Quintparallele - Mal Entschuldigung!?

  • Der Grund, weshalb Quintparallelen vermieden werden sollten (im traditionellen/strengen Satz) liegt in erster Linie darin, dass sie schlecht klingen (s. Diether de la Motte!).

    Diese Aussage hat mich schon immer verblüfft, seit ich sie zum ersten Mal bei de la Motte gefunden habe. Vor allem verblüfft mich, dass nicht auffällt, dass diese Antwort die Frage nur verschiebt. Oder gar verdoppelt. Denn nun sind es zwei: 1. Was heißt es, dass etwas »schlecht klingt«? Und 2. Wie kommt es, dass Quintparallelen in einem gewissen Zeitraum und in einer bestimmten Musikkultur »schlecht klingen, vorher und nachher und anderswo aber nicht?

    Immerhin wäre es ja auch denkbar, dass die Sache genau umgekehrt ist: Quintparallelen werden als schlecht klingend empfunden, weil sie verboten sind. Das würde immerhin erklären, warum sie gelegentlich bewusst als Ausdrucksmittel eingesetzt werden. Mir fällt da zum Beispiel eine höchst bedeutende Stelle im »Parsifal« ein, wo Quintparallelen in diesem Sinne eingesetzt werden – und wirklich »schlecht« klingen, was durch die schrille Instrumentation der Stelle noch einmal unterstrichen wird. (Daran ändert auch die kleine Phasenverschiebung nichts, die das Extrem ein wenig mildert.)

  • 1. Was heißt es, dass etwas »schlecht klingt«?

    in diesem Fall - also in einer Musik, deren Regeln und Klangideal aus der "klassischen" (=Renaissance) Polyphonie stammen, heißt "schlecht klingen", daß die Stimmen sich nicht nach selbstständiger Bewegung anhören. Und das betrifft Quinten und Oktaven, weil da die Stimmen zur Verschmelzung neigen.

    Die Quarte gilt im klassischen Kontrapunkt eh als Dissonanz, es sei denn, sie tritt als Teil des Sextakkordes auf.

    Zerbrecht euch also nicht weiterhin den Kopf; die alten Regeln sind eh obsolet.

    Das kommt immer darauf an, welche Wirkung man erzielen will:
    ein Tonsatz, der "klassisch" klingen soll, beruht halt auf den klassischen Regeln.
    (und eben auch den zeittypischen Ausnahmen...)

    Die englischen Stimmen ermuntern die Sinnen
    daß Alles für Freuden erwacht

  • in diesem Fall - also in einer Musik, deren Regeln und Klangideal aus der "klassischen" (=Renaissance) Polyphonie stammen, heißt "schlecht klingen", daß die Stimmen sich nicht nach selbstständiger Bewegung anhören. Und das betrifft Quinten und Oktaven, weil da die Stimmen zur Verschmelzung neigen.

    was allerdings das Rätsel nur unterstreicht, warum sich Komponisten, die vom Gesichtspunkt der Renaissance aus so monströse Gebilde wie ein klassisch-romantische Sonate produzierten, immer noch einigermaßen das Parallelenverbot respektierten.

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • in diesem Fall - also in einer Musik, deren Regeln und Klangideal aus der "klassischen" (=Renaissance) Polyphonie stammen, heißt "schlecht klingen", daß die Stimmen sich nicht nach selbstständiger Bewegung anhören. Und das betrifft Quinten und Oktaven, weil da die Stimmen zur Verschmelzung neigen.

    Das ist auch so eine seltsame Antwort. Wenn ich sage, dass etwas schlecht klingt, bedeutet das (nach den Regeln der deutschen Sprache), dass es sich unangenehm anhört. Wenn ich sage, dass eine bestimmte Stimmführung gewissen Regeln des klassischen Tonsatzes und den ihnen zugrundeliegenden Idealen widerspricht, ist damit gar nichts über den Klang gesagt. Beide Aussagen können also nicht gleichbedeutend sein. Und in der Beschränkung auf den klassischen Tonsatz ist ja auch schon gesagt, dass die apodiktische Aussage »Quint-Parallelen klingen schlecht« nicht gültig sein kann. Was man übrigens auch mit dem Ohr wahrnehmen kann, denn die sehr häufigen, oft geradezu demonstrativ herausgestellten Quintparallelen bei Puccini, Debussy, Lehár u.v.a.m. klingen keineswegs schlecht – und die Leute im Mittelalter hatten nebenbei bemerkt auch Ohren (von den vielen ohrenhabenden Menschen, die nicht das »felsige Nordwestkap Asiens« bewohnen, und durch seine Musikkultur der letzten 400 Jahre geprägt sind, wollen wir gar nicht erst abfangen).

  • Nö, die Antwort ist nicht seltsam, sondern die Erklärung für das Quintparallelenverbot.
    Dass es noch im späten 18. Jahrhundert gültig war, fällt dann vielleicht unter Konvention?
    Dann wäre dort schlecht klingen=nicht in den Stil gehören.

    This play can only function if performed strictly as written and in accordance with its stage instructions, nothing added and nothing removed. (Samuel Beckett)
    playing in good Taste doth not confit of frequent Passages, but in expressing with Strength and Delicacy the Intention of the Composer (F. Geminiani)

  • Dass es noch im späten 18. Jahrhundert gültig war, fällt dann vielleicht unter Konvention?
    Dann wäre dort schlecht klingen=nicht in den Stil gehören.

    nicht doch 100 Jahre länger?
    Wenn Konvention, warum so hartnäckig gültig? Bei Leuten, die zwischenzeitlich Konventionen noch und noch über den Haufen geworfen hatten?

    edit
    die Parsifal-Stelle, die Argonaut in #21 anführt, dürfte wegen der "kleinen Phasenverschiebung" ja auch eher dafür sprechen, daß für Wagner das Parallelenverbot immer noch eine gewisse Gültigkeit besaß.

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


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    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Wenn ich sage, dass eine bestimmte Stimmführung gewissen Regeln des klassischen Tonsatzes und den ihnen zugrundeliegenden Idealen widerspricht, ist damit gar nichts über den Klang gesagt.

    Aber natürlich erzeugt die Anwendung bestimmter Regeln des Tonsatzes einen bestimmten "Klang".

    die sehr häufigen, oft geradezu demonstrativ herausgestellten Quintparallelen bei Puccini, Debussy, Lehár u.v.a.m. klingen keineswegs schlecht

    Ja, ausgehend von der Beobachtung, daß andere Kombinationen auch "gut" klingen, haben Debussy etc die Regeln verändert bzw über den Haufen geworfen: entsprechend "klingen" ihre Kompositionen auch anders. Und da die impressionistishe Tonsprache durch unzählige Filmmusiken popularisiert wurde seitdem, wird heute kaum jemand sagen, sie klängen "schlecht", sondern vermutlich eher, daß sie "farbiger" klingen als klassische Stücke. Für einen Tonsatz (und entsprechend einen Klang) à la Debussy ist das Quintparallelenverbot komplett unbrauchbar. Allerdings reicht es nicht, einen klassischen Tonsatz schlampig mit Quintparallelen zu versehen, um impressionistisch zu klingen, da gehört schon ein bißchen mehr zu.

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    daß Alles für Freuden erwacht

  • Das ist auch so eine seltsame Antwort. Wenn ich sage, dass etwas schlecht klingt, bedeutet das (nach den Regeln der deutschen Sprache), dass es sich unangenehm anhört. Wenn ich sage, dass eine bestimmte Stimmführung gewissen Regeln des klassischen Tonsatzes und den ihnen zugrundeliegenden Idealen widerspricht, ist damit gar nichts über den Klang gesagt.


    Von mir aus kann man gerne feststellen, dass die Aussage "weil es schlecht klingt" zu unpräzise ist. Philmus hat aber eine sehr treffende Begründung gegeben, nämlich dass diese Parallelen dazu führen, dass im klassischen Tonsatz nicht mehr dem Ideal eines eleganten Verwebens quasi-unabhängiger Stimmen entsprochen wird.

    Ähnlich ist es ja mit der (zumindest orientierenden) Vorgabe, eine zu üppige Verwendung von Sprüngen im klassischen Tonsatz zu vermeiden. Durch das Anstreben eines (intervallseitig) "kurzen Weges" zum nächsten Ton wird eine gewisse Gesanglichkeit und quasi-melodiöse Linie der einzelnen Stimmen gewahrt, was wiederum dem oben genannten (hörbaren) Ideal entspricht und zugute kommt.

    Natürlich kann man diese Regeln bewusst verletzen, um etwas anzustreben, das nicht dem Ideal des klassischen Tonsatzes entspricht - nur sollte man dann darauf achten, dass es sich im Ergebnis auch wirklich anders anhört und nicht einfach nach einem schlecht geschriebenen klassischen Tonsatz klingt.

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Philmus hat aber eine sehr treffende Begründung gegeben, nämlich dass diese Parallelen dazu führen, dass im klassischen Tonsatz nicht mehr dem Ideal eines eleganten Verwebens quasi-unabhängiger Stimmen entsprochen wird.

    das Argument krankt nur daran, daß es für Oktavparallelen einleuchten mag, aber warum Quintparallelen bedenklicher sein sollen als Terz- und Sextparallelen, ist nicht ohne weiteres einsichtig (d.h. ich denke schon, daß was dran ist, man müßte das aber weiter ausführen).

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  • das Argument krankt nur daran, daß es für Oktavparallelen einleuchten mag, aber warum Quintparallelen bedenklicher sein sollen als Terz- und Sextparallelen, ist nicht ohne weiteres einsichtig (d.h. ich denke schon, daß was dran ist, man müßte das aber weiter ausführen).

    Na ja, weil die Quinte nach der Oktav das nächstliegende Intervall aus der Obertonreihe ist.

    EDIT: Der nachfolgende Satz, den ich hier geschrieben habe, war unsinnig. Mehr zu diesem Thema, wenn ich zuhause bin :wink:

  • na ja, weil die Quinte nach der Oktav das nächstliegende Intervall aus der Obertonreihe ist. Danach kommt die große Terz, aber versuch mal, nen Tonsatz ohne große-Terz-Parallelen zu schreiben

    och, ohne "große-Terz-Parallelen" sollte es schon gehen, die sollen ja auch durchaus mit Zurückhaltung angewendet werden ;)

    aber der Punkt ist ja nicht, auch die Terzparallelen zu verbieten, sondern das Verbot der Quintparallelen plausibel zu machen. Es kommt vielleicht weniger darauf an, daß die Bewegung unselbständig wäre, sondern daß sich in der Diatonik quasi die Tonbedeutungen nicht nur in der Oktav, sondern auch im Quintabstand gewissermaßen wiederholen, was man an der Solmisation sieht. Die Quint steht in einem gewissen Konkurrenzverhältnis zur Oktav, bei diatonischen Terzen besteht diese Gefahr nicht schon wegen des Wechsels von kleinen und großen Terzen normalerweise .

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  • Das ist schön beobachtet und liefert einen Hinweis, warum sich das Verbot so dermaßen lange gehalten hat.

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  • das Argument krankt nur daran, daß es für Oktavparallelen einleuchten mag, aber warum Quintparallelen bedenklicher sein sollen als Terz- und Sextparallelen, ist nicht ohne weiteres einsichtig

    der Verschmelkungsgrad nimmt halt von Oktave über Quinte, Quart, Terz etc ab - Terzparallelen werden definitiv als getrennte Stimmen wahrgenommen, die zwar harmonieren, aber nicht verschmelzen. Vor allem, wenn es, wie in diatonischen Zusammenhängen üblich, kleine Terzen und große Terzen gemischt sind - bei 2 großen Terzen hintereinander tritt schon der Tritonus in Erscheinung, kleine Terzen sind da ungefährlicher und treten auch mal 3 hintereinander auf - liegt an der Struktur unserer diatonischen Tonleiter.

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    daß Alles für Freuden erwacht

  • der Verschmelkungsgrad nimmt halt von Oktave über Quinte, Quart, Terz etc ab - Terzparallelen werden definitiv als getrennte Stimmen wahrgenommen, die zwar harmonieren, aber nicht verschmelzen.


    wenn das wirklich der Punkt wäre, hätte man nicht Quintenparallelen zwischen Außenstimmen gut tolerieren können? Die gelten aber als "besonders schlimm".

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


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  • Das glaubst Du doch selbst nicht.


    Ich muss zugeben, dass ich das glaube... :versteck1:

    Ich bin gerade mit einem Stück in Berührung gekommen, das einfach nicht elegant und fließend klingt, obwohl das melodische Material und auch das Idiom dies nahelegen würden. Wenn man dann in die Noten schaut, weiß man auch warum: der Tonsatz ist nicht gut. Die Schwächen liegen vor allem in der Stimmführung mit zu vielen unmotivierten Sprüngen, inkl. in unpassenden Intervallen angesprungenen Leittönen. Auf Quint- und Oktavparallelen habe ich das Opus noch nicht untersucht, aber es ist definitiv ein Beispiel dafür, dass die Missachtung der Regeln eines guten Tonsatzes ein entsprechendes klangliches Erlebnis bewirkt.

    Warum sollte es die Regeln denn auch sonst geben? Als reinen Selbstzweck? Um Kompositionsstudenten zu quälen?

    LG :wink:

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  • Warum sollte es die Regeln denn auch sonst geben? Als reinen Selbstzweck? Um Kompositionsstudenten zu quälen?

    Letzteres bejahte schon der junge Debussy. Und entsetzte seine Lehrer damit, indem er am Klavier regelwidrige Akkordfolgen anschlug und auf den fälligen Tadel kühl erwiderte, daß das so besser klinge.

    Der Fußballer würde sagen: Entscheidend ist aufm Platz.

    :tee1:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Ich muss zugeben, dass ich das glaube... :versteck1:

    Dann klingen also alle Musikstücke, die zwischen 1600 und 1900 geschrieben wurden gleich? Das ist mir bisher nicht aufgefallen.

    Was den stockenden Charakter eines den Regeln nicht entsprechenden Tonsatzes betrifft, ist die Sache jedenfalls klar: Es verhält sich genau umkehrt: Wir sind es gewohnt, Musik zu hören, die sich an die Regeln hält und haben daran unser Empfinden für Qualität geschult. Wenn die Schulung gut und erfolgreich war, hört man, wenn da was nicht stimmt. Könnte es aber nur fließende und sinnvoll klingende Musik geben, wenn sich der Komponist an diese Regeln hält, wäre die gesamte Musik vor 1600 und das meiste nach 1900 und vor allem alle Musik die aus anderen Kulturen stammt, stockend oder zumindest nicht fließend, also irgendwie minderwertig. Ich nehme nicht an, dass Du dieser These zustimmst, aber sie ergibt sich aus der Annahme, dass die Kompositionsregeln irgend »natürlich« statt willkürlich sind, und dass unser Hören auf diesen »natürlichen« Gegebenheiten beruht und nicht ausschließlich auf Gewohnheit.

  • wenn das wirklich der Punkt wäre, hätte man nicht Quintenparallelen zwischen Außenstimmen gut tolerieren können? Die gelten aber als "besonders schlimm".

    da kommt dann noch dazu, daß die Gegenbewegung zwischen Bass und Oberstimme das Ideal ist.
    Quintenparallelen zwischen Aussenstimmen geben dem gesamten Satz etwas schwerfälliges.

    Das glaubst Du doch selbst nicht.

    das brauche ich auch nicht zu glauben, weil ich es weiß, bzw gelernt und geübt habe

    (wenn Deine Bemerkung sich darauf bezieht, daß die Anwendung von Regeln keine Kreativität ersetzt: geschenkt. war nicht das Thema.)

    Warum sollte es die Regeln denn auch sonst geben? Als reinen Selbstzweck?

    mancher denkt das ... und man soll es ja auch nie ganz ausschließen .. Lehrer wollen auch leben .. aber Spaß beiseite: es lohnt sich schon meistens, einen klanglichen Sinn dahinter zu suchen.

    Letzteres bejahte schon der junge Debussy. Und entsetzte seine Lehrer damit, indem er am Klavier regelwidrige Akkordfolgen anschlug und auf den fälligen Tadel kühl erwiderte, daß das so besser klinge.

    und damit by the way die musikalische Moderne einläutete ...

    aber jeder wird zugeben, daß das, was Debussy mit seinen Quint, Sept und sonstigen Parallelen anstellt, schon signifikant anders klingt als das meiste vorher. (mir gefällts übrigens sehr gut und ich achte in meinem Spiel schon lange nicht mehr auf Quintenparallelen - es sei denn, es soll nach altem Satz klingen - choralartiges z.B.).

    Wenn man den Sinn gewisser Regeln in älteren Tonsätzen und ihrem Klang nicht versteht, versteht man auch nicht, warum bestimmte Ausnahmen (wie die "Mozart-Quinten") funktionieren, ohne groß aufzufallen.

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    daß Alles für Freuden erwacht

  • Dann klingen also alle Musikstücke, die zwischen 1600 und 1900 geschrieben wurden gleich? Das ist mir bisher nicht aufgefallen.

    Für jemanden, der aus einer gänzlich anderen Musikkultur stammt, mag das so sein. Je näher man der Sache steht, desto mehr Feinheiten und Variationen hört man.

    Könnte es aber nur fließende und sinnvoll klingende Musik geben, wenn sich der Komponist an diese Regeln hält, wäre die gesamte Musik vor 1600 und das meiste nach 1900 und vor allem alle Musik die aus anderen Kulturen stammt, stockend oder zumindest nicht fließend, also irgendwie minderwertig.

    Ich nehme nicht an, dass Du dieser These zustimmst, aber sie ergibt sich aus der Annahme, dass die Kompositionsregeln irgend »natürlich« statt willkürlich sind, und dass unser Hören auf diesen »natürlichen« Gegebenheiten beruht und nicht ausschließlich auf Gewohnheit.

    Die Regeln, auf die sich diese Diskussion bezieht, sind die mit der europäischen Musikkultur der angesprochenen Jahrhunderte gewachsenen, und sie haben sich ja auch über die Zeit verändert.
    Das sagt nichts darüber aus, daß es natürlich ganz andere Musikkulturen gibt, die nach anderen Regeln funktionieren. Darüber, ob irgendeine dieser gewachsenen Kulturen "natürlich" ist, hat hier niemand eine Aussage getroffen.
    Daß aber eine Musik, die der Ästhetik irgendeiner dieser Tradition entsprechend "gut" klingen soll, sich irgendwie (bewußt oder unbewußt) an die innerhalb dieser Traditionen formulierten Regeln hält, ist eigentlich schon fast eine Tautologie...

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