• Estopa

    Eines der hartnäckigsten und ältesten Vorurteile der Menschheitsgeschichte besagt, dass Frauen besser Auto fahren können als Männer. Begründung soll sein, dass Männer deutlich häufiger einen Unfall verursachen. Leider macht sich dabei kaum jemand die Mühe, den jeweils wahren Unfallverursacher ausfindig zu machen. Das ist nämlich in den seltensten Fällen der Fahrer selbst. In der Regel steckt da eine Frau dahinter.

    Diese Entdeckung wurde erstmals in einer 1999 erschienen Studie der renommierten katalanischen Forschergruppe "Estopa" in folgender Publikation veröffentlicht:

    Und dort in Kapitel 2 "La raja de tu falda".

    Die beiden Wissenschaftler David und José Manuel Muñoz sind Ingenieure und haben bei einem spanischen Automobilzulieferer gearbeitet. Sie sind also vom Fach.

    Das Ergebnis ihrer Untersuchung ist in diesem Satz zusammengefasst:

    Por la raja de tu falda yo tuve un piñazo con un Seat Panda. (Wegen des Schlitzes in deinem Rock hatte ich einen Zusammenstoß mit einem Seat Panda.)


    Fazit: Die Frauen sind nicht nur schuld an unserer Vertreibung aus dem Paradies. Sie sind auch der Grund für mindestens 90 Prozent aller Verkehrsunfälle.


    Thomas

  • Der Text von "La raja de tu falda" ist auch eine schöne Fundgrube für den Spanisch-Lernenden.

    In den ersten beiden Strophen (d.h. die ersten 8 Zeilen) übt man das Imperfecto: era, moría, tocaba, esperaba. Kurze Beschreibung der Hintergrundhandlung. Dann beginnt die eigentliche Handlung, die natürlich im Indefinido erzählt wird: puse, dio (ohne Akzent!), vi, comió, tuve. Zwischendrin (4. Strophe) gab's wieder eine Lagebschreibung, also Imperfecto, dazu noch das Gerundio: estabas esperando, comiéndote.

    Nach dem ersten Refrain wird ins Präsens gewechselt: llegamos tarde, está mosqueao. Weiter geht's im Präsens, und zwar mit einer grammatikalischen Konstruktion, die nur Muttersprachler erklären können: entra que te entra, enchufa que te enchufa, prueba que te prueba. Dieses "que te + Verb" dient wohl nur als Verstärkung der jeweiligen Aussage, also sowas wie
    "sie kommen herein" -> "sie kommen in Massen herein"
    "ich verbinde die Anschlüsse" -> "ich verbinde die Anschlüsse wie ein Verrückter"
    "er testet" -> "er testet wie ein Held"

    Die folgende Zeile bleibt im Präsens (los focos ... son muy potentes). Dann ganz klassisch (wie in allen romanischen Sprachen): Plötzlich (de repente) passiert etwas: Indefinido (se abrió la puerta), während (mientras) etwas im Hintergrund abläuft: Imperfecto (yo cogía la guitarra). Wobei er dieses mal keinen Unfall baute, sondern 3 Saiten seiner Gitarre zerriss (yo rompí tres cuerdas de esta guitarra).

    In der vorletzten Strophe wird dann noch das Zusammenspiel von Perfecto (ya ha pasado el tiempo), Subjuntivo Imperfecto (parece que fuera ayer) und Indefinido (desapareciste) geübt.

    Das alles vor dem Hintergrund, dass die beiden eigentlich recht hemdsärmlig mit ihrer Sprache umgehen:

    Vamos Josele, tira pa ‘l coche ("komm Jupp, hol die Karre raus")
    el tío del garito está mosqueao ("der Typ aus dem Laden ist sauer")

    "chupachup" ist übrigens ein Lutscher der Firma Chupa Chups. Was man nicht alles lernt...


    Thomas

  • Dieses "que te + Verb" dient wohl nur als Verstärkung der jeweiligen Aussage

    Das ist richtig.

    sowas wie

    So weit würde ich nicht gehen, das interpretatorisch zu erweitern. Deshalb gibt es ja diese einfache Form (übrigens nicht zwingend reflexiv gebraucht).

    "...es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen." - Johannes Brahms

  • Es ist sozusagen der verbale Ausdruck der Gestik, mit der südeuropäische Muttersprachler ihre Aussagen verstärkend begleiten.

    Alles, wie immer, IMHO.

  • Weiter geht's im Präsens, und zwar mit einer grammatikalischen Konstruktion, die nur Muttersprachler erklären können: entra que te entra, enchufa que te enchufa, prueba que te prueba. Dieses "que te + Verb" dient wohl nur als Verstärkung der jeweiligen Aussage, ...


    Ihr Schlingel. Habt mir doch absichtlich verschwiegen, dass in der spanischen Version des Struwwelpeter dieselbe Konstruktion verwendet wird:

    Sale la señora y ¡zas!
    ¡Chupa que te chuparás...!

    Die Rede ist vom Daumenlutscher:

    Fort geht nun die Mutter und
    wupp! den Daumen in den Mund.

    chupar heißt saugen, lutschen. Aber wie würde man ¡Chupa que te chuparás! übersetzen??? "Voll krass gelutscht" "Lutschen bis zum Abwinken" Das würde stilistisch nicht passen. Wobei, die Übersetzung scheint von 1987 zu sein, aber trotzdem... "Er lutscht mit größter Hingabe" Irgendwie bin ich kein Poet...

    Die Franzosen und Italiener sind übrigens näher am Original dran:

    La maman part, et woup ! et wouche !
    le pouce est déjà dans la bouche.

    La mamma appena la soglia ha tocca,
    ed ecco il pollice è nella bocca!

    Kennt jemand weitere Beispiele aus der spanischen Literatur?


    Thomas

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