Bach: Das wohltemperierte Klavier (BWV 846-893)

  • Also mir gefallen beide Aufnahmen nicht schlecht ;+)

    Viele Grüße - Allegro

    "Musik ist ... ein Motor, Schönheit, Intensität, Liebe, Zauber, alles in allem: ein Elixir." Lajos Lencsés

  • Bitte Tonarten und Band angeben. Kein Mensch weiß die BWV-Nummern auswendig (ich jedenfalls nicht).
    Cis-Dur aus Band II oder worum geht es?

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Zu diesem Cis-Dur Stück hatte ich schon als Kind immer folgende Assoziation: ein Stein, der in einem Teich zu Boden sinkt, auf den Boden trifft und dort die Fische aufschreckt. Und nirgendwo werden die Fischer schöner aufgeschreckt als bei Gould.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Zitat

    Wir haben uns jetzt auf Cis-Dur WKII geeinigt... :pfeif:

    Genau - wobei ich mir im Gegensatz zu unserem Kater nie merken kann, aus welchem Band welche Melodei stammt...

    Im Zweifelsfall reicht es aber, auf die Tube zu gehen und dort BWV 872 einzugeben. Innerhalb weniger Sekunden gelangt man so zu den diversen dort verfügbaren Einspielungen..... :whistling:

    Herzliche Grüße

  • Zu diesem Cis-Dur Stück hatte ich schon als Kind immer folgende Assoziation: ein Stein, der in einem Teich zu Boden sinkt, auf den Boden trifft und dort die Fische aufschreckt. Und nirgendwo werden die Fischer schöner aufgeschreckt als bei Gould.

    Jaja, das passt schon: Die Fische sind kalt wie die Fische, der Stein ist fühllos wie Stein...und irgendwann am Ende sorgt ein Takt- und Tempowechsel dann doch noch dafür, dass selbst die kalten Fische einen Schrecken bekommen.

    Mir reicht das aber als Interpretation dieses zumindest für meine Ohren ungewöhnlich expressiven, im metrischen Duktus und in der melodisch-harmonischen Färbung fast schon auf Schubert verweisenden Präludiums längst nicht aus.

    Unter Fischers Händen gelangt die Musik IMHO zu einer ganz anderen, weit tiefer reichenden Qualität der Aussage.

    Herzliche Grüße

    Bernd

  • Die Fischer-Einspielung ist wirklich wunderbar, vielen Dank für den Link. (Er reibt mir die letzten beiden Themeneinsätze in der Fuge ein wenig dick unter die Nase, aber das ist nur blöde Mäkelei.)

    Beim Gould - na ja. Also vorweg: Die Aufnahme ist in der Tat nicht ganz so eindrucksvoll wie die 1975er-CBS-Einspielung (bei der er die Fuge viel langsamer - und schöner - spielt). Und die Aufnahmequalität ist hier sehr merkwürdig. Das klingt fast wie durch einen Phaser gejagt und für meine Ohren damit problematischer als Fischers schöne Rauscheaufnahme.
    Jedenfalls: Meine CD-Einspielung offenbart eine tolle, transparente Gestaltung des Präludiums gerade auch in der linken Hand, und das höre ich so halt auch nicht ganz in der etwas mülligen YT-Aufnahme. Trotzdem höre ich bei Gould überhaupt keine Nähmaschine, sondern einen großen Zusammenhang, der auf höchst aufgeladene Weise gestaltet wird. An Goulds Anschlag kann ich mich z.B. gar nicht satt hören, der ist extrem prägnant und gleichzeitig differenziert und durchlässig. Gould gestaltet aber keine betulichen Phrasen, sondern geht aufs Ganze: Bei vielen Stücken habe ich gar nicht mehr den Eindruck, er würde in der Zeit musizieren und also den Ausdruck des Moments feiern, sondern eher in Nullkommanichts ein ganzes Gebäude hinstellen - wie im Zeitraffer sehe ich manchmal eine riesige Architektur vor mir wachsen. Und das persönliche Bekenntnis Goulds findet sich in eben dieser dann auch wieder, man kann es deutlich im Ganzen erkennen. Hört euch mal die a-Moll-Fuge aus Band I an, da entsteht ein ganzer Dom in dreieinhalb Minuten.

    ...schreibt Christoph :wink:

  • Unter Fischers Händen gelangt die Musik IMHO zu einer ganz anderen, weit tiefer reichenden Qualität der Aussage.


    Die vielleicht Deinerseits noch zu präzisieren wäre. Meiner Meinung nach braucht Bach keineswegs wie Schubert zu klingen und selbst in Fischers Interpretation mit all dem Pedaleinsatz klingt BWV 872 nicht nach Schubert. Es ist ein für Bach typisches Stück, das mit Dreiklangszerlegungen arbeitet, ähnlich wie das C-Dur Präludium aus dem ersten Teil.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Die Aufnahme ist in der Tat nicht ganz so eindrucksvoll wie die 1975er-CBS-Einspielung (bei der er die Fuge viel langsamer - und schöner - spielt).


    Da stimme ich zu! Tatsächlich ist die Aufnahme auf CD viel schöner und auf die wunderbar gespielte Fuge (entgegen dem Klischee viel bedächtiger interpretiert als bei anderen) weist Du völlig zurecht hin. Besser kann man das mMn nicht machen.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Wohltemperierte Instrumente

    Auch heir dürfen aber - wie bei den Goldbergs - die Instrumentierungen nicht fehlen:
    Emerson String Quartet z.B. Schließlich hat auch Wolfgang Amadée einige Fugen für Trio instrumentieret.

    Hübsch ist auch eine - allerdings nur fragmenarisch vorhandene - Einspielung von Gerard van Reenen auf dem Harmonium (sic!!). Die Quelle habe ich allerdings vergessen; müßte aber auf "Deine Röhre" erhältlich sein. Er spielt überwiegend Stücke aus dem 2. Band ein.

    Und, es ist vielleicht meiner Unerfahrenheit in diesem Forum bzw. Altersblindheit zuzuschreiben: Nirgendwo habe ich bisher den Namen des leider nicht mehr unter uns weilenden Jazzers John Lewis gelesen ...

  • Ansbach, 01.08.!

    - - - übr. ist der (oben mehrfach erwähnte) Evgeni Koroliov mit dem kompl. Teil I. demnä. im Rahmen der nä. Ansbacher Bachwoche zu hören! / Konzertbeginn 11.30Uhr
    Lt. Festival-HP sind die beiden oberen (v. insg. 4) Preiskategorien bereits ausverkauft!!

    Das TV gibt mehr 'Unterhaltung' aus, als es hat - in der bürgerl. Gesetzgebung nennt man das 'betrügerischen Bankrott' Werner Schneyder Es ging aus heiterem Himmel um Irgendwas. Ich passte da nicht rein. Die anderen aber auch nicht. FiDi über die Teilnahme an seiner ersten (und letzten) Talkshow

  • Die Aufführung des ersten Bands von Koroliov in Ansbach wurde gestern von Bayern Klassik übertragen. Ich habe sie mitgeschnitten und dann mit einiger Mühe die von Koroliov gewählte Reihenfolge der Präludien und Fugen herausgesucht:

    C/c; Es/es; Fis/fis; A/a; D/d; F/f; As/?; H/h; E/e; G/g; B/b; Cis/cis.

    Merkwürdigerweise fehlen (in meinem Mitschnitt) Präludium und Fuge in gis-moll. Ich vermute mal, dass Koroliov die nicht ausgelassen hat, sondern dass sie lediglich in der Rundfunkübertragung herausgeschnitten wurden, weil sonst die Sendezeit im Programmschema nicht gereicht hätte.

    Im Vergleich zur CD-Einspielung von 1998/99 gab es erhebliche Unterschiede: ein paar manuelle Unsicherheiten, teilweise klang das Spiel heftiger, bisweilen sogar grob, teilweise aber auch "romantischer". Erhebliche Tempounterschiede, z.B. spielte er die h-moll-Stücke deutlich schneller als in der Studioaufnahme, die einzelnen Stimmen kamen mir aber noch plastischer vor als damals.

  • WTKII

    Noch gar nicht erwähnt in diesem Thread wurde diese sehr interessante und auch sehr gute Einspielung von Robert Levin:

    Levin spielt auf 5 Instrumenten: 2 Cembali (einmanualig und zweimanualig), Clavichord, Orgel und Pianoforte. Ich muss sagen, ich bin richtig begeistert, denn die Abwechslung belebt das ganze enorm. Zudem höre ich manches ganz neu, etwa die E-Dur Fuge. Diese ist für mich im zweiten Band immer die Kennmarke schlechthin. Levin spielt das E-Dur Paar auf der Orgel, was gerade bei der Fuge ein absoluter Glücksgriff ist. Der Ricercare Charakter wird durch das Legato der Orgel viel schöner hörbar als mit den anderen Tasteninstrumenten. Selbstverständlich spielt Levin auch ganz hervorragend - zumindest genau nach meinem Geschmack (z.B. flotte Tempi, wenig Rubato und exzessive Verzierungen). Das Pianoforte Von Silbermann (aus 1750) hat einen überraschend "modernen" Klang. Ich hätte es 50 Jahre jünger geschätzt. Wirklich schade, dass diese Aufnahme so wenig allgemeine Bekanntheit erlangt hat.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Das Fortepiano überraschte mich auch sehr. Meine Hypothese ist, dass es sich um ein insgesamt relativ leises Instrument handelt, was auf einer Aufnahme nicht so auffällt. Oder man hat bei Restauration/Nachbau kräftig nachgeholfen. Es klingt nämlich homogener und weniger "klimprig" als die meisten entsprechenden Instrumente auf Aufnahmen der Wiener Klassik, die 50 oder mehr Jahre neuer sein sollten.

    Ich hatte diese Aufnahmen ebenfalls lange nicht auf dem Schirm bzw. war skeptisch aufgrund des Instrumentenmixes. Außerdem hatte Levin in der Hänssler-Edition eine nicht ganz überzeugende Einspielung der englischen Suiten auf einem modernen Klavier, aber mit einem seltsamen Mix von barocken Verzierungen und Gimmicks wie Oktavierungen vorgelegt.
    Aber ich war in beinahe jeder Hinsicht positiv überrascht, wobei ich das Fortepiano auch nicht vermisst hätte und man natürlich bei einigen Stücken über die Zuordnung zum entsprechenden Instrumenten geteilter Meinung sein kann. Allerdings begründet Levin seine Wahl im Beitext, der kurze Anmerkungen zu allen Stücken enthält.

    Es gibt noch eine ältere Einspielung auf unterschiedlichen Instrumenten mit dem sonst hauptsächlich als Organisten bekannten Daniel Chorzempa, aber die ist seit langem vergriffen (und ich habe nie was daraus gehört).

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Es gibt noch eine ältere Einspielung auf unterschiedlichen Instrumenten mit dem sonst hauptsächlich als Organisten bekannten Daniel Chorzempa, aber die ist seit langem vergriffen (und ich habe nie was daraus gehört).

    Die Aufnahmen sind von 1982 (WTC 1) und 1994 (WTC 2), (s. Elste, Meilensteine der Bachinterpretation, 2000, S. 357f.) Laut Elste lässt "das Klangresultat die Einspielung zur Enttäuschung" werden.


    lg vom eifelplatz, Chris.

  • Aufgrund der anscheinend recht hohen Auflagen der Hänssler-Edition sind jedenfalls die beiden Levin-Sets nach wie vor relativ preiswert zu erwerben (erst recht gebraucht), insofern das Risiko einer Enttäuschung nicht allzu hoch. Ich kann verstehen, dass man das evtl. ablenkend findet, aber ich höre es mir gern an und eher lieber als durchweg Cembalo.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Ich kaufe mir beinahe turnusmäßig jedes Jahr eine neue Aufnahme des WTK (oft nur einen Teil) und versuche so eine möglichst große Vielfalt an Interpretationen abzudecken. Und so passte mir dieses Jahr Levin genau ins Konzept. Ich war dann tatsächlich von der Attraktivität der Einspielung überrascht. Als größtes Plus sehe ich die Orgel, da diese eben des Legatos fähig ist. Einspielungen für Streicher sind extrem selten. Mir ist nur eine bekannt und deren Klangbeispiele fand ich schrecklich (unsauber gespielt).
    Beim Fortepiano stimme ich Kater Murr absolut zu. 50 Jahre jünger ist geradezu das Minimum. Ich hätte vielleicht auf einen Pleyel aus den 1820ern getippt - allerdings bin ich ein absoluter Laie auf dem Gebiet. Es würde mich wirklich interessieren, ob das der Originalklang des Silbermann Pianofortes war. Das Clavichord in dieser Einspielung ist übrigens auch ein wohlklingendes Exemplar. Normalerweise irritiert mich der Klang dieses Instruments sehr - hier kaum.

    Den ersten Teil von Levin werde ich mir bestimmt auch noch zulegen, auch wenn das Pianoforte da fehlt. Aber ich stimme mit Kater Murr überein, dass das Pianoforte - vielleicht weil es eben so modern klingt - nicht der wichtigste Aspekt der Einspielung ist.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Es gibt vermutlich auch einige Aufnahmen komplett auf der Orgel, was dann aber auch nicht auf alle Stücke richtig gut passt. (Paradoxerweise ist für mich das "neutralste" und nie ganz unpassende Instrument das moderne Klavier. Das ist zwar bei den sehr cembalo- (arpeggio-Präludien) oder eher orgelmäßigen (langsamere Fugen) Stücken nicht optimal, aber überall "o.k.)
    Ich hatte außerdem noch Watchorn auf einem Pedalcembalo erwogen, aber die hatte dann durchwachsenere Kommentare (und/oder war weniger preiswert) und von Levin habe ich mir ebenfalls recht schnell auch den anderen Band besorgt (wobei ich vergessen hab, welchen ich zuerst gekauft habe... es waren aber nur ein paar Wochen dazwischen).

    Für Streicher kenne ich nur (wahrscheinlich) Mozart Bearbeitungen einiger Fugen (mit mutmaßlich von Mozart stammenden "adagios" als Vorspielen) für Streichtrio bzw. -quartett. Die gibt es öfters als Füller (z.B. Hagen Quartett, Archibudelli).

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Dazu doch eine Ergänzung: Es gibt eine (Teil)Aufnahme mit dem Emerson Quartet, die neben den von Kater Murr erwähnten Adaptionen einige Fugen enthalten, die von dem mir unbekannten E.A.Förster "arrangiert" wurden.

  • Es gibt noch eine ältere Einspielung auf unterschiedlichen Instrumenten mit dem sonst hauptsächlich als Organisten bekannten Daniel Chorzempa, aber die ist seit langem vergriffen (und ich habe nie was daraus gehört).

    Anthony Newman ist wohl noch so einer derjenigen, die einen Großteil Ihres künstlerischen Schaffens damit verbracht haben, Bach zu interpretieren (recht so), der in den Siebzigern eine Einspielung des WTC II auf einem Cembalo, einem Clavichord und einer Orgel vorgelegt hat. Offenbar ist diese Aufnahme nie auf CD veröffentlicht worden. Ich selbst kenne diese Einspielung nicht, vermute aber aus den Hörerfahrungen anderer Aufnahmen dieses Interpreten (Bach, Scarlatti), dass hier sehr unorthodox, effektorientiert (Koopman?) gespielt wird. Bei YT lässt sich einiges nachhören.

    Näheres dazu hier:

    http://www.bach-cantatas.com/NVP/Newman.htm#SoloKey
    https://www.discogs.com/de/Anthony-New…release/6282279

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