Igor Zhukov - Eine Reminiszenz und Hommage

  • Igor Zhukov - Eine Reminiszenz und Hommage

    Igor Zhukov wurde am 31. August 1936 in Nizhny Novgorod geboren und ging
    am 26.1.2018 in Moskau von uns. Wer das Glück hatte, ihn persönlich
    kennenzulernen, weiß, dass Igor ein warm- und großherziger Mensch von
    präzisem Verstand und gleichzeitig brennender Leidenschaft für die
    Musik, das Leben und seine Familie war.


    Wer das Glück hatt, ihn als Pianist im Konzert zu erleben, der wird die
    Erinnerung an einen solchen Abend sicherlich nicht vergessen. Zwar hatte
    er sich in den 80er und frühen 90er Jahren sehr auf das Dirigieren
    gestürzt und sein 'Neues Moskauer Kammerorchester' aufgebaut, eng mit
    ihm gearbeitet, dessen Mitglieder nicht nur in musikalischer Hinsicht
    unterstützt, aber das Klavier stand immer im Zentrum seines
    musikalischen Lebens.


    1994 entschloß er sich, das Orchester aufzulösen und sich wieder voll
    auf das Klavierspiel zu konzentrieren. Sein Klavierabend im Münchner
    Herkulessal am 3.5.1995 war daher mehr als nur ein Rezital, es war ein
    Neuanfang.


    In den nachfolgenden Jahren spielte Zhukov wieder in den wichtigen
    Konzertsälen der Welt: Berliner Philharmonie, Hamburger Musikhalle,
    Kölner Philharmonie, Chicago Orchestra Hall, Wigmore Hall London, aber
    auch vielen anderen Konzertsälen, insbesondere in Deutschland. Alte
    Freundschaften wurden wieder neu zum Leben erweckt, so z.B. mit Neeme
    Järvi und dem Detroit Symphony Orchestra.


    Auch nahm er wieder eine rege Aufnahmetätigkeitauf, so dass eine zweite
    Gesamtaufnahme der Scriabin-Sonaten, die er bereits maßstabsetzend als
    erster 1972 in Moskau einspielte, bei Telos entstand, nebst weiteren
    Aufnahmen auf diesem Label. Sein Klavierabend in der Londoner Wigmore
    Hall 1997 wurde von Denon als Live-Mitschnitt veröffentlich und war
    damit der erste Klavierabend überhaupt, der in 5.1-Mehrkanalton auf
    einer Audio-DVD erschien.


    In loser Folge möchte ich in diesem Thread diesen Ausnahmepianisten
    vorstellen, dem ich viel zu verdanken habe und der mir unzählige Stunden
    puren musikalischen und menschlichen Glücks geschenkt hat.


    Als erstes Dokument seines Revivals möchte ich daher das erste Stück des
    genannten Klavierabends in München vorstellen. Igor hat Bachs
    Passcaglia für Orgel in c-moll bereits in den 60er Jahren für Klavier
    solo transkribiert und aufgenommen. Diese Aufnahme findet sich auch auf
    der ihm gewidmeten CD der Sammlung 'Russian Piano School'.


    Seine Darbietung in München war für mich einer der atemberaubendsten
    Momente meines Klavierdaseins und ich hoffe, dass es Euch auch so geht.
    Soweit ich weiß, ist dies das erste Mal, dass Igor Zhukov im Netz auf
    einem Video zusehen ist. Laßt Euch entführen!

    :link:

    Hinweis: Dieser Link wurde entfernt, siehe Forenregel Nr. 7.
    Lionel - Für die Moderation -

  • Hier nun das nächste Dokument von Igor Zhukovs Kunst. In den letzten
    Jahren hat er regelmäßig Programme gespielt, die Werke verschiedener
    Komponisten zueinander in Beziehung setzten, insbesondere Scriabin und
    Chopin. So gab es Klavierabende, in denen er im ersten Teil die 24
    Préludes Op. 11 von Scriabin spielte und im zweiten Teil dann die 24
    Ṕreludes Op. 28 von Fréderic Chopin.


    Ein zweites Programm griff die Sonaten der beiden Komponisten auf, so
    dass im ersten die 2. Sonaten von Scriabin und Chopin kontrastierten, im
    zweiten Teil dann die jeweils 3. Sonate der beiden Komponisten.


    Hier nun ein Mitschnitt vom Dezember 1997 aus dem Rachmaninov-Saal des
    Moskauer Konservatoriums mit dem ersten Teil des genannten
    Sonaten-Programms.


    Wer Zhukov noch nie hat spielen sehen, wird sich die Augen reiben und
    fragen, woher dieser Mann die unfassbare Dynamik seines Klavierpiels
    herholt. Die krachenden Fortissimi und hauchzarten Pianissimi kommen
    gleichsam aus dem Nichts, fügen sich aber völlig organisch in das
    musikalische Geschehen ein.


    Zhukovs unfassbare Technik läßt sich hier dank der Kamereinstellung zum
    ersten Mal aus der Nähe betrachten und vermittelt einen Eindruck davon,
    wie er geradezu ohne sichtbare Anstrengung das Instrument in allen Lagen
    völlig beherrscht.

    :link:

    Hinweis: Dieser Link wurde entfernt, siehe Forenregel Nr. 7.
    Lionel - Für die Moderation -

  • Und hier nun der 2. Teil des Klavierabends vom Dezember 1997 mit den jeweils 3. Sonaten von Scriabin und Chopin:


    :link:

    Hinweis: Dieser Link wurde entfernt, siehe Forenregel Nr. 7.
    Lionel - Für die Moderation -

  • Diese Gesamtaufnahme überlege ich, zusätzlich zu der von Ohlsson anzuschaffen.

    Kann ich wärmstens empfehlen! Einziger Wermutstropfen: Die Pausen zwischen den einzelnen Sonaten sind zu kurz, das hätte man besser lösen können.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Ich finde den Scriabin mit Zhukov keinesfalls empfehlenswert. Vieles wird sehr ruppig gespielt, und seine Rubati finde ich wenig überzeugend, und gelegentlich sogar störend. Mir fehlt die Eleganz dieses extrem feinsinnigen und gelegentlich überspannten Komponisten. Es gibt eine Reihe von Aufnahmen die mir besser gefallen (Ogdon, Hamelin ja sogar Ponti). Ich glaube das Zhukov sehr von seinem Nimbus unter Klavierfreaks leb, ähnlich wie bei Sofronitzky.

    Peter

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Ich finde den Scriabin mit Zhukov keinesfalls empfehlenswert.

    Bist Du Dir sicher, die von Alexander angeführte Box zu meinen? Es gibt noch eine neuere Gesamteinspielung mit Zhukov, möglicherweise diese:

    Irgendwo habe ich mal gelesen, daß diese Einspielung kritisiert wurde: zu maniriert, zu aufgesetzt? Zumindest soll sie sich deutlich von der älteren Einspielung unterscheiden. Allerdings kenne ich diese neuere nicht.

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Nein, ich meine genau die von AlexanderK verlinkte Aufnahme aus 1971. Sie klingt überdies auch noch schlecht, sehr metallisch und mit zu dünnen Bässen.
    Die späten Sonaten gehen noch, aber die frühen höre ich so gespielt nicht so gern.

    Peter

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

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