen Produktionen derzeit die beliebteste Operette überhaupt (ich glaube, daß hat an anderer Stelle hier mal jemand aufgezeigt) - seltsam, daß es nicht eine "echte" Gesamtaufnahme gibt!

    Was die Ungarn angeht: neben der von Carsten genannten Szegediner (oder muß es heißen: Szegeder?) Produktion findet sich bei youtube auch eine Budapester Csárdáskirálynő aus dem Jahr 2009 - und da fliegen mir wirklich die Ohren weg! Die Sänger sind durchweg ordentlich, ohne überragend zu sein, sind aber alle komplette Darsteller für so ein Stück: als Einheit aus Sänger, Tänzer und Schauspieler perfekt! (Ohne die Inszenierung beurteilen zu wollen, die mir eher ein wenig oberflächlich zu sein scheint). Überragend aber was da an Präzision und vor allem: perfektem timing aus dem Orchester kommt!

    Beispiel gefällig: "

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    ". Mein eingebauter Bio-MP3-Player spielt das zur Zeit so häufig, daß sich bei mir schon der ungarische Text (nur die erste Zeile allerdings) festgesetzt hat. Kann mir mal freundlicherweise einer von den Hungarophonen hier "Húzzad csak kivilágos virradatig" wörtlich übersetzen, kérés?

    Kennt sonst noch einer Alternativen?

    Bernd

    Fluctuat nec mergitur

  • Nachtrag:

    Erkenne ich hinter "DVD-n keresd az OPERETTSHOPban!" so was wie: "DVD erhältlich im Operettenshop"? Wo wäre das dann? Darf ich die Halb- oder Ganz-Ungarn nochmal fragen?

    (Höre mich gerade weiter durch die youtube-Ausschnitte: Der Herr Peller Károly als Boni ist wirklich klasse!)

    Bernd

    Fluctuat nec mergitur

  • Lieber Bernd,

    "Huzzad..." heißt "Spiel [,Zigeuner] bis die Sonne aufgeht" = "Nimm, Zigeuner, deine Geige.....Jaj mamám, Bruderherz..."

    Mit Operettshop ist offenbar das "Budapesti Operettszínház-Shop" gemeint.

    Liebe Grüße
    Waldi

    ______________________

    Homo sum, ergo inscius.

  • Lieber Waldi,

    vielen Dank für die Übersetzung - noch ein paar Tage, und ich hab' das fest einprogrammiert :D

    Den Shop des Budapester Operettentheaters hatte ich inzwischen auch gefunden; ist nur auf der ungarischsprachigen Seite zu sehen, die Preise sind (was Wunder) in Forint - und die Csárdáskirálynő ist auch gar nicht dabei...

    Viele Grüße,

    Bernd

    Fluctuat nec mergitur

  • Was die Ungarn angeht: neben der von Carsten genannten Szegediner (oder muß es heißen: Szegeder?) Produktion findet sich bei youtube auch eine Budapester Csárdáskirálynő aus dem Jahr 2009 - und da fliegen mir wirklich die Ohren weg! Die Sänger sind durchweg ordentlich, ohne überragend zu sein, sind aber alle komplette Darsteller für so ein Stück: als Einheit aus Sänger, Tänzer und Schauspieler perfekt! (Ohne die Inszenierung beurteilen zu wollen, die mir eher ein wenig oberflächlich zu sein scheint). Überragend aber was da an Präzision und vor allem: perfektem timing aus dem Orchester kommt!

    Diese DVD, von der ich leider keinen Cover bieten kann, habe ich inzwischen in Sopron aufgetrieben - sie hinterläßt bei mir unterschiedliche Gefühle, hat ihre Schwächen, aber auch ihre Meriten. Für die Regie zeichnet offenbar ein Team verantwortlich, das sich hinter der Registered Trade Mark "KERO" verbirgt. Man spielt eine etwas modernisierte Version, die textlich nicht immer so gut ins Ohr geht wie die alte Übersetzung. Die Inszenierung bemüht sich, traditionelle Elemente mit einer gewissen Vertiefung und Problematisierung zu vereinen: Ein löbliches Vorhaben, bei dem aber die verschiedenen Elemente - Operette wie gehabt, Revuehaftes, Hintergründiges usw. - vor allem im ersten Akt nicht so verschmelzen, wie das notwendig wäre. Anfangs wird zuviel gewollt, und das Ergebnis befriedigt überhaupt nicht. Ab dem zweiten Akt wird die Regie zahmer, auch konventioneller, und auch wirklich besser. Die schwächeren Mitwirkenden blühen auf, und man beginnt, die Aufführung zu genießen. Zum Schluß hat's einem ganz gut gefallen.
    Der Dirigent, László Makláry, leitet das Orchester des Budapesti Operettszínház recht präzis, aber vor allem anfangs viel zu derb und alle Feinheiten erstickend. Das klingt wie Schlagermusik auf technisch gutem Niveau. Nachher nimmt er das Tempo etwas zurück, was sich sehr positiv auswirkt. Eine wirklich kálmángerechte Interpretation wird es aber trotzdem nicht, mehr beachtliches Provinzniveau. darunter leiden wohl auch die Sänger. Monika Fischl verkörpert die Titelrolle sehr engagiert. Die Arme muß im ersten Akt überflüssigerweise viel und schnell marschieren. Sie erinnert im Typ ein wenig an Katalin Pitti, ohne in punkto Stimme und Spiel auch nur entfernt an diese heranzureichen. Mit ein wenig Milde möchte ich ihre Leistung als brav und ordentlich charakterisieren. Ihr Edwin, Dániel Vadász, wirkt gegen sie recht steif und blaß, wird erst im zweiten Akt lockerer, aber überzeugt insgesamt nur mäßig. Eine Ausnahme bilden nur die Küsse. In dieser Inszenierung müssen sich Edwin und seine Liebste sehr häufig leidenschaftlich küssen. Fischl und Vadász tun das so intensiv, daß zuerst meine Frau und dann auch ich, der ich da nicht so sensorisch veranlagt bin, aufmerksam wurde. Da muß wohl mehr dahinter sein, mutmaßte meine bessere Hälfte. Nachforschung hinterher bestätigte den Verdacht: Die zwei sind verheiratet und haben eine kleine Tochter. Das macht die Bühnenleistung gleich um eine Stufe sympathischer. Opa Waldi hat es gern, wenn die junge Liebe so schön funktioniert.
    Károly Peller, den ich auch schon hierzulande auf der Bühne erlebt habe, gibt den Boni. Er spielt sehr gut, tanzt vorzüglich und singt nicht schlecht, macht Effekt, verströmt aber zuviel Bubihaftes. Der Boni verfügt aber auch über ernsthaftere Züge, die kommen mir ein bißchen zu kurz. Seine Stasi, Szilvi Szendy, singt durchschnittlich, tanzt aber großartig. András Faragó als Oberkellner Miska bzw. Butler Alfonz bietet gekonnt-routiniertes Klischee. Mehr erlaubte ihm die Regie wohl nicht. Péter Marik als Fürst Leopold Maria fällt in etwa in dieselbe Kategorie. Tamás Földés spielt den Feri Bácsi zwar ausgezeichnet, kann dem Part aber stimmlich nicht gerecht werden. Und dann: Bori Kállay als Fürstin Anhilte. Wenn sie die Bühne betritt, hat die Aufführung plötzlich großes Niveau. Spiel und Gesang sind ein Genuß!

    Als Extra bietet die DVD Aussschnitte einer Aufführung mit teilweise Alternativbesetzung. Ich weiß nicht wer dirigiert, aber es hört sich besser an, und die Alternativen sind höchst erfreulich. Anita Lukács stellt Monika Fischl gesanglich glatt in den Schatten, auch der Edwin ist viel glaubhafter und stimmlich gut passend. Der Boni (dessen Namen ich jetzt nicht parat habe) verströmt zwar nicht ganz das mitreißende Temperament Pellers, wird der Rolle aber insgesamt ausgezeichnet gerecht und vergißt nicht auf Bonis seriösere Seite. Im Typ gemahnt er mich an fast an Sándor Németh. Die Stasi, Barbara Bódi (ist die am Ende eine Verwandte meiner Frau?????) tanzt gut, aber nicht so toll wie Szendy, sieht jedoch entzückend aus, spielt goldrichtig und singt sehr gut. Hinterher wünscht man sich, man hätte die ganze Aufführung mit dieser Zweitbesetzung zur Verfügung!

    Die Tonqualität schwankt ein wenig, was bei einer Live-Aufführung ja auch schwer vermeidbar ist. Den Preis (nicht ganz 5000 Forint, d.h. ca. 16 Euro) ist die Sache wert.

    Liebe Grüße
    Waldi

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    Homo sum, ergo inscius.

  • Beim Hamburger Archiv für Gesangskunst gibt es eine, für mich, neue - alte "Czardasfürstin" aus dem Jahr 1951.

    Hier ist die Sylva Varescu - Liesl Andergast [es gibt auch eine legendäre Fledermaus Rosalinde mit ihr] die eine etwas zu ins Mezzo gehende Stimme hat, aber temperamentvoll ist. Der Edwin ist Franz Borsos [er sang recht viel Radio Operetten], Hedy Fassler ist die Komtesse Stasi, mit noch mehr Temperament als Liesl Andergast, Erich Dörner als veritabler Ferry von Kerekes auch Ferry Bacsi genannt, Kurt Preger [der an der Volksoper die Buffo Partien recht gut sang] ist der Graf Boni Kancsiano. Den Leopold Maria spricht Wilhelm Schmidt und Poldi Wilczek ist die Anhilte, Franz Emmerich ist der Notar Kiss u.a.

    Es spielt das Große Orchester der RAVAG unter Max Schönherr.

    Nun was soll ich dazu sagen, die Aufnahme ist etwas "trocken" eingespielt, aber das hat auch seine Vorzüge - nur eines Ungarisch war bei denen keiner, außer auf den Besetzungszettelnamen - die Sprecher und Sänger bemühen sich einen ungarischen Flair reinzubringen, aber es nutzt nichts - es bleibt alles alles Weanerisch.

    Liesl Andergast tut sich mit den Spitzentönen etwas schwer und transponiert gewaltig nach unten, und Hedy Fassler die habe ich noch gekannt als sie an der Volksoper Keinstpartien sang und spielte - aber sie war ganz reizend und so gar nicht eingebildet.

    :wink:

  • Die alte Eurodisc-Aufnahme von 1967 brachte SONY 2014 als Highlight-CD heraus.
    Natürlich hätte man lieber die ganze Operette, denn Robert Stolz und die Berliner Symphoniker musizieren exzellent, elegant, schwungvoll, allerdings auch gleichzeitig gepflegt und distinguiert. Margit Schramm in der Titelrolle ist ganz Dame und kein Temperamentbündel. Rudolf Schock kaschiert ganz gut, daß er nicht mehr der jüngste Edwin ist bzw. war. Dorothea Chryst und Ferry Gruber als Stasi und Boni sind ebenfalls ausgezeichnet. Als zahme und salonfähige Version hat das Ganze Spitzenqualität.
    Was allerdings mangelt, sind der Tiefgang und der scharfe Pfeffer. Die Probleme sind allenfalls Problemchen untergeordneter Art und Teufelsweiberhaftes bleibt draußen vor der Tür. Hier vergnügt sich eine blendend disponierte und ziemlich untadelige Ringstraßengesellschaft. Temperament, zerrissene Herzen, dräuender Hintergrund und dergleichen sind ersetzt durch "Fledermaus"-Laune und soignierte Tenue. Trotzdem kann man das Ergebnis bestens empfehlen; als Auszugfassung wirkt sie freilich besonders stückhaft.

    ______________________

    Homo sum, ergo inscius.

  • Die alte Eurodisc-Aufnahme von 1967 brachte SONY 2014 als Highlight-CD heraus.


    Irgendwo in meinen verschlungenen Gehirnwindungen hatte ich noch abgespeichert, daß ich diese Aufnahme haben sollte - und tatsächlich:

    [Blockierte Grafik: http://ecx.images-amazon.com/images/I/51Tvuk0XFaL._SX300_.jpg]

    Freilich die ältere Ausgabe davon.

    Aber eine Frage hätte ich doch, lieber Waldi: kann es sein, daß dieses Querschnitt-Album gar kein Auszug aus einer kompletten Operetteneinspielung ist, sondern an sich eine Art Recital darstellt? Denn beim Recherchieren habe ich keine LP-Ausgabe gefunden, die die Operette komplett enthält.


    jd :wink:

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

  • Nein, lieber jd, ich habe auch keine gefunden. Der leider verstorbene Harald Kral hätte da sicher Auskunft geben können. Eurodisc hat meines Wissens nicht von allen Operetten, die unlängst als Highlightversionen neu aufgelegt wurden, Gesamteinspielungen hergestellt, aber gerade bei dem Team Schramm-Schock-Gruber-Chryst habe ich doch eine leise Hoffnung, daß da einmal was existierte (die haben zusammen mit Stolz ja auch beispielsweise die "Lustige Witwe" gesamt gemacht). Andererseits hat die "Csárdásfürstin" erst in jüngerer Zeit wieder an Popularität zugelegt. Nun, es gibt ja im Forum noch andere, weit bessere Operettenkenner als mich, die da vielleicht informiert sind.

    Liebe Grüße
    Waldi

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    Homo sum, ergo inscius.

  • Hallo Waldi, hallo JD, ob oben gezeigter Ø (den ich auch besitze) auch mal als Gesamtaufnahme gab kann ich leider auch nicht sagen, aber es gab eine Serie bei Eurodisc die nur als Ø produziert wurden , diese nämlich .....
    [Blockierte Grafik: http://ecx.images-amazon.com/images/I/61GjyRh5wdL._SY350_.jpg]

    wie man sieht sind da sogar bei einigen 2 Operetten drauf !

    LG palestrina

    „ Die einzige Instanz, die ich für mich gelten lasse, ist das Urteil meiner Ohren. "
    Oolong

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