Wessen Stimme bringt/brachte „Felsen zum Weinen“?

  • Wessen Stimme bringt/brachte „Felsen zum Weinen“?

    Hallo miteinander,

    vor ein paar Tagen habe ich mich mit einem Freund über Stimmen von Opernsängern/innen unterhalten.

    Dabei ist mir bei einer Stimme das schöne Lied von Reinhard Mey eingefallen: „Ich wollte wie Orpheus singen, dem es einst gelang, Felsen selbst zum Weinen zu bringen mit seinem Gesang. Wilde Tiere scharten sich friedlich um ihn her, wenn er über die Saiten strich schwieg der Wind und das Meer.“

    Die Stimme, die für mich sprichwörtlich „Felsen zum Weinen“ bringt, ist und war die von Giuseppe di Stefano in seinen Glanzjahren. Ein Musiker des Londoner Symphony Orchesters meinte 1947 „Wenn man ihm länger zuhörte, konnte man in sich eine Energie aufbauen, die für ein ganzes Leben reichte“. Das kann ich irgendwie verstehen, sein Timbre konnte Eis zum Schmelzen bringen – für mich. Beispiele sind viele zu finden, wie sein „Faust“, sein „Pinkerton“ oder seine unvergänglich beseelt gesungenen Lieder aus Neapel. :juhu: :juhu: :juhu:


    So, das war meine „Schmelz- und Wein-Stimme“, habt Ihr auch eine?

    Liebe Grüße von Kristin aus München

    :wink: :wink:

    Vom Ernst des Lebens halb verschont ist der schon der in München wohnt (Eugen Roth)

  • habt Ihr auch eine?

    Ja!

    Janet Baker hat(te) auch diese "orphische Stimme". Unvergleichlich vor allem bei Mahler: Passagen wie "Des Abends wenn ich schlafen geh, denk ich an mein Leide" aus dem ersten bzw. "Da wußt' ich nicht, wie das Leben tut, war alles, alles wieder gut!" aus dem letzten der Lieder eines fahrenden Gesellen: da ist wirklich alles, alles wieder gut!

    In dieser Aufnahme unter Barbirolli:



    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Der Vergleich ist etwas hochgegriffen, aber eine Stimme die mich immer ungemein fasziniert hat ist - um mal ein ganz anderes Genre ins Spiel zu bringen
    Esther Ofarim :juhu: :juhu: :juhu:

    Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum (Nietzsche)
    In der Tat spuckte ... der teuflische Blechtrichter nun alsbald jene Mischung von Bronchialschleim und zerkautem Gummi aus, welchen die Besitzer von Grammophonen und Abonnenten von Radios übereingekommen sind Musik zu nennen (H Hesse)
    ----------------------------
    Im übrigen bin ich der Meinung, dass immer Sommerzeit sein sollte (gerade im Winter)

  • Oh, für mich gibt es so einige Stimmen die Felsen zum weinen bringen können, hier die für mich anrührendsten:
    Maria Callas (manchmal genügen ein paar Takte)
    Fritz Wunderlich
    Joseph Schmidt
    Erna Berger
    Rolando Villazón.
    Im übrigen mag ich das Lied von Reinhardt Mey auch sehr, denn das war auch mein Lebenstraum, aber leider... :rolleyes:

    Ein Paradies ist immer da, wo einer ist, der wo aufpasst, dass kein Depp reinkommt...

  • Liebe Leute,

    Janet Baker kenne ich nur namentlich (nach der Amazon-Rezension muß die CD wundervoll sein), Maria Callas, ja, wenn ich nur an ihre Norma denke.

    Und Esther Ofarim in ihrer Art konnte das auch, das stimmt. Kann man gar nicht so wirklich beschreiben, aber war so.

    Was für eine große Freude Musik doch machen kann, die vielen Richtungen.


    Liebe Grüße

    Kristin

    Vom Ernst des Lebens halb verschont ist der schon der in München wohnt (Eugen Roth)

  • Liebe Kristin!

    Meine Lieblingsstimmen, da muss ich zu den Damen gehen, einmal Hilde Güden

    oder Wilma Lipp, die berühmte Königin der Nacht u.a.

    aber auch Gundula Janowitz oder Emmy Loose.

     

    Übrigens Esther Ofarim war wirklich blendend, so unverkennbar in ihrer Stimme. :pfeif: :pfeif:

    Liebe Grüße sendet Dir Peter aus Wien. :wink: :wink:

  • Liebe Freundinnen und Freunde der leichten? Muse, bis in alle Ewigkeit: Maria Callas, Maria Callas und nochmals Maria Callas!!!!!
    Ich bin zwar aus Granit, aber geweint habe ich bei den Bachkantaten "Ich habe genug" und "Mein Herz schwimmt im Blut" gesungen von Lorraine Hunt-Lieberson.

    Liebe Musikkristin, Janet Baker mußt Du unbedingt kennenlernen! Sie ist einfach großartig.

    Leidenschaftliche Grüße von calisto

  • Natürlich gibt es Stimmen, die mich zum Weinen bringen.


    Vor Jahren hörte ich Montserrat Caballe in einem Liederabend. Manche behaupten, ihre Stimme wirkt kalt. Ich empfinde das ganz anders.

    Sie fing an zu singen und mir kamen sofort die Tränen, so entzückt war ich über ihre Stimme. Meine mir unbekannte Nachbarin schaute mich an und auch sie hatte Tränen in den Augen und wir beide wußten, wir empfanden in diesem Moment genau das Gleiche. Es mag jetzt sehr emotional klingen, aber es war einer meiner erhebendsten Momente beim Hören einer Gesangsstimme.


    Die Stimme des jungen Placido Domingo konnte mich in totales Entzücken versetzen, z. B. hier


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    oder auch Domingo als Otello


    [Blockierte Grafik: http://ecx.images-amazon.com/images/I/51EPCMBDE5L._SS500_.jpg:fee: :fee:


    Liebe Grüße

    :jub:


    Ramona

  • Ganz aktuell und völlig unerwartet schaffte es Jonas Kaufmann mit einigen Versen seiner schönen Müllerin meine Tränen in Gang zu setzen und sogar über Rundfunk mit seiner Version der Gralserzählung.

    Gute Nacht
    Ingrid

  • Liebe Forianer,
    mich rühren besonders die Stimmen folgender Künstler an:
    Maria Callas, Pippo, Fritz Wunderlich, Rudolf Schock und von den lebenden RV, wenn er bei Stimme ist!

    Gruß und gute Nacht,

    scherchen

    "Music is the voice of the all - the divine melody - the cosmic rhythm - the universal harmony." aus Music for all of us (Stokowski, 1943)

  • Die Stimmen, die Felsen zum Weinen bringen, sind für mich aus der Vergangenheit Kathleen Ferrier (unerreicht ihr Orpheus, zum Niederknieen ihre Interpretation von Mahler) und in der Gegenwart Elisabeth Kulman (vor allem auch dann, wenn sie das Ferrier-Fach singt).

    Michael

  • Ganz aktuell und völlig unerwartet schaffte es Jonas Kaufmann mit einigen Versen seiner schönen Müllerin meine Tränen in Gang zu setzen und sogar über Rundfunk mit seiner Version der Gralserzählung.

    Gute Nacht
    Ingrid


    Liebe Ingrid,

    das kann ich Dir nachfühlen. Er hat ein besonderes Timbre und auch seine Interpretationen gehen einem wirklich unter die Haut. :juhu: :juhu: Um Deine "Schöne Müllerin" in München beneide ich Dich wirklich.

    LG Ramona :wink:

  • Hallo zusammen,

    es gibt einige Sänger/innen die ich sehr gern höre. Das Erlebnis wirklich zutiefst berührt von einer Stimme zu sein, hatte ich allerdings noch nicht. Jedenfalls nicht im Sinne des Threadtitels.

    Das direkte "hautnahe" Erleben scheint mir hier eine wichtige Rolle zu spielen. Einen Menschen, den ich direkt vor mir habe und den ich beim Ausüben seiner Kunst bewundern kann, werde ich viel eher in mein Herz lassen, als eine Stimme aus einer Konserve. Wobei ich letztere sehr schätze, da sie zumindestens für mich die einzige Möglichkeit ist, die wunderschöne Stimme einer Sängerin oder eines Sängers zu bewundern. Am stärksten beeindruckten mich bisher die Stimmen von Maria Callas, Nicolai Gedda, Fritz Wunderlich, Simon Keenlyside und Rolando Villazon. Das die Herren hier die Mehrheit bilden, ist kein Zufall. Ich finde männlich Stimme schöner als weibliche. Warum vermag ich nicht zu sagen. Aber wenn ich mir die Postings in diesem Threas so ansehe, u.a. das von unserem gestreiften Opernfreund Peter, könnte ich fast folgende Theorie aufstellen: Wir empfinden von Natur aus die Stimmen des anderen Geschlechts schöner. Kann das sein?

    LG

    Maggie

    Wenn Einer kümmt un tau mi seggt, Ick mak dat allen Minschen recht, Dann segg ick: Leiwe Fründ, mit Gunst, O, liehr'n S' mi de swere Kunst. - Fritz Reuter


  • Das die Herren hier die Mehrheit bilden, ist kein Zufall. Ich finde männlich Stimme schöner als weibliche. Warum vermag ich nicht zu sagen. Aber wenn ich mir die Postings in diesem Threas so ansehe, u.a. das von unserem gestreiften Opernfreund Peter, könnte ich fast die Theorie aufstellen, das wir von Natur aus die Stimmen des anderen Geschlechts als die schöneren empfinden. Kann das sein?

    LG

    Maggie


    Liebe Maggie,

    mir geht das auf jeden Fall so. Es gibt schon einige weibliche Stimmen, die ich sehr mag. Aber Männerstimmen berühren mich auf jeden Fall viel stärker und sie sind auch bei mir in der Überzahl.

    LG Ramona

  • Ja, Maggie, das mag stimmen. Auch wenn mich der Gesang meiner Geschlechtsgenossen ebenfalls sehr anrührt, z. B. Fischer - Dieskau mit den beiden Mahler - Zyklen oder Wunderlich u. a. mit seiner unvergleichlichen Interpretation von " Granada " :

    Maria Callas, Christa Ludwig ( z. B. Altrhapsodie ), Jessye Norman ( Strauss : Im Abendrot ) oder Ileana Cotrubas sind die beste Medizin für meine zu trockenen Augen.....


    Ciao. Gioachino :fee:

    miniminiDIFIDI

  • Nein, er hatte vielleicht, objektiv gesehen oder gehört, nach allgemeiner Auffassung keine besonders „schöne" Stimme: Sie klang oft etwas trocken, nasal und hatte wenig Schmelz. Und doch lasse ich für seine Aufnahmen, von denen es leider nicht sehr viele gibt, viele Aufnahmen der bekannteren Namen liegen: Mein "Orpheus" ist der Bassbariton Jean-Emile Vanni-Marcoux (1877-1962), dessen Aufnahmen, die meist aus den 20er und 30er Jahren stammen, ich vor erst ca. anderthalb Jahren entdeckt habe und seitdem sammle.

     

    „Touraine est un pays, aux ciel bleu, comme un regard tendre, rien ne de la beau.“ Sein Panurge aus Massenets gleichnamiger Oper (die Rolle wurde vom Komponisten für ihn geschrieben) ist nicht die derbe Rabelais-Figur, sondern eher eine etwas versponnene mit Anklang an die Commedia dell´arte.

    „Là-bas près du village, fleurit un vieux tilleul“ - Schuberts „Lindenbaum“ auf Französisch mit einem Ton von Sehnsucht, der für mich aber immer eher in die Weite als zurück schaut.

    „Madamina …“ Wenn er als Leporello der Donna Elvira das Register aufzählt, klingt er zunächst –naklar - etwas spöttisch, lässt dann stimmlich in einer Art „höfischen“ Zeremonie alle Frauen, auf die der Don ein Auge geworfen hat, Revue passieren und lässt am Schluss bei „Purché porti la gonnella, voi sapete quel che fa”, etwas Mitgefühl in der Stimme anklingen. Sicherlich eine ungewöhnliche Darstellung, die aber für mich manchen nur spöttisch aufzählenden Leporello in den Schatten stellt.

    „Et c´est á moi, qu´on dit: chante“ aus der heute wohl vergessenen Verisme-Oper La Habanera singt er tonlos-verzweifelt, das anschließende „Adieu, demeure…“ wirklich dolce, und er schaffte es auch, kleine Chansons wie „Vous êtes si jolie“ wunderschön unsentimental klingen zu lassen.

    Auch als Don Quichotte, als Hamlet oder Méphisto in der „Damnation“ war er eine eigenartige Mischung aus Ernst und Spott, Zärtlichkeit und Kraft, aus Kontrolliertem, Stilvollem und dahinter aufscheinendem leidenschaftlichem Pathos, das aber nie übertrieben wirkte.

    Seine schönsten Aufnahmen zeigen für mich eine „Stimme für Träumer, Sehnsüchtige und Wanderer“, wie ich es an anderer Stelle einmal versucht habe zu beschreiben.

    Es gibt einige Stimmen, alte und neue, männliche und weibliche, mit einzelnen Stücken, Passagen oder Phrasen, bei denen ich das "Orphische" höre. Sollte ich mich aber für eine Stimme insgesamt entscheiden, bzw. für eine Verbindung aus Stimme und Ausdruck, so wäre es diese.

    Liebe Grüße,
    Petra

  • So eine Stimme gibt es für mich gar nicht, die mich zum weinen bringt. Es ist aber auch zum heulen... ;+)
    Entweder erwischt mich ein "Gesamtkunstwerk", d. h. Stimme, Ausdruck, szenische Umsetzung usw. oder nicht. Unabhängig, wer da an welchem Haus singt.

    Und im ersten (vorschnellen) Moment beim lesen des Threadtitels dachte ich schon an einen `Unterthread` zur Cosi, der Arie der Fiordiligi "Come soglio". Selten hört man jemand sich selbst so betrügen, ich kann es nur tragisch nennen.

  • Ich bin zwar aus Granit, aber geweint habe ich bei den Bachkantaten "Ich habe genug" und "Mein Herz schwimmt im Blut" gesungen von Lorraine Hunt-Lieberson.


    Liebe Calisto,

    genauso ist es mir ergangen! Mich hat noch keine Stimme so erschüttert wie die von Hunt-Lieberson auf dieser CD:

    Hunt-Lieberson singt BWV 82 nicht "schön" wie die meisten der Interpret/innen, sondern mit einer herzzerreißend zerbrechlichen Stimme, bei der sich oft ganz unvermittelt der Ausdruck von Angst, Lebensüberdruss und trotziger Hoffnung ablösen. Diese Interpretation kann kaum losgelöst vom biographischen Hintergrund betrachtet werden, da Hunt-Lieberson den Krebstod ihrer Schwester miterleben musste und zum Zeitpunkt dieser Aufnahme (2002) selbst schon den Krebs in sich trug, dem sie nur wenige Jahre später mit nur 52 Jahren Jahren erlag. Der Regisseur Peter Sellars inszenierte die Kantate, indem er Hunt-Lieberson als unheilbar Kranke im weißen Krankenhaushemd mit Infusionsschläuchen auftreten ließ.

    Mir gehen die Arien "Ich habe genug" und "Schlummert ein, ihr matte Augen" jedesmal ins Herz, wenn ich sie höre. So eine zerbrechliche Reinheit! Vielleicht kann man das nur mitfühlen, wenn man das elende Ende eines geliebten Menschen miterlebt hat. Aber dann ist diese Musik in dieser Interpretation ein echter tränenlösender Trost.

    Liebe Grüße,
    Jürgen

    --

    "Wo die Beziehung zu unseren heutigen Ohren, Nerven, Erfahrungen und Lebensbedingungen verlorengeht, wird Interpretation zur Flucht in die Vergangenheit."
    Alfred Brendel

    "Music is a fish defrosted with a Hair-Dryer." Maisie

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