Der umfassende Barockopern-Ranking-Thread

  • Hallo, Ihr Lieben,

    Ausgezeichnet! Wir haben bisher, neben Plauderei und Begriffsverwirrung, acht Listen (plus eine, lieber Amfortas09, die mir bzgl. der Auswertung Kopfzerbrechen bereitet) ... da würde ich mittelfristig eine zugegebenermaßen sinnfreie aber vielleicht interessante Auswertung machen.
    Hoffentlich gesellen sich noch ein paar Listen dazu, das Wochenende kommt ja erst :k: .

    Herzliche Grüße,
    Amaryllis, die jetzt ins 20. Jh. wechselt, um sich eine Elektra live reinzuziehen :wink:

  • Zur Zeit meine Favoriten:

    01. Monteverdi - L'Orfeo
    02. Monteverdi - Poppea
    03. Monteverdi - Ulisse
    04. Cavalli - Giasone
    05. da Gagliano - La Dafne
    06. Rameau - Hippolyte et Aricie
    07. Händel - Admeto
    08. Rameau - Boréades
    09. Händel - Giulio Cesare
    10. Peri - L'Euridice


    jd :wink:

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd


  • Das Barock ist eben ein laaaaaaaaaaaaaanges Zeitalter. Übrigens ist der musikalische Stil von Dufay auch sehr anders als der Palestrinas. Dennoch: beide gehören zur Musik der Renaissance.

    Barock wird ja unterteilt in drei Epochen (Früh~, Hoch~, Spät~) und dazu kommen noch die besonders ausgeprägten regionalen Unterschiede (Italien, Frankreich, Deutschland, England) udn freilich inddividuelle Kompositionsstile gab's auch schon, es gibt also erhebliche unterschiede im Stil verschiedener Barockkomponisten.

    Also für mein Stilgefühl gehören ja sogar der frühe (Orfeo) und späte Monteverdi (Ulisse, Poppea) nicht unbedingt zur selben Epoche... :P Man kann, wenn man außermusikalische Maßstäbe ansetzt, m.E. schon dafür plädieren, Dinge wie den "Orfeo" oder die "Euridice" als (verhältnismäßig späte erste) Renaissanceopern zu betrachten, weil da in Florenz die "Wiedergeburtsidee" und die Nachahmung der Antike schon eine wichtige Rolle spielt. Aber wenn dann in Venedig die Opernhäuser aus dem Boden schießen wie die Champignons nach einem warmen Regen und das Spektakel quasi institutionalisiert wird, sind wir von den Produktionsbedingungen her schon im Barock. An der Musik selbst kann man es weniger gut festmachen, da wird man doch die gesamte seconda prattica und erst recht affektgeladenes Zeug wie den stile concitato ins Frühbarock verorten müssen.

    Von mir mal die ersten fünf Plätze, die zweiten fünf brauchen etwas mehr Consideration:

    1. Monteverdi, Il ritorno d'Ulisse in patria
    2. Fux, Orfeo ed Euridice
    3. Lully, Bellérophon
    4. Vivaldi, Orlando furioso
    5. Purcell, Dido and Aeneas

    Liebe Grüße,
    Areios

    "Wenn [...] mehrere abweichende Forschungsmeinungen angegeben werden, müssen Sie Stellung nehmen, warum Sie A und nicht B folgen („Reichlich spekulativ die Behauptung von Mumpitz, Dinosaurier im alten Rom, S. 11, dass der Brand Roms 64 n. Chr. durch den hyperventilierenden Hausdrachen des Kaisers ausgelöst worden sei. Dieser war – wie der Grabstein AE 2024,234 zeigt – schon im Jahr zuvor verschieden.“)."
    Andreas Hartmann, Tutorium Quercopolitanum, S. 163.

  • Was ist mit den weltlichen Kantaten des Herrn JS Bach? Denn möglicherweise hat ein Zeitgenosse Bachs nicht Unrecht, wenn er meinte, die weltlichen Kantaten Bachs seien im Grunde verkappte Opern mit Arien und Rezitativen. Unterstellt man mithin den weltlichen Kantaten des Großmeisters ein dramatischen Potential in einem rhetorischen, opernmäßigen Stil (wobei ich die geistlichen Kantaten hiervon eigentlich nicht ausnehmen wollte, aber das würde in einem Rankingthread vielleicht zu weit führen) so läge die Nähe zum Typus einer Barockoper nicht allzu fern.

    Deshalb:

    BWV 201 ("Geschwinde, ..."),

    BWV 208 ("Was mir behagt ..."),

    BWV211 ("Schweiget stille ...").

  • Was ist mit den weltlichen Kantaten des Herrn JS Bach?


    Na, von mir aus; da Du einst einen Thread namens Johann Sebastian Bach als Opernkomponist im Forum Barockoper untergebracht hast, geht es mit den Regeln zu diesem Ranking einigermaßen konform.

    Aber bitte nehmt jetzt nicht auch noch Händels englische Oratorien dazu (die hier bei Vokalmusik eingeordnet sind), das würde die Listen einiger Händelliebhaber sicher total über den Haufen werfen... Müssen wir irgendwann mal extra machen, gell ;+) .

  • Es gibt halt Leute, die nennen im Sinfonienthread die sinfonia aus dem Weihnachtsoratorium, im Kunstlieder-Thread Schemellis Gesangbuch, im Streichquartett-Thread die Kunst der Fuge und im Klaviersonatenthread auch irgendwas von Bach, was zwar mit späteren Klaviersonaten nicht viel zu tun hat, aber ein Thread ohne JS Bach geht eben gar nicht, da muss man eben so lange ziehen, schieben, drehen und wenden, bis es doch geht...

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • schließlich ist dieses Thema ja auch als umfassendes (d.h., jedenfalls aus meiner Sicht, als ausführliches, vielfältiges, erschöpfendes) Unternehmen angelegt, :yes: .


    Ja, richtig, das kam so: Eigentlich hatte ich an ein Händelopern-Ranking gedacht, nachdem es vor kurzem allerhand Beiträge bei Händel: Welche Opern „muss“ man haben? gab. Dann dachte ich aber, dass dabei nicht genug kritische Masse zusammenkommen würde und habe beschlossen, einfach alles, was wir hier bei Capriccio ins Barockopernforum stecken würden, zu erlauben – so dass sich nicht nur die Händelfans unter den Capricciosi angesprochen fühlen!

    :wink: Amaryllis

  • aber ein Thread ohne JS Bach geht eben gar nicht, da muss man eben so lange ziehen, schieben, drehen und wenden, bis es doch geht...

    :mlol:

    Deine Bemerkung empfinde ich als wirklich witzig; danke schön, dass Du mir zum Abschluss dieses in mehrfacher Hinsicht trüben Tages einen spontanen Lacher vermittelst.

  • Also für mein Stilgefühl gehören ja sogar der frühe (Orfeo) und späte Monteverdi (Ulisse, Poppea) nicht unbedingt zur selben Epoche... Man kann, wenn man außermusikalische Maßstäbe ansetzt, m.E. schon dafür plädieren, Dinge wie den "Orfeo" oder die "Euridice" als (verhältnismäßig späte erste) Renaissanceopern zu betrachten, weil da in Florenz die "Wiedergeburtsidee" und die Nachahmung der Antike schon eine wichtige Rolle spielt.


    Ja, das kann man durchaus vertreten. Ich würde doch dann aber dafür plädieren, dass Orfeo bereits im barocken Stil komponiert ist. Gibt es etwas mehr typisches für das Frühbarock als Ariannas lamento? Und dieses Stück stammt ja aus dem Schwesterwerk der Orfeo, und komponiert eigentlich im selben Stil. Ist nicht viel anders, als Orfeos Gesang für Caronte...

    LG
    Tamás
    :wink:

    "Vor dem Essen, nach dem Essen,

    Biber hören nicht vergessen!"


    Fugato

  • Denn möglicherweise hat ein Zeitgenosse Bachs nicht Unrecht, wenn er meinte, die weltlichen Kantaten Bachs seien im Grunde verkappte Opern mit Arien und Rezitativen. Unterstellt man mithin den weltlichen Kantaten des Großmeisters ein dramatischen Potential in einem rhetorischen, opernmäßigen Stil (wobei ich die geistlichen Kantaten hiervon eigentlich nicht ausnehmen wollte, aber das würde in einem Rankingthread vielleicht zu weit führen) so läge die Nähe zum Typus einer Barockoper nicht allzu fern.


    Welcher Zeitgenosse denn?

    Ähnliche weltliche kantaten wurden in Italien zu tausenden komponiert,, und die sind auch keine opern. Es gibt sogar manche - z.B. Händels Aci, Galatea e Polifemo, die sind recht lang - und doch: KEINE Opern.

    Dass es Bach-Liebhabern so schwerfällt zu akzeptieren, dass Bach keine Oper komponiert hat, ist ganz lächerlich... die Passionen als "verkappte Opern", die weltlichen Kantaten als "verkappte Opern"... ja und meine 50 m2 Wohnung im dem vierten Stock eines Wohnbaus ist ein "verkappter Palast"... :P

    LG
    Tamás
    :wink:

    "Vor dem Essen, nach dem Essen,

    Biber hören nicht vergessen!"


    Fugato

  • . ja und meine 50 m2 Wohnung im dem vierten Stock eines Wohnbaus ist ein "verkappter Palast"... :P

    das ist schön.

    Dass es Bach-Liebhabern so schwerfällt zu akzeptieren, dass Bach keine Oper komponiert hat, ist ganz lächerlich... die Passionen als "verkappte Opern", die weltlichen Kantaten als "verkappte Opern"... ... :P

    diese Haltung von Bach-Mucken-Liebhabern ist doch durchaus nachvollziehbar. :thumbup:
    Kein anderer als Wagner bestimmte seinen Tristan nicht als Oper, sondern Handlung und seinen Parsifal als Bühnenweihfestspiel, und letzterer hat durchaus auch oratorienhafte/passionsartige Elemente/Züge.
    Die Grenzen zwischen den Mucken-Gattungen sind also fließend, so dass es also mehr als legitim ist, manche fetzigen Bach-Mucken auch der Barockoper zuzurechnen. :yes: :yes: :yes:
    JP und die MP wurden/werden sogar des öfteren szenisch aufgeführt.

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • die Passionen als "verkappte Opern", die weltlichen Kantaten als "verkappte Opern"... ja und meine 50 m2 Wohnung im dem vierten Stock eines Wohnbaus ist ein "verkappter Palast"... :P


    My home is my castle! <---> My Bach is my opera composer!

    Um es allen recht zu machen (was wahrscheinlich ohnehin nicht möglich ist): ich werde zwei Auswertungen anfertigen, einmal mit den und einmal ohne die Opern von J. S. Bach :-PPP .

  • meine 50 m2 Wohnung im dem vierten Stock eines Wohnbaus ist ein "verkappter Palast"...

    Das liegt aber daran, dass auf diesen 50 m2 gefühlt 1.389 Aufnahmen der Rosenkranzsonaten auf wundersame Weise untergebracht sind - nebst anderen Einspielungen anderer Gipfelwerke der Musikgeschichte - wogegen sich selbst eine fünfmal so große Wohnung als äußerst armselig ausnehmen würde, wenn darin kein Biber zur Verfügung stünde ... :spock:

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Um es allen recht zu machen (was wahrscheinlich ohnehin nicht möglich ist): ich werde zwei Auswertungen anfertigen, einmal mit und einmal ohne die Opern von J. S. Bach


    Nein, das brauchst du nicht. Ist mir schon recht. Nur verstehe ich eben sowas nicht und wollte mal eine Bemerkung dazu machen.

    Ich habe übrigens keine Liste, weil ich einfach zu wenig Barockopern kenne, und es für mich keinen Sinn hat jetzt etwa alle 10 die ich kenne aufzulisten nur um eine zehnerliste zusammenzukriegen. :D

    LG
    Tamás
    :wink:

    "Vor dem Essen, nach dem Essen,

    Biber hören nicht vergessen!"


    Fugato

  • Die Grenzen zwischen den Mucken-Gattungen sind also fließend, so dass es also mehr als legitim ist, manche fetzigen Bach-Mucken auch der Barockoper zuzurechnen. :yes: :yes: :yes:
    JP und die MP wurden/werden sogar des öfteren szenisch aufgeführt.


    Na und? Es gibt auch Choreographien auf Symphonien, Konzerte und Sonaten von Beethoven, z.B. von Maurice Béjart auf die 9. Symphonie. Trotzdem wäre es, zurückhaltend ausgedrückt, kurios, darauf begründet die Neunte in einem Ballett-Thread und Beethoven als prominenten Ballettkomponisten anzuführen. (Die "Musik zu einem Ritterballett" (WoO 1) ist ja nicht wirklich gängig. ;+) )

  • wogegen sich selbst eine fünfmal so große Wohnung als äußerst armselig ausnehmen würde, wenn darin kein Biber zur Verfügung stünde ... :spock:


    Kommt immer darauf an, wo sich die Wohnung befindet: im Hochwassergebiet darf man nicht zuviel Biber haben, sonst geht man baden... :D

    Ansonsten gilt: wo kein Biber, auch kein Bach... :angel:


    jd :wink:

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

  • Na und? Es gibt auch Choreographien auf Symphonien, Konzerte und Sonaten von Beethoven, z.B. von Maurice Béjart auf die 9. Symphonie.

    Ich glaub auch Mahlers 3. Ob das Ergebnis Mahlers Mucke angemessen ist oder daran abgleitet, ist eine ganz andere Frage.

    Trotzdem wäre es, zurückhaltend ausgedrückt, kurios, darauf begründet die Neunte in einem Ballett-Thread und Beethoven als prominenten Ballettkomponisten anzuführen. (Die "Musik zu einem Ritterballett" (WoO 1) ist ja nicht wirklich gängig. ;+) )

    Warum denn eigentlich nicht ? Würde z.B. einen Ballet-Mucken-Thread höchstlich aufwerten...

    „Ein Komponist, der weiß, was er will, will doch nur was er weiß...“ Helmut Lachenmann

  • Waaasss, Du hast die Möglichkeit, Andreas Scholl als Cesare zu sehen/hören und überlegst noch?? Ich würde keine Sekunde nachdenken ...

    Stimmt schon, stimmt schon. Werde ich demnächst entscheiden ... mit Tendenz zu einem Samstag-Termin.

    "Welche Büste soll ich aufs Klavier stellen: Beethoven oder Mozart?" "Beethoven, der war taub!" (Igor Fjodorowitsch Strawinsky)



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