Meine Frage, ob diese Leute einen "common sense" repräsentieren, gründet auch darauf, daß ich mich frage, ob den meisten Opernbesuchern so etwas wie "Werktreue" überhaupt wichtig ist oder ob sie nicht viel eher deshalb Opernaufführungen besuchen, weil sie unterhalten werden wollen: gerührt, erheitert usw.usf. Ich vermute, Letzteres ist der Fall.
Ich vermute das auch, aber ebenso, daß ein nicht geringer Teil der Besucher zu seiner "Unterhaltung" irgendwie braucht (oder meint zu brauchen), daß er unter dem Namen einer bestimmten Oper eben das bekommt, was seit ca deren Entstehung mit der Zeit als dieselbe zu benennen sich eingebürgert hat - zumindest was die Musik und den gesungenen Text betrifft. Die Sperenzchen, die Regisseure unter Umständen damit veranstalten, um wiederum den Anforderungen ihrer Kunst zu genügen (je nach Geschmack und Richtung), werden toleriert, solange man am vermeintlichen (oder wirklichen ?) Kern des Werks "Oper" - also der Musik samt dem gesungenen Text - nicht allzu vernehmlich rührt.
Insofern vermute ich schon, daß der Vorschlag des Threadstarters zu einer "wirklich modernen" Opernregie auf erhebliche Widerstände stossen würde, auch wenn ich persönlich nicht ausschließen würde, das eine oder andere Ergebnis interessant zu finden.
Das "Pasticcio" als Kunstform ist halt etwas älter als unser klassisch-romantischer Werkbegriff, auch wenn es in der nicht ganz so schwergewichtigen Muse nie ganz ausgestorben sein dürfte.