Das Wunder der Heliane Deutsche Oper Berlin Premiere am 18.3.2018

  • Das Wunder der Heliane Deutsche Oper Berlin Premiere am 18.3.2018

    Bericht von der 2. Aufführung am 22.3.18

    Musikalische Leitung Marc Albrecht

    Inszenierung Christof Loy

    Bühne Johannes Leiacker

    Kostüme Barbara Drosihn

    Licht Olaf Winter

    Chöre Jeremy Bines

    Dramaturgie Dorothea Hartmann, Thomas Jonigk


    Heliane Sara Jakubiak

    Der Herrscher, ihr Gemahl Josef Wagner

    Der Fremde Brian Jagde

    Die Botin Okka von der Damerau

    Der Pförtner Derek Welton

    Der blinde Schwertrichter Burkhard Ulrich

    Der junge Mann Gideon Poppe


    Die Oper „Das Wunder der Heliane“ gehört wahrlich nicht zu den Repertoirestücken auf den internationalen Bühnen. Umso verdienstvoller ist es, dass dieses bedeutende Werk jetzt an der Deutschen Oper in Berlin neu inszeniert wurde. Wenn man das Werk hört, so verwundert es einigermaßen, dass „Die tote Stadt“ so viel populärer ist. Korngold selber schätzte sein Werk ungleich höher ein, aber es stand von Anbeginn unter keinem guten Stern. Der gefürchtete Kritiker Julius Korngold versuchte durch allerlei unfaire Machenschaften das Werk seines Sohnes zu befördern, und schadete ihm damit mehr als dass er half es beim Publikum zu etablieren. Besonders seine beißende und polemische Kritik an Kreneks „Johnny spielt auf“, das gleichzeitig herauskam und einen ungeheuren Erfolg hatte, erweckte bei seinen Zeitgenossen den Argwohn der ungerechtfertigten Protektion. Hier tönte er sogar ins gleiche Horn wie die Nationalsozialisten, ein seltenes Beispiel von Kollaboration eines Juden mit seinen eigentlich schärfsten Gegnern von der rechten Front. Das Werk verschwand dann zunächst wegen der Ächtung im 3. Reich und später wegen allgemeinen Desinteresses von den Bühnen.

    Die Handlung nach der Erzählung „Die Heilige“ von Hans Kaltneker ist allerdings ziemlich gewöhnungsbedürftig und verschroben. Ein Fremder versucht in einem Land, wo es keine Freude gibt, weil der König freudlos ist, den Menschen Hoffnung und Fröhlichkeit zu bringen. Dafür wird er eingekerkert und zum Tode verurteilt, weil er sich durch sein Handeln gegen die Autorität des Königs stellt. Dessen Gemahlin empfindet aber zunächst Mitleid und später Zuneigung zu dem Fremden, der sie, während sie ihn in seinem Kerker aufsucht, in einer Gefühlsaufwallung bittet sich ihm nackt zu zeigen, was sie auch tut. Dem Wunsch nach körperlicher Vereinigung entzieht sie sich aber durch Gebet. Aber ihr Gatte wird des Treibens gewahr und wütet nun auch gegen sie. Ein Gericht soll sie schuldig sprechen, und sie wie den Fremden zum Tode verurteilen. Bevor es dazu kommt ersticht sich allerdings der Fremde, und der König fordert seine Frau auf ihn wieder zum Leben zu erwecken, um damit dem Todesurteil zu entgehen.Das klappt zunächst nicht, und der König erklärt seine Frau für vogelfrei, was vom Volk sogleich willig aufgegriffen wird. Aber plötzlich erhebt sich der Tote und Heliane begrüßt ihn freudig. Als aber als der König merkt das seine Frau nicht ihn sondern immer noch den Fremden liebt, ersticht er sie in einem plötzlichen Reflex. In der abschließenden Apotheose wird jedoch auch die Frau wieder erweckt, und beide fahren zum Himmel. Der König ist besiegt und das Volk erlöst.

    Aus einem derart verquasten Libretto etwas zu machen ist nicht einfach. Christoph Loy hat diese Aufgabe nach meinem Eindruck recht gut gelöst. Er lässt die komplette Handlung in einem Gerichtssaal spielen, in welchem die Uhr sichtbar stehengeblieben ist. So erhält die Handlung einen neutralen Hintergrund, und das Geschehen konzentriert sich ganz auf die Beziehungen der Darsteller untereinander. Großartig auch wie Loy den Chor einsetzt. Ähnlich wie in der griechischen Tragödie bestimmt er ab dem 2. Aufzug weitgehend das Geschehen mit.Auch die Personenregie wurde sehr gut gelöst, und so bekam z.B. die Szene in der sich Heliane vor dem Fremden entblößt, eine intime und natürliche erotische Spannung, aber nichts vordergründig voyeuristisches.

    Die Leistung der Sänger war mit einer kleinen Einschränkung als grandios zu bezeichnen. Sara Jakubiak als Heliane verfügt über genug Stimmpotenzial um sich gegenüber dem ständig aufbrausenden Orchester zu behaupten. Desgleichen Josef Wagner als ihr Gemahl und König. Er vermittelte sehr überzeugend die Mischung aus Verzweiflung, Trotz und Wut. Auch ist er bei Weitem die interessantere Persönlichkeit, denn dem Fremden nimmt man seine Sendung nicht so richtig ab. Er bleibt etwas indifferent und farblos. Auch verfügte Brian Jagde nicht ganz über den lyrischen Ausdruck der von seiner Rolle gefordert wird, und wirkte zudem in den Höhen forciert und metallisch in der Stimme. Auch die Nebenrollen waren exzellent besetzt, wie z.B. Derek Welton als Pförtner. Er hat einen wunderbar runden und kräftigen Bariton. Ebenso überzeugend wirkten Burkhard Ulrich als der blinde Scharfrichter, und Okka von der Damerau als Botin, mit einer an Ortrud erinnernden Boshaftigkeit in der Stimme.

    Ein besonderer Pluspunkt war indes der Chor. Nicht nur darstellerisch (ihnen wurde einiges abverlangt), sondern vor allem sängerisch war das ein besonderes Erlebnis. Aber nicht zuletzt das Orchester, von Marc Albrecht permanent auf Hochtouren gehalten, spielte grandios. Manch einem war vielleicht die Dauer-Hochspannung zu viel des Guten, aber der Spannungsbogen blieb von Anbeginn bis zum Ende erhalten, und den gewaltigen Klangwirkungen konnte man sich kaum entziehen.

    Ein denkwürdiger Abend und eine wunderbare Musik, die man noch viel häufiger hören möchte. Ich hoffe sehr, dass es in der kommenden Spielzeit eine Neuauflage gibt.

    Peter

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Dann bedanke ich mich nachträglich für diesen Bericht! Das Wunder der Heliane würde ich gerne mal wieder live erleben - und zwar in einem Haus wie der Deutschen Oper, das die notwendigen räumlichen und sonstigen Ressourcen für das etwas monströse Werk bietet (zuletzt sah ich die Oper 2010 in einer guten, wenngleich nicht völlig überzeugenden Produktion in Kaiserslautern: Korngold: "Das Wunder der Heliane" - Pfalztheater Kaiserslautern, 10.04.2010).

    Leider lagen die wenigen Termine in Berlin für mich ungünstig und eine Wiederaufnahme der durchweg sehr positiv besprochenen Produktion in der nächsten Spielzeit ist nicht geplant. Immerhin sind, wie die Deutsche Oper auf ihrer Facebookseite mitgeteilt hat, zwei Aufführungen für eine Fernsehübertragung und eine DVD-Aufnahme bei Naxos mitgeschnitten worden. Wird auch Zeit, dass die nicht ideale Decca-Einspielung unter John Mauceri Konkurrenz bekommt.

    :wink:

    .

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!