Übersicht der deutschen Orchesterlandschaft

  • Da sind welche dabei, die habe ich vorher noch nie gehört oder gelesen. Viele davon lagen im Osten und wurden nach der Grenzöffnung aufgelöst. Ein Teil davon ging durch die bundesweite Presse, im Westen z.B. die Philharmonia Hungaria. Dazu eine Menge "Fusions-Orchester".

    Ich finde nicht, dass Deutschland damit schlecht liegt. Das mögen viele Leute anders sehen, aber wenn man die Karte so sieht, jammern wir noch auf hohem Niveau.

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Ich finde nicht, dass Deutschland damit schlecht liegt.

    Im internationalen Vergleich bestimmt nicht. Interessant fände ich hier Vergleiche. Vor Jahren habe ich mal irgendwo gelesen, daß z. B. ganz Italien nur insgesamt vier Sinfonieorchester mit festangestellten Musikern (also keine Ad-hoc-Projektorchester) hätte! Kann's eigentlich nicht glauben - vielleicht weiß da jemand Genaueres? (Wäre nicht beleidigt, wenn mir jemand glaubhaft versicherte, ich verbreitete hier Blödsinn.)

    :wink:

    PS: Muß mich wohl korrigieren, vgl. diese Übersicht: "https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_s…stras_in_Europe" und "https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_symphony_orchestras".

    Es grüßt Gurnemanz

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    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Da dürften aber auch viele Orchester dabei sein, die nicht (oder nicht nur) aus öffentlichen Geldern finanziert werden, wie sie die Karte mit deutschen Orchestern zeigt. Das Venice Baroque Orchestra zB dürfte als privat ins Leben gerufene Truppe auch eher privat getragen sein. Und das Orchestra Mozart ist tatsächlich ein projektweise zusammen gesuchter Verein. Generell sagen mir nur sechs der genannten Orchester etwas und das sind überwiegend Opernorchester, denen es seit Jahren schlecht geht. Während die italienische Regierung schaut, dass die Scala sich halten kann, wird an weniger prominenten Plätzen gestrichen. Ich war vor zwei Jahren in Neapel in der Oper, da gab es zu horrenden Preisen mittleres Mittelmaß.

    Also verglichen mit Italien stehen wir hier blühend da. Generell sagt man doch, dass Deutschland die mit Abstand höchste Orchesterdichte hat.

  • Ist aber kein Grund, gegen eine Verschlechterung der Orchesterlandschaft nicht zu protestieren. Ja, die andern sind schlechter dabei, aber hat man uns nicht in der Schule gesagt, wir dürfen uns nicht nach den Schlechteren orientieren?

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Ist aber kein Grund, gegen eine Verschlechterung der Orchesterlandschaft nicht zu protestieren.

    Völlig richtig: Wenn es anderen schlechter geht als mir, bedeutet das ja noch lang nicht, daß ich Grund hätte, mich zufrieden zurückzulehnen.

    Ein Beispiel aus meiner Region: Die bevorstehende Fusion der beiden SWR-Orchester in Freiburg/Baden-Baden und Stuttgart (-> Schock: Fusion der SWR-Orchester geplant!) ist und bleibt eine kulturelle Verarmung, die ich sehr bedaure!

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

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    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Jammern auf hohem Niveau - Aha. So kann man die aktuelle und sich immer weiter verschlimmernde Lage natürlich auch verharmlosen und bagatellisieren.

    Würde gerne mal wissen, ob das die von Fusion (also Stellenvernichtung) betroffenen Musiker genauso sehen. Ich habe da meine Zweifel.

    Interessant, dass solche Aussagen von Musikliebhabern kommen. Manchmal kann man sich wirklich nur noch wundern.

  • Jammern auf hohem Niveau - Aha. So kann man die aktuelle und sich immer weiter verschlimmernde Lage natürlich auch verharmlosen und bagatellisieren.

    Du hast doch genug Diskussionen zu dem Thema hier mitverfolgt um zu wissen, dass das ein komplexes Feld ist und jede Seite ihre Gründe hat. Solche Redeverbote gehen mir auf die Nerven.

    PS: Meistens gibt es übrigens keine Stellenvernichtung, sondern Einstellungsstopp. Darunter leidet dann meine Generation (die hier im Forum so gut wie nicht präsent ist). Und ich erlebe jeden Tag, wie die jungen Musiker mit neuen Ideen und schmalem Budget versuchen wieder auszubügeln, was Realitätsverweigerer vor ihnen mit ihrer "Augen zu"-Mentalität angerichtet haben.

  • Jammern auf hohem Niveau - Aha. So kann man die aktuelle und sich immer weiter verschlimmernde Lage natürlich auch verharmlosen und bagatellisieren.

    Ich habe es weder bagatellisiert noch verharmlost, sondern es völlig nüchtern gesehen. Nicht mehr und nicht weniger. Viele Orchester hatten regional mit Sicherheit eine große Bedeutung, und auch ich bin nicht glücklich darüber, dass der Etat von Städten, Ländern und dem Bund in Sachen Kultur immer mehr zusammengerafft wird, aber andere Ausgaben immer mehr zunehmen.


    Interessant, dass solche Aussagen von Musikliebhabern kommen. Manchmal kann man sich wirklich nur noch wundern.

    Warum? Weil ich selbst spiele und die Problematik bestens kenne? Nahezu alle Orchester, die aufgelöst wurden, haben nur Dank staatlicher Unterstützung bestanden, privat finanzierte Orchester gibt es in Deutschland kaum.

    Früher haben viele Firmen da Geld reingepumpt, doch das ist fast auf Null zurück gegangen, Dank der Globalisierung. Während der "Musikliebhaber" sich Aufnahmen von den führenden Orchester der Welt sich kauft, anstatt die Orchester der Region zu unterstützen? Leider sind die Preise für Konzerte auch nicht gerade preisgünstig, trotz großer Unterstützung durch die öffentliche Hand.

    Ich sehe keinen Mangel an Orchestern, ich sehe eher einen Mangel an Besuchern, da sich viele Menschen Konzerte nicht mehr leisten können. Auch stellt sich mir dabei immer wieder Frage nach dem "Zeitgemäßen" bei so vielen großen Orchestern. Die Säle dazu sind teuer in der Unterhaltung, die Orchester auch. Man kann solche Orchester also auch entsprechend wenig flexibel einsetzen, es sei denn, man splittet sie auf.

    Das Thema und die zusammenhänge sind weitaus komplexer, als dass man sich hier hinsetzen kann, und einfach darüber schreiben kann, ohne das ganze Gebilde anzuschauen.

    Es ist ein Kreislauf : Große Orchester - große Säle - hohe Ausgaben - hohe Eintrittspreise - nur bestimme Leute, die sich diese Konzerte noch leisten können. Die Hauptkluft liegen zwischen den Gagen der Musiker (die bis auf wenige Ausnahmen niedrig sind) und den Eintrittspreisen zu den Konzerten. Selbst für Laienorchester muss man inzwischen pro Karte mit 15 € rechnen, früher lag die Schmerzgrenze mal bei 10 DM !! Die Eintrittspreise haben sich also verdoppelt, die Gagen hingegen sind eher gefallen als gestiegen (das gilt sicher nicht für die die Großen ihrer Zunft).

    Schaue Dir an, was z.B. Konzerte für die sog. Pop-Stars kosten an Eintritt. Das ist doch Irrsinn. Das Meiste geht für Dinge drauf, die mit der Musik eher wenig zu tun haben, wie Management, Bühnentechnik, Personal, und natürlich dem "Star" selbst. Das steht einfach in keinem Verhältnis mehr. In der Klassik bekommen der Dirigent und der Gastsolist mehr als das ganze restliche Orchester, auch das passt nicht mehr ins Verhältnis.

    Ich wundere mich auch des Öfteren, wenn dann Vorwürfe an Leute gemacht werden, die sich der Problematik durchaus bewusst sind, aber die auch sagen, dass wir hier nicht an einem Mangel an guten Orchestern leiden müssen.

    Vielleicht solltet ihr selbst Musik machen, dann seht ihr noch mehr von dem Kontrast zwischen diesen Welten, bekommt aber auch ein gewisses Gefühl der Zufriedenheit,wenn man selbst vor Publikum gespielt hat, mal besser mal schlechter.

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Ich sehe keinen Mangel an Orchestern, ich sehe eher einen Mangel an Besuchern, da sich viele Menschen Konzerte nicht mehr leisten können.

    Die Besucherzahlen der Konzerte der öffentlich finanzierten Orchester in Deutschland lagen in der Saison 2000/2001 bei gut dreieinhalb Millionen, sie stiegen dann bis 2009 auf gut fünfeinhalb Millionen an, sanken in den folgenden Jahren auf rund 5200000, um in der Saision 2013/14 erstmals wieder zu steigen. Auch wenn die Zahlen methodisch mit ein paar Fragezeichen zu versehen sind, widerlegen sie doch eindeutig die Behauptung vom Publikumsschwund.

    Christian

  • Darunter leidet dann meine Generation (die hier im Forum so gut wie nicht präsent ist).


    Woher weißt Du denn, wieviele Leute im Forum welcher Generation angehören? Von ein paar Forianern ist mir das Alter (ungefähr oder sogar genauer) bekannt, von vielen nicht. Dein Alter ist mir beispielsweise unbekannt, ich könnte also nicht beurteilen, ob wir einer Generation angehören oder nicht.

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Dein Alter ist mir beispielsweise unbekannt

    hier schreibt El Duderino etwas von seinem Bachelor-Semester, da kann man Wahrscheinlichkeits-Rückschlüsse auf sein Alter ziehen.
    "https://www.capriccio-kulturforum.de/index.php?thre…1683#post231683"
    :)

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Auch wenn die Zahlen methodisch mit ein paar Fragezeichen zu versehen sind, widerlegen sie doch eindeutig die Behauptung vom Publikumsschwund.

    Das ist sicher Deutungssache. Mag sein, dass die Zahlen bei den öffentlichen Orchestern noch stimmen, wenn ich meine Erfahrungen INSGESAMT einbringe, sehe ICH sie nicht steigend sondern rückläufig.

    Ich könnte jetzt spitzfindig schreiben, dass natürlich die Zahlen steigen, da die Orchester woanders eingespart wurden, und die Leute so die anderen Konzerte mehr nutzen. Das würde dann bedeuten, dass die Schließungen der Orchester ihre Berechtigung hatten.

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Die Besucherzahlen der Konzerte der öffentlich finanzierten Orchester in Deutschland lagen in der Saison 2000/2001 bei gut dreieinhalb Millionen, sie stiegen dann bis 2009 auf gut fünfeinhalb Millionen an, sanken in den folgenden Jahren auf rund 5200000, um in der Saision 2013/14 erstmals wieder zu steigen. Auch wenn die Zahlen methodisch mit ein paar Fragezeichen zu versehen sind, widerlegen sie doch eindeutig die Behauptung vom Publikumsschwund.

    die Angaben scheinen auf dieser Statistik des MIZ zu beruhen:

    "http://www.miz.org/downloads/statistik/20/statistik20.pdf"

    danach erklärt sich der riesige Anstieg 2000 - 2009 dadurch, daß die Rundfunkorchester vor allem ab 2005 erstmalig berücksichtigt wurden. Einen Rückgang verzeichnet allerdings auch die bereinigte Fassung nicht, sondern alles in allem einen leichten Anstieg.

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Ich könnte jetzt spitzfindig schreiben, dass natürlich die Zahlen steigen, da die Orchester woanders eingespart wurden, und die Leute so die anderen Konzerte mehr nutzen. Das würde dann bedeuten, dass die Schließungen der Orchester ihre Berechtigung hatten.


    Das verstehe ich nicht. Wieso steigt die Gesamtzahl der Konzertbesucher, wenn ein Teil der Orchester dichtgemacht wird?

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Steht auf meinem Profil.


    Dann bitte ich um Entschuldigung dafür, dass ich bisher nicht genügend Interesse an Deinem Profil gezeigt habe, um dort nach Deinem Alter zu suchen. :D Damit bleibt aber immer noch die Frage, wie Du Deine Capriccio-Altersstatistik angefertigt hast. Hast Du alle Profile durchgeklickt? Und wenn ja, was ist mit den vielen Profilen, in denen kein Alter angegeben ist?

    Übrigens sind wir nicht ganz eine Generation. Zumindest bin ich noch nicht so alt, dass ich Dein Vater sein könnte. :D

    LG :wink:

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