Dominanz der Richtungen bspw. in den 60er Jahren
Die erste Symphonie von Rodney Newton von 1967 habe ich gerade gehört, ein tonales Werk, das nicht im Entferntesten etwas mit der damals dominierenden Musik zu tun haben will.
Gemeint ist hier klarerweise mit "der damals dominierenden Musik" Atonales von Stockhausen bis Penderecki und nicht Beatles oder Jazz. Aber bleiben wir in der e-Musik.
Der weitgehend aus der klassisch-romantischen Tradition schaffende Gerhard Frommel (1906 - 1984) stellte 1962 das Komponieren fast ganz ein, seine 1962 vollendete Oper Der Technokrat wurde nie aufgeführt (lt. wikipedia). Das muss aber nicht heißen, dass in den 60ern die Atonalen alles plattgemacht hätten. Gerade Hindemith und seine Nachfolger waren damals doch sehr präsent in deutschen Konzertsälen, glaube ich mal gelesen zu haben. Und in England dürfte konservativere Musik weniger Anfeindungen erfahren haben, da sie nicht mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht wurde.
Auf der anderen Seite habe ich ja den Verdacht, dass die laut Wieland "damals dominierende Musik" weitgehend in kleinerem Rahmen stattgefunden hat und zwar Kritik und Wissenschaft dominiert haben dürfte, nicht aber den Musikbetrieb. Ich bin zwar viel zu jung, aber in Österreich dürfte das Bild so gewesen sein, dass die atonale Musik in den 60er Jahren nicht dominierte. Friedrich Cerha hatte seinen Durchbruch erst irgendwann in den 80er Jahren, vorher waren Gottfried von Einem und Gerhard Wimberger viel gespielte und dominante Persönlichkeiten, ihr Stil wäre der Neoklassizismus. Das passt auch mit Frommels Untergang zusammen, der seine Postromantik zwar auf faszinierende Weise modernisierte, aber gegenüber dem Neoklassizismus als zu altmodisch empfunden worden sein dürfte, ich nehme an, bei Theodor Berger (1905 - 1992) war es ähnlich, um 1965 "wurde es still" um ihn (lt. wikipedia). Er war stark vom Impressionismus beeinflusst.
Worauf ich hinaus will: Die von Wieland immer wieder ausgespielte dominante Rolle der atonalen Musik, die der neu komponierten tonalen Musik der 60er Jahre keinen Platz gelassen hätte, bis dann die Postmoderne kam, entspricht nicht der Realität. In Musikgeschichten ist natürlich die atonale Musik der 60er Jahre dominant, aber das heißt nicht, dass sie im Konzertsaal dominant gewesen wäre. Und die CD-Veröffentlichungen verraten uns auch wenig über die damaligen "Kräfteverhältnisse".