Diapason - La discothèque idéale

  • Diapason - La discothèque idéale

    Die französische Musikzeitschrift Diapason hat eine "discothèque idéale" (Wunsch-CD-Sammlung) unternommen.
    Jede Box enthält 10 bis 15 CD und ist einem Aspekt des Schaffens eines Komponisten gewidmet. Die zusammengestellten Aufnahmen sind meist alte, rechtsfreie Einspielungen, dazu kommen einige unter Lizenz übernommene neuere Aufnahmen.
    Im spärlichen Booklet werden (auf französisch only) die Gründe der Auswahl erläutert, für die Redakteure der Zeitschrift, sowie zur Beratung geladene Musiker zuständig sind.

    Hier und da ist über diese Sammlung berichtet worden. In diesem Thread könnten die Erfahrungen gesammelt werden.

    Bislang erschienen sind:

    vol I: Mozart: Kammermusik
    vol II: Chopin Klaviermusik
    vol III: Beethoven Symphonien
    vol IV: Mozart Die großen Opern
    vol V: Beethoven Konzerte, Fidelio, Messen
    vol VI: Brahms Kammermusik
    vol VII: Strauss Die großen Opern
    vol VIII: Schubert Klaviermusik
    vol IX Schubert Kammermusik (scheint zZt in D nur als MP3 erhältlich zu sein, in F ist es auf CD erschienen)

    Angekündigt ist Vol X: Puccini

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Hier kopiert, was ich über Vol VIII berichtet hatte:
    [Blockierte Grafik: http://images-eu.amazon.com/images/P/B01LWP2MSQ.01._SCL_SX300_.jpg]
    (bei den französischen Amazonen für etwas über 20€ zu beziehen).
    Enthalten sind
    die Sonaten
    D157, D279, D557, D568, D575 mit Friedrich Wührer (eine exzellente Wahl, Wührer ist für die frühen Schubert-Sonaten die Alternative zu Kempff mit vielleicht noch etwas mehr Differenzierung - Ende 50er)
    D537 mit Andreas Haefliger (2003)
    D566, D625, D958, D960 mit Sviatoslav Richter (für D566 der Moskauer Mitschnitt von 1978, als Richter diese Sonate in der viersätzigen Fassung spielte, für D958 und D960 die Studio-Einspielung von 1972 und
    als Bonus das Finale von D958 in der Budapester live-Version von 1958)
    D664, D894 mit Paul Badura-Skoda (Aufnahmen aus den früher 70er Jahren auf Klavier)
    D784 mit Emil Gilels (live in Moskau 1963) und Lili Kraus (1937)
    D840 mit Rudolf Serkin (Studio 1955)
    D845 mit Wilhelm Kempff (Mono-Einspielung aus 1953 atemberaubend schön)
    D850 mit Emil Gilels (Studio 1960)
    D958 mit Eduard Erdmann (1954)
    D959 mit Rudolf Serkin (1966) und Artur Schnabel (1937)
    D960 mit Artur Schnabel (1937)

    Wie man sieht, sind fast alle Sonaten da. Es fehlen D459, D567, D571,D613, D655, D769A. D655 und D769A sind kleine Fragmente, D613 besteht aus zwei unvollendeten Sätzen, D567 ist die erste Fassung von D568.
    Unter D459 wurden die Fünf Klavierstücke zusammengefaßt, die der Verleger Klemm 1843 herausgegeben hat. Eine Analyse der Quellen hat festgestellt, daß die ersten zwei Stücke eine unvollendete Sonate bilden. Die letzten 3 sind jetzt als D459A im Deutsch-Verzeichnis bezeichnet und werden hier von Friedrich Wührer gespielt (eigentlich hätte man die D459A, D459B und D459C benennen sollen, denn mit großer Wahrscheinlichkeit wurden sie nicht als eine Einheit komponiert).
    D784, D958, D959 und D960 sind je in zwei Interpretationen vorhanden.

    Dazu sind in der Box
    Die Impromptus D899, D935 und die Wandererfantasie mit Edwin Fischer (1958, 1958, 1934)
    Die Impromptus D899 mit Clifford Curzon (1941)
    Die Klavierstücke D946 mit Claudio Arrau (1956)
    Die Moments Musicaux D760 mit Rudolf Serkin (1952) und Artur Schnabel (1937) - Nr 3 und 4 mit Wilhelm Kempff (1937)
    Der Marsch in E-Dur D606, die Scherzi D593, die Diabelli-Variation D721,das Allegretto D915 und die Valses Nobles D969 mit Paul Badura-Skoda (1956)
    unterschiedliche Tanz-Suiten mit Leon Fleisher, Alfred Cortot, Marcelle Meyer, Lili Kraus, William Kapell
    und die acht Impromptus D899 und D935 in einer Zusammensätzung von 8 Interpretationen (eine pro Stück) in dieser Reihenfolge:

    D899 1 mit Rudolf Firkusny (1948), 2 mit Lili Kraus (1948), 3 mit Wilhelm Kempff (1962 live in Schwetzingen), 4 mit Vladimir Sofronitzky (1960)
    D935 1 mit Annie Fischer (1968), 2 mit William Kapell (1953), 3 mit Artur Schnabel (1950), 4 mit Rudolf Serkin (1958)

    dazu noch 6 Lieder mit Elisabeth Schwarzkopf und Edwin Fischer.

    Die Aufmachung ist minimal: die CD sind in üblichen Fenster-Umschlägen, das 31seitige Booklet enthält eine Track-Liste (ohne Timing) und eine Beschreibung der Aufnahmen auf französisch. Erklärt wird, warum die jeweilige Aufnahme übernommen wurde. Zur Auswahl haben Redakteure der Zeitschrift Diapason (dem französischen Pendant zu Fono Forum) und die Pianisten Paul Badura-Skoda, Alfred Brendel, Leif-Ove Andsnes ,Michel Dalberto, Julien Libeer und Adam Laloum beigetragen.

    Die Namen sprechen für sich. Einige unvermutete Kleinode sind dabei (die Deutschen Tänze D790 mit Cortot z.B., der sie in die Perspektive als Vorgänger von Schumanns Tanzzyklen rückt), einiges ist zum ersten Mal auf CD vorhanden, viele Remasterings wurden extra für diese Ausgabe sorgfältig realisiert.

    Für wenig Geld eine sehr gute Zusammenstellung und für denjenigen, den historischer Klang nicht stört, ein guter Einstieg in Schuberts Klavierwerk. Für den Sammler sind auch ein paar Entdeckungen dabei.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Detailinformation zur Beethoven Sinfonien Box:
    Sy 1
    Toscanini 1939 NBC SO
    Walter 1958 Columbia SO
    Bruggen 2011 xviii eeuw
    Sy 2
    Weingartner 1938 London SO (ausgewählt von P. Heras-Casado)
    Toscanini 1951 NBC
    Sy 3
    Karajan 1952 Philharmonia O
    E. Kleiber 1950 CO Amsterdam (ausgewählt von Y Nezet Seguin)
    Sy 4
    Schuricht 1958 Conservatoire Paris
    Krips 1953 CO Amsterdam
    Sy 5
    Leibowitz 1961 Royal Ph O (ausgewählt von JE Gardiner)
    Karajan 1948 WienerPh (ausgewählt von N. Harnoncourt)
    Sy 6
    E. Kleiber 1953 CO Amsterdam
    Mengelberg 1937 CO Amsterdam (ausgewählt von D. Zinman)
    Sy 7
    Reiner 1959 Chicago SO
    Toscanini 1936 NY Ph (ausgewählt von P. Järvi)
    Sy 8
    Bernstein 1963 NY Ph (ausgewählt von D. Harding)
    Scherchen 1954 Royal Ph O
    Sy 9
    Furtwängler 1942 BlnPh (ausgewählt von Rattle)
    Furtwängler 1951 Bayreuther Festspiele
    Schuricht 1958 Conservatoire Paris

    Eine interessant zusammengestellte Box, die sich lohnt, auch wenn man schon ein paar der Aufnahmen hat. Schön das Leibowitz und Scherchen dabei sind. Warum sich die 1951er Neunte mit Furtwängler (Bayreuth), mit dem orientierungslos herumblasenden Horn im Adagio, so grosser Beliebtheit erfreut, wird mir ewig ein Rätsel bleiben. Stattdessen hätte man unbedingt eine der vielen Neunten mit Hermann Abendroth nehmen sollen.

  • Von den dreien, die ich habe (I, VI, VIII) würde ich die Schubertsonaten ohne Einschränkungen empfehlen. (Inhaltlich hat sich Philbert schon viel kundiger geäußert, als ich das könnte.)
    Die Brahms-Box ist sehr gut, enthält m.E. aber nicht ganz so viele Raritäten, die man anderweitig kaum bekäme. Hauptsächlich das C-Dur-Trio, das auf CD anscheinend sonst nur in einer großen Graffman-Box zu finden ist, und die Vorkriegsaufnahmen mit dem Budapest Q, die auf längst vergriffenen Biddulph-CDs enthalten waren. Bzw. würde der hardcore-Sammler (nicht ich) vermutlich alle drei Violinsonaten mit Gioconda de Vito (Testament) und Goldberg/Balsam (Testament) haben wollen. Allerdings sind ausreichend viele der enthaltenen Aufnahmen schwierig oder teuer einzeln zu kriegen, so dass sich die Box selbst bei einigen Dubletten recht schnell lohnt. Die einzige Aufnahmen, die mir meiner Erinnerung nach nicht zusagten, sind die Klarinettenwerke mit Kell, sowohl von dessen vibrato als auch von eingeschränkter Klangqualität geplagt. Das Quintett mit dem Nazi Wlach ist dagegen berückend, auch klanglich erstaunlich gut. Ein paar andere sind vielleicht nicht überragend; bei den Cellosonaten bevorzuge ich z.B. die spätere Rubinstein/Piatigorsky, aber alles solide oder interessant.

    Vol. VI Brahms: Kammermusik

    -Sonates pour violon et piano : 1. Suk/Hala (1956); 2. Busch/Serkin
    (1932), Goldberg/Balsam (1953); 3. De Vito/Fischer (1954), Szigeti/Petri
    (1935); Scherzo WoO 2 (sonates FAE) Milstein/Bussati (1954).
    -Sonates pour violoncelle et piano: 1. Piatigorsky/Rubinstein (1936), Starker/Sebok (1959); 2. Starker/Sebok (1959).
    -Sonates pour clarinette et piano 1.+2.: Kell/Horszowski (1949);
    - Sonates pour alto [Viola] et piano : 1. Primrose/Sanroma (1939); 2.Primrose/Firkunsny (1958).
    -Quintette pour clarinette: Wlach/Wiener Konzerthaus Quartett (1953).
    -Trio pour clarinette, violoncelle et piano: Kell/Miller/Horszowski (1950).
    -Trios pour piano et cordes: 1. Fischer/Scheiderhan/Mainardi (1954); 2.
    Graffman/Senofsky/Trepel (1959); 3. Stern/Istomin/Rose (1966).
    -Trio pour cor, piano et violon: Serkin/Brain/Busch (1933); Serkin/Bloom/Tree (Marlboro 1960).
    -Quatuors à cordes: 1. Amadeus Quartett (1959); 2. Hollywood String Quartett (1952); 3. Budapest String Quartett (1933).
    -Quintette pour piano et cordes: Serkin/Busch Quartett (1938).
    -Quatuors pour piano et cordes: 1. Serkin/Busch (1949), Rubinstein/Pro Arte
    (1932); 2. Curzon/Budapest (1952); 3. Rubinstein/Guarneri (1967).
    -Quintettes à cordes: 1. Budapest SQ/Hobday (1937); 2. Budapest SQ/Mahlke (1932).
    -Sextuors à cordes: 1. Ensemble de l'Academy of St Martin in the Fields (1992);
    2. Ensemble de Marlboro autour de Pina Carmirelli (1967).
    -4 Lieder als Bonus (E. Grümmer, L. D. Casa, L. Lehmann 1941-1959).

    Vol. I Mozart-Kammermusik:

    CD 1: KV 304, 380: Joseph Szigeti Mieczyslaw Horszowski; KV 378, 454: Clara Haskil, Arthur Grumiaux
    CD 2: KV 376: Yehudi + Hephzibah Menuhin; KV 379, 526: Szigeti + Horszowski; KV 481: Szigeti/Szell
    CD 3 : KV 296, 377: Lili Kraus, Szymon Goldberg; Trios KV 496, 548: Lili Kraus, Willi Boskovsky, Nikolaus Hübner
    CD 4: Trios KV 502, 542: Lili Kraus, W. Boskovsky, N.Hübner; KV 563: Heifetz, Primrose, Feuermann
    CD 5 KV 478: Clifford Curzon + Amadeus Quartet; KV 493: William Kapell, Arthur Grumiaux, Milton Thomas, Paul Tortelier; KV 575 Amadeus Q
    CDS 6 and 7: "Haydn-Quartette" Juilliard Quartet 1962
    CD 8: KV 590: Amadeus Q; KV 406 + 516: Budapest Quartet + Milton Thomas
    CD 9: KV 593: Amadeus Q + Cecil Aronowitz; KV 515 + 614: Griller Quartett +William Primrose
    CD 10: KV 452: Alfred Brendel/Ungarisches Ensemble; KV 498: Reginald Kell, Lilian Fuchs, M. Horszowski; KV 581: Benny Goodman + Budapest
    Quartett

    CD 6,7, 9 und KV 452 sind in stereo, der Rest aus den 1930ern-50ern, davon aber etwa die Klaviertrios und Quartette ordentliches "Hifi-Mono". Aber für die, die auf modernen Klang wert legen, sind die Boxen eh nichts.

    Die Trios und Sonaten mit Lili Kraus sind in der großen Lili-Kraus-Box, die Trios sonst anscheinend nur mal in Japan? auf CD gewesen. Bei den Violinsonaten hat man unter den historischen "Klassikern" Kraus/Goldberg, Szigeti und Grumiaux/Haskil eine wohl plausible Auswahl getroffen. Eine ziemliche Rarität ist wohl die Aufnahme des Es-Dur-Klavierquartetts. (Für das g-moll wäre eigentlich Schnabel/Pro Arte der Klassiker schlechthin gewesen.)

    Mehr werden es bei mir wohl auch nicht werden, da ich von den anderen Boxen entweder schon zu viel habe (entweder tatsächlich die enthaltenen Aufnahmen oder schon zu viele andere des Repertoires) oder sie mich nicht genügend interessieren.

    EDIT: Die Beethovensinfonien sind keine ganz unoriginelle Auswahl und ich habe davon erstaunlich viele noch nicht. Aber bei diesem Repertoire habe ich weiteren Vervielfachungen wirklich abgeschworen. Eine 5. oder Einspielung einer Mozart-Sonate kann ich vor mir noch rechtfertigen, aber eine 22. einer Beethovensinfonie nicht mehr.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Hallo,

    Im spärlichen Booklet werden (auf französisch only) die Gründe der Auswahl erläutert

    mag jemand einmal diese kurz wiedergeben? Mich überzeugt der editorische Ansatz, der vor allem an der Prämisse "freeware" bzw. günstige Lizensierbarkeit der Aufnahmen zu hängen scheint, nicht wirklich. ?(

    Viele Grüße
    Frank
    :cincinbier:

    "it's hard to find your way through the darkness / and it's hard to know what to believe
    but if you live by your heart and value the love you find / then you have all you need"
    - H. W. M.

  • Details zur Beethoven Konzert/Ouvertüren/Messen Box:
    Klavierkonzert 1
    Gilels - Masur 1976 Udssr
    Schnabel - Sargent 1932 London SO (ausgewählt von Benjamin Grosvenor)
    Klavierkonzert 2
    Fleisher-Szell 1961 Cleveland (ausg. v. Jonathan Bliss)
    Serkin-Ormandy 1954 Philadelphia
    Klavierkonzert 3
    Brendel - Wallberg 1961 Pro Musica Wien
    Fleisher - Szell 1961 Cleveland (ausg. v. Francois-Frederic Guy)
    Klavierkonzert 4
    Backhaus-Krauss 1951 Wiener Ph
    Gieseking - Böhm 1939 Stk. Dresden (ausg. v. P. Badura Skoda)
    Klavierkonzert 5
    Casadesus - Mitropoulos 1955 NY Ph
    Brendel - Mehta 1961 Pro Musica Wien (ausg. v. Bertrand Chamayou)
    Fischer - Furtwängler 1951 Philharmonia O (ausgew. v. A Brendel)
    Violinkonzert
    Oistrach-Cluytens 1958 - Radio France
    Francescatti - Mitropoulos 1952 New York Ph (ausg. v. Isabelle Faust)
    Neveu - Rosbaud 1949 SWF O (ausg. v. Gidon Kremer)
    Tripelkonzert
    Hendl/Corigliano/Rose - Walter 1958 NY Ph (ausg. v. Jean Guihen Queyras)
    Ouvertüren
    Coriolan:
    Reiner 1959 Chicago
    Furtwängler 1943 BlnPh
    Prometheus
    Walter 1930 BBC
    Egmont
    Mengelberg 1931 CG A'dam
    Ruinen von Athen
    Monteux 1949 SanFrancisco
    Léonore I
    Mengelberg 1931 A'dam
    Léonore II
    Toscanini 1939 NBC
    Léonore III
    Böhm 1955 Staatsoper Wien
    Furtwängler 1944 Wiener Ph
    Fidelio (Gesamtaufnahme)
    Fricsay 1957 Bayerische Staatsoper
    Weihe des Hauses
    Klemperer 1959 Philharmonia O.
    Missa Solemnis
    Karajan 1960 Philharmonia
    C Dur Messe
    Beecham 1959 Royal Ph O

    dazu noch
    Romanzen f. Violine
    Johanna Martzy - kletzki 1955 Philharmonia O.
    5 verschiedene Kadenzen zum Violinkonzert
    Kreisler - gespielt von Kreisler
    Joachim - gespielt von Huberman
    Milstein - gespielt von Milstein
    Auer - gespielt von Heifetz
    Beethoven - Schneiderhan

    Natürlich hätte man auch vieles anders wählen können. Fleisher-Szell ist natürlich zurecht, aber wer hat das nicht schon zuhause stehen? Sehr interessant Brendel-Mehta von 1961 mit einem quasi anonymen Orchester; wider Erwarten ganz und gar nicht pompös auftrumphend (= die alten VOX Aufnahmen). Vorsicht Pfusch: Beim dritten Klavierkonzert wurden die Aufnahmen von Brendel und Fleisher vertauscht (Brendel spielt eine eigene Kadenz). Zu den Kadenzen des Violinkonzerts. Ich finde es bedauerlich, dass kaum noch jemand die Joachim Kadenz spielt, die mir viel besser als die zu oft gespielte Kreisler Kadenz gefällt. Zur 'Beethoven" Kadenz:
    bekanntlich hat Beethoven sein Violinkonzert als Klavierkonzert arrangiert. Für dieses Arrangement schrieb er eine Kadenz für Klavier und Pauke. Schneiderhan hat diese für Geige zurückübertragen. Sie wird auch von Kopatchinskaja in der Aufnahme mit Herreweghe gespielt (eine Aufnahme die ich persönlich - im Gegensatz zu vielen anderen, die ihren Beethoven gemütlicher wollen - überaus schätze).
    Die Aufnahmen wurden im Blindtest (auf Grund einer Vorauswahl von jeweils 10 Aufnahmen) ausgewählt. (Gilt nicht für Oistrach-Cluytens)

  • Es ist sicher eine Randbedingung, dass die Sachen günstig zu kriegen sind, um die Boxen für regulär 20-25 EUR anbieten zu können. Aber nicht die einzige. Im Falle von Brahms hätte man z.B. für beide Sextette auch historische Einspielungen nehmen können. Einige mögen auch Verlegenheitslösungen sein. Aber mal abgesehen davon, ob das nun tatsächlich die großen Favoriten der entsprechenden Redakteure, Künstler oder Kritiker sind, habe ich schon den Eindruck, dass ein Mix von bekannten "Klassikern" mit eher exotischen, kaum oder nie auf CD veröffentlichten Aufnahmen angestrebt wird. Bei Schubert fallen etwa Schnabel, Serkin, Gilels, Richter in die erste, Wührer und Badura-Skoda in die zweite Kategorie.

    Man kann sich zwar fragen, was das soll, aber zu viele "gängige" Aufnahmen würden bei dem Zielpublikum sicher zu zu vielen Doubletten führen. Dagegen wären zu exotische Zusammenstellungen wohl einerseits zu aufwendig, aber eben auch für ein zu kleines Publikum interessant. Eine reine Wührer-Schubert-Box hätte ich vermutlich eher nicht gekauft.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Zu den Gründen der Auswahl:
    Es gibt eine Vorstellung der "Methode" der Auswahl für die diapason Reihe insgesamt. Allerdings sind die Texte trotzdem von Box zu Box verschieden. Und es gibt die Argumente warum genau diese Aufnahme gewählt wurde. Diese Texte wurden von den Redakteuren der Zeitschrift und den eingeladenen Musikern geschrieben. Letztere lassen sich natürlich nicht zusammenfassen. Auf Wunsch kann ich eventuell einige dieser Texte übersetzen. In meiner Mozartbox sind keine "Argumente" für die jeweils getroffene Auswahl aufgenommen. Meine Mozartbox ist seltsamerweise auf Englisch und man kann nicht sehen wer was warum gewählt hat.

    Zu den Prinzipien der Auswahl im Allgemeinen. Man wollte vermeiden, dass "grosse" Aufnahmen auf der Basis des Gedächtnisses empfohlen werden. Man traf eine Vorauswahl (ca 10 Aufnahmen), die wurden einem auf diese Epoche oder diesem Genre spezialisierten Redakteur und einem mehr oder weniger bekannten Interpreten anonymisiert zugeschickt. Diese trafen dann blind ihre Wahl. Nirgendwo wird gesagt, dass historische Aufnahmen aus urheberrechtlichen Gründen bevorzugt werden. Man wollte Vielfalt, also nicht alle Violinsonaten Mozarts mit einem Interpreten (zB Szigeti), sondern lieber verschiedene Interpreten. Dies auch, um nicht einseitig bestimmte Plattenfirmen vorzuziehen. Bei Aufnahmen, die als gleichwertig eingeschätzt wurden, erhielt die den Vorrang, die einen grösseren Seltenheitswert (auf dem CD Markt) hat.

    In einigen Fällen wurde davon abgewichen. Z.B. Brendels Plädoyer für die Furtwängler-Fischer Aufnahme des "Kaiserkonzertes",oder einem Redakteur, der sämtliche Oistrachaufnahmen des Violinkonzertes hat, und davon eine empfiehlt. Dass ehrlich gespielt wurde, sieht man manchmal daran, dass z.B. die Interpreten selbst überrascht waren, wen sie ausgewählt hatten. Das war zB bei den frühen Brendelaufnahmen der Klavierkonzerte der Fall, oder bei Gidon Kremers Vorliebe für Ginette Neveu.

    Ich weiss (nicht mehr) genau, ab wann das Urheberrecht für CD-Aufnahmen entfällt, ich dachte 50 Jahre, habe aber einem Beitrag entnommen, das dies kürzlich geändefrt wurde. Die jüngsten Aufnahmen in meinen drei Boxen sind von 1962. Zwei Ausnahmen: Gilels-Masur von 1976 und Frans Bruggen (1. Sinfonie) von 2011. Im letzten Fall gibt es ein Dankeswort an die Urheberrechtsinhaber (Glossa).

    Die Vermutung, dass fast ausschliesslich rechtsfreie Aufnahmen verwendet werden, wird zwar nirgendwo zugegeben, aber ist durch die getroffene Auswahl quasi bewiesen.

  • Ah, ok, danke!
    Zumindest ein spannender Ansatz für die Zusammenstellung.

    :cincinbier:

    "it's hard to find your way through the darkness / and it's hard to know what to believe
    but if you live by your heart and value the love you find / then you have all you need"
    - H. W. M.

  • Warum sich die 1951er Neunte mit Furtwängler (Bayreuth), mit dem orientierungslos herumblasenden Horn im Adagio, so grosser Beliebtheit erfreut, wird mir ewig ein Rätsel bleiben. Stattdessen hätte man unbedingt eine der vielen Neunten mit Hermann Abendroth nehmen sollen.

    Zumal die Bayreuther im Vergleich zur anderen vom März 1942 nicht groß anders gewichtet ist; man hört zweimal eine ähnliche Interpretation mit ähnlichen Temporückungen und Dramatismen. Eine Furtwängler-Einspielung der 9. hätte tatsächlich gereicht.

    -----

    Zur Klangqualität der Beethoven-Symphonien (Vol. III):
    mein erster oberflächlicher Eindruck ist durchaus positiv. Die alten Schellackaufnahmen klingen sauber überspielt und behutsam von Nebengeräuschen befreit. Die späteren Aufnahmen klingen voll und klar, speziell die Stereo-Aufnahmen entwickeln ein schönes Klang-Panorama. Insgesamt finde ich die 9. von Furtwängler in Bayreuth etwas unsauber klingend, da diese Live-Darbietung generell wohl einige Schwächen in der Aufnahmetechnik hatte; da klingt die 1942er schon stabiler in der Wiedergabe.

    Für mich ein echter Gewinn, neue Wiedergaben kennenzulernen. Und da sind einige Granaten dabei: die 1. mit Toscanini (1939), die 3. mit Karajan (1952), die 6. mit Mengelberg (1937) und die 9. mit Schuricht (1958).

    "Interpretation ist mein Gemüse." Hudebux

    "Derjenige, der zum ersten Mal anstatt eines Speeres ein Schimpfwort benutzte, war der Begründer der Zivilisation." Jean Paul

    "Manchmal sind drei Punkte auch nur einfach drei Punkte..." jd

  • Die Schubert Kammermusikbox

    Sie scheint zZt in Deutschland nur als Download verfügbar zu sein, man kann sie aber andernorts als CD-Box bestellen.
    Drin sind:

    Violine und Klavier
    Fantasie D934 - David Oistrach/Frida Bauer (1969) und Bronislaw Huberman/Boris Rubakin (1944)
    Sonate D574 - Fritz Kreisler/Sergej Rachmaninov (1928)
    Rondo h-moll D895 - Oscar Shumsky/NN (ca 1950) und Yehudi/Hepzibah Menuhin (1938)

    Sonate D-Dur D384 - Joseph Szigeti/Andor Földes (1941) und Arthur Grumiaux/Riccardo Castagnone (1955)
    Sonate a-moll D385 - Willi Boskowsky/Lili Kraus (1957)
    Sonate g-moll D408 - Willi Boskowsky/Lili Kraus (1957)

    Introduktion und Variationen über Trockne Blumen für Flöte und Klavier D802 - Gidon Kremer/Oleg Maisenberg (1974)

    Vierhändige Klaviermusik
    Allegro a-moll Lebensstürme D947
    Rondo D-Dur D608
    Marche caractéristique D886 (968B) Nr 1
    Acht Variationen über ein eigenes Thema in As D813

    Paul Badura-Skoda und Jörg Demus (1953)

    Sonate C-Dur D812
    Alfred Brendel und Evelyne Crochet (1962)

    Fantasie f-moll D940
    Benjamin Britten und Sviatoslav Richter (1965)

    Märsche D819 Nr 2 und 3
    Divertissement à la française D823 (nur der zweite Teil: Andantino varié)
    Rondo A-Dur D951
    Marche militaire D733 Nr 1

    Artur und Karl-Ulrich Schnabel (1937)

    Divertissement à la hongroise D818 (komplett)
    Lili Kraus und Homero de Magalhaes (1958)

    Sonate für Klavier und Arpeggione D821
    Maurice Gendron / Jean Françaix (1952)

    Trios
    Streichtrio Nr 1 D471 - Wiener Konzerthausquartett (Anton Kamper, Erich Weis, Franz Kvarda) 1953
    Streichtrio Nr 2 D581 Jascha Heifetz/ William Primrose / Gregor Piatigorski (1960)

    Klaviertrio D28 - Notturno D897 - Trio Wanderer (2000)
    Klaviertrio B-Dur D898 - Eugen Istomin/ Alexander Schneider/ Pablo Casals (1951)
    Klaviertrio E-Dur D929 - Rudolf Serkin/ Adolf Busch/ Hermann Busch (1935)

    Streichquartette
    Ouvertüre D8a, Quartette D18, D32, D74 - Auryn Quartett (1995, 1997)
    D87 - Wiener Philhamonisches Streichquartett (1962)
    D36, D46, D68, D94, D173, D353 - Wiener Konzerthausquartett (1952-53)
    D112 Busch Quartett (1938)
    D703 c-moll (Quartettsatz) - Amadeus Quartett (1951), Kolisch Quartett (1934), Panocha Quartett (1991)
    D804 a-moll - Kolisch Quartett (1934), Amadeus Quartett (1956)
    D810 d-moll - Busch Quartett (1936), Juilliard Quartett (1959)
    D887 G-Dur - Kolisch Quartett (1934), Cherubini Quartett (1992)

    Oktett D802
    Leopold Wlach (Kl), Karl Öhlberger (Fg), Gottfried von Freiberg (Hn), Wiener Konzerthausquartett, Karl Fiala (Kb) Rundfunkaufnahme 1957

    Quintette
    Forellenquintett D667 - Walter Panhofer (Kv), Willi Boskovsky (Vn), Günter Breitenbach (Va), Nikolaus Hübner (Vc), Johann Krump (Kb) 1950
    Streichquintett D956 - Hollywood Quartet, Kurt Reher (1951)

    Im Booklet erfährt man nicht, warum diese Version des Quintetts, der Streichtrios oder des Notturnos gewählt wurde. Auch nicht, warum von den Flötenvariationen eine Aufnahme mit Violine gewählt wurde. Sie ist zwar gut, aber gute Aufnahmen mit Flöte gibt es auch. Insgesamt ist das Booklet hier weniger ausführlich (7 Seiten statt der 16 für die Brahms- oder die Schubert-Klavierbox). Sollte die nicht stören, die kein Französisch können ;)

    Es gibt wenig zu sagen über das Ergebnis der Auswahl. Ein paar allgemeinbekannte Sachen sind drin (D574 mit Kreisler/Rachmaninov, D929 mit Busch/Busch/Serkin ...) aber auch ein paar wertvolle Ausgrabungen. Die Tonqualität ist gut. Wie immer: keine Wunder da, wo keine zu erwarten sind, aber die alten Aufnahmen sind gewissenhaft remastered worden. Das Rondo mit Menuhin/Menuhin hätte ich nicht unbedingt reingenommen. Ich selber hätte eine Alternativ-Aufnahme für die Klaviertrios und die Quintette (wenigstens fürs Streichquintett) genommen und die vierhändige Klaviermusik in eine Extra-Box ausgelagert (eine Alternativ-Aufnahme der Fantasie, die Sonate D617, das ganze Divertissement à la française ... wären dazu gekommen). Oder in die Solo-Klavierbox, die dann von 12 auf 14 oder 15 CD gewachsen wäre .

    Aber alles in allem auch m.E. eine empfehlenswerte Ausgabe.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Ja, die Schubert-Kammermusik muss man z.B. in Frankreich bestellen. Ich verzichte erst einmal, obwohl das auch eine gelungene Zusammenstellung scheint. Bin in dem Repertoire größtenteils schon sehr gut abgedeckt, bei den Stücken, die mich interessieren, habe natürlich einiges aus der Box auch schon. Einige der relativen Raritäten betreffen Stücke, die mich nicht so sehr interessieren (Arpeggione, Violinsonaten) Und wegen der Fantasie mit Huberman kaufe ich keine ganze Box ;)

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

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