Bach: Brandenburgische Konzerte

  • Bach: Brandenburgische Konzerte

    Auf vielfachen Wunsch aus dem Thread zur Händels Wassermusik kopiert

    Le Merle Bleu


    Liebe Wassermusiker, :D

    bezüglich der genannten Einspielungen hätte ich ein paar kurze Rückfragen ad Harnoncourt:

    Von wann ist diese Aufnahme? Ich besitze Harnoncourts Aufnahme der Brandenburgischen Konzerte aus den 1960er Jahren, die in derselben Reihe erhältlich war/ist, und muß ehrlich eingestehen, daß ich sie grauenhaft finde. Schleppende Tempi, Bläser, die ihre Instrumente kaum beherrschen, breiiges Musizieren. Seine Matthäus-Passion aus den frühen 1970er Jahren hingegen gefällt mir recht gut, so daß ich mir nicht ganz sicher bin, ob es vielleicht an der Frühzeit des Concentus Musicus lag, daß die Brandenburgischen Konzerte so daneben gingen (ähnliches äußerte mal ein CD-Fachverkäufer zu mir). Wie ist die Wassermusik gespielt? Und woher resultiert der genannte eigenwillige Hörnerklang des Concentus Musicus - ich würde doch vermuten, daß die verschiedenen Ensembles ähnliche Instrumente verwenden, oder? Vielen Dank bereits jetzt für alle Infos!

    LG :wink:

    Kleine nachträgliche Ergänzung, um das Thema "Brandenburgische Konzerte" auf den Weg zu bringen:

    Johann Sebastian Bach (1685-1750) schickte die 6 Konzerte im Jahr 1721, also während seiner Köthener Zeit, dem Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg-Schwedt (1677-1734). Es handelt sich vermutlich um eine Kompilation, für die Bach z. T. auf vorherige Kompositionen zurückgegriffen haben soll. Die Konzerte bilden eine bemerkenswerte Vielfalt bezüglich der Instrumentation ab, so kommt das 6. Konzert in B-Dur z. B. ohne Violinen aus.

    Mögliche Ansatzpunkte für eine Diskussion könnten m. E. sein, welches der 6 Konzerte man zu seinen Favoriten zählt und warum. Die Frage nach Einspielungen wurde in meinem ursprünglichen Beitrag ja bereits angerissen, als es um diese Aufnahme mit Harnoncourt und dem Concentus Musicus Wien ging:

    Ich, oder vielmehr meine bessere Hälfte, besitze/-t auch noch die Aufnahme mit Il Giardino Armonico unter Giovanni Antonini, die ich viel lieber mag, da sie ungleich lebendiger ist:

    Sehr gut gefiel mir auch die Wiedergabe des Freiburger Barockorchesters unter Gottfried von der Goltz, die auch auf Youtube zu finden ist. Es dürfte sich um diese Aufnahme (DVD) handeln, so vermute ich:

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Liebe Leute

    Ich finde, Symbol spricht hier ein sehr interessantes Thema an, zu dem HIP-Spezialisten sicher viel sagen können, auch unabhängig von der konkreten Aufnahme der Brandenburgischen Konzerte: In den letzten Jahrzehnten hat es einen gigantischen Zuwachs an Know-How zum Nachbau oder Restaurieren von alten Instrumenten gegeben, besonders bei den Bläsern und den Cembali scheint mir das deutlich hörbar zu sein. Hinzu kommt die Erfahrung der Instrumentalisten, das Wiederentdecken alter Spieltechniken und ein enormer Gewinn an Souveränität bei deren Umsetzung.

    Michel

    Es gibt kaum etwas Subversiveres als die Oper. Ich bin demütiger Diener gegenüber diesem Material, das voller Pfeffer steckt. Also: Provokation um der Werktreue willen. (Stefan Herheim)

  • Ich beginne mal mit dem 2. Brandenburgische Konzert. Dieses Konzert ist ein Concerto grosso mit einer ungewöhnlichen Concertino-Besetzung: Violine, Oboe, Blockflöte - und Trompete. Man fragt sich, wie das gehen soll - eines der lautesten zusammen mit einem der leisesten Blasinstrumente!

    Verwendet man moderne Instrumente, geht die Blockflöte im Concertino unweigerlich unter, man hört sie kaum. Sie ist ja das einzige der vier Instrumente, von dem es keine moderne Bauart gibt. Natürlich kann man - was oft gemacht wird - mit der Tontechnik die Blockflöte künstlich "nach vorn holen" oder den Blockflötenpart mit einer modernen Querflöte besetzen. Aber es bleibt immer noch das Problem, daß die Trompete dominiert.

    Anders sieht die Sache aus, wenn man historische Instrumente verwendet. Eine Barocktrompete hat keine Ventile und ist enger mensuriert, sie ist leiser als eine moderne Trompete. Zusammen mit den anderen Instrumenten stellt sich hier im Concertino eine natürliche Balance ein.

    Bei der Harnoncourt-Aufnahme fällt auf, daß gerade die Ecksätze des 2. Brandenburgischen Konzerts relativ langsam gespielt werden. Das hängt mit Sicherheit damit zusammen, daß man die Barocktrompete damals spieltechnisch noch nicht so gut beherrscht hat und der Trompeter einfach nicht schneller spielen konnte. Bei diesem Instrument musste sich (genau wie bei Blockflöte und Gambe) erst wieder eine Spiel- und Unterrichtstradition aufbauen. Hier hat man in den letzten Jahrzehnten große Fortschritte gemacht, aber auch heute gibt es weltweit nur sehr wenige Trompeter, die die Barocktrompete solistisch hervorragend spielen können (z. B. Niklas Eklund oder Friedemann Immer).

    Hört einfach mal eine Aufnahme des 2. Brandenburgischen Konzerts mit modernen Instrumenten, danach eine Aufnahme mit historischen Instrumenten und achtet auf die Balance zwischen den vier Solisten im Concertino. Ich denke, Ihr werdet gut nachvollziehen könne, was ich meine.

    Liebe Grüße von der Stichnote

  • Liebe Stichnote,

    vielen herzlichen Dank für die Ausführungen zum 2. Konzert und die sehr gute Erklärung der Problematik, über die ich mir bisher noch nie Gedanken gemacht habe.

    Ich möchte dies aufgreifen, um ein kleines Plädoyer für das 4. Konzert zu starten, das ich sowohl solistisch auf der Blockflöte als auch an der Violine im Orchester bereits spielen durfte. Dieses Konzert verwendet als Concertino 2 Blockflöten und eine Violine, was naturgemäß kaum Balance-Probleme verursachen dürfte und ein herrliches polyphones Verflechten der Solostimmen erlaubt. Ich frage mich wirklich, warum dieses Konzert z. T. ein etwas stiefmütterliches Dasein zu führen scheint (nach meinem Eindruck sind Nr. 1-3 sowie Nr. 5 populärer). Ich halte es für wunderbar, und die Emanzipation der Blockflöte im Zuge der HIP-Bewegung hat diesem Konzert sicherlich sehr geholfen. Als ich damals im Orchester spielte, haben wir das Konzert mit zwei Querflöten gemacht, und das ist einfach nicht dasselbe!

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Guten Abend

    Ein interessantes Thema Bachs wohl zwischen 1714 und 1720 entstandenen Six Concerts Avec plusieurs Instruments;
    meine Gesamt- und Teileinspielungen der Brandenburgischen Konzerte -eigentlich müssten sie "Schwerdter Konzerte" heißen, der Haupttitel des Widmungsträger war "Markgraf von Schwerdt", Brandenburg war nur seine familliere Abstammung- muss ich erstmal zählen :D
    Meine Hauptfavoriten sind diese CD

    mit dem Concerto Italiano

    und die Aufnahmen des 2.-, 3.-, 4. - und 5.-Konzert
    durch das Ensemble

    Cafe Zimmermann.


    Ich beginne mal mit dem 2. Brandenburgische Konzert. Dieses Konzert ist ein Concerto grosso mit einer ungewöhnlichen Concertino-Besetzung: Violine, Oboe, Blockflöte - und Trompete. Man fragt sich, wie das gehen soll - eines der lautesten zusammen mit einem der leisesten Blasinstrumente!

    Das Konzert stellte aller Wahrescheinlichkeit nach ursprünglich
    ein Concerto a quattro
    für Trompete, Flauto, Oboe und Violine mit Generalbass dar,
    dem später eine Streicherbegleitung hinzugestellt wurde.


    Gruß :wink:

    aus der Kurpfalz

    Deio

    " Ein Kluger bemerkt alles, ein Dummer macht über alles eine Bemerkung !"

    (Heinrich Heine)

  • Ich habe das 2. Brandenburgische im Frühjahr 08 zweimal mitaufgeführt - mit modernem Instrumentarium und einer hervorragenden, HIP-beschlagenen, aber undogmatischen Blockflötistin, die extra für uns ihre 440er-Röhre ausgepackt hat. Weder sie selber noch sonst irgendjemand im Orchester oder Publikum hat sich über Balanceprobleme beschwert. Die Blockflöte kam mühelos durch.

    Viele Grüße

    Bernd

  • Weder sie selber noch sonst irgendjemand im Orchester oder Publikum hat sich über Balanceprobleme beschwert. Die Blockflöte kam mühelos durch.

    Lieber Bernd,

    wie war das Orchester besetzt, welche Trompete wurde gespielt?

    Liebe Grüße von der Stichnote

  • Hallo Deio,

    genaugenommen müßten sie sogar "Schwedter Konzerte" genannt werden, nach dem guten Markgrafen Christian Ludwig zu Brandenburg-Schwedt.
    Ob er wohl zum "Schwerdt"-Adel zählte...? immerhin besaß er ein eigenes Regiment und errang den Preußischen Schwarzen Adlerorden ;+)

    :wink:

    Momus

  • Hallo Stichnote,

    die Streicher waren, wenn ich mich recht erinnere, jeweils nur einfach besetzt. Gespielt wurde auf einer Ventiltrompete, wobei der Trompeter zugegebenermaßen der Schwachpunkt beider Aufführungen war. Das hing aber weniger an der Lautstärke, sondern eher an der mangelnden Trefferquote (trotz aufwändiger Homepage mit zahlreichen Referenzen). Den Namen möchte ich nicht öffentlich nennen, bei Bedarf schicke ich dir gerne eine PN.

    Viele Grüße

    Bernd

  • Lieber Bernd, liebe Stichnote

    In früheren Zeiten (also vor HIP :D ) wurde in diesem Konzert wie auch in anderen Werken von Bach und Händel meist (immer?) die Piccolotrompete eingesetzt, auch "Bachtrompete" genannt. Z.B. hat Maurice André dieses Instrument gespielt. Ist ein Trompeter unter uns? Der könnte vielleicht die Frage beantworten, ob die Behauptung stimmt, dass man mit einer "normalen" B-Trompete den Part auch spielen könnte, dass es mit der Piccolotrompete aber einfacher ist, sauber zu intonieren (so steht es jedenfalls in dem Wikipedia-Artikel).

    Ich muss sagen, dass ich in den letzten 15 bis 20 Jahren ganz ganz selten barocke Orchestermusik auf modernen Instrumenten gehört habe. Vor einiger Zeit (Dezember 2007) versuchte sich das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks an der h-Moll-Messe, geleitet von Ton Koopman übrigens. Die Trompeten sind hier auch kritisch, und dort habe ich (vermutlich zum ersten Mal in meinem Leben) Piccolotrompeten live gehört. Und wenn ich ehrlich bin: Ich fand den Klang furchtbar :hide: . Schrill und lärmend, wirklich unangenehm. Also die Frage: Treibt einem eine Sozialisierung mit Naturtrompeten die "Bachtrompete" aus, jedenfalls was das Barockrepertoire betrifft? Kenn jemand eine Aufnahme des 2. Brandenburgischen mit Piccolotrompete (ohne Maurice André wenn's geht :hide: ), bei dem der Klang dieses Intruments nicht stört?

    Viele Grüße
    Michel

    Es gibt kaum etwas Subversiveres als die Oper. Ich bin demütiger Diener gegenüber diesem Material, das voller Pfeffer steckt. Also: Provokation um der Werktreue willen. (Stefan Herheim)

  • Lieber Bernd, liebe Stichnote

    In früheren Zeiten (also vor HIP :D ) wurde in diesem Konzert wie auch in anderen Werken von Bach und Händel meist (immer?) die Piccolotrompete eingesetzt, auch "Bachtrompete" genannt. Z.B. hat Maurice André dieses Instrument gespielt. Ist ein Trompeter unter uns? Der könnte vielleicht die Frage beantworten, ob die Behauptung stimmt, dass man mit einer "normalen" B-Trompete den Part auch spielen könnte, dass es mit der Piccolotrompete aber einfacher ist, sauber zu intonieren (so steht es jedenfalls in dem Wikipedia-Artikel).

    Ich muss sagen, dass ich in den letzten 15 bis 20 Jahren ganz ganz selten barocke Orchestermusik auf modernen Instrumenten gehört habe. Vor einiger Zeit (Dezember 2007) versuchte sich das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks an der h-Moll-Messe, geleitet von Ton Koopman übrigens. Die Trompeten sind hier auch kritisch, und dort habe ich (vermutlich zum ersten Mal in meinem Leben) Piccolotrompeten live gehört. Und wenn ich ehrlich bin: Ich fand den Klang furchtbar :hide: . Schrill und lärmend, wirklich unangenehm. Also die Frage: Treibt einem eine Sozialisierung mit Naturtrompeten die "Bachtrompete" aus, jedenfalls was das Barockrepertoire betrifft? Kenn jemand eine Aufnahme des 2. Brandenburgischen mit Piccolotrompete (ohne Maurice André wenn's geht :hide: ), bei dem der Klang dieses Intruments nicht stört?

    Viele Grüße
    Michel


    Lieber Michel,

    ich bin mir bezüglich der Piccolotrompete nicht so ganz sicher, aber ich habe heute im Radio den 1. Satz des 2. Brandenburgischen Konzerts mit den Berliner Barocksolisten unter Rainer Kussmaul gehört - die verwenden doch moderne Instrumente, oder? Es dürfte sich um diese Aufnahme gehandelt haben (eine GA der Brandenburgischen Konzerte dieses Ensembles habe ich nicht gefunden):

    Yes, indeed - niemand Geringeres als Michala Petri an der Blockflöte, und Oboist war Albrecht Mayer! Was soll ich sagen - ich fand die Aufnahme wunderbar, so klar polyphon durchhörbar habe ich diesen Satz, so glaube ich, bisher noch nicht gehört.

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Wow! Ich habe mir die Brandenburgischen Konzerte allesamt mit 16 Jahren reingezogen, dass ich sie heute noch "auswendig" kann! - Meine Präferenz war und ist heute noch das vierte! - Aber sie sind alle sooooooooooooo toll! - So feierlich! - Ich liebe sie!

    Hemiole :wink:

    "Solange Menschen denken, dass Tiere nicht fühlen, müssen Tiere fühlen, dass Menschen nicht denken."

    (Unbekannt)

  • Diese Aufnahme - die aber sehr gut ist - wurde noch nicht erwähnt:

    Concerto Italiano (die mit dem Hirsch) gefällt mir vielleicht noch besser, aber auch Savall wirkt hier Wunder! :juhu: :juhu:
    (leider nicht mehr erhältlich, aber könnte wierder erscheinen bei AliaVox...)

    "Vor dem Essen, nach dem Essen,

    Biber hören nicht vergessen!"


    Fugato

  • Ich mag aktuell am liebsten die Aufnahme mit dem Brandenburg Consort unter Roy Goodman:

    Für mein Empfinden die farbigste unter den mir bekannten Einspielungen (u.a. Musika Antiqua/Goebel; Akademie für alte Musik Berlin; Concentus Musicus/Harnoncourt; Musica Amphion/Belder; Münchener Bach Orchester/Richter). Sehr dynamisch aber nie gehetzt, virtuos ohne ins Schaustellerische abzugleiten, schroff ohne sperrig zu wirken (wobei die Blechbläser, wie häufig bei Goodman, schon seeehr agressiv klingen ), stets differenziert und transparent.

    Adieu,
    Algabal

    Keine Angst vor der Kultur - es ist nur noch ein Gramm da.

  • Lieber Michel,

    ich bin mir bezüglich der Piccolotrompete nicht so ganz sicher, aber ich habe heute im Radio den 1. Satz des 2. Brandenburgischen Konzerts mit den Berliner Barocksolisten unter Rainer Kussmaul gehört - die verwenden doch moderne Instrumente, oder?

    Lieber Symbol

    Ich denke, die Berliner Barocksolisten sind zum Teil Mitglieder der Berliner Philharmoniker, die aber auf historischen Instrumenten spielen (so verstehe ich jedenfalls den Text auf ihrer Homepage ). Und der Trompeter in dieser Aufnahme ist Reinhold Friedrich, ein hochinteressanter Musiker, der mühelos zwischen Bach und Eötvös wechselt - ein Mann der Neuen Musik, der auch mal Naturtrompete spielt.

    (Off Topic: das hier

    ist eine tolle Platte!).

    Ich würde also vermuten, dass er beim Brandenburgischen keine Piccolotrompete spielt, da er sonst auch Bach auf Naturtrompete bläst. Vielleicht besitzt ja jemand hier die Aufnahme und kann das bestätigen?

    Viele Grüße
    Michel

    Es gibt kaum etwas Subversiveres als die Oper. Ich bin demütiger Diener gegenüber diesem Material, das voller Pfeffer steckt. Also: Provokation um der Werktreue willen. (Stefan Herheim)

  • Zitat

    Ich denke, die Berliner Barocksolisten sind zum Teil Mitglieder der Berliner Philharmoniker, die aber auf historischen Instrumenten spielen (so verstehe ich jedenfalls den Text auf ihrer Homepage ).

    Also, Albrecht Mayer tritt defintiv nicht mit einer Barockoboe auf, sondern spielt immer mit seinem auf 440 (445 :D ) gestimmten modernen Instrument. Meines Erachtens ist es auch völlig unmöglich, Solooboist der Berliner Philharmoniker zu sein und gleichzeitig auf zeitgemäß hohem Niveau Barockoboe zu blasen. Das haut nicht hin, die Spieltechnik ist einfach zu unterschiedlich. Der einzige Oboist, der mit beiden Instrumenten als Solist erfolgreich war, war weiland Helmut Hucke, aber da war man mit der Barockoboe noch nicht da, wo man heute ist, und sein Klang auf dem modernen Instrument hat später dann auch deutlich gelitten - bei den Berlinern hätte er mit diesem Sound nicht mitspielen können.

    Sprich: Bei den Berliner Barocksolisten wird auf modernem 440er-Instumentarium gespielt. Zumindestens dann, wenn Bläser der Philharmoniker wie Mayer oder Pahud mit von der Partie sind.

    Viele Grüße

    Bernd

  • Lieber Bernd,

    vielen Dank für diese Infos. Für mich klang die Aufnahme, wie auch die CD der Berliner Barock-Solisten mit Quasthoff mit Bach-Kantaten, nach modernem Instrumentarium, allerdings wurde gerade beim 2. Brandenburgischen Konzert ziemlich "HIP-mäßig" gespielt, was mich teilweise unsicher bezüglich meines Höreindrucks gemacht hat.

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Sprich: Bei den Berliner Barocksolisten wird auf modernem 440er-Instumentarium gespielt. Zumindestens dann, wenn Bläser der Philharmoniker wie Mayer oder Pahud mit von der Partie sind.

    Dann gebe ich Euch als letzte Aktion, bevor ich jetzt die Koffer ins Auto packe und wir abdüsen, die Hausaufgabe, dass in den nächsten 2 Wochen zu klären 8+)

    Auf der Homepage des Ensembles ist zu lesen "sie spielen zudem auf historischen, jedoch restaurierten Instrumenten". Außerdem ist das eines reines Streicherensemble, und da kenne ich viele, die je nach Laune mal alte, mal moderne Instrumente spielen. Die Bläser sind Gäste, die nicht zum Ensemble gehören.

    Kann schon sein, dass die historische Streicher mit Darmsaiten, aber auf 440 Hz gestimmt, dann kann der Mayer mit seiner modernen Oboe mitmachen. Ob er auch alte Oboe spielt oder spielen könnte, kann ich nicht beurteilen. Beim Trompeter Reinhold Friedrich weiß ich aber definitiv, dass er Ventil- und Naturtrompete spielt.

    Vielleicht ist die ganze Aufnahme auch eine Mischung aus alt und neu, sozusagen ein Zeichen des neuen undogmatischen und ungezwungenen Umgangs mit den Erkenntnissen der HIP-Bewegung - ein Ansatz, der mir nicht unsympatisch ist.

    So, jetzt auf in Urlaub. Seid alle schön brav :D

    Michel

    Es gibt kaum etwas Subversiveres als die Oper. Ich bin demütiger Diener gegenüber diesem Material, das voller Pfeffer steckt. Also: Provokation um der Werktreue willen. (Stefan Herheim)

  • Zitat

    Auf der Homepage des Ensembles ist zu lesen "sie spielen zudem auf historischen, jedoch restaurierten Instrumenten".

    Hab ich ja vorher auch gelesen. Das betrifft aber nur die Streicher, und bei denen ist dann doch sehr die Frage, wie eng man "historisch, jedoch restauriert" definiert. Viele ganz normale Opern- oder Sinfonieorchestermitglieder oder Nicht HIP-Solisten spielen auf "historischen, jedoch restaurierten" Streichinstrumenten, sprich auf mehr oder minder umgebauten ollen Italienern, Franzosen, Mittenwäldern etc.....
    Bei Streichinstrumenten ist die Grenze zwischen "historisch" und "modern" viel fließender, da viele der Instrumente, die heute bei Aufführungen von Strauss, Strawinsky, Henze und Boulez zur Anwendung kommen, im Kern anno ippich gebaut wurden. Ich habe aber noch nie jemanden gesehen, der auf einer etwas modifierten Denner-Oboe beim Rosenkavalier oder beim Sacre am Werke war.

    Zitat

    Ob er auch alte Oboe spielt oder spielen könnte, kann ich nicht beurteilen.

    Er kanns nicht. Jedenfalls nicht so, daß er damit auftreten könnte. Der Unterschied zwischen moderner Oboe und Barockoboe ist spieltechnisch ähnlich groß wie der zwischen Oboe und Fagott. Ich kenne Leute, die Oboe und Fagott spielen, aber ich kenne keinen, der mit beiden Instrumenten als Solist auf internationalen Podien agiert.

    Zitat

    Beim Trompeter Reinhold Friedrich weiß ich aber definitiv, dass er Ventil- und Naturtrompete spielt.

    Das ist richtig. Für Blechbläser ist das Umsteigen auch nicht ganz so schwierig. Trotzdem würde es beim 2. Brandenburger etwas merkwürdig klingen, wenn sich die Streicher, die Blockflöte und die Trompete auf 415 befinden, während die Oboe auf guten 440 bläst. :D. Und auf 415 gelangt man auf der modernen Oboe beim besten Willen nicht - es ist ja schon schwer genug, auf 440 zu kommen... :D :D

    Beste Grüße

    Bernd

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