G.P. Telemann: TWV 42 - Kammermusik für zwei Instrumente und Bc

  • G.P. Telemann: TWV 42 - Kammermusik für zwei Instrumente und Bc

    Die Werkgruppe TWV 42 umfasst alle Werke Telemanns für zwei Melodieinstrumente mit Generalbass, insgesamt weit über 100. Ein großer Teil der Werke, aber keineswegs alle, sind Triosonaten mit unterschiedlicher Besetzung. Zahlreiche Werke tragen auch den Namen "Concerto" oder "Suite". Eine sehr große Zahl von Werken in dieser Besetzungsgröße hat Telemann für Flöte (alternativ Oboe) geschrieben, aber auch die Violine und die Gambe wurden reich bedacht. Diese Werkgruppe zusammenzufassen ist recht kompliziert, denn nur rund die Hälfte der Werke finden sich in Sammelwerken. Der Rest ist zeitlich oft schwer einzuordnen und bisweilen bezüglich der Urheberschaft zweifelhaft. Hier folgt zunächst eine Vorstellung der bekannten Werkzyklen mit Erwähnung der übrigen Werke. Sukzessive sollen alle Werke dieser Gruppe kurz besprochen und etwaige Einspielungen angeführt werden.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Nach Tonarten (bzw. der Tonskala) geordnet (abzüglich der Fragmente und Transkriptionen) umfasst TWV 42 folgende Werke:

    Insgesamt: 150 Werke. Alle Werke, die in einer Werksammlung vorkommen, sind blau gekennzeichnet.

    C-Dur: C1, C2, C3, C4, CA1, CA2, CA3, CA5
    c-Moll: c1, c2, c3, c4, c5, c6, c7, c8
    D-Dur: D1, D2, D3, D4, D5, D6, D7, D8, D9, D10, D11, D12, D13, D14, D15, D16, D17
    d-Moll: d1, d2, d3, d4, d5, d6, d7, d8, d9, d10, d11
    Es-Dur: Es1, Es2, Es3
    E-Dur: E1, E2, E3, E4, E5, E6, E7
    e-Moll: e1, e2, e3, e4, e5, e6, e7, e8, e9, e10, e11, e12, e13
    F-Dur: F1, F2, F3, F4, F5, F6, F7, F8, F9, F10, F11, F12, F13, F14, F15, F16, F17
    f-Moll: f1, f2
    fis-Moll: fis1
    G-Dur: G1, G2, G3, G4, G5, G6, G7, G8, G9, G10, G11, G12, G13
    g-Moll: g1, g2, g3, g4, g5, g6, g7, g8, g9, g10, g11, g12, g13, g14, g15
    A-Dur: A1, A2, A3, A4, A5, A6, A7, A8, A9, A10, A11, A12, A13
    a-Moll: a1, a2, a3, a4, a5, a6, a7, a8, a9
    B-Dur: B1, B2, B3, B4, B5, B6
    h-Moll: h1, h2, h3, h4, h5, h6, h7


    Werksammlungen:

    Six Trios (1718): B1, a1, G1, D1, g1, F1
    Der getreue Music-Meister (1728-1729): C1
    VI Trio a Violini e Basso (vor 1730): G3, c1, A2, B5, d2, e1, D4
    III Trietti metodichi e III Scherzi (1733): d1, D3, G2, A1, D2, E1
    3 Trios aus der Tafelmusik (1733): Es1, e2, D5
    Scherzi melodichi "Pyrmonter Kurwoche" (1734): A4, B3, G5, Es2, e4, g3, D7
    Six Concert et Six Suites (1734): D6, G4, g2, B2, A3, h2, e3, E2, h1, a3, a2, d3
    Sonates corellisantes (1735): F2, A5, h3, E3, g4, D8
    Essercizii musici (1739 - 1740): c2, G6, g5, A6, a4, h4, F3, B4, E4, D9, d4, Es3

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • In den letzten Tagen habe ich mich mit einigen Triosonaten Telemanns beschäftigt, wie fast alles bei ihm ein schon rein quantitativ fast unüberschaubarer kleiner Kosmos. Etwas kurios - und daran knüpft sich direkt eine Frage - finde ich in den "Essercizii musici" die Triosonaten, bei denen eines der beiden Instrumente das Cembalo ist. Für gewwöhnlich wird eine Triosonate ja mit zwei Meldieinstrumenten sowie Cembalo und Cello als basso continuo-Gruppe aufgeführt. Was macht man aber, wenn schon eines der beiden Oberstimmen-Instrumente das Cembalo ist? Spielt dann nur ein Cello (oder ein Fagott, eine Basslaute etc.) den Bass oder stellt man zwei Cembali mit zwei Cembalisten auf die Bühne?
    Bei imslp.org findet man viele der Triosonaten Telemanns in zeitgenössischen Handschriften. Hier (http://imslp.org/wiki/Trio_Sona…,_Georg_Philipp) ist etwa TWV 42:Es3 aus den Essercizii musici in einem Stimmensatz aus dem Bestand des Darmstädter Hofes digitalisiert. Da rechnet man offensichtlich tatsächlich mit einer Aufführung durch zwei Cembali und eine Oboe, sowohl die ausgeschriebene Cembalostimme als auch der bezifferte Bass sind mit "Cembalo" bezeichnet. Irgendwie stelle ich mir das bei einer Aufführung ziemlich kurios vor, klanglich ungewöhnlich und für die Hausmusik auch nicht unbedingt praktikabel...

    Ich liebe Wagners Musik mehr als irgendeine andre. Sie ist so laut, daß man sich die ganze Zeit unterhalten kann, ohne daß andre Menschen hören, was man sagt. - Oscar Wilde

  • Eigentlich ist das unproblematisch, denn Bachs Sonaten für Violine und obligates (!) Cembalo (BWV 1014 - 1019) stellen de facto auch Triosonaten dar, da die Cembalostimmen der Violine gleichgestellt ist. Aber es stimmt, dass das ziemlich selten vorkommt.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Ja, bei diesen Sonaten spielt aber nur ein Musiker an einem Cembalo - der Satzweise nach sind es Triosonaten, der Besetzung nach aber schon die später üblichen Duosonaten. Bei Telemann braucht man aber offensichtlich drei Musiker, im genannten Beispiel einen Oboisten und zwei Cembalisten, die linke Hand der obligaten Cembalostimme ist nicht identisch mit dem basso continuo.

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  • Die Bach-Sonaten haben auch noch eine ad libitum Cellostimme, welche den Generalbass verstärken soll. In zahlreichen Aufnahmen wird diese Stimme auch tatsächlich von einem Cellisten besetzt. Aber der Begriff Triosonate ist ja ohnehin oft etwas wackelig. Manchmal spielen drei Instrumente (ohne Continuo), dann zwei. So richtig blicke ich nicht durch. Wenn Du eine Oboe und eine Cembalo für die Oberstimmen hast, kann die linke Hand des Cembalisten aber wohl den GB spielen. In meiner Aufnahme dieser Sonate (Battalia Ensemble) spielen nur Oboe und ein Cembalo.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • gilt auch für z.B. TWV 42:B4, und TWV 42:A6

    da ist schon noch ein kleiner Unterschied zu den diversen Bach-Sonaten für Violine oder Flauto traverso und obligates Cembalo.

    Die Telemann-Sonaten besitzen im Stimmensatz eine eigene, bezifferte(!), mit "Cembalo" bezeichnete Bassstimme plus eine auskomponierte Cembalo obligato-Stimme (ohne Bezifferung). Bei Bach gibt es nur eine auskomponierte Cembalostimme ohne Bezifferung, die im Bass nur dort eine sparsamme Bezifferung führt, in denen in der oberen Notenlinie eine Pause notiert ist. Nichtsdestoweniger sind auch die Bachsonaten von der Stimmführung klare Triosonaten.

    Natürlich kann man sowohl bei Telemann, als auch bei Bach die Basslinie (bei Bach: die unterste Basslinie) mit einem Bassinstrument verstärken. Bei Telemann ist die b.c.-Stimme zwar weitgehend identisch mit der Bass-Stimme des Cembalo obligato, aber eben nur weitgehend, es gibt immer wieder einmal Unterschiede, vor allem konzertieren die beiden Instrumente gelegentlich, es gibt immer wieder Stellen, in denen eines der beiden Instrumente schweigt (nicht immer das selbe). Selbstverständlich lassen sich diese Sonaten auch mit nur einem Cembalo ausführen (die Harmonie ergibt sich auch so), das setzt dann aber voraus, daß sich der Cembalist seinen Part (wegen der allfälligen Pausen in der einen oder anderen Stimme) zunächst aus beiden Cembalo-Stimmen zusammenschreiben muß. Insofern halte ich es hier für plausibel, daß vom Komponisten tatsächlich Flauto dolce und Cembalo obligato plus Continuo-Cembalo vorgesehen sind.

    Das wäre nicht ungewöhnlich: Es gibt auch zahlreiche Beispiele für Stücke für 2 Cembali - hier kommt dann halt noch ein weiteres Instrument hinzu. Und Telemann war, was Besetzungen betrifft, bekanntlich sehr experimentierfreudig.

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Ich habe eben die Es-Dur Sonate noch einmal durchgehört, und ich finde schon, dass die Faktur recht aufgelockert klingt. Oft spielen obligates Cembalo und die Oboe alternierend. Erklingt die Oboe, wird sie dann durch einen in meinen Ohren vollgriffigen Bass begleitet. Ein bisschen scheint mir das Werk ein Zwitter zwischen Duo- und Triosonate zu sein. Aber ich habe die Partitur nicht mitgelesen und es kann sein, dass ich hier falsch liege.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Äußere Gegebenheiten darf man nicht unterschlagen: damals wurde mit Sicherheit viel mehr verziert als heute, so dass Redundanzen in den Cembalopartien kaum von Belang gewesen sein müssen.

    Hier machen die beiden Cembalisten ja vor, wie sowas geht 8o .
    Eine immer noch unschlagbar gelungene Aufnahme, wie ich finde.

    Herzliche Grüße,
    Mike

    "Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst." Voltaire

  • Bei der B-Dur-Sonate (TWV 42:B4) habe ich mir mittlerweile einige Aufnahmen angehört. Viele spielen sie tatsächlich nur in der Besetzung Blockflöte, Cembalo, Cello. Passt, keine Frage. Einige haben aber tatsächlich ein zusätzliches Continuoinstrument jenseits der Bassverstärkung - Orgelpositiv, Theorbe oder auch 2. Cembalo (Maurice Steger z.B.)

    Zitat

    damals wurde mit Sicherheit viel mehr verziert als heute

    ja und nein. Das kann man nach sechs oder sieben Jahrzehnten Beschäftigung mit historischer Aufführungspraxis so pauschel nicht (mehr) sagen. Hängt vom Instrument und der Spezialisierung ab. Bei "klassischen" Alte-Musik-Instrumenten (Cembalo, Blockflöte...) eher nein. Da ist die Kunst der Verzierung integraler Bestandteil der Ausbildung und des Selbstverständnisses. Bei anderen Instrumenten hängt es oft vom Interpreten ab, und von welcher Richtung er kommt.

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • PS: man beachte das Cover

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Sorry, was meinst Du? Was sagt das Cover über Verzierungen? Über Besetzungen sehr wohl...

    Ich beziehe mich auf diese Orgelwalze aus Händels Umfeld, wohl von J.C. Smith eingespielt mit einem Satz eines Händelschen Orgelkonzerts.
    Egal, aus welcher Schule und nach jahrzehntelanger Beschäftigung: auf dieser Walze ist Händels Musik derart reich verziert wie niemand heute das wagen würde.
    Bin ja auch einiges gewöhnt, kannte schon Koopmans und Irmtraut Krügers Aufnahmen, die sich auf diese Walze beziehen- und war doch platt beim Hören.
    Insofern wiederhole ich meine Aussage: damals wurde mit Sicherheit mehr verziert als heute üblich.

    Herzliche Grüße,
    Mike

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  • Sorry, was meinst Du? Was sagt das Cover über Verzierungen? Über Besetzungen sehr wohl...

    Genau: Das Bild auf dem Cover sagt aus, dass es durchaus Aufführungen gegeben hat, bei denen zwei Cembali auf der Bühne standen. Wobei auf dem Bild ein größeres Ensemble zu sehen ist, eher eine Art von Orchesterkonzert offensichtlich. Für die Hausmusik stelle ich mir das schon schwieriger vor: Wie viele Amateurmusiker wird es schon gegeben haben, die gleich zwei Cembali im Salon oder auf der Deele herumstehen hatten? ;)

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  • Wie viele Amateurmusiker wird es schon gegeben haben, die gleich zwei Cembali im Salon oder auf der Deele herumstehen hatten?

    Hm, wohl mehr als wir heute annehmen. Wenn man so alte Besoldungszettel liest, dann macht das schon nachdenklich: wir kennen heute z.B. Corellis Concerti Grossi als Streicherkonzerte, bezahlt für die Aufführungen damals wurden aber Oboisten, ja selbst Posaunisten.

    Und gerade Telemann spielte selbst nun so ziemlich jedes gebräuchliche Instrument- er besaß sie dann wohl auch. Gleich mehrere Cembali, Clavichorde oder sonstige Tasteninstrumente waren ganz offensichtlich nicht so unüblich, siehe CPEBach, der ja den Job Telemanns übernahm. Oft weiß man nur leider nicht genau, welche Instrumente genau das waren, also besaß CPE nun die großen Hass- Cembali nebst seinem Silbermannschen Claviere, oder doch andere, also die Instrumente der Vater- Familie?

    Ich erinnere mich noch an die Lektüre eines Berichts eines Grafen nach einem Besuch in Venedig: Vivaldis Konzerte, so schrieb er verwundert, wurden dort mit Harfen, zwei Cembali, Lauten, Theorben aufgeführt- die Continuo- Gruppe größer als das Streicherensemble.

    Barockmusik ist schon "fette" Musik, auch wenn zu wünschen ist, differenziert mit den Speckrollen umzugehen.
    Gedruckt ist diese Musik oft in der Minimalbesetzung, gewünscht ist meist mehr "Butter bei die Fische" und nicht wenige wohlhabende Familien im hanseatischen Raum konnten dem nachkommen.
    Telemann selbst schreibt, die Singstimme im "Harmonischen Gottesdienst" könne ersetzt werden durch eine Violine, Oboe- oder was gerade zur Verfügung stehe. Armut an Instrumenten schien weniger zu herrschen als die an guten Sängern.
    Ach ja, wie heute eben.... :D .

    Herzliche Grüße,
    Mike

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  • Wie viele Amateurmusiker wird es schon gegeben haben, die gleich zwei Cembali im Salon oder auf der Deele herumstehen hatten?

    Naja: ein Cembalo (oder gar Virginal oder Spinett) ist kein moderner Flügel. Die ließen/lassen sich relativ leicht transportieren. M.a.W.: man muß nicht im Besitz zweier Cembali sein: die kann auch jemand mitbringen...
    (und man kann unterstellen, daß jemand, der ein Kielinstrument spielen konnte, auch Zugang zu einem hatte. Man braucht ja auch zwei Cembalisten für zwei Cembali...)

    Egal, aus welcher Schule und nach jahrzehntelanger Beschäftigung: auf dieser Walze ist Händels Musik derart reich verziert wie niemand heute das wagen würde.

    Nochmal: Das kann man in dieser Pauschalität nicht sagen. Abgesehen vom methodischen Einwand, daß man auf einer Orgelwalze (oder heute: MIDI-File) Dinge realisieren kann, die in realiter kaum auszuführen sind und eine Orgelwalze daher auch nicht notwendigerweise representativ für das Musizierern der jeweiligen Epoche sein muß: Die Beschäftigung mit den Methodischen Sonaten von Telemann, mit Hotteterres Preludes, mit den Diminuier-Traktaten von dalla Casa, Ortiz, Ganassi et alias, mit van Eycks Fluyten-Lusthof... gehört für alle, die sich einschlägig spezialisieren, zum Pflichtprogramm. Wie gesagt: hängt vom Instrument ab bzw. aus welcher Ecke der Interpret kommt. Blockflötenspieler z.B. bekommen so etwas mit der Muttermilch eingetrichtert (gilt auch für Amateure) - höre z.B. Oberlinger, Steger, Petri, Temmingh... Bei Organisten oder Streichern ist das nicht notwendigerweise der Fall, da hängt es tatsächlich vom Interpreten ab. Ich sehe jedenfalls in den genannten Werken nichts, was bei einschlägiger Beschäftigung mit dem Thema nicht heute tatsächlich auch genau so ausgeführt wird.

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Die Beschäftigung mit den Methodischen Sonaten von Telemann

    Diese sind ja bekanntlich für Flöte und Violine gleichermaßen geschrieben, woraus erkennbar wird, dass die darin ausgeführten Verzierungen von beiden spielbar sein sollten und wohl auch gespielt wurden. Telemann hat auch "methodische" Triosonaten geschrieben, die "Scherzi metodichi". Da könnte man auch mal in die Partituren schauen.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Diese sind ja bekanntlich für Flöte und Violine gleichermaßen geschrieben, woraus erkennbar wird, dass die darin ausgeführten Verzierungen von beiden spielbar sein sollten und wohl auch gespielt wurden. Telemann hat auch "methodische" Triosonaten geschrieben, die "Scherzi metodichi". Da könnte man auch mal in die Partituren schauen.

    eben. Und die Prinzipien der Verzierung gelten ja universell, unabhängig vom Instrument, sowohl was die "notwendigen" ("französischen"; i.e. diejenigen die irgendwie vorgegeben sind, wie Triller, Mordent, Doppelschlag etc.) als auch die "willkürlichen" ("italienischen"; i.e. die Diminuierungen) betrifft. Auch wenn also die Methodischen Sonaten per se für Violine oder Flöte sind, ist die Art der darin ausgeführten Verzierungen für alle Instrumente inkl. Gesangsstimme gültig - im Rahmen des jeweils technisch Realisierbaren natürlich. Das trifft auch für Hans Martin Lindes immer noch aktuelle "kleine Anleitung zum Verzieren alter Musik" von 1958 zu, auch wenn der Autor Blockflötist ist.

    viele Grüße

    Bustopher


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    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Ich sehe jedenfalls in den genannten Werken nichts, was bei einschlägiger Beschäftigung mit dem Thema nicht heute tatsächlich auch genau so ausgeführt wird.

    Nochmal: Das kann man in dieser Pauschalität nicht sagen

    Prallen wohl zwei Meinungen aufeinander, denen beiden eigen sein will, nicht zu pauschalisieren.
    Dabei stimme ich Dir zu: mechanische Musikinstrumente können nur schwerlich Maßstab sein für "leibhaftiges" Musizieren. Hingegen bezweifle ich, dass eine Orgelwalze von ca. 1770 die technischen Möglichkeiten mitbringt, eine "dritte Hand" etc. einzubeziehen wie z.B. spätere Kompositionen ja explizit für diese technischen Möglichkeiten geschaffen wurden.
    Mein "offenstehendes Maul" beim Hören dieser Walze fand ich gänzlich wieder bei der Lektüre des Buches Badura- Skodas zu Bach, sein umfangreiches Vorwort dreht sich um nichts anderes, dem Buch lag seinerzeit eine Mini- CD bei mit Aufnahmen der Walze.
    Badura- Skoda war so ungläubig, dass er selbst sich das Instrument vorspielen ließ und an Geschwindigkeiten experimentierte, es so langsam wie nur möglich laufen zu lassen- und doch war da alles schneller und eben ausgezierter als alles, was er für möglich und vertretbar hielt innerhalb des "Guten Geschmacks". Aber eben der ist ja heikel, weil der unsere von anderen Maßstäben ausgeht als der damalige, dazu siehe dann doch wieder das Cover zum Telemann: Allongeperrücken trägt heute niemand mehr- zum Glück.

    Ganz allgemein sehe ich den Konflikt aber tieferliegend: darin, dass wir heute meinen, alles zu wissen; die damals ja rückständig waren- um es jetzt doch pauschal auszudrücken.
    Um ein fremdes Beispiel zu bemühen aus der Geschichte des Automobils: wann der Ottomotor erfunden wurde, wissen wir und nehmen an, dass Ende des 19. Jh ein Zugtier obsolet wurde.
    Aber was ist mit dem Bericht von 1596, da Zuschauer staunend sahen, wie eine Karre ohne Pferd oder Esel wie von selbst den Pfad entlangtuckerte um letztendlich "im Kot steckenzubleiben"?
    Zweifel und Fragen und ein wenig Absehen von unserer heutigen Sicherheit darf und soll erlaubt sein. Will Dir aber Deine Sicht nicht anzweifeln.

    Herzliche Grüße,
    Mike

    "Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst." Voltaire

  • Interessante Fragestellung!

    Grundsätzlich sollte man aus den vorliegenden ausgetreten Stimmen des Barock nicht zu viel ableiten wollen. Nicht alle sind so reich verziert wie die "Methodischen Sonaten" von Telemann, Corellis op. 5 von den "eminent Masters" oder diese Händel/ Smith-Walze. Es gibt auch viel schlichter ausgezierte Bespiele, auch hinsichtlich der musikalischen Qualität der Auszierungen. Mandate grundsätzlich unterstellen, daß solche überlieferten Auszierungen auch so etwas wie ein Beweis der Kunstfertigkeit und des maximal Möglichen darstellen sollen.

    Richtig ist aber, daß die Kunst des Stehgreif-Verzierens inzwischen im Fach Blockflöte nicht nur an Hochschulen gelehrt wird, sondern auch zum Bestandteil des Musikschulunterrichts gehört (jedenfalls relativ häufig)

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