Opernaufführungen in Originalsprache (exotische Sprachen)

  • Opernaufführungen in Originalsprache (exotische Sprachen)

    Opernaufführungen in Originalsprache sind heute gang und gebe - zumindest wenn es sich um Stücke aus Italien, Frankreich, Großbritannien, den USA oder Russland handelt.
    Doch bei den exotischen Sprachen scheiden sich wahrlich die Geister...
    Ebenso wie es möglich ist selbst an kleinen und mittleren Häusern innerhalb Deutschlands Aufführungen in tschechischer oder polnischer Sprache zu hören, bringen es es große Häuser wie die Staatsoper in Dresden, die Staatsoper im München oder die Deutsche Oper in Berlin zwar fertig eine Rusalka oder ein schlaues Füchslein im tschechischen Original aufzuführen, geben dann aber die verkaufte Braut in deutscher Sprache (mit deutschen und englischen Übertiteln). :herrje1:
    Schließlich ist es für die Sängerinnen und Sänger (egal ob Solisten oder Chor) möglich ein Stück in einer Fremdsprache einzustudieren, derer sie nicht mächtig sind.
    Denn wenn dem nicht so wäre, hätten wir alle erst alt und grau werden müssen, bis jemand ein Ensemble zusammengestellt hätte, um die Oper Satyagraha von Philip Glass (Sprache: Sanskrit) aufzuführen... :alter1:

    Hat jemand eine Idee, warum hier teilweise mit zweierlei Maß gemessen wird ? ?(

  • Zitat

    gang und gebe

    Für diese Redewendung ist mittlerweile eine neue Schreibweise gang und gäbe.

    Selbst, wenn sich an solcherlei Neuerungen die Geister scheiden - da ist nicht mit zweierlei Maß zu messen.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Hi.

    Ich denke, dass es da keinen roten Faden gibt. Einerseits sollte der Gesang in Originalsprache am besten klingen, andererseits wird es wohl leichter sein, einen Text zu lernen, den man auch versteht. Bei Glass denke ich, dass der Text nicht zwingend wichtig ist, aber andererseits hab ich in noch keiner Oper den gesungenen Text verstanden.

    Helli

  • Lieber SempreLibera, zunächst mal: Willkommen im Forum!

    Hat jemand eine Idee, warum hier teilweise mit zweierlei Maß gemessen wird ? ?(

    Einige Ideen zum Thema wurden in einer ausführlichen, teilweise recht kontrovers geführten Diskussion vor Jahren dort eingebracht:

    Oper übersetzt: prima la Verständlichkeit?

    Vielleicht findest Du dort Anregungen?

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

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    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Der Disput ist allerdings schon ziemlich lange her. Wahrscheinlich kann man sich hierzu immer noch trefflich streiten.

    Ich erlebe die Kontroverse auch unter meinen Sängerkollegen/innen. Es hat wohl in Deutschland eine Tradition gegeben noch bis in die Nachkriegszeit hinein, dass alles Mögliche ins Deutsche übersetzt wurde, und das nicht selten ziemlich fragwürdig. Meine Meinung dazu, eine Vorliebe für die Originalsprache, hat sich bislang nicht geändert, obwohl ich Verständnis dafür habe, dass man u.U. Die Oper auch sprachlich verstehen will.

    Was mich betrifft, funktioniert das eh oft nicht. Die Musik überdeckt das Wort und auch und ich denke, dass ein krampfhafter Versuch, dem Gesang Wort für Wort zu folgen, ein Unterfangen ist, das zu Abstrichen führt.

    Um auf den Eröffnungsthread zurückzukommen: Es stimmt mich hoffnungsvoll, dass Regisseure wohl die Gesangssprache als Stilmittel für ihre künstlerische Inszenierungsabsicht einsetzen, ohne Ideologie.

    :wink: :wink:

    Wer kämpft, kann verlieren, wer nicht kämpft, hat schon verloren (Bert Brecht)

    ACHTUNG, hier spricht Käpt´n Niveau: WIR SINKEN!! :murg: (Postkartenspruch)

  • Hat jemand eine Idee, warum hier teilweise mit zweierlei Maß gemessen wird ?

    Erstmal ohne Meinung eine Beschreibung der derzeitigen Situation: In vermutlich 90-95% der Aufführungen von Opern mit nicht-deutschsprachigem Libretto in Opernhäusern des deutschsprachigen Raums wird in der Originalsprache gesungen. So doll ist das also nicht mit dem "zweierlei Maß". Obwohl ich schon Dutzende von Janáček-Aufführungen auf der Bühne erlebt habe, war eine deutsch gesungene Katia Kabanova letztes Jahr in Saarbrücken für mich eine Premiere.

    Selbst an der Komischen Oper Berlin sind inzwischen (seitdem Kosky Intendant ist) originalsprachige Fassungen in der Mehrheit - nur bei Operetten/Musicals wird oft noch ins Deutsche übersetzt, gelegentlich auch noch bei einer Oper.

    Etwas häufiger kommen Opern in deutscher Übersetzung auf die Bühne, wenn sie gesprochene Dialoge enthalten: wie eben - zumindest in der ersten Fassung - Prodaná nevěsta (Die verkaufte Braut). So auch in der kommenden Spielzeit in Dresden und München (wobei in München die Entscheidung für eine deutsche Übersetzung auf ausdrücklichen Wunsch des tschechischen Dirigenten Tomáš Hanus getroffen wurde).

    :wink:

    .

  • Die Tradition, alles in die Publikumssprache zu übersetzen, war nicht auf Deutschland beschränkt, sondern seit dem 18. Jhd. durchweg verbreitet. Es gibt aus der Mitte des 20. Jhds. und noch später auch Mitschnitte von "deutschen" Opern in italienischer oder russischer Sprache. Dazu kann man unterschiedliche Meinungen vertreten, es stimmt aber nicht, dass es eine spezifisch deutsche provinzielle Sitte gewesen wäre.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • es stimmt aber nicht, dass es eine spezifisch deutsche provinzielle Sitte gewesen wäre.


    Kuriosum dazu:

    die erste auf Schallplatte erhältliche Gesamtaufnahme von Schumanns Genoveva war ein Mitschnitt einer italienischen Opernproduktion in italienischer Sprache. Hat durchaus ihren Reiz, finde ich.

    https://www.youtube.com/watch?v=JG4UG78mll8

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

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