Eben besucht - Konzert-Telegramm International
Bonsoir, ich mache hier einen neuen Thread auf, weil ich keine Sparte gefunden habe, in denen man ein kurzes Streiflicht zu Konzerten ausserhalb Deutschlands [und Österreichs] schreiben kann. Also bienvenue, welcome, benvenuti, bienvenidos.......alle ausländischen Konzertbesucher.
Ich war heute Abend beim fulminanten Auftakt des Pianofestival Lille und habe, dank des Rats von Music Lover, nicht nur einen neuen Komponisten (Philipp Glass) sondern auch einen so hochbegabten wie sympathischen Pianisten (Vikingur Olafsson) entdeckt. Als aufgehender stern am Pianohimmel, 30 Jahre alt, in Island wahrscheinlich bald so bekannt wie die Fussballmannschaft, hätte man am liebsten den Schlachtruf "Ho Ho Ho" angestimmt, damit er noch mehr Zugaben gibt. Standing ovations und ein jubelndes erstaunlich junges Publikum im grössten Konzertsaal der Stadt, der gut gefüllt war trotz später Stunde. Wenn man V.O. in den Saal kommen und am Klavier Platz nehmen sieht, glaubt man auf den 1. Blick einen Abteilungsleiter der Deutschen Bank von 1955 vor sich zu haben- der Stil ist schon ziemlich exentrIque. Ich hatte das grosse Glück, nach dem Konzert am Signiertisch ein bisschen mit ihm reden zu können, da sich die Franzosen nicht trauen, englisch zu sprechen, hatte ich sozusagen ein Monopol. Ich habe ihn gefragt, ob er die geniale Zugabe
Das Programm verband Bachs grosse Partita Nummer 6 mit Opening und Etüden 9,5, und 6 von Philipp Glass. Alles auswendig. Ich habe weder das Eine noch das Andere je im Konzert gehört und war enchantée. Glass Musik ist ja hier, wenn ich nicht irre, keinesfalls allgemein beliebt und ich kann mir auch vorstellen warum. Es erinnert ein wenig an Filmmusik, ist ziemlich hypnotisch und wer Arvo Pärt nicht leiden kann, ist hier sicher nicht besser bedient. Aber mir hat das gerade nach Bach sehr gefallen vom Maximum zum Minimum und beide Male ist man ganz schnell in einer anderen Welt. Das Beste war allerdings die Zugabe: Rameau, von dem Olafsson sagte ,er sei sein Mit-Lieblings-Komponist aller Zeiten und Länder. Und wie er den gespielt hat, leuchtet diese Liebesbeziehung sofort ein. Man vergisst sofort, dass das ein Klavier mit tasten steht. Mir schienen die Tönern wie Wassertropfen vom Himmel zu kommen, das war extraterrestrisch.
Ich hatte das grosse Glück, nach dem Konzert am Signiertisch ein bisschen mit diesem isländischen Genie reden zu können und da sich die Franzosen nicht trauen, englisch zu sprechen, hatte ich sozusagen ein Monopol. Ich habe ihn gefragt, ob er die geniale Zugabe schon aufgenommen habe und welch Glück: eines seiner nächsten Projekte mit der Deutschen Grammophon ist Rameau!!!! Das was ich da gehört habe, lässt meinen bisher verehrten Rameau von Alexandre Tharaud alt aussehen.
Wenn ihr in Deutschland oder sonstwo die Chance haben solltet, diesen Pianisten hören zu können, lasst es euch nicht entgehen- in jedem Fall, egal was er spielt, ist das ein Erlebnis der besonderen Art. Danke an Music Lover, ohne dessen Rat ich wahrscheinlich nicht dort gelandet wäre. Morgen gehts dann weiter mit dem Festival, teilweise in Gesellschaft anderer Capricciosi, die diesen grandiosen Auftakt leider verpasst haben