Alfred Schnittke - Kammermusik
Obwohl ich eigentlich ein Faible für die sowjetrussische Musik des 20. Jahrhunderts habe - angefangen bei Stravinsky, Schostakowitsch und Prokofieff bis hin zu Kancheli, Eshpai und Weinberg, habe ich bis vor kurzem einen Bogen um die Musik von Alfred Schnittke gemacht. Die Stücke, die ich gehört hatte, sprachen mich nicht besonders an. Inzwischen ändert sich das zunehmend und ich stelle fest, dass ich anfangs wohl die falschen Stücke gehört habe. Jedenfalls beschäftige ich mich derzeit intensiver mit seiner Musik, vor allem seinen Symphonien und seinen Streichquartetten und entdecke viel Interessantes. Derzeit lese ich auch die Interviews, die der Komponist dem Cellisten und Musikwissenschaftler Ivashkin gegeben hat.
An Streichquartetten hat Schnittke 4 nummerierte komponiert sowie ein Canon in memoriam für Igor Stravinsky und kurz vor dem Tod Variations. Die Werke entstanden zwischen 1966 und 1997 und decken somit - bis auf die frühe Phase - alle Entwicklungsphasen dieses Komponisten ab. Das erste Quartett von 1966 ist dreisätzig und dauert weniger als 20 Minuten. Zu diesem Zeitpunkt hatte Schnittke seine von Schostakowitsch beeinflusste frühe Phase beendet und die Dodekaphonie der Wiener Schule und die neuen Errungenschaften der polnischen und ungarischen Avantgarde assimiliert. Herausgekommen ist ein Stück, das durchaus vergleichbar ist mit den Quartetten von Lutoslawski, Ligeti und Penderecki, die alle um die Zeit entstanden. Jedenfalls hat der 32-jährige Komponist IMO bereits ein sehr beachtliches Niveau erreicht und ich bin eigentlich davon überzeugt, dass dies Quartett wenn es zu der Zeit in Donaueschingen aufgeführt worden wäre, es den Komponisten im Westen bereits bekannt gemacht hätte. Das Quartett ist wie die der Vorgenannten nicht einfach zu hören, aber die Textur ist recht transparent und das macht zumindest mir dieses Stück zugänglich.
Die Quartette von Schnittke liegen mir seit heute in einer relativ neuen Einspielung durch das Quatuor Molinari vor. Dieses Quartett gilt als Canada's Antwort auf das Arditti Quartett und zumindest in meine Ohren spielt es auf einem vergleichbaren Niveau. Ein Reviewer erklärte diese Einspielung zur neuen Referenz. Ich besitze auch die Doppel-CD mit dem Kronos Quartett, musste aber vor kurzem feststellen, dass die erste CD doppelt vorliegt und die zweite somit fehlt. Sehr ärgerlich.