Thesen zur Rückschrittlichkeit der aktuellen Opernregie

  • Interessant hier.....

    Du siehst im Theater eine Aufführung einer vergangenen Zeit? Das interessiert mich: Erzähl doch mal, wie es so war in vergangenen Zeiten! Und im welchem Theater man dieses Wunder eines Zeitsprungs erleben kann.

    Christian

    Ich glaube, ihr redet hier von zwei verschiedenen Dingen. Dem "Kunstwerk" einerseits und seine Aufführung andererseits. "Kunstwerk" ist hier wohl gemeint, als Grundlage (Libretto und Patriturfür bei der Oper) der Aufführung. Ersteres ist sicher ein eigenes Kunstwerk, das Schaffen und Festhalten der grundlegenden Vorgabe für eine Aufführung. Daraus ergibt sich für mich, dass jede Aufführung ein eigenes Kunstwerk ist, auch wenn sie noch so "werktreu" daherkommt.

    "Werktreue" ist genaugenommen auch ein unpräziser Begriff. es kommt ja schon darauf an, wie detailliert die Vorgaben sind. Bei Wagner sind sie ziemlich detailliert, bei den Anfängen der Oper bestehen manchmal nur Fragmente. Trotzdem ist auch z. B. jede Wagner - Inszenierung ein neues "Kunstwerk".

    Das zeitliche Auseinanderklaffen ist jedenfalls zwangsläufig.

    Es geht um nicht weniger als um die Frage, was Theater ist, und von diesem Punkt ausgehend, um die Frage, ob es eine Pflicht zur Treue irgendeinem Werk gegenüber geht.

    Ist dies als eine Quintessenz aus dem davor Gesagten? Ok. das "ist dann mal ein Wort". Teilweise wurde bei der Minimierung schon eine Annäherung an Antworten versucht, jedoch wird man hier nie auf eine absolute Antwort kommen. Ich sehe durchaus, dass eine Opernregie und die des Sprechtheaters viele gemeinsame Fragestellungen zu bearbeiten haben, jedoch bietet m. E. gerade das Vorhandensein der Komposition und der Szene auf der anderen Seite zusätzliche Herausforderungen. Die "alte" Form der klassischen Oper in Kombination mit der ggf. "modernen" Szene inpliziert ein ganz eigenes Spannungsfeld in meinen Augen.

    wenn ich den Fadenersteller recht verstanden habe, hat er versucht, diese Fragestellung mal zu verändern, und er hat vertreten, daß die "Untreue" dem Werk gegenüber beim RT halbherzig ist únd nicht weit genug geht.

    So habe ich das auch verstanden. Mein derzeitiges Kopfkino dazu, also die Vorstellung, dass in die Komposition eingegriffen wird, irritiert mich jedoch ein wenig (ich lasse hier Subjektivität zu). Meeses Mondparsifal macht das z. B. Hier ist ein anderer Komponist am Werk, der Wagners Musik umbaut (?) oder sich auch nur von ihr inspirieren lässt. Ich kann hier aber beim besten Willen keinen Nachweis erkennen, dass es noch aus Wagners "Vorgaben - Kunstwerk " abzuleiten ist. Es ist was anderes.

    Theater ist nach meinem Verständnis beides: sowohl Reproduktion von Vorhandem also auch Produktion von Neuem. Beides gegeneinander auszuspielen, indem man behauptet, nur eines davon gelte, habe ich als "Streit um des Kaisers Bart" bezeichnet.

    ok, das ist für mich gut nachvollziehbar.

    Das Werk Shakespeares ist eine Dichtung. Die muss nicht realisiert werden

    hat er doch selbst schon. Zuerst lesbar (wurde ja schon diskutiert). Man kann es aber auch rezitieren, vorlesen und szenisch umsetzen. Ich verstehe nicht, warum es falsch sein soll, dass man dies Realisierung nennt.

    Fällt dir auf, dass du vom Theater schreibst, nicht von der Oper?

    Fällt dir überdies auf, dass beim Ergebnis deiner Reduktion die Musik nicht vorkommt, auch nicht der Text bzw. das Libretto?

    Die Diskussion schob sich zum Teil in Richtung Sprechtheater und dessen Anforderungen. Dass Regisseure wie Carstorff, Neuenfels, Bieito u.a. die Komposition nicht antasten, liegt wohl auch an den Rezipienten, die Wagners Komposition im neuen Aufführungswerk hören und erkennen wollen, als auch daran, so entnehme ich diversen Interviews, diese regisseure selbst sich diesem für die Oper wichtigen Postualt anpassen wollen, also die Szene drumherum setzen. Was anders kann ich mir auch nicht wirklich vorstellen.
    Beste Grüße

    :wink: :wink:

    Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren (Bert Brecht)

    ACHTUNG, hier spricht Käpt´n Niveau: WIR SINKEN!! :murg: (Postkartenspruch)

  • Was mir übrigens gerade noch einfällt: Nicht wenige Partituren enthalten Elemente, die beim Hören nicht wahrgenommen werden können. Zahlensymbolik zum Beispiel, überhaupt alles, was man als »Augenmusik« bezeichnet. Solche Partituren sind also zumindest auch für den Leser geschrieben, nicht nur für den Hörer, der – möglicherweise sehr wichtige – Informationen gar nicht empfängt. (Ich denke jetzt keineswegs nur, aber natürlich auch, an die beiden einschlägigen Bachschen Spätwerke.) Also ganz so eindeutig ist das vielleicht doch nicht.

    Eindeutig sicher nicht. Aber dennoch gibt es z.B. keine musikalische Gattung, die dem Roman entspricht, die also zum bloßen Lesen gedacht ist und sich ohne den "Umweg" über den Interpreten direkt an den Rezipienten wendet. Aber es stimmt schon: Historisch könnte das auch daran liegen, dass einfach zu wenige Leute Partituren lesen können. Woraus sich gleicht die nächste Frage ergibt: Können vielleicht nur deshalb so wenige Leute Partituren lesen, weil diese Fähigkeit eben doch nicht das Hören ersetzen kann?

    Das Thema übersteigt mich

    Mich auch :) .

    Christian

  • Aus meiner eigenen Erfahrung würde ich sagen, dass eine noch so gewissenhafte Durchsicht des Notentextes das musikalisch-akustische Erlebnis nicht vollwertig ersetzen kann. Den langsamen Satz der Hammerklaviersonate zu lesen ist sicherlich aufschlussreich, aber Gänsehaut bekomme ich beim Hören oder Spielen.

    Ich weiß, empirische Untersuchungen mit der Probandenmenge N = 1 sind nicht allzu aufschlussreich. :D

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Ich weiß, empirische Untersuchungen mit der Probandenmenge N = 1 sind nicht allzu aufschlussreich.

    Mich kannst Du dazu zählen, also immerhin schon einmal N=2. Wobei das ultimative Erlebnis dann doch das Selbst-Spielen ist.

    Christian

  • Mich kannst Du dazu zählen, also immerhin schon einmal N=2. Wobei das ultimative Erlebnis dann doch das Selbst-Spielen ist.


    Ich habe neulich erstmals den großen Sokolov u. a. mit op. 111 gehört. Und wenn ich die nächsten zehn Jahre nur noch den Notentext von op. 111 lesen würde, könnte es mir dieses Konzerterlebnis nicht ersetzen.

    Ja, das Selbst-Spielen ist großartig - wenn ich es nur besser könnte... :versteck1:

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Den langsamen Satz der Hammerklaviersonate zu lesen ist sicherlich aufschlussreich, aber Gänsehaut bekomme ich beim Hören oder Spielen.

    Ich habe neulich erstmals den großen Sokolov u. a. mit op. 111 gehört. Und wenn ich die nächsten zehn Jahre nur noch den Notentext von op. 111 lesen würde, könnte es mir dieses Konzerterlebnis nicht ersetzen.

    Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass Beethoven diese Stücke komponiert hat, ohne sie hören zu können.

    Christian

  • Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang allerdings, dass Beethoven diese Stücke komponiert hat, ohne sie hören zu können.


    Das stimmt. Beethoven war halt im inneren Hören so versiert, dass das ging. Bemerkenswert ist aber m. E. auch, dass Mozart angeblich einen Großteil seiner Werke ohne Ausprobieren am Klavier, also rein aus dem Kopf ausgeschrieben haben soll (Schönberg ist irgendwann auch dazu übergegangen). Das wird m. E. seltener thematisiert als die Taubheit Beethovens, obwohl es letztlich derselbe Vorgang bezüglich des Kompositionsprozesses ist. Was vielleicht irgendwie auch belegt, dass Musik mit akustischem Erleben in Verbindung gebracht wird, das Beethoven in seinen späteren Jahren halt leider versagt blieb.

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler


  • Ja, es stimmt. Du hast wirklich gar nichts verstanden. (Dabei ist es gar nicht so schwer.) Aber das macht nichts. Seit wann muss man verstehen, was man als »unlogische« disqualifizieren will? Es reicht doch, dass man auf der richtigen Seite steht. Solches Denken kenne ich seit meiner Schulzeit. – Es hat mich allerdings auch damals nicht überzeugt.


    Das hast du jetzt krass falsch verstanden. Zum Glück liest du Libretti sorgfältiger als meine Beiträge. Ich stellte fest, dass du die Unlogik der anderen aufdecktst. Als (auch berufsmäßig) analytischer Mensch fällt mir das sofort auf, egal wie schroff du deine Analysen formulierst. Das Problem von uns Analytikern ist: Wir erkennen jeden Fehler, jeden Widerspruch. Aber wie geht's denn nun richtig?


    Zitat


    Ich verstehe zwar das Beispiel nicht (welcher Profikoch bereitet denn Burger zu?), aber wenn es besagen soll, dass es sinnlos ist, mir zu widersprechen, kann ich nur mutmaßen, dass Du die Diskussion nicht verfolgt hast. (Macht nichts. Man kann sich doch immer noch am besten zu Dingen äußern, von denen man nichts weiß und nichts versteht.) Ich habe mehrfach darum ersucht, meine Argumente zu widerlegen, also zu zeigen, wo meine Prämissen oder die daraus gezogenen Schlussfolgerungen falsch oder logisch defekt sind. Das ist bisher nicht geschehen, und Du hast auch keinen Versuch unternommen. Der Versuch, den Du unternommen hast, war lediglich, zu unterstellen, was die Leute mal gelernt haben, würden sie eben immer wieder unverändert und ohne Rücksicht auf Verluste abspulen. Da kann ich nur sagen, dass ich das nicht kenne. Es mag Leute geben, die das tun, die meisten Musik- oder Theaterwissenschaftler, die ich kenne (das sind gar nicht so wenige) sind sich aber sehr bewusst, dass sie in einem ständigen Lernprozess stehen und nehmen fundierten Widerspruch, der ihnen Lücken ihres Wissens oder ihrer Argumentationslinien zeigt, gern entgegen. Nur wirst Du es mir nicht verübeln, dass ich meine Position nicht aufgebe, weil irgendwer daherkommt und ohne jede Begründung erklärt, dass das ja gar nicht sein kann. Das wüsste ich dann schon gern etwas genauer. Also noch einmal: Nimm meine Argumente und zeige, wo sie defekt sind. Ich werde mich freuen, wenn Du das zeigen kannst. Falls Du aber annimmst, es wäre ein Einwand, dass Dir das nicht schmeckt, oder dass irgenwer etwas anderes gesagt hat, und falls mehr nicht zustande kommt, spare Dir lieber die Zeit für sinnvollere Beschäftigungen.


    Ich widerspreche dir doch gar nicht. Und natürlich werden Burger von Profiköchen zubereitet, teilweise mit interessanten Ergebnissen.

    Ja, ich habe keinen Versuch unternommen, dir einen Fehler nachzuweisen. Weil ich keinen finde. Außer natürlich deine wirklich blödsinnige Interpretation meiner Beträge hier. Aber das ist ja nicht Gegenstand dieses Fadens. Dennoch zur Sicherheit (als Profi fehlt dir sicher die Zeit, mal 30 Sekunden lang meinen Beitrag zu lesen):
    So wie der Profi-Koch den Burger (und viele andere "Klassiker") immer wieder neu erfindet, so betreibt auch der Profi-Regisseur immer wieder neues Theater, auch wenn sich das Grundrezept (Opernlibretto) nicht ändert.

    Wenn dir das Beispiel "Burger" nicht edel genug ist, dann nimm halt "Rehrücken Baden-Baden" oder sowas. Auch da werden 10 Top-Köche 10 unterschiedliche Ergebnisse abliefern. Oder ein Koch innerhalb von 5 Jahren 5 verschiedene Interpretationen. Blöd halt für denjeingen, der den "echten" Rehrücken essen will. Oder vielleicht auch Glück. Ein Rehrücken aus dem 15. Jahrhundert mit dem Immunsystem das 21. Jahrhunderts, dass kann schief gehen...


    Thomas

    PS: Dafür schuldest du mir jetzt endgültig eine Haydn-Inszenierung. Wenn dir "Il mondo della luna" nicht passt, nimm "L'isola disabitata". Letztere ist simpler, kürzer, aber ziemlich fantasieanregend. Ist auf der Bühne durchaus mit Nachwuchskräften machbar. Braucht nur eine inspirierte Regie. Die übrigens unter den 3 Hit-Opern von Haydn (Orlando Paladino, Il mondo della luna, L'isola disabitata) die höchste Erfolgsquote hat. Da könnt ihr eigentlich nicht viel falsch machen, wenn ihr wirklich dahinter steht.

  • Schönberg ist irgendwann auch dazu übergegangen

    Schumann auch

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Das hast du jetzt krass falsch verstanden. Zum Glück liest du Libretti sorgfältiger als meine Beiträge.


    Ich lese nicht nur Libretti sorgfältig. Nicht einmal vorrangig., weil ich nicht glaube, dass die Libretti von vorrangiger Wichtigkeit sind. Wenn es um Oper geht, pflege ich die Partituren zu studieren.
    (Nebenbei: Es tut mir leid, aber Deine Zusammenfassung meiner Argumentation zeigt, das ist nicht meine Schuld, dass Du sie wirklich nicht verstanden hast. Nichts von dem, was Du da schreibst, habe ich geäußert oder auch nur gedacht.)

    Das Problem von uns Analytikern ist: Wir erkennen jeden Fehler, jeden Widerspruch. Aber wie geht's denn nun richtig?


    Das Problem habe ich nicht. Ich habe genug praktisch gearbeitet, um ausreichend Antworten auf die Frage gegeben zu haben, wie es geht. Die Basis meiner Argumentation ist auch nicht irgendeine Theorie, die mir irgendwer mal irgendwie eingeflößt hat, sondern eben diese praktische Arbeit (für die ich freilich ein solides theoretisches Fundament mitbekommen habe, das mit allerdings von Lehrern vermittelt wurde, die immer darauf bestanden, dass alles immer im Fluss ist und sein muss, auch die eigenen Überzeugungen). Eine Antwort auf die Frage, wie es richtig geht, weiß ich jedenfalls nicht. Ich bezweifle auch stark, dass es eine geben kann.

    So wie der Profi-Koch den Burger (und viele andere "Klassiker") immer wieder neu erfindet, so betreibt auch der Profi-Regisseur immer wieder neues Theater, auch wenn sich das Grundrezept (Opernlibretto) nicht ändert.


    Der Vergleich hinkt auf zwei Beinen. Zum einen ist die Oper, mit der gearbeitet wird, nicht das Rezept, zum anderen ist die Oper nicht das Libretto. Das ist der Punkt, der mich stört, nicht, um welches Gericht es in dem Vergleich geht.


    P.S.:

    Dafür schuldest du mir jetzt endgültig eine Haydn-Inszenierung.


    Verstehe ich wieder nicht. Aber wie auch immer: Das Inszenieren überlasse ich denen, die es können (auch wenn es in letzter Zeit rätselhafterweise üblich geworden ist, dass man sich die besonders interessanten Inszenierungen von Leuten erhofft, die es bestimmt nicht können.) Und was Haydn betrifft, hoffe ich, bei aller Verehrung, dass es mir erspart bleibt, an einer Inszenierung einer seiner Oper mitwirken zu müssen. Die Chancen stehen auch gut, dass das in diesem Leben nicht mehr geschehen wird.


  • Der Vergleich hinkt auf zwei Beinen. Zm einen ist die Oper, mit der gearbeitet wird, nicht das Rezept, zum anderen ist die Oper nicht das Libretto. Das ist der Punkt, der mich stört, nicht, um welches Gerich es in dem Vergleich geht.


    Den hinkenden Vergleich machst du. Korrekt lautet er:
    Oper = Gericht (als Idee)
    Libretto = Rezept
    Aufführung = Gericht (zubereitet)

    Die Aufführung ist die (einmalige) Realisierung des (imaginären) Werkes. Nach dem letzten Takt existiert sie nur noch in unserer Erinnerung. So wie das gekochte Gericht nach dem Essen ebenfalls weg ist. Am nächsten Abend muss neu gekocht werden. Das Gericht entsteht also jeden Abend neu. Und nach ein paar Wochen verschwindet es von der Speisekarte. Nach ein paar Jahren taucht es wieder auf. Dann aber in anderer Realisierung. Selbst wenn der Koch derselbe ist.

    Und wenn man den Erfinder des Gerichtes per Zeitmaschine hierher holen könnte, würde er heute trotzdem anders kochen als damals.


    Zitat


    P-S.:


    Verstehe ich wieder nicht. Aber wie auch immer: Das Inszenieren überlasse ich denen, die es können (auch wenn es in letzter Zeit rätselhafterweise üblich geworden ist, dass man sich die besonders interessanten Inszenierungen von Leuten erhofft, die es bestimmt nicht können.) Und was Haydn betrifft, hoffe ich, bei aller Verehrung, dass es mir erspart bleibt, an einer Inszenierung einer seiner Oper mitwirken zu müssen. Die Chancen stehen auch gut, dass das in diesem Leben nicht mehr geschehen wird.


    In Zürich hat man den Geschmähten aber schon zweimal aufgeführt (seit 2009), und das ziemlich überzeugend. Aber ich seh's ein, das ist wie bei einem Koch, der Burger nur mit McDonald's verbindet. Von dem kann man nicht erwarten, dass er den Burger zeitgemäß interpretiert.


    Thomas

    PS: Haydn gibt's dieses Jahr nur noch in Aachen (La fedeltà premiata, diesen Monat) und in Passau (Die Welt auf dem Mond, d.h. auf Deutsch, im September).

  • Den hinkenden Vergleich machst du. Korrekt lautet er:
    Oper = Gericht (als Idee)
    Libretto = Rezept
    Aufführung = Gericht (zubereitet)

    Aha. Hast Du das festgelegt?Oder Gott? Oder wer? Ich lege Verwahrung ein. Die Oper ist keine Idee, das Werk ist nicht imaginär (jedenfalls nicht mehr als alle anderen Phänomene), die Aufführung wird nicht nach dem Rezept des Librettos gebaut. Ich habe begründet, warum ich das anders sehe. Du legst einfach fest, dass es so ist, wie es Dir richtig erscheint. Warum bist es ausgerechnet Du, der das festlegt? Warum nicht irgendein anderer? Und warum bedarf diese Auffassung keiner Begründung? Weil es sich nicht um eine Auffassng, sondern um eine unumstößliche Wahrheit handelt, die sich – und sei es um den Preis des Widerspruchs mit der Evidenz – selbst begründet? Woher kommt das? Wo steht das? Im Neuen Testament?

    Die Aufführung ist die (einmalige) Realisierung des (imaginären) Werkes.

    Du kannst das so oft wiederholen, wie Du willst, wenn Du es nicht begründest, wird es nicht überzeugender. Meine Auffassung, die ich (im Unterschied zu Dir) begründet habe: Die Aufführung ist nicht die Realisierung eines Werkes, sie ist das Werk, das im Theater präsentiert wird. (Um da keine Verwirrung zu schaffen, schlage ich immer vor, den Begriff »Aufführung« durch »Spektakel« zu ersetzen.)

    In Zürich hat man den Geschmähten aber schon zweimal aufgeführt (seit 2009), und das ziemlich überzeugend.

    Ich verstehe schon wieder nicht. Was sagt mir die Information, dass man Haydn in Zürich gespielt hat? Und was sagt mir die Information, dass Du diese Aufführungen gut gefunden hast?

  • Noch mal zum Ausgangsbeitrag. Der Begriff "Gesamtkunstwerk" ist in der Tat problematisch. Aber Knulps Problem scheint ja etwas anderes zu sein: Er unterteilt die Oper in Dichtung, Musik und szenische Darstellung. Dem Gedanken kann man durchaus mal folgen. Dann stellt er richtigerweise fest, dass für einen "perfekten" Opernabend das "Werk" an den jeweils konkreten Aufführungsort und jeweils konkrete Aufführungszeit angepasst werden muss. Oder, wie andere sagen würden: Das Werk entsteht immer wieder neu. Aber man traut sich nicht, die Musik zu ändern.

    Für mich ist das allerdings kein Problem. Es gibt ja keinen Zwang, etwas Bestimmtes zu ändern. Z.B. könnte ich 100 verschiedene und gleichzeitig geniale Burger zubereiten, aber alle aus Rindfleisch. Ok, man kann auch einen Top-Burger aus Lammfleisch machen. Insofern passt das Burger-Beispiel hier nicht. Wir brauchen ein Gericht, bei dem eine Zutat nicht verändert werden kann. Gefüllte Gans. Das geht in der Tat nur mit Gans. Ist das schlimm?

    Auf die Oper bezogen: Im Moment sehe ich keinen Mehrwert, wenn z.B. bei der Zauberflöte die Musik "angepasst" wird. Das Werk funktioniert mit der Originalmusik einwandfrei. Das liegt wohl daran, dass Musik eher abstrakt ist: Der Eindruck, den sie auf den Hörer macht, ist weniger zeitgebunden als z.B. eine Kirchenszene.

    Obwohl: Die Hörgewohnheiten sind heute anders als damals. Also müsste man auch die Musik anpassen. Aber nur, wenn es das primäre Ziel ist, den "originalen" Eindruck beim Publikum zu erzeugen. Das ist aber gar nicht primäres Ziel einer Opernaufführung, wie wir inzwischen wissen.

    Ich behaupte sogar, dass es nicht mal Ziel ist, ein "Gesamtkunstwerk" zu erschaffen. Betrachtungen zum "Gesamtkunstwerk" sind rein theoretischer Natur. Durchaus sinnvolle Gedankenübungen, um sich selbst klar zu machen, was einen antreibt. So etwas wie die "Kabinenansprache" eines Fußballtrainers. Draußen auf dem Platz können (und sollen) immer nur Teilaspekte daraus realisiert werden.


    Thomas

  • Aber man traut sich nicht, die Musik zu ändern.

    Schmarrn. Ganze Arien werden transponiert, es wird gekürzt, was das Zeug hält, teilweise werden Szenen ausgetauscht. Das Instrumentarium wird angepaßt ...
    Wer jetzt Lucia di Lammermoor im Theater erlebt, hört nicht exakt das, was in Donizettis Partitur steht. Die Verfechter der "Werkstreue" wären die ersten, die auf die Barrikaden gehen würden, wenn man die ungeschriebenen hohen Noten auslassen und eine Glasharmonika statt einer Flöte einsetzen würde; sie blieben aber völlig ruhig, wenn eine Cabaletta um einen Ton runtertransponiert würde, um der Primadonna eine ungeschriebenen hohe Note erreichbar zu machen.
    Auch was Wagner betrifft, schneidert sich jedes Theater seinen Tannhäuser zurecht.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Wobei man sagen muss, dass Donizetti auch gar nicht damit gerechnet hat, dass exakt das gesungen und gespielt wird, was er in die Partitur geschrieben hat. Das war zu jener Zeit durchaus unüblich und traf höchsten für die Uraufführung zu – wenn der Komponist dabei anwesend war und die Änderungen, die auch ohne ihn und dann eben von anderen gemacht worden wären, in die Partitur eintragen konnte.

    Aber die Diskussion dreht sich im Kreis, da ist nichts zu machen. Es liegt daran, dass die eine Seite ohne jede Begründung auf ihrer Position beharrt, ohne auch nur den Versuch zu machen, auf irgendein Gegenargument einzugehen. Da bleibt es eben dabei, dass das Theater dazu da ist, Werke mehr oder weniger getreulich zu reproduzieren, und das wird konstant wiederholt, und wenn die Welt zwischendurch untergeht. Da bringt auch ein Argument wie dieses nichts. Man kann zwar kaum sagen, dass in die Musik nicht eingegriffen wird, aber man wird es trotzdem immer wieder sagen. Wenn man sich gegen Argumente und Tatsachen ausreichend immunisiert hat, ist das gar kein Problem.

    (Nur mal so ganz nebenbei: Ich selbst habe mehrfach harsche Auseinandersetzungen zwischen Regisseuren, die dem sogenannten »Regietheater« zugeordnet werden mit Dirigenten erlebt, weil letztere – also die Dirigenten, ich betone dies, falls jemand den Wunsch haben sollte, mich misszuverstehen – unter allen Umständen irgendwelche traditionellen Striche machen wollten und erstere – die Regisseure also – darauf bestanden, dass die Partitur unangetastet bleibt. Ich nenne mal zwei Namen aus der Schreckenskammer des Regietheaters, Namen von Regisseuren, bei denen ich das erlebt habe: Ruth Berghaus und Peter Konwitschny. Eines der größten Theatererlebnisse meiner Jugendzeit war Peter Konwitschnys Inszenierung der »Gräfin Mariza« in Greifswald, die, weil kein Satz im Dialog und kein Takt der Musik gestrichen war, über vier Stunden dauerte, allerdings keine Sekunde langweilig war. Konwitschny hat die strichlose Version gegen erbitterten Widerstand der musikalischen Abteilung durchsetzen müssen – wobei die Aufführung schließlich auf Anweisung der Bezirksleitung der SED gekürzt wurde, allerdings erst nach der Premiere. Das war keineswegs der einzige Fall dieser Art, den ich selbst erlebt habe, von diversen anderen habe ich gehört. Wir müssen also nicht mal ins 19. Jahrhundert zurückgehen, um zu sehen, dass es einfach nicht wahr ist, dass man die Stücke immer und überall brav werktreu gespielt hat und spielt, wo die bösen bösen Werkzerstörer nicht ihr Unwesen treiben. – Um noch ein anderes Beispiel zu bringen, das ich in diesem Zusammenhang für besonders instruktiv halte: Es gibt im zweiten Akt des »Tristan«, wie jeder weiß, einen häufig gemachten »traditionellen« Strich. (Traditionell im Sinne des bekannten Ausspruchs von Mahler – ich meine den, der wirklich von ihm ist, nicht den anderen, der ihm immer wieder zugeschrieben wird.) Dieser Strich ist noch von bösen Regisseuren erfunden, die ihren Ehrgeiz in möglichst vollständige Werkzerstörung setzen, das ist wohl klar. Allerdings fällt ihm eine entscheidende Passage des Dialogs zwischen Tristan und Isolde zum Opfer, durch deren Fehlen der Gedankengang dieses für das ganze Stück überaus wichtigen Gesprächs sinnlos wird, womit das ganze Stück seinen Sinn verliert. Mir ist bisher nie aufgefallen, dass sich irgendwelche Werkfetischisten darüber besonders aufregen... Es dürfte eher so sein wie mit den nicht notierten Schreiakzenten bei Donizetti oder Verdi, die gerade von den Vertretern dieser ominösen Treue strengstens einfordert werden – wie die »Spiegelarie«, die nicht von Offenbach ist usw., die Beispiele ließen sich beliebig vermehren. – Aber wie schon gesagt: Das sind Argumente, und Argumente spielen in einer solchen Auseinandersetzung keine Rolle, es ist also egal.)

  • Ganze Arien werden transponiert, es wird gekürzt, was das Zeug hält, teilweise werden Szenen ausgetauscht. Das Instrumentarium wird angepaß

    na ja, das sind Einrichtungen, die der Laie gar nicht unbedingt hört. Damit der Musik so zu Leibe gerückt wird, wie es bei der Bühne passiert, müßte da schon mehr geschehen, halt so, daß diejenigen, die bei der Regie protestieren, dies auch bei der Musik tun. Erst dann paßt's zusammen.

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Ich verstehe. Weil es der Laie nicht merkt, ist es nicht weiter schlimm. Wirklich beeindruckend!

    Oder nein, das Argument geht ja anders: Die Musik wird nicht verändert, weil der Laie die Veränderungen nicht bemerkt. Denn Änderungen, die der Laie nicht bemerkt, sind keine. – Ich ziehe den Hut!

    Nun ist allerdings die Frage, was denn auf der Bühne verändert wird. Woran wird denn eigentlich geändert? Das ist mir nicht klar.

  • das liegt daran, dass die eine Seite ohne jede Begründung auf ihrer Position beharrt, ohne auch nur den Versuch zu machen, auf irgendein Gegenargument einzugehen. Da bleibt es eben dabei, dass das Theater dazu da ist, Werke mehr oder weniger getreulich zu reproduzieren

    ich glaube, du solltest dir nochmal den Fadentitel vergegenwärtigen. Dann würdest du vielleicht merken, daß hier mal nicht die alte Frontstellung "Werktreue"/"Regietheater" durchgespielt werden soll, sondern mal ein entgegengesetzter Ansatz versucht wird. Knulp: Regietheater ist halbherzig, auch die Musik muß _entschieden_ umkomponiert werden, mit ein paar Transpositionen und Kürzungen ist es da nicht getan (so verstehe ich Knulp, kann natürlich falsch sein).

    Ich hatte mit erlaubt zu fordern, den Gebrauch alter Partituren überhaupt zu unterlassen, wenn es um modernes Theater gehen soll.

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Nun ist allerdings die Frage, was denn auf der Bühne verändert wird. Woran wird denn eigentlich geändert? Das ist mir nicht klar.

    ich glaub schon, daß ich deine Argumentationslogik ein bisschen verstanden habe.

    Dein Theater findet ganz und ausschließlich in der "Gegenwart" statt, es verwendet u.U. (nicht notwendigerweise) andere Kunstwerke, die es "in sich aufnimmt". Damit bist du natürlich aus dem Schneider, wenn man dir unmittelbar nun diese Kunstwerke, die das Theater "verwendet", vorhält und dies und das moniert.

    Da hätte ich zunächst mal eine ganz kleine große Bitte: wirke darauf hin, daß die Theaterwelt, die so verfährt, ihre Ankündigungen dann auch nicht nach den Kunstwerken, die das Theater "verwendet" vornimmt (das scheint mir ganz inkonsequent zu sein), sondern sich eigenständige Titulierungen einfallen läßt (also nicht "Richard Wagner - Rheingold"). Könnte sein, daß dann durch diese kleine unauffällige Maßnahme 90% des Ärgers wegfällt.

    Ich denke aber auch, daß man die Problematik ganz im Rahmen deiner Argumentation formulieren läßt, aber darüber muß ich noch ein bisschen nachdenken.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • ichKnulp: Regietheater ist halbherzig, auch die Musik muß _entschieden_ umkomponiert werden, mit ein paar Transpositionen und Kürzungen ist es da nicht getan (so verstehe ich Knulp, kann natürlich falsch sein).

    Ich hatte mit erlaubt zu fordern, den Gebrauch alter Partituren überhaupt zu unterlassen, wenn es um modernes Theater gehen soll.

    Ich habe die Schlussfolgerung dieser Thesen für Ironie gehalten. Es wäre mir höchst ungehörig vorgekommen, anzunehmen, dass sie ernst gemeint sein könnte. Aber wie dem auch sei: Da ich nicht weiß, was Regietheater ist, kann ich auch nichts dazu sagen, ob es konsequenter sein müsste und ob die Konsequenz auf diesem Wege liegt. Unabhängig davon, was eigentlich Regietheater sein soll, bin ich allerdings nicht für die Gängelung der Künstler. Weder in der einen noch in der anderen Richtung. Es hat übrigens sowieso keinen Zweck. Wer ein wirklicher Künstler ist, macht am Ende ohnehin, was er für richtig hält.

    Warum das moderne Theater keine alten Partituren verwenden soll, musst Du mir mal erklären. (Wie Du darauf kommst, etwas fordern zu können, frage ich mich auch, aber das interessiert mich weniger.) Dir ist sicherlich bewusst, dass Deine Forderung darauf hinausläuft, dass überhaupt keine alten Opern mehr aufgeführt werden dürfen (von konzertanten Aufführungen abgesehen). Denn alles Theater ist grundsätzlich immer modernes Theater. Es gibt kein altes Theater. Es kann Theater geben, das sich veralteter Mittel bedient, aber auch das ist selbstverständlich modernes Theater, auch dann, wenn die Theaterleute das gar nicht wollen. (Wir hatten das schon mal, worauf Du, wenn ich nicht irre, mit dem Vergleich mit einem alten Film gekommen bist, der so offensichtlich unzutreffend ist, dass mir ganz die Lust vergangen ist , darauf zu antworten. Aber anscheinend ist es doch nötig. Die Antwort lautet: Film ist kein Theater. Du kannst ja mal versuchen, im Kino einem Darsteller einen Blumenstrauß oder faule Tomaten zuzuwerfen, dann wirst Du den Unterschied bemerken. Mehr ist dazu nicht zu sagen, und selbst das hätte ich für unnötig gehalten, weil die Sache so klar ist.)

    Noch eine Bemerkung: Ich pflege in solchen Diskussionen sachlich zu argumentieren und meine persönlichen Wünsche nicht zu berücksichtigen. Das gelingt vielleicht nicht jedem. Aber ich würde es begrüßen, wenn Du mir dergleichen unseriöses Vorgehen nicht unterstellen würdest. Ich spreche hier nicht von »meinem« Theater. Ich habe dargelegt, wie sich aus der Untersuchung der konstitutiven Elemente des Theaters gewisse Rückschlüsse auf seine Stuktur und Funktion ziehen lassen. Ich wiederhole mich wirklich ungern, weil es mich langweilt, aber wenn es nötig ist, noch einmal: Wenn Du diese Herleitung für falsch hältst, zeige, wo die Prämissen oder die Folgerungen defekt sind. Also zeige zum Beispiel, dass Theater nicht immer gegenwärtig ist, also nicht immer in Anwesenheit des Publikums stattfindet. Zeige also ein Spektakel, das kein Publikum hat und trotzdem eins ist. Oder zeige eins, das nach dem Ende der Veranstaltung noch vorhanden ist. (Um eine unnötige Schleife zu sparen: Eine Aufzeichnung eines Theaterereignisses ist kein Theaterereignis, sondern ein Film, kommt also nicht in Betracht.) Es genügt nicht, das Offensichtliche einfach abzustreiten. Das geht in der Politik, aber auch nur da. Und es geht auch da nie gut.


    Darauf wollte ich eigentlich nicht eingehen, weil dieses Scheinargument so ungeheuer abgelatscht ist, aber damit es nicht so aussieht, als würde es mich sprachlos machen:

    Da hätte ich zunächst mal eine ganz kleine große Bitte: wirke darauf hin, daß die Theaterwelt, die so verfährt, ihre Ankündigungen dann auch nicht nach den Kunstwerken, die das Theater "verwendet" vornimmt (das scheint mir ganz inkonsequent zu sein), sondern sich eigenständige Titulierungen einfallen läßt (also nicht "Richard Wagner - Rheingold"). Könnte sein, daß dann durch diese kleine unauffällige Maßnahme 90% des Ärgers wegfällt.

    Für wen hältst Du mich? Weder habe ich die Macht, darauf hinzuwirken, noch wäre ich, wenn ich sie hätte daran interessiert, sie dafür einzusetzen, Künstlern Vorschriften zu machen. Aber vielleicht kannst Du ja darauf hinwirken, dass die Leute verstehen lernen, was sie lesen. Wenn da steht »Richard Wagner: Rheingold« heißt das, dass ein Spektakel stattfindet, das sich u.a. dieser Komposition Richard Wagners bedient. Wenn die Leute verstehen, dass sie Richard Wagners »Rheingold« zu sehen bekommen, sind sie eben im Irrtum, denn es ist in jedem Falle so, dass man ein Soektakel sieht, das sich dieser Komposition bedient, egal wie verstaubt oder avantgardistisch die künstlerischen Mittel sind,die dafür eingesetzt werden. Außerdem kann man Richard Wagners »Rheingold« sowieso nicht sehen. Und wenn man es könnte, wäre das Theater nicht der Ort, wo es zu besichtigen ist. Es ist wie die Geschichte mit dem Mann, der einen Schneebesen kauft und dann erbost in den Laden zurückkehrt und sich betrogen glaubt, weil das Gerät gar nicht zum Schneefegen geeignet ist. Er kann auch nicht verlangen, dass der Schneebesen umbenannt wird, weil er das Wort falsch verstanden hat. Was Du von mir verlangst, liefe aber darauf hinaus. Das ist also, abgesehen davon, dass ich in jeder Hinsicht die falsche Adresse für einen solchen Wunsch bin, schlicht Unsinn.

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