Beethoven: Klaviertrio Op.1/1, Es-Dur

  • Beethoven: Klaviertrio Op.1/1, Es-Dur

    Principium principiorum: diese sind die allerersten Werke, die Beethoven 1795 zur Publikation freigab! Beethovens Opus 1 besteht aus drei Klaviertrios, Es-Dur, G-Dur und c-Moll. Selbstverständlich sind diese bereits in Wien komponierten Werke (zwischen 1793 und 1795) keineswegs Beethovens erste Kompositionen, ja nicht einmal seine ersten Klaviertrios! Noch in Bonn schrieb er ein wunderschönes dreisätziges Trio, ebenfalls in Es-Dur, welches unter der Werkkatalognummer WoO38 geführt wird. Dennoch, gleich beim ersten Blick auf den Aufbau der drei op. 1 Trios fällt die wichtigste Neuerung Beethovens ins Auge: die Werke sind viersätzig. Obwohl bereits Mozart in seinen Klaviertrios vom Typus der begleiteten Klaviersonate abwich, folgt ihm Beethoven nicht nur in diesem Punkt, sondern er erweitert seine Trios auch um einen Tanzsatz. Es ist ganz offensichtlich, dass Beethoven damit der Gattung Klaviertrio ein ähnliches Gewicht zusprach wie dem Streichquartett. Ich halte es durchaus für wahrscheinlich, dass Beethoven in seinen ersten Wiener Jahren Haydn noch in dessen ureigenstem Kompetenzbereich aus dem Weg gehen wollte und sich das Klaviertrio wählte, um Furore zu machen. Und das ist gelungen! Alle drei Trios sind Meisterwerke reinsten Wassers und verdienen daher auch getrennte Threads. In diesem Thread wird vom ersten der Gruppe, dem Trio in Es-Dur, die Rede sein.
    Der erste Satz (Allegro) ist ein ausladender, meisterhaft konzipierter Satz, in der Art, wie wir sie auch aus Beethovens ersten publizierten Klaviersonaten Op. 2 kennen. Und was mich immer wieder erstaunt: der ganze Beethoven ist bereits da! Abschnittweise erinnern die Figurationen im Klavier, z.B. lang gehaltene Triller und schnelle Passagen ohne Dämpfer, an das 20 Jahre später geschriebene "Erzherzog"-Trio in B-Dur (Op. 97). Der zweite Satz (Adagio cantabile) ist einer jener wunderschönen Beethoven'schen Adagios, die sich nie abnutzen. Im Ausdruck und in seinen Dimensionen geht dieser Satz weit über das hinaus, was wir bei Mozart und Haydn in diesem Genre finden und man fühlt wieder jene Aura, die man sonst nur in den Streichquartetten Haydns und Mozarts (und natürlich Beethovens später komponierten Streichquartetten) hört. Ich sehe das als weiteren Hinweis dafür, dass Beethoven das Klaviertrio zu einer neuen Bedeutung führen wollte. Das Thema des dritten Satzes, des Scherzos, erinnert sehr stark an des Scherzo in Schuberts Es-Dur Trio Op. 100 (fast identische Tonfolge und dieselbe Rhythmisierung) und auch im weiteren Verlauf des Satzes fühlt man sich immer wieder an Schuberts geniales Op. 100 erinnert. Der vierte Satz hat zunächst einen etwas Divertimento-ähnlichen Charakter mit einem schalkhaften zweiten Thema und erinnert an Haydn, doch - wie könnte es anders sein - in der Durchführung kommt die Beethovensche Pranke zum Vorschein. Insgesamt ein perfekt proportionierter, spielfreudiger Satz.

    Mir liegen drei Einspielungen vor:

    Vom Florestan-Trio (9:25/6:47/4:39/7:12)
     

    Vom Beaux-Arts Trio (10:08/9:26/4:47/6:09)
     

    Und von Barenboim, Zukerman und du Pré (7:24/9:12/5:44/6:23)


    Die Spielzeiten sind etwas verwirrend, denn die Florestans spielen eindeutig am schnellsten aber beachten die Wiederholungen im ersten und vierten Satz. Prinzipiell liegt mir die Spielweise des Florestan-Trios am meisten, da sie nicht allzu viel romantische "Schwere" hineinbringen (wie Barenboim und Co.) aber trotzdem ordentlich anpacken. Als Wermutstropfen muss man aber leider ihren langsamen Satz sehen, welchen sie fast drei Minuten schneller spielen als das Beaux-Arts Trio und Barenboim/Zukerman/du Pré. Somit wird aus dem Adagio ein Andante, d.h. ein Satz mit ganz anderem Ausdruck. Meinem Gefühl nach gehört der Satz aber so langsam und ausdrucksvoll gespielt wie das Beaux Arts Trio das macht. Am besten beide Interpretationen kaufen, es handelt sich schließlich um ein Meisterwerk aus Beethovens Feder!

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Gestern gleich auch nochmal gehört. Wunderbar, danke für die Anregung.

    Schade, die Box ist inzwischen deutlich teurer als damals, da ich sie für so um die 5 Euro erworben habe.
    Das Seraphin-Trio ("http://www.seraphin-trio.de/index.html") hat leider nicht viele Veröffentlichungen vorgelegt. Für meine Begriffe eine uneitle, nichtsdestoweniger sehr gute Interpretation mit schönem Klang der Instrumente, stimmigen Temporelationen und einem gehörigen Schuss Spielfreude und Witz in den Sätzen 3 und 4.

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