Fritz Brun (Schweizer Symphoniker, 1878-1959)

  • Fritz Brun (Schweizer Symphoniker, 1878-1959)

    Hallo Capricciosi ;)

    Nachdem ich sämtliche Orchesterwerke Fritz Bruns auf CD dirigieren durfte, bin ich gerne bereit, in diesem Forum Fragen zu beantworten oder Anregungen zu geben.
    Materialien und Infos über Brun können hier gefunden werden:
    http://www.adrianomusic.com/styled-10/styled-13/index.html
    (hier befinden sich auch drei Videos)

    und es gibt auch eine Schweizer Brun-Webseite:
    http://www.fritzbrun.ch/

    Die Musik Bruns ist keine leichte Kost, doch es gibt einige Werke, die als "Einsteiger" betrachtet werden können, wie seine 2. Symphonie, sein Cellokonzert und sein Klavierkonzert. Danach würde ich die 8., dann die 5. Symphonie empfehlen.

    Gruss aus Zürich

  • Wow, ein gigantisches Angebot an Einführungen und Informationen, dann noch Kontakt zu dir als Spezialisten - ich muss mich dringend mit Brun beschäftigen.

    Ich denke ich bin nicht alleine hier, wenn ich leider zugeben muss, noch nie von dem Herrn gehört zu haben (allerdings ist mein Repertoire nach 3 Jahren des Klassikhörens auch so peinlich klein, dass ich mal lieber nicht von mir auf andere schließe ;) )

    Erfreulicherweise sind einige Aufnahmen auf Spotify, falls das hier jemanden interessiert. Selbstverstänlicherweise würde ich nach erfolgreichem Reinschnuppern auch Geld in die Hand nehmen, um in die Aufnahmen zu investieren ;)

    Was mich besonders interessieren würde, woher kommt deine Faszination für Brun? Woher kennst du seine Musik? Einem solche "unbekannten" Komponisten den Aufwand einer Gesamtaufnahme dieser Größe zu widmen muss muss doch eine ganz besondere Beziehung zu dessen Musik zugrunde liegen.
    Am spannendsten fände ich aber, zu erfahren, wie es ist Werke als Dirigent zu interpretieren, für die es kaum bis kein Referenzmaterial gibt. Die Herangehensweise beim erarbeiten von unbekannteren Werken muss doch komplett anders sein, als bei der zigsten Beethovensinfonie, oder?

    Liebe Grüße und vielen Dank für die tollen Anregungen!

  • Oh, Adriano ist hier jetzt. Ich freue mich, dass ein durch viele CDs für das Label Marco Polo bekannter Dirigent den Weg zu diesem Forum gefunden hat. Herzlich Willkommen!!

    Meine erste Bekanntschaft mit Fritz Brun machte ich durch diese Sterling-Einspielung, die ich schon einige Jahre besitze, aber nur selten höre.

    Ich wusste überhaupt nicht, dass es auf Guild inzwischen weitere Einspielungen gegeben hat.

    Hier eine kleine Auswahl bereits veröffentlichter CDs, die auch noch nicht nur zu Mondpreisen zu erwerben sind.

    Dazu kommt eine D, die Brun selbst dirigiert hat :

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Adriano zu Fritz Brun I

    Hallo Maurice, hallo MrFezaeh, Danke für Eure Meldungen :)
    Mit Fritz Brun beschäftigte ich mich schon einige Jahre früher als ich endlich diese Aufnahmen machen durfte. Ich kannte jedoch nur ein paar Rundfunk-Konzertmitschnitte, die nach seinem Tod gemacht wurden - und den vereinzelten Satz (ebenfalls ein Rundfunkmitschnitt) aus einer Symphonie auf LP, die 1964 erschienen war, sowie die Partituren der drei einzigen gedruckten Symphonien (2,3 und 4). 1994 und 1995 waren zwei Aufnahmen der 2. Symphonie erschienen sowie eine Aufnahme der Variationen für Streicher und Klavier, jedoch auf Labels, die heute nicht mehr leicht zugänglich, und ebenfalls Radio-Produktionen sind.
    Als erste aufzunehmende hatte mich mit Absicht gerade für die sperrigste (3.) Brun-Symphonie entschlossen, um die Musikwelt (und vor allem die Schweiz, die sich wegen ihrer Brun-Unterschätzung schämen sollte!) mit einem musikalischen Monolithen zu konfrontieren, und auch fast wie ein Racheakt gegen all meine Kollegen und Konzertmanager, die Brun nicht kannten oder verachteten (noch heute werde ich für mein Engagement manchmal belächelt - vor allem hierzulande). Und es war noch gar nicht die Rede von einer Gesamtaufnahme...
    Als endlich genug Sponsoring für die erwähnte Sterling-CD zusammengebracht werden konnte (heutzutage muss für eine CD immer 100% des Budgets aufgetrieben werden, sonst geht nichts mehr, also liegt den Verdienst nicht mehr in erster Linie bei den Labels, die sich bereitstellen mitzumachen), meldete sich der (inzwischen leider verstorbene) Sohn des Komponisten, der über meine Liebe für Bruns Musik mehr erfahren wollte - um sich dann zu entschliessen, diese gesamte Projekt zu finanzieren.
    Im Konzertsaal wird heutzutage Brun praktisch nicht mehr gespielt, wobei er damals öfters - und erfolgreich - aufgeführt wurde. Es gibt z.B. Symphonien, die innert 1-2 Monaten in drei verschiedenen Schweizer Städten von drei verschiedenen Orchestern und Dirigenten gespielt wurden, sowas kommt sonst heute auch nicht mehr vor! Die (schwierigste) 3. Symphonie erklang 1925 sogar im Grossen Musikvereinssaal in Wien, mit den Philharmonikern unter der Leitung von Felix Weingartner. Brun selbst war bereits 1917 nach Wien eingeladen worden, seine 2. Symphonie mit dem Konzertvereins-Orchester (so hiess es damals) zu dirigieren; einige Tage später dirigierte er Brahms' 3. Symphonie und die Alt-Rhapsodie - und einen Tag danach begleitete er am Klavier einen Lieder-Rezital (abwechselnd mit Othmar Schoeck)! In anderen Worten soll auch nicht vergessen werden, dass Brun ein grossartiger Dirigent und Liedbegleiter war. Die historische Guild-CD mit der 8. Symphonie ist leider das einzige Radio-Dokument mit Brun als Dirigent, das noch überlebt hat.
    Ich bin jedoch nach wie vor der Meinung, dass die meisten dieser 10 Brun-Symphonien nicht für ein gängiges Abonnement-Publikum seien, es sind echt anspruchsvolle Werke, was ein mehrfaches Anhören bedarf, um des Komponisten Gedankengängen nachzuvollziehen und zu schätzen - also ideal für CD-Aufnahmen, um sie in aller Ruhe und mit Geduld zuhause zu geniessen.
    Ich mag dieses Art sanguinische Musik, weil ich mich intensiv (und auch sehr lange) mit Bruns Stil, seiner musikalische Konzeption und mit seinem Charakter auseinandergesetzt habe - und mich sogar darin selber wiedererkenne. Hätte nie gedacht, dass ich in meinem "eher hohen" Alter noch diese tolle Chance bekommen würde, nachdem ich von Marco Polo/Naxos rausgeworfen wurde und es auch für weitere Sterling-CDs leider keine Chancen mehr gab.

  • Ohje! Fritz Brun! Das ist wirklich schwere Kost!
    Zunächst finde ich es großartig, dass der Dirigent in höchst dero selbst eigener Person hier schreibt! ;) Toll!
    Und ich möchte auch anmerken, dass es an der Qualität der Einspielungen nichts zu kritteln gibt... meine Hochachtung vor dieser künstlerischen Leistung!

    Was die Musik von Brun selber angeht. Ich hatte mir die Einspielungen der 5., 6., 7. und 10. vor 2 Jahren zugelegt, mehrfach konzentriert durchgehört... und es ist leider echt nicht meine Musik!
    Ich weiß nicht, warum ich damit nicht warm geworden bin, wo ich doch eigentlich ausschließlich hoch- und spätromantische Sinfonien höre und stets auf der Jagd nach mir unbekannten Werken bin. Ich glaube, dass musikalische Material war mir einfach nicht prägnant genug. Es hat mich einfach nicht gepackt. Ich gestehe, mit den Furtwängler-Sinfonien konnte ich mich auch nicht anfreunden...

    Aber der Thread ist doch ein guter Anstoß noch mal einen Versuch zu wagen. Ich glaube, dann versuche ich es mal mit der 2., wenn die schon vom Dirigenten selber als Einstiegswerk empfohlen wird. Wäre nicht das erste mal, dass ich nach einem gewissen zeitlichen Abstand doch noch Zugang zu einem Komponisten bzw. Werk finde...

    Was heißt hier modern? Betonen Sie das Wort mal anders! Richard Strauss

  • Ich bin jedoch nach wie vor der Meinung, dass die meisten dieser 10 Brun-Symphonien nicht für ein gängiges Abonnement-Publikum seien, es sind echt anspruchsvolle Werke, was ein mehrfaches Anhören bedarf, um des Komponisten Gedankengängen nachzuvollziehen und zu schätzen - also ideal für CD-Aufnahmen, um sie in aller Ruhe und mit Geduld zuhause zu geniessen.

    Ich sehe es vielleicht ein wenig anders. Brun hatte, wie viele seiner Kollegen auch, den großen Nachteil, dass während seines Lebens eine Reihe absolut hochkarätige Komponisten aktiv waren, wie z.B. Schönberg, Mahler, Bruckner, Richard Strauss, Max Reger oder der späte Brahms. Dazu die Spaltung "pro Wagner" oder "pro Brahms", aber auch der Aufbruch in die Moderne durch Ravel, Debussy, Prokofiew und die Zweite Wiener Schule.

    Wenn man bedenkt, dass dann noch Alexander von Zemlinsky,Franz Schmidt, Emil N. von Reznicek, Siegmund von Hausegger, Hans Rott (der ja auch erst die letzten 10-20 Jahre aus seinem Schattendasein hervorgeholt worden ist, Othmar Schoeck, Ersnt Toch aber auch die komponierenden Dirigenten wie Furtwängler, Bruno Walther und Felix von Weingartner aktiv waren, lässt erkennen, dass hier eine Reihe von Kollegen Bruns sind, die auch eine gewisse Bedeutung hatten.

    Dem Schweizer Hans Huber erging es auch nicht besser. Den kennt heute auch kaum noch jemand, trotz einer nicht schlechten Gesamteinspielung seiner Sinfonien, übrigens ebenfalls bei Sterling.

    Ich höre gerade Bruns Dritte, um überhaupt mal wieder ein Hörgefühl für ihn zu bekommen, wenn auch nur mal in Ansätzen. Mir persönlich erschließt sich die Harmonik recht problemlos (ich bin durch den Jazz Einiges gewohnt), sie erscheint mir dabei nicht groß auszubrechen sprich, die Erweiterungen bis an den Rande der Tonalität, die der sehr späte Bruckner, Mahler und Strauss bereits gegangen sind, geht Brun hier NOCH nicht. Da ich nur die Sinfonie als Aufnahme besitze, kann ich nicht sagen, was er später noch schrieb, aber diese Dritte hier entstand immerhin 1919, also zu einer Zeit, als Mahler bereits 8 Jahre tot war.

    Auch das Doppelbödige eines Mahler fehlt hier völlig. Der 2.Satz der Dritten bezieht sich immerhin auf ein Volkslied, einem Thema, dass sich Mahler ebenfalls stellte. Doch dieser tat dies weitaus "komplexer" als es Brun tat. Ich möchte nicht den Begriff "bieder" oder "traditionell" gebrauchen, aber gemessen an seinen Zeitgenossen oder Heinz Tiessen, Emanuel Erdmann, Ervin Schulhoff, Viktor Ullmann oder Pavel Haas, die alle ebenfalls während Bruns Lebenszeit aktiv waren, sehe ich Brun im Moment nicht gleichauf.

    Doch wie gesagt, ich bin absolut kein Kenner der Werke Bruns, sondern besitze lediglich EINE Einspielung EINES Werkes. Daher ist mein Bild auf ihn noch sehr trübe und bedarf weiterer Werke, um hier ein faires Feedback abzugeben.

    Ich möchte damit auch nur andeuten, dass mir die Musik dieser Zeit nicht unbekannt ist, und ich von all den hier erwähnten Komponisten Einspielungen vorliegen habe. Auch das besagt nichts über die Musikqualität eines Fritz Brun aus, aber etwas über meine Hörgewohnheiten, was die Musik dieser Zeit angeht.

    Da bis jetzt auch nur zwei User des Forums überhaupt zur Musik Bruns Beiträge verfasst haben, zeigt vielleicht auch ein wenig, wie wenig bekannt er immer noch ist.

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Wenn man in den Tiefen des Forums forscht (gerade Raritäten abseits der Hauptstraßen erfahren hier bisweilen besondere Wertschätzung!), findet sich sogar das eine oder andere zu Fritz Brun und auch zu Deinen Einspielungen, lieber adriano, z. B. diese Besprechung:
    Eben gehört - 2011/12

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Danke sehr, Gurnemanz, für Deinen früheren Beitrag :)
    Danke auch an Maurice:
    Bruns 1. Symphonie (seine Konservatoriums-Abschlussarbeit) wurde 1902 uraufgeführt (in Arnheim!), da war Brahms schon 5 Jahre tot, also nicht mehr "aktiv". Reger ist 1916 gestorben, also konnte er auch nicht mehr lange aktiv sein. Brun hat übrigens so oft Reger in der Schweiz aufgeführt wie keiner seiner Dirigenten-Kollegen.
    Die erste Schweizer Aufführung eines Brun-Orchesterwerkes ("Aus dem Buch Hiob") erfolgte 1906, dann folgte die 2. Symphonie (1911), "Verheissung" (1917) und die 3. Symphonie (1919) usw. Und, was die von Dir anderen erwähnten Komponisten betrifft, die waren nicht so bekannt in der Schweiz, ausser Bruckner, Reger und Strauss. Und auch Wagner, natürlich. Und, wenn Du schon Schoeck dazulistest, was ja stimmt, der hat überhaupt keine Symphonien komponiert und Musik total anders angepackt als Brun (obwohl er mit ihm ein Leben lang eng befreundet war). Schoeck war zu Lebzeiten öfters gespielt als Brun, vor allem im Ausland, und dies vor allem, weil sich Musikverlage für ihn massiv einsetzten. In der Schweiz hat sich Brun jedenfalls mehr für Schoeck eingesetzt als umgekehrt (obwohl Schoeck auch Dirigent war, doch ich vermute, Brun war von Schoeck als Dirigent nicht so begeistert).
    Das meiste von Bruns Oeuvre steht in Manuksriptform und Brun selbst war ein sehr bescheidender Mensch, der sich nie aufdrängen wollte. Und, vor allem, hatte er als Dirigent eines Symphonieorchesters und zweier Chöre ein unglaubliches Pensum zu absolvieren, nebst seinen Verpflichtungen als Familienvater - also gab es kaum Zeit, um herum zu hofieren. Es waren auch schwierige Zeiten - und Brun kümmerte sich gar nicht um Aufführungen seiner Werke im Ausland. Die weiter oben erwähnte Wiener Aufführung unter Weingartner und die andere unter Brun selbst sind Einzelfälle. "Verheissung" wurde am Schweizer Musikfest Leipzig von 1918 gespielt, zusammen mit Bruns Schoeck-Orchestrierungen (drei Lieder). Dann gab es ein 1936er Konzert, das der damalige Nazi-Sympathisant Robert F. Denzler in Berlin mit dem Philharmonischen Orchester dirigierte, es enthielt nebst Schoeck und Frank Martin auch Bruns 2. Symphonie, doch Brun bereitete dies keine grosse Freude (auch weil das Programmblatt mit Hakenkreuz und Schweizerfahne verziert war - es war ein sogenanntes "Austauschkonzert", was ich einen unter weiteren Schweizer "braune Zunge"-Anlass bezeichne, von Diplomaten organisiert). Auf dem Programmzettel des Konzerts steht immerhin, dass Bruns Symphonie bisher (also innert 25 Jahren) 14 Mal in der Schweiz gespielt worden sei (darunter je vier Mal in Zürich und in Bern) - für Schweizer Verhältnisse echt sensationell. Brun hatte die Nase voll von Deutschland bereits während seines Kölner Studiums und des nachfolgenden Berliner Aufenthalts. Aus seinen Briefen erfährt man dies, also war es ihm völlig egal, dass er später in Deutschland unbekannt war.
    Was Deine Bemerkungen zu Bruns 3. Symphonie betrifft: es geht nicht um moderne Tonalitäten, sondern um Akkorde und deren harmonischen Wendungen. Und um den metamorphosenhaften Umgang mit seinem thematischen Material, was er später immer mehr perfektionierte und gewagter machte. Die letzten Variationen des 2. Satzes sind, meiner Meinung nach bereits sehr modern und hoch originell - nebst der absolut faszinierenden Instrumentierung. Warum Komponisten immer mit anderen Vergleichen? Warum gerade mit Toch, Schulhoff und Haas? Die sind doch eine total andere Welt. Da könnte man auch noch Strawinsky und Charles Ives hinzuziehen, oder?... Ich finde, man sollte bei noch nicht bekannten oder vergessenen Komponisten unbefangenere Massstäbe setzen und sich zuerst die Ohren gründlich auswaschen. Und einmal vergessen, was die eigenen Lieblingskomponisten sind, die man ohnehin im Voraus immer besser findet und die Ohren verstopft haben.

  • @ Gneisenau

    Danke auch für Deinen Beitrag. Ich warne Musikliebhaber immer gut genug vor Fritz Brun 8)
    Und schliesslich ist es auch Geschmackssache. Auch ich bin durchaus in der Lage, einige Werke Bruns kritisch, oder einige Sätze seiner Symphonien als nicht gelungen zu betrachten.
    Die 1. und 2. Sinfonie sind - für Einsteiger - sehr melodisch und "romantisch". Versuche es auch mit dem Cello- und Klavierkonzert! Oser mit den sehr schönen Variationen für Streichorchester und Klavier.
    Im Brun-Kapitel meiner Website gibt es drei Kurzfilme, die vielleicht helfen können... An einer über 60 Minuten dauernden Video-Doku über Bruns Leben und Schaffen arbeite ich seit längerer Zeit; sie wird Mitte dieses Jahrs vollendet.
    Also hier nochmals die Links:
    http://www.adrianomusic.com/styled-10/styled-13/index.html

  • Was Deine Bemerkungen zu Bruns 3. Symphonie betrifft: es geht nicht um moderne Tonalitäten, sondern um Akkorde und deren harmonischen Wendungen. Und um den metamorphosenhaften Umgang mit seinem thematischen Material, was er später immer mehr perfektionierte und gewagter machte. Die letzten Variationen des 2. Satzes sind, meiner Meinung nach bereits sehr modern und hoch originell - nebst der absolut faszinierenden Instrumentierung. Warum Komponisten immer mit anderen Vergleichen? Warum gerade mit Toch, Schulhoff und Haas? Die sind doch eine total andere Welt. Da könnte man auch noch Strawinsky und Charles Ives hinzuziehen, oder?..

    Stopp !! Ich habe einfach nur beschreiben wollen, dass die ganze Musik im Wandel der Zeit war, und extra eine große Bandbreite an Komponisten aufgezählt, die damals aktiv gewesen waren. Ich hätte in der Tat Strawinsky oder Ives, vielleicht auch Dvorak, Suk und Tschaikowsky erwähnen können, doch ich habe mich bewusst auf die beschränkt, die im deutschsprachigen Raum (wobei die Schweiz eine Ausnahme ist) eine mehr oder weniger wichtige Rolle gespielt haben.

    Ich habe übrigens zum Zeitpunkt meines Postings noch den Brun gehört, und gebe Dir recht. Wenn man weiterhört, wird man von modernen Harmonien überrascht.

    Mein "Vergleich" mit Mahler und eingeschränkt mit Bruckner sollte sich in allererster Linie um die Weiterführung der Harmonik beziehen, die Mahler in seiner unvollendeten "Zehnten" noch als Gerüst hatte komponieren können. Ebenfalls habe ich geschrieben, dass mir von Brun nur dieses eine Werk auf CD vorliegt, und daher mir nur eine eingeschränkte Sicht zur Verfügung steht.


    Ich finde, man sollte bei noch nicht bekannten oder vergessenen Komponisten unbefangenere Massstäbe setzen und sich zuerst die Ohren gründlich auswaschen.

    Auch hier ein klares Veto meinerseits. Ich bin gerade im Bereich der Romantik/Spätromantik und Frühe Moderne recht gut bestückt mit Einspielungen (alle erwähnten Komponisten habe ich zumindest gehört, und/oder besitze auch entsprechende Einspielungen von dessen Werken. Von den nicht erwähnten britischen oder nordischen Komponisten ganz zu schweigen.

    Viele Grüße sendet Maurice

    Musik bedeutet, jemandem seine Geschichte zu erzählen und ist etwas ganz Persönliches. Daher ist es auch so schwierig, sie zu reproduzieren. Niemand kann ihr am Ende näher stehen als derjenige, der/die sie komponiert hat. Alle, die nach dem Komponisten kommen, können sie nur noch in verfälschter Form darbieten, denn sie erzählen am Ende wiederum ihre eigene Geschichte der Geschichte. (ist von mir)

  • Danke sehr, Gurnemanz, für Deinen früheren Beitrag :)

    Gern geschehen. Der Beitrag, auf den ich verlinkt habe, stammt aber nicht von mir. Bislang habe ich noch keine eigenen Erfahrungen mit Fritz Brun sammeln können. Kommt vielleicht noch... ;)

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • In einem englischsprachigen Forum (UC) hat Adriano kürzlich folgendes berichtet:

    After Guild have closed down their Switzerland Office, Guild UK have decided to cancel their Swiss catalogue, including my 9 Fritz Brun CDs - this with immediate effect. I am dealing now with the take-over by another label (preferably in the form of a boxed bargain edition, including the Sterling issue of the 3rd Symphony as well). Since these CDs were all commissioned productions, all rights remain with the sponsor, which is the Brun estate. Keep your fingers crossed with me that this deal will be successful!

    Wer befürchtet, dass der Deal nicht zustande kommt, sollte sich vielleicht noch rechtzeitig eindecken.

    Ich kenne auch erst wenige Symphonien des Komponisten, im anderen Forum schrieb ich.

    Fritz Brun - Symphonie Nr. 9

    [Blockierte Grafik: http://www.jpc.de/image/w300/front/0/7054833]

    Diese Symphonie wurde am 28.7.1950 vollendet und im Dezember des gleichen Jahres vom Freund Volkmar Andreae und dem Tonhalle Orchester aus der Taufe gehoben. Stilistisch kann ich zwischen der 50 Jahre zuvor entstandenen ersten Symphonie (die inzwischen bestimmt fünf Mal gehört habe) und der neunten keine wesentlichen Unterschiede ausmachen. Brun bekennt sich eindeutig zur tonalen Musik und es finden sich kaum Andeutungen von Modernismen. Was mich persönlich nicht weiter stört. Die 9. ist fünfsätzig und spielt knapp unter 45 min. Den Sätzen sind Titel beigegeben: Vorspiel - Serenade - Liebesruf - Im Kreis der Freunde - Glaube und Zweifel - Lob Gottes und der Natur. Die Titel legen schon nahe, dass es hier nicht besonderes dramatisch zugeht und tatsächlich würde ich es als Pastoralsymphonie einstufen, ein langes Orchesteridyll. Die fehlende Dramatik hat schon einen Kritiker der UA gestört, mich stört das gar nicht. Die Musik erinnert entfernt an Mahler in seinen ruhigen Mittelsätzen oder an Delius. Mir gefällt die Musik ausgesprochen gut, sie hat schöne melodische Eigenheiten, ist wunderbar orchestriert und man kann in einem Wohlklang baden, der aber nie zum Selbstzweck wird oder aufgesetzt wirkt. Eine intensivere Beschäftigung mit dieser Musik lohnt bestimmt.
    Tamino Adriano scheint dieses Stück sehr am Herzen zu liegen und an den Leistungen seines Moskauer Orchesters ist auch nichts auszusetzen.


    Fritz Brun Symphonie Nr. 2
    Mit der zweiten Symphonie von Fritz Brun habe ich meine Probleme, warum gerade diese seine erfolgreichste gewesen ist, verstehe ich nicht. Sie wirkt auf mich etwas unstrukturierter und amorpher als die anderen beiden (1 + 9), die ich kenne. Der Brahms-Epigonen-Vorwurf ist natürlich albern. Es gibt eine Passage im ersten Satz, die tatsächlich nach Brahms klingt, aber ansonsten ist die Musik so brahmsisch wie die von Schostakowitsch mahlerisch. Tatsächlich erinnert mich die Musik von Brun in ihrer Klangphantasie eher an die von Mahler als an die von Brahms, der nun nicht gerade durch Klangphantasie aufgefallen ist. Aber in der Musik von Brun gibt es keine wirklichen Mahlerismen, Brun ist schon sein eigener Mann.
    Mehr überzeugt als die 2. Symphonie hat mich der beigegebene Symphonische Prolog, immerhin auch gut 20 min lang. Ähnlich positiv habe ich auch die Tondichtung "Aus dem Buch Hiob", die die 9. Symphonie begleitet, aufgenommen. Wer mehr über all diese Stücke erfahren möchte, sei auf Adriano's website verwiesen, wo alle ausführlich charakterisiert werden.


    Fritz Brun Cellokonzert (1947)

    [Blockierte Grafik: http://www.jpc.de/image/w300/front/0/3366576]

    Fritz Bruns Cellokonzert entstand 1947, die UA fand am 12. Oktober 1948 in Bern statt, Solist war Richard Sturzenegger, der Dirigent niemand Geringeres als Carl Schuricht. Das knapp halbstündige Werk hat die üblichen drei Sätze: Allegro moderato - Andante sostenuto con sentimento - Allegro animato.
    Das eher lyrisch geprägte Werk, bei dem auch dem Orchester eine tragende Rolle zukommt, erinnert vom Stimmungsgehalt ein wenig an Brahms' Doppelkonzert. Ein Werk, das sich nicht aufdrängt, aber viele Schönheiten enthält, die man in ihrer ganzen Fülle vermutlich erst bei mehrmaligem Hören erfasst.
    Das Spiel von Claudius Herrmann ist untadelig und inspiriert und das slowakische Symphonieorchester spielt unter der Leitung von Adriano sehr klangschön und ist auch bestens aufgenommen. Freunde der Spätromantik können hier nichts falsch machen. Fritz Brun gilt weiterhin mein Interesse, viele ungehörte Symphonien warten da noch.

    Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.

  • Fritz Brun 3. Symphonie

    Im stream habe ich mir gerade die 3. Symphonie von Fritz Brun angehört. Das 60-minütige Werk in drei Sätzen ist eine Art Brun'scher Alpensymphonie, die aber mit dem Strauss'schen Werk wenig gemein hat. Das Werk ist weniger glänzende Oberfläche, dafür wirkt es beim ersten Hören tiefgründiger, philosophischer. Aber mit einmaligen Hören ist es hier wohl eh nicht getan, das Werk muß man sich hörend erarbeiten. Die hervorragende Arbeit des Moskauer SO macht auch Lust darauf, es zu tun.

    Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.

  • Hallo Lutz,

    danke Dir für diese Hinweise.
    Ähnliches zum "Untergang" von Guild sowie der Verfügbarkeit der Brun-Aufnahmen schrieb Adriano auch im Tamino-Forum.

    Gerne würde ich mich mit den verfügbaren Brun-CDs eindecken, allein sie sind mir aktuell einfach zu teuer (bald ausverkauft hin oder her).
    Ich drücke Adriano (und mir! :D ) jedenfalls beide Daumen für eine baldige, günstige Wiederveröffentlichung.

    Viele Grüße
    Frank
    :cincinbier:

    "it's hard to find your way through the darkness / and it's hard to know what to believe
    but if you live by your heart and value the love you find / then you have all you need"
    - H. W. M.

  • Gerne würde ich mich mit den verfügbaren Brun-CDs eindecken, allein sie sind mir aktuell einfach zu teuer (bald ausverkauft hin oder her).

    Hallo Frank
    die Ideallösung wäre natürlich, wenn unser Werbepartner - der jetzt hoffentlich mitliest - die Guild-Restbestände günstig erwirbt und an uns "weiterreicht".

    Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.

  • Fritz Brun-Box auf Brilliant Classics

    Liebe Freunde und Interessenten

    Nun hat es doch noch geklappt, dass all meine Fritz-Brun-CDs im April 2019 in einer schönen preisgünstigen 11-CD-Box bei Brilliant wiederaufgelegt werden. Das heisst also alle 9 Guild-CDs, plus die Sterling-CD und die historische CD von Guild mit Brun als Dirigent (als Bonus). Es wird nur ein dünnes Booklet geben, doch im Fritz-Brun-Kapitel meiner Webseite befinden sich (bereits jetzt) eine Kurzbiografie Bruns, all meine Werk-Einführungen (neu revidiert), Fotos usw.

    http://adrianomusic.com/styled-10/styled-13/index.html

    Zurzeit vollende ich einen 90-Minuten-Dokumentarfilm über Fritz Brun, der zwar nicht als kommerzielle DVD erscheinen wird. Es besteht zu wenig Interesse; auch TV-Stationen haben sich von diesem Projekt distanziert, also produziere ich es selber. Daraus wird eine Gratis-DVD, die an Interessenten verschenkt wird. Die Bonus-Videos zu dieser DVD befinden sich bereits im erwähnten Kapitel zum Anklicken :)

  • Das ist in der Tat sehr sehr erfreulich, werter Adriano!

    Danke für Dein grosses Engagement für meinen famosen Landsmann, der im
    letzten Jahrhundert das Musikleben meiner Heimatstadt Bern (als Dirigent und Komponist und Kulturförderer) massgeblich geprägt hat.

    An Deinem Video bin ich natürlich allemal interessiert, zumal ich gerade gestern mit dem Brun-Enkel über Dein tolles Projekt gesprochen habe, der in meiner unmittelbaren Nähe wohnt und dessen Familie ich seit Jahren kennen darf.

    Danke für Deine Kompetenz und Hartnäckigkeit und für Deine Generosität allemal.

    Die fazettenreichen, tiefgründig-sperrigen Werke Fritz Brun's sind es wert, entdeckt und minutiös studiert zu werden. Grosse Empfehlung von meiner Seite!

    Herzlich grüsst Dich aus Bern
    Walter

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