Fr., 1. Feber 2019: BRATISLAVA/PRESZBURG (Altes Opernhaus): Giuseppe Verdi, Nabucco
Ich mag Verdi-Opern generell nicht (außer Otello), und Nabucco mag ich überhaupt nicht. Umso größer meine Überraschung, dass bei wirklich guten Sängern sogar der Nabucco eine gewisse Wirkung hat und nicht bloß Langeweile verbreitet. Freilich, gut ist das Stück noch lange nicht... Man sollte es viel seltener spielen.
Ich bin mir im Klaren, dass die Alte Oper Bratislava sehr klein ist und Sänger es dort viel leichter haben als in der Wiener Staatsoper. Dennoch war der heutige Nabucco viel besser als alle Vorstellungen dieses Werkes, die ich in Wien gehört habe.
Schwachpunkt war ausgerechnet der Interpret der Titelrolle: Sergej Tolstov war einmal vermutlich ein guter Sänger, aber die Stimme weist in der Höhe starke Abnützungserscheinungen auf. Tolstov kann singen, macht vieles richtig und klingt auch gut, solange bis er in die Höhe kommt. Dann zittert die Stimme oder bricht. Aber alle anderen Sänger waren ausgezeichnet. Jolana Fogašová ist mir noch nie so richtig aufgefallen, aber ihre heute Abigaille war große Klasse. Ihre Stimme ist schön timbriert und pianofähig, aber auch super in dramatischen Passagen, die alle gesungen wurden und nicht geschrieen. Großartig! Ich bezweifle lediglich, dass ihre Stimme für ein deutlich größeres Haus ausreichend laut ist. Ebenfalls großartig war Peter Mikuláš als Zaccaria. In letzter Zeit war er öfters nicht auf der Höhe, aber so gut wie heute hab ich ihn - ohne Übertreibung - noch nie gehört. Neben perfekt gesungenen sehr lauten Passagen war er fähig zu Pianotönen. Heute überhaupt keine Spur von stimmlichen Abnützungserscheinungen. Eine Schande, dass der (mittlerweile 65jährige) Weltklassesänger noch nicht an die Wiener Oper geholt wurde und vielen Wienern unbekannt ist. Aber auch die kleineren Rollen waren (im Unterschied zum Usus in Wien) sehr gut besetzt: Monika Fabianová war eine sehr gute Fenena, und Ľudovít Ludha ein sehr guter Ismaele (dass seine Stimme in der Höhe manchmal in Richtung meckern geht, war heute nicht stark zu merken). Auch die kleinen Rollen waren gut besetzt (keine Kobels, keine Kushplers, keine Greens).
Rastislav Štúr dirigierte wie immer gut, besonders ausgefeilt wärs nicht, und bisweilen hätte es weniger Humtata sein können, aber es war schon noch in Ordnung. Das Orchester war recht gut wie immer, ebenso der Chor. Die Inszenierung von Zuzana Gilhuus ist klassisch, aber handwerklich sehr gut, gefällt mir also durchaus (von dem Vorhang abgesehen, durch den Zaccaria am Anfang tritt, das schaut laienhaft aus). Das Publikum zeigte sich leider sehr gelangweilt, da wäre wirklicher Jubel fällig gewesen.