Das Haus der Städtischen Bühnen in Frankfurt am Main. Ein Sanierungsfall.

  • Die unkommentierte Zahlenblindheit im Artikel ist schon erstaunlich. Die drei genannten Varianten unterscheiden sich angeblich in den Kosten um jeweils 20 Mio Euro, 848, 868, 888. Glaubt wirklich jemand, alle diese Zahlen seien auf 2-3% (das entspricht etwa 20 Mio) genau?
    Selbst wenn man (was bei 6 Mio für die Machbarkeitststudie zu hoffen wäre) genauer gerechnet hat als bei Elbphilharmonie u.a. mit ihren Kostenexplosionen um das vielfache vermute ich doch, dass bei Projekten, die bis zu 11 Jahre dauern sollen, 2,5% = 20 Mio "im Rauschen" untergehen.
    Ob unterschiedliche Folge/Nebenkosten, die sich aus den unterschiedlichen Dauern, 6 Jahre bei Neubau, 11 bei Sanierung im lfd. Betrieb, ergeben, da schon drin sind, ist mir nicht ganz klar. Ansonsten sind die drei genannten Beträge for all practical purposes gleich hoch; alles andere scheint mir Augenwischerei. Daher sollten die mutmaßlichen minimalen Baukostenunterschiede keine Rolle bei der Entscheidung spielen.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Jetzt kommt die Pistole-auf-die-Brust-Technik zum Einsatz: die Betriebserlaubnis läuft 2021 aus.

    Das war vereinzelt auch schon in vorhergehenden Berichten zu lesen. Nur, dass nun ein Auszug unausweichlich scheint, wäre etwas Neues, aber möglicherweise wird es soweit kommen. Bis sich die Politik auf ein Konzept geeinigt hat und die Ausschreibung (mit welchen Maßnahmen auch immer) überhaupt auf den Weg gebracht und letztendlich vergeben ist, werden die etwa vier verbleibenden Jahre schnell rum sein. Eine Ausnahmegenehmigung für die gesamte (oder einen Großteil) der Bauzeit ist wahrscheinlich utopisch.

    Im Gespräch waren ja auch mal die Messehallen (bzw. ein Teil davon natürlich nur) als Ausweichstandort.

  • Die unkommentierte Zahlenblindheit im Artikel ist schon erstaunlich. Die drei genannten Varianten unterscheiden sich angeblich in den Kosten um jeweils 20 Mio Euro, 848, 868, 888. Glaubt wirklich jemand, alle diese Zahlen seien auf 2-3% (das entspricht etwa 20 Mio) genau?

    Ansonsten sind die drei genannten Beträge for all practical purposes gleich hoch; alles andere scheint mir Augenwischerei. Daher sollten die mutmaßlichen minimalen Baukostenunterschiede keine Rolle bei der Entscheidung spielen.


    Tun sie ja auch nicht. Das war doch gerade die Pointe bei den Reaktionen auf das Gutachten: Waren vorher noch die meisten für eine Sanierung, so plädieren jetzt fast alle für einen (laut Gutachten etwas kostspieligeren) Neubau. Was wohl auch damit zu tun hat, dass sich bei letzterem die Kosten besser drücken lassen: Oberbürgermeister und Kulturdezernentin plädieren mehr oder weniger verschämt für einen Low-Budget-Neubau am selben Platz (mögliche Einsparungen: weniger Fläche, keine Drehbühne usw.). Andere schlagen einen neuen Standort vor, was den Vorteil hätte, dass man das riesige Filetgrundstück zwischen Willy-Brandt-Platz und Main verkaufen und damit einen Teil der Baukosten hereinholen könnte. Von anderen mehr (Beteiligung privater Investoren, Kombination mit einem Büroturm) oder weniger (Trennung der Standorte von Oper und Schauspiel) merkwürdigen Ideen mal ganz abgesehen.

    Es war auch zu lesen, dass die Gutachter für alle Lösungen (wohl im Lichte bisheriger Erfahrungen) einen großzügigen dreißigprozentigen Risikoaufschlag berechnet haben. Aber das Gutachten soll jetzt wahrscheinlich eh nochmal überprüft, i.e. gegengegutachtet werden. :S

    Bernd Loebe hätte sich wohl auch nicht träumen lassen, dass er auf seine alten Tage nochmal zwei Spielzeiten für ein Ausweichquartier planen muss (sein großzügig verlängerter Vertrag geht bis 2023).


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Ist der Komplex eigentlich so groß, daß dafür tatsächlich um die 0,85 Millarde € locker gemacht werden muß - egal, ob Neubau oder Sanierung? Daß man diesmal vielleicht die reellen Zahlen vorgerechnet bekommt, ist sicherlich hilfreich, aber dennoch...

    Diese Summen sind und bleiben utopisch hoch - irgendwie nicht sehr ermutigend für andere Projekte. Überspitzt gefragt: wann wird eine ordinäre Autobahnbrücke 500 Millionen € kosten?

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    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

  • Ist der Komplex eigentlich so groß, daß dafür tatsächlich um die 0,85 Millarde € locker gemacht werden muß - egal, ob Neubau oder Sanierung? Daß man diesmal vielleicht die reellen Zahlen vorgerechnet bekommt, ist sicherlich hilfreich, aber dennoch...

    Die Gesamtfläche der "Doppelanlage" von Oper und Schauspiel beträgt 44.000 m2. Am ehesten vergleichbar ist wohl die Sanierung des ähnlich großen Gesamtkomplexes von Oper und Schauspiel in Köln, die 2012 begonnen wurde und völlig aus dem Ruder gelaufen ist (ursprünglich geplante Wiedereröffnung 2015; jetzt geplanter Termin 2022 oder 2023). Für Köln wird inzwischen "im schlimmsten Fall" (vulgo: mindestens) mit Kosten von 565 Mio. Euro gerechnet, wobei da (im Gegensatz zum Gutachten für die Frankfurter Bühnen) die erheblichen Kosten für die Ausweichquartiere der beiden Häuser nicht eingerechnet sind.


    Viele Grüße

    Bernd

    .

  • Die Gesamtfläche der "Doppelanlage" von Oper und Schauspiel beträgt 44.000 m2.

    Aus den Zeitungsberichten geht hervor, dass ein Problem für die Entscheidungsträger der zusätzliche Raumbedarf von 20 000 m² zu sein scheint - also nochmals die Hälfte von dem, was die Doppelanlage jetzt schon zur Verfügung hat (wobei: zählen externe Räumlichkeiten eigentlich mit dazu?). Anscheinend hat man die Intendanten gefragt, wie groß der zusätzliche Raumbedarf ist und kritisiert nun, dass diese Angaben ohne weitere Prüfung als eine Grundlage für das Gutachten übernommen wurden.
    Auch hier vom FDP-Politiker Michael zu Löwenstein zu lesen: http://www.fr.de/frankfurt/fran…-tief-a-1298144

    Gleichzeitig äußert sich die Kulturdezernentin Ina Hartwig, den noch zu Petra Roths Zeiten initiierten Zeiten, aber ins Stocken geratenen Kulturcampus Bockenheim (das alte Uni-Gelände) als Ausweichstandort für das Schauspiel ins Auge zu fassen. Einen Steinwurf davon entfernt auf der anderen Straßenseite befindet sich auch das Bockenheimer Depot, das nach einerErweiterung ebenfalls als Theaterbühne genutzt werden könnte. Für die Oper wiederum sind die Messehallen mal wieder im Gespräch.

    Zuvor war bereits ein Interview mit der Kulturdezernentin erschienen, in dem sie sich - zumindest das kann man sagen - erfreulicherweise eindeutig zum jetzigen Standort bekennt, die absolut dringend notwendigen Maßnahmen sieht und sich anscheinend auch von einer Variante, nämlich einer 11-Jahre andauernden Sanierung bei laufendem Betrieb, bereits verabschiedet hat. Als Ausweichstandort brachte sie an dieser Stelle noch - analog zur Genfer Oper - einen hölzernen Bau als Ausweichstandort ins Spiel.

  • Ich hoffe, dass es in Ordnung ist, wenn ich ab und an hier Beiträge einstelle, auch wenn sich möglicherweise nicht so viel Neues getan hat.

    Anlässlich der gegenwärtigen Diskussion widmete der Hessische Rundfunk gestern diesem Thema eine fast einstündige Episode meiner Lieblingsradiosendung "hr2 - der Tag" unter dem Titel "Kunst und Kasse. Wenn Bühnen marode werden".

    Folgende Abschnitte gibt's dort zu Hören:
    03:33 Min.: Zusammenfassung der Machbarkeitsstudie
    07:38 Min.: Interview mit Architekt Markus Leben
    16:00 Min.: Reaktionen auf die Machbarkeitsstudie
    21:37 Min.: Interview mit Theaterregisseur Willy Praml
    30:05 Min.: Bericht über Kooperation der Hessischen Staatstheater Wiesbaden und Darmstadt in der Ballettsparte
    34:33 Min.: Interview mit Rolf Bolwin über Standorte und Interimslösungen
    44:02 Min.: Ulrich Sonnenschein über: "Wie wichtig ist Theater? Wie wichtig ist Kultur?"
    47:17 Min:: Interview mit Prof. Wolfgang Kaschuba über Weltbericht "Kultur: Urbane Zukunft" der UNESCO

    Ein Interview mit Markus Leben gibt's zum Lesen auch noch unter diesem Link: http://www.fnp.de/lokales/frankf…;art675,2682153.

  • Ich habe den Artikel doch auch (noch) nicht gelesen. Aber die Fragestellung gefällt mir, egal wie sie beantwortet wird. Vielleicht läuft mir heute die alte FAZ-Ausgabe über den Weg.

    Ins Gebüsch verliert sich sein Pfad, hinter ihm schlagen die Sträuche zusammen.

  • Wow - Haverkampf nennt eine Summe von 130 Millionen €. Wenn das wirklich möglich wäre, zeigt das Gutachten aber auch, wessen Interessen darinnen eigentlich vertreten werden.

    Aber wie immer wird die Wahrheit genau dazwischen liegen - sprich: um die 490 Mille... :P

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    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

  • Die städtischen Bühnen hatten auf zig Quadratmetern Transparente zum Thema Diversität und Refugees welcome hinter den Wolkenfoyer-Scheiben ausgehängt.

    Als ich gerade mit der Straßenbahn an der Oper vorbeifuhr, sah ich, dass sich das hiesige Roma-Lager, das schon an verschiedenen Orten in Frankfurt seine Matratzen aufschlug, sich nun an der Oper ausbreitet. Ich bin schon sehr gespannt, wie lange die dort bei den Weltverbesserern "welcome" sein werden.

    Ins Gebüsch verliert sich sein Pfad, hinter ihm schlagen die Sträuche zusammen.

  • Die städtischen Bühnen hatten auf zig Quadratmetern Transparente zum Thema Diversität und Refugees welcome hinter den Wolkenfoyer-Scheiben ausgehängt.

    Als ich gerade mit der Straßenbahn an der Oper vorbeifuhr, sah ich, dass sich das hiesige Roma-Lager, das schon an verschiedenen Orten in Frankfurt seine Matratzen aufschlug, sich nun an der Oper ausbreitete. Ich bin schon sehr gespannt, wie lange die dort bei den Weltverbesserern "welcome" sein werden.

    Was immer das auch mit dem eigentlichen Thema zu tun hat. Schade eigentlich.

  • Die Römer-Koalition hat einen Prüfauftrag beschlossen, der nun eine Sanierung der Theater-Doppelanlage ohne Interim-Spielstätte und "ohne große Einschränkungen für den laufenden Betrieb" ins Auge fasst. Wie das funktionieren soll, wird sicherlich noch bei anderer Gelegenheit näher erläutert werden :) . Die Äußerungen der anderen Parteien entsprechen naturgemäß nicht unbedingt dieser Meinung oder sind ihr völlig entgegengesetzt (Antworten seien bereits dem vorliegenden Gutachten zu entnehmen, das realistische Einschätzungen aufweise).

    Der Link zum Artikel: http://www.fr.de/frankfurt/stae…bauen-a-1468960

    Ich stehe der Entscheidung Neubau oder Sanierung relativ leidenschaftslos gegenüber. Mittlerweile mag ich das Haus (auf den ersten Blick war das zugegebenermaßen nicht der Fall) und halte es im Großen und Ganzen für so sehr geeignet und gut durchdacht, dass ein völliger Neubau nicht erforderlich wäre. Allerdings hoffe ich nicht, dass die angesagten Kürzungen in einem wahren "Streichkonzert" ausarten, die letztendlich qualitative Einbußen nach sich ziehen. Im Vordergrund stehen bei dieser Entscheidung muss eigentlich, dass kein Desaster wie bei der Sanierung der Kölner Oper entsteht (oder anderen Großbauprojekten im Land, bzw. Ländle).

  • Könnte sich die Belegschaft und das Publikum damit anfreunden können, wenn ein Neubau am Wasser entsteht?

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

  • Könnte sich die Belegschaft und das Publikum damit anfreunden können, wenn ein Neubau am Wasser entsteht?

    So ganz verstehe ich die Pointe leider nicht. Das derzeitige Haus ist ja auch nur einen Steinwurf vom Main entfernt...
    Verkehrstechnisch wäre die Anbindung natürlich anders - eher ungünstiger.
    Zumindest die Oper in Kopenhagen lebt auch von der Sichtachse, die sich den Besuchern aus dem Opernhaus heraus bietet (Amalienhafen, Königschloss, Friedrichskirche). Wie könnte eine solche Achse in Frankfurt aussehen?
    Diskussionswürdig ist die Idee zumindest allemal.

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