Barenboim als Pianist? Weltklasse über Jahrzehnte! Barenboim als Dirigent? Weltklasse über Jahrzehnte! Beides zusammen ist singulär und alle Ehren der Welt wert.
Unfassbar ist sein riesiges Repertoire. Andere Pianisten, deren Boxen ich in letzter Zeit archiviert habe (zuletzt und rein zufällig: Brendel, Rubinstein, Gould, wobei Gould eine kürzere Karriere hatte), haben weit weniger eingespielt.
Dennoch und obwohl ich diverse sehr gute Aufnahmen mit Barenboim als Pianist wie als Dirigent besitze (übrigens aus jedem Jahrzehnt seit den 60ern bis heute), käme ich nie auf die Idee, gezielt eine Aufnahme mit Barenboim zu kaufen (Konzerte sind etwas anderes, die lohnen immer). Der Grund geht in dieselbe Richtung wie Abendroths oben formulierter Gedanke und lässt sich in ein Wort fassen: Omnipräsenz. Weil Barenboim sowieso immer da ist, bemühe ich mich nicht um ihn, ist er weniger interessant als irgendein/e Neue/r. Das hat mit Qualität nichts zu tun, sondern ist der normale Mechanismus der Neugier.
Der letzte Punkt ist der einzige, der hier wesentlich diskutiert wird: Barenboim hat Macht und er nutzt sie. Wie manche andere habe ich dagegen Bedenken. Wir haben ein verfasstes Gemeinwesen und für bestimmte Entscheidungen Verfahren und Regeln. Barenboim steht wie andere Mächtige über diesen Regeln. Das mag ich nicht und stört mich. Allerdings wäre es unfair, das Barenboim zuzuschreiben. Vielmehr ist es unseren Entscheidungsträgern, sprich: Politikern, eigen, sich nicht zuletzt zum eigenen Nutzen dafür einzusetzen, wenn ein Promi ein Leuchtturmprojekt durchsetzen möchte. Dann muss so etwas möglich gemacht werden und wird es möglich gemacht.