Das Streichquartett im 21. Jahrhundert

  • Das Verona Quartet ist ein junges US-amerikanisches Streichquartett, das kürzlich mehrere Wettbewerbspreise gewinnen konnte und bereits drei CD veröffentlicht hat. Die aktuelle widmet sich den Quartetten von György Ligeti.

    Die letztes Jahr erschiene 2. CD Shatter enthält drei Werke zeitgenössischer Komponisten, die hier m.W. ihre Ersteinspielung erfahren.

    Das Streichquartett Ragamala der indisch-amerikanischen Komponistin Reena Esmail (Jg. 1983) versucht traditionelle indische Musik mit westlicher Streichquartetttradition zu verknüpfen. Das Ergebnis finde ich durchaus gelungen und hörenswert. Als weiteres indisches Element tritt an einigen Stellen die Hindu-Sopranistin Saili Oak mit Vokalisen hinzu.

    Verona Quartet's latest album, SHATTER, available for pre-order — The Verona Quartet
    We’re THRILLED to announce our latest album, SHATTER, slated to be released on Bright Shiny Things on June 23, 2023!
    www.veronaquartet.com

    Reena Esmail – Composer

    Saili Oak, Hindustani soprano

    Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.

  • Julia Adolphe ist eine amerikanische Komponistin (Jg. 1988), deren Orchesterstück Makeshift Castle es mittels Boston Symphony Orchestra immerhin schon bis in die Berliner Philharmonie geschafft hat.

    Ihr drittes Werk für Streichquartett wartet mit rätselhaften Titeln auf, das Werk heisst Star-crossed Signals und besteht aus zwei ca. 8-minütigen Sätzen: Delta X-Ray und Kilo Kilo. Das Werk beginnt eher düster und unruhig, bartokartig, geht aber ab Ende des 1. Satzes in eine eher harmonische fast hymnische Musik über.

    Es ist das zweite Werk auf der vorstehend gezeigten CD Shatter vom Verona Quartet. Die CD hat es nach Erscheinen bis auf Platz 1 der Klassik Billboard Charts geschafft.

    Bright Shiny Things
    Shatter debuts at #1 on the Billboard Classical Chart.
    www.brightshiny.ninja

    Julia Adolphe leidet unter Generalisierter Angststörung und hat dies öffentlich thematisiert und hierzu beim Werbepartner einen podcast mit anderen betroffenen Musikern veröffentlicht.

    Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.

  • Garth Knox ist vor allem als ehemaliger Bratschist des Arditti Quartet bekannt. Inzwischen tritt er auch als Komponist in Erscheinung. Sein 1. Streichquartett Satellites entstand 2015 als Auftragswerk für das Kronos Quartet und das 50-for-the-future Projekt. Wer ein anstrengendes Stück aus dem typischen Arditti-Fundus erwartet, könnte überrascht sein. Das 3-sätzige Werk mit den Sätzen: Geostationary - Spectral Sunrise - Dimensions ist sehr kurzweilig und teilweise auch recht witzig. Stilistisch steht es eher der Populär- und Minimalmusik nahe und dürfte auch ein entsprechend junges Publikum ansprechen. Dabei ist das Stück mit teils irrwitzigen Spieltechniken gespickt, die den Musiker sicher einiges abverlangen, aber deren Einstudierung wohl auch Spaß machen soll.

    Dass die Ragazze Mädels (ja, ist doppelt gemoppelt) das drauf haben, versteht sich von selbst.

    Das nachfolgende kurze Stück One Finger ist ein Duett für zwei einfingerige Bratschisten, die diesen mißlichen Umstand mit viel Portamenti und Glissandi zu kaschieren suchen. Hier ist auch der Komponist mit von der Partie.

    Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.

  • Im Februar 2022 wurde ein Album auf CD und LP veröffentlicht, auf dem das Kontai Ensemble das minimalistisch geprägte Streichquartett Nr. 1 "See the grass is full of stars" der deutschen Komponistin Sophia Jani vorstellt.

    Herzliche Grüße
    AlexanderK

  • das Kontai Ensemble das minimalistisch geprägte Streichquartett Nr. 1 "See the grass is full of stars" der deutschen Komponistin Sophia Jani vorstellt.

    und...gefällt Dir das Werk?

    Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.

  • Dass es in Polen einige exzellente Streichquartette gibt, spricht sich langsam herum. Eines davon ist das Royal String Quartet, das man als Polens Arditti Quartett betrachten könnte. Ich habe dieses Quartett bei einem meiner beruflich bedingten Besuche in Warschau einmal live erleben können. Irgendwo im anderen Forum habe ich darüber berichtet*.

    Drei neue Auftragswerke polnischer Komponisten stellen die Royals jetzt auf ihrer aktuellen CD vor.

    Die Werke von Aleksander Nowak und Pawel Mykietin habe ich gestern gehört, Werke in der Nachfolge von Penderecki, Gorecki und Lason. Aleksander Lason, dessen 7 Streichquartette bisher kaum bekannt geworden sind, u.a. wohl auch weil sie nur digital verfügbar sind, war der Lehrer von Nowak und sein 3. Streichquartett ist nicht allzuweit von denen des Lehrers entfernt. Eine eher ruhige suchende Musik. Pawel Mykietins 4. Streichquartett kommt mit langgezogenen ineinander fliessenden Klängen ziemlich "spacig" daher und könnte als Untermalung von Aufnahmen des James-Webb-Teleskops dienen. Einziger Wermutstropfen: Bei 48 Minuten wäre auf der CD noch Platz für mehr Musik gewesen und € 25 erscheinen mir dann ein wenig überteuert.

    * P.S. habe den 10 Jahre alten Artikel über das Warschauer Konzert jetzt gefunden und erlaube mir, ihn hier noch einmal abzudrucken:

    Das RSQ ist so eine Art polnisches Arditti-Quartett und arbeitet mit zahlreichen Komponisten zusammen, die auch Werke für das RSQ schreiben. Im Mittelpunkt des heutigen Abends standen Werke von Andrzej Kwiecinski und Wojtek Blecharz. Das Konzert fand statt im Sendesaal des Polnischen Rundfunks, der nach dem wohl bedeutendsten polnischen Komponisten des 20. Jahrhunderts Witold Lutoslawski benannt wurde. Der Eintritt war erfreulicherweise frei und die 400-500 Plätze im Saal von einem überwiegend jugendlichem Publikum (25-40) fast komplett ausgeschöpft. Das würde ich gerne mal in Stuttgart erleben.

    Das Konzert begann mit dem Streichquartett "Luci Nella Notte V" von Kwiecinski, einem ca. 10-minütigen Stück, das mit langgezogenen Tönen am Rande des Hörbaren arbeitet. Die ätherischen Klänge basierten auf tonalen Strukturen, so dass sich hier eine sehr schöne musikalische Stimmung ergab. Das Problem solcher Stücke ist allerdings, das sie sich besser zum Hören von CD zu Hause eignen, denn jeder Huster und jedes Sitzgeräusch stört die Atmosphäre. Das zweite Stück diesen Komponisten hiess "Contregambilles" und war von ganz anderer Natur. Über eine eingängige repetitive rhythmische Figur legt der Komponist Klangstrukturen, die mit allen denkbaren Techniken auf den Streichinstrumenten erzeugt werden. Das einzige, was nicht zu hören ist, ist ein normaler Ton. Das klingt teilweise recht originell und schräg und auch der Humor kommt nicht zu kurz. Trotz 20 min ein kurzweiliges Stück, das auch den meisten Applaus erhielt.

    Nach der Pause dann Blecharz "Liminal Studies". Hier wurde dann allerdings das Genre "Streichquartett" schon weitestgehend aufgehoben, ich würde es als "Surreale Perfomance mit Streichinstrumenten" bezeichnen. Auf der Bühne stehen zwei Tische, auf dem eine liegen zwei Geigen und die Bratsche, auf einem anderen 2 Celli. Der erste "Satz" spielt am linken Tisch, an dem zwei Männer und eine Frau Platz nehmen. Vom Band läuft eine triviale Abwärtstonfolge, die permanent repetiert wird.Die Frau traktiert mit einer Schere den Tisch und die Männer streichen mit Bögen über die Geigen oder über Papierknäuel, die Frau ruft kaum verständlich irgendwelche Zahlen ins Mikrophon. Dann werden Bänder zerschnitten, Briefe geschrieben, die Frau schneidet sogar eine Haarlocke ab usw. Plötzlich erheben sich die drei, nehmen die Instrumente, es wird stockdunkel und die drei gehen ins Publikum zu drei knapp beleuchteten Notenständer und spielen dort mehr oder weniger, die immer gleich kaum hörbaren Tonfolgen. Vier Bildschirme flackern auf und zeigen über mehrere Minuten alle den gleichen Sonnenuntergang ohne jegliche Musik. Abschliessend traktieren die vier Musiker die zwei Celli mit Holzschlägeln und Bogen und schaffen über einen grundlegenden Rhythmus Bassklänge, die man fast für die Techno-Disco verwenden könnte. Die ganze Performance dauert ca. 45 min. Die Komponisten waren anwesend, es gab viel Beifall und nicht einen Buhruf, schon erstaunlich die Polen.

    Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.

  • Peter Gregson

    Quartets: One

    Warren Zielinski - Magdalena Filipczak - Meghan Cassidy/Laurie Anderson - Richard Harwood/Ashok Klouda

    New-Age-ig

    Toleranz ist der Verdacht, der andere könnte Recht haben.

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