César Franck: Symphonie in d-Moll, FWV 48

  • Immerhin habt ihr es bei mir geschafft, diese Sinfonie heute 3-mal zu hören.
    Cluytens Live, Muti in München und nun Furtwängler.
    Und bei dem klingt sie so, wie Knulp es wahrnimmt: Grobschlächtig, wie "Bruckner für Arme" mit Stop and Go.
    Wie delikat sind dagegen Cluytens und Muti.
    So mal ein Eindruck.
    Gruß aus Kiel

    "Mann, Mann, Mann, hier ist was los!"

    (Schäffer)

  • 28.01.1945 WPO.
    Ich habe auch noch die von 1953 als LP. (In Kopplung mit Schumann 1)
    Und nun frage ich mich, wo die LP mit der Monteux Aufnahme geblieben sein mag.
    Gruß aus Kiel

    Puh. Gefunden. RCA GOLD SEAL CSO. Pierre Monteux 1961.
    Stand neben der Sonate für Klavier und Violine (Brooks Smith/Jascha Heifetz)

    "Mann, Mann, Mann, hier ist was los!"

    (Schäffer)

  • Sie steht bei mir in der Sammlung neben der von Munch.

    Bei mir steht die Monteux LP zwischen Mengelberg und Klemperer . Bewährte Ordnung !

    Good taste is timeless "Ach, ewig währt so lang " "But I am good. What the hell has gone wrong?" A thing of beauty is a joy forever.

  • Ich ordne meine LPs und CDs nach dem "ungefähr" Prinzip.
    Also. "Ungefähr :thumbup: sollte die da stehen"
    Das hat zwar kleinere Nachteile, siehe oben, aber auch den Vorteil der Erkenntnis beim Suchen. "Ach, das hast Du auch noch!!"
    Gruß aus Kiel

    "Mann, Mann, Mann, hier ist was los!"

    (Schäffer)

  • Nein, das ist sie gerade nicht. Ihre zyklische Form basiert auf wenigen Themen, die allesamt durch fortlaufende Transformation aus einer einzigen Keimzelle hervorgehen.

    Wie mehr oder minder alle vier späten Franck-Instrumentalwerke, also noch Violinsonate, Klavierquintett, Streichquartett.
    Meintest Du das "Muss es sein" Grave aus Beethovens op.135 als 3 ton-Motiv?

    Warum diese Sinfonie vor 50-60 Jahren ein Standardwerk war, heute aber von Bruckner?, Mahler? verdrängt wurde, oder was auch immer, weiß ich auch nicht. Egal, wie gerne man sie nun mag, ist sie ein hoch originelles, auch klanglich eigenes Werk, das eigentlich nicht "ersetzt" werden kann.

    Tout le malheur des hommes vient d'une seule chose, qui est de ne pas savoir demeurer en repos dans une chambre.
    (B. Pascal)

  • Warum diese Sinfonie vor 50-60 Jahren ein Standardwerk war, heute aber von Bruckner?, Mahler? verdrängt wurde, oder was auch immer, weiß ich auch nicht. Egal, wie gerne man sie nun mag, ist sie ein hoch originelles, auch klanglich eigenes Werk, das eigentlich nicht "ersetzt" werden kann.


    Wer das Werk aktuell live erleben möchte: Die Wiener Philharmoniker spielen es unter der Leitung von Alain Altinoglu demnächst viermal in Wien (darunter im 1. Abonnementkonzert) und danach auch in Bratislava und Hamburg.
    https://www.wienerphilharmoniker.at/de/konzerte?v=…&ia=f&iv=f&sm=f
    In Ö1 am Sonntag 26.9. in der Matinee (danach dort sieben Tage zum Nachhören):
    https://oe1.orf.at/programm/20210926#650835/Matinee-live

    Herzliche Grüße
    AlexanderK

  • Wilhelm Furtwängler (...) Wiener Philharmoniker am 28.1.1945 im Großen Musikvereinssaal in Wien

    28.01.1945 WPO


    Nur am Rande: Dies war das letzte Konzert, das Furtwängler während des "Dritten Reichs" gegeben hat. Wenige Tage später, nämlich am 31. Januar 1945, übersiedelte er endgültig in die Schweiz.

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • Dies war das letzte Konzert, das Furtwängler während des "Dritten Reichs" gegeben hat

    Ah, das mag als Erklärung dienen, da ich finde, dass die Sinfonie seltsam "ruppig" rüberkommt, so auf die Highlights hin dirigiert und das "dazwischen" irgendwie nicht so gelungen. Saß er gedanklich schon auf "gepackten" Koffern. man weiß ja, man wollte ihm an den "Kragen?"
    Die 53-er Aufnahme habe ich jedenfalls deutlich besser gelungen in Erinnerung. Aber davon werde ich mich morgen überzeugen wollen.
    Gruß aus Kiel

    "Mann, Mann, Mann, hier ist was los!"

    (Schäffer)

  • Saß er gedanklich schon auf "gepackten" Koffern. man weiß ja, man wollte ihm an den "Kragen?"

    Exakt so war es. Auch für ihn, der als einer von gerade mal drei Musikern (Pfitzner, Strauss, Furtwängler) auf der "Sonderliste" der "Gottbegnadeten-Liste" stand, war es in Deutschland Ende Januar 1945 nicht mehr sicher. Ich habe in irgendeinem Furtwängler-Buch gelesen, dass er sich nach dem Konzert vom 28. Januar 1945 auf irgendwelchen verschlungenen Pfaden über die Berge in die Schweiz aufmachte, wo er ja immerhin schon seit einigen Monaten ein Haus besaß. Über einen offiziellen Grenzübergang wäre es für ihn zu riskant gewesen. Dass dies alles nicht ohne Auswirkungen auf sein Dirigat der Franck-Sinfonie geblieben sein kann, während welchem er in der Tat schon "auf gepackten Koffern" saß, ist einleuchtend.

    «Denn Du bist, was Du isst»
    (Rammstein)

  • So, bin ich schuldig.
    Ich finde die 1953-er Aufnahme deutlich besser als die 45-er von Furtwängler, entspannter und weniger hektisch. Daher lassen sich die Höhepunkte besser gestalten.
    Allerdings. Er hat den Anfang nicht geändert. Während z.B. Monteux bis zum Eintritt des Themas das Tempo hält und dann mit dem Thema ein neues Tempo beginnt, beschleunigt Fu bereits vorher deutlich und der Effekt des Übergangs verpufft.
    Das war in der 45iger Aufnahme auch schon so.
    Ansonsten. So kann man Franck als "hyperromantisch" schon darbieten.
    Gruß0 aus Kiel
    Ansonsten: Man greife zu Muti!!

    "Mann, Mann, Mann, hier ist was los!"

    (Schäffer)

  • Ich bin euch noch eine Rückmeldung schuldig, nachdem ich die Sinfonie inzwischen mehrfach auf Tonträger und einmal live gehört habe. Das Ergebnis: Ich kann das von Christian Geschriebene gut nachvollziehen, mir gefällt die Sinfonie aber weiterhin nicht. Christian beschreibt, was ich auch in diversen Online-Texten und Konzertführern lese: Die Sinfonie ist kompositorisch auf hohem Niveau. Vielfach wird von einem Meisterwerk geschrieben, oft übrigens unter vorheriger Darstellung der großen Schwierigkeiten dieser Musik beim frühen Publikum. "Uns aber gilt sie als Meisterwerk."

    Tja, mir weiterhin nicht. Der Grund liegt in einem mir unangemessen schwülstig anmutenden Zuviel. Stellen wir uns einen Bäcker vor. Dieser Bäcker hat sein Berufsleben lang allerlei Brote gebacken, sich aber immer schon auch für Torten interessiert. Nach vielen Jahrzehnten, noch vor der Rente backt er endlich seine Torte. Er hat Jahre überlegt, was alles hinein soll: Sahne, Nougat, Zuckerguss, auch Früchte, drei Schichten, nein vier! Und verziert soll sie sein mit Schokostreuseln und Krokant und Marzipan und … Am Ende ist die Torte handwerklich perfekt, jedoch überladen. Beschränkung hätte gut getan.

    Gestern genoss ich das hervorragende Musizieren der Wiener Philharmoniker. Großartige Orchesterkultur! Ja, keine Frage, mit Berglund hatte ich eine unglückliche Wahl getroffen. Monteux, Munch, Dutoit auch Muti spielen in einer anderen Liga (um nur die prominentesten Dirigenten zu nennen, deren Aufnahmen ich inzwischen gehört habe). Dennoch: Schon nach einigen Minuten frage ich mich, und das war im Livekonzert nicht anders, weshalb nur Franck so dick aufträgt - und das Hauptthema bis zum Erbrechen wiederholt. Für mich wirkt dieses Thema, so kompositorisch geschickt es auch konstruiert sein mag, uninspiriert und uninteressant, es berührt mich nicht, schon gar nicht nach dem n-ten Mal. Franck aber hört einfach nicht auf. Anstatt zu kürzen, schichtet er Schicht um Schicht aufeinander. Wenn der musikalische Gehalt zu klein ist - Achtung: Das ist ein Bedingungssatz, ich bejahe die Bedingung, andere verneinen sie - , wirkt der Aufwand hohl und wird die Musik zur eintönigen Lärmigkeit, zum bloßen Bombast.

    Weiterhin empfinde ich es so, dass Franck fehlende - tja, Musikalität kann ich schlecht schreiben, Musik ist es ja - musikalische Inspiriertheit durch ein immer noch Mehr auszugleichen versucht. Das Orchester zum Beispiel ist groß, acht Bässe habe ich gezählt, aber die Klangmassen werden hin und her bewegt wie schwer beladene Güterwaggons. Christian hat Recht, insofern er auf das kammermusikalische Miteinander hinweist: Die Güterzüge tauschen ihre Waggons immer wieder aus. Jeder darf mal. Ein sehr gutes orchestrales Miteinander ist daher vonnöten und macht als solches Spaß. Das Publikum hat etwas zu gucken. Nur ist es wie mit dem Krokant, der noch auf den Zuckerguss drauf soll, über die Sahne und die Streusel … Daher schrieb ich von gepflegter Kammermusik. Nun ja, Geschmacksache. Als Zugabe spielten die Wiener übrigens Dvoraks Slawischen Tanz op. 72 Nr. 2. Der kurze Vergleich genügte, um zu wissen, was mir fehlt. In diesem kurzen Stück steckt nach meinem Empfinden doppelt so viel Musikalität wie in Francks kompletter Sinfonie.

    Damit auch ja genug Klangfarben ertönen, hat Franck übrigens zwei Klarinetten und eine Baßklarinette dabei, die recht oft eine sehr schöne Melodie spielen. Wohl aus klangfarblichen Gründen gibt es auch einen Pizzicato-Teil, bei dem auch die Harfe mitzupfen darf. Gegen Ende hin hat die Harfe ihren großen Auftritt. Hach, wie schön! Oder eben kitschig, weil man sich fragt was das soll. Man mag das Chromatik nennen. Ist ja auch okay, wenn das jemand mag. Von dieser Chromatik gibt es wieder reichlich.

    Insgesamt gesehen freut es mich, dass das Werk nach seiner großen Zeit in den Konzertsälen inzwischen offenbar weniger gespielt wird, weil es hundert interessantere Stücke gibt, wie ich finde. Es hat meines Erachtens besser in die Siebziger gepasst, als man noch herzhaft fettige Braten mit Sauerkraut zu sich nahm.

    Danke für den Tipp mit Muti übrigens, Doc. Bei ihm hatte ich das Gefühl, er spielt die Sinfonie wie eine Verdi-Sinfonie. Bekommt dem Werk gut.

  • Tja, mir weiterhin nicht. Der Grund liegt in einem mir unangemessen schwülstig anmutenden Zuviel. Stellen wir uns einen Bäcker vor. Dieser Bäcker hat sein Berufsleben lang allerlei Brote gebacken, sich aber immer schon auch für Torten interessiert. Nach vielen Jahrzehnten, noch vor der Rente backt er endlich seine Torte. Er hat Jahre überlegt, was alles hinein soll: Sahne, Nougat, Zuckerguss, auch Früchte, drei Schichten, nein vier! Und verziert soll sie sein mit Schokostreuseln und Krokant und Marzipan und … Am Ende ist die Torte handwerklich perfekt, jedoch überladen. Beschränkung hätte gut getan.

    Wenn Du vielleicht noch die Einspielung unter Claus Peter Flor mit dem Royal Philharmonic Orchestra probieren magst ... für mich setzte er die Klanglichkeit auf wohltuende Diät und legte somit diejenigen Qualitäten des Werkes frei, die anderen Aspekten der Musikgestaltung geschuldet sind ...

    Auch Ormandy fand ich großartig. - Es gibt nicht nur Monteux und Munch.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Als Zugabe spielten die Wiener übrigens Dvoraks Slawischen Tanz op. 72 Nr. 2. Der kurze Vergleich genügte, um zu wissen, was mir fehlt. In diesem kurzen Stück steckt nach meinem Empfinden doppelt so viel Musikalität wie in Francks kompletter Sinfonie.

    ja und? Dafür ist der Slawische Tanz viel zu schnell zu Ende... ;)

    Vielleicht magst du einen allerletzten Versuch wagen mit der meiner Meinung nach schlanksten verfügbaren Aufnahme (ohne die von Claus Peter Flor zu kennen, werde ich gern nachholen). Nebenbei die von mir seit Jahren am liebsten gehörte:
    Philippe Herrweghe, Orchestre des Champs-Elysees

    Disclaimer: Ich mag die Sinfonie von Anbeginn und in fast allen Aufnahmen und bin überhaupt ein erklärter Fan von Chromatik und Wiederholungen, daher nicht sicher ob dir mein Tip weiterhilft.
    Seltsamerweise wurde die Aufnahme hier noch nicht erwähnt.

    :wink: Khampan

  • Vielen Dank euch! Durch, im Sinne von: Mit der habe ich abgeschlossen, bin ich mit der Sinfonie noch lange nicht. Dafür bin ich viel zu lange dabei und habe ich zu oft erlebt, dass der Musikgeschmack sich ändert. Die Stärken dieses Spektakel-Schinkens liegen ja auch auf der Hand und bestreite ich gar nicht. Gewundert hatte ich mich nur über den einhelligen Zuspruch hier im Thread, weil ich meinte und weiterhin meine, dass mit diesen Stärken Schwächen einhergehen, so dass ich annahm, mit meinem weniger positiven Urteil nicht allein zu sein. Bin ich auch nicht, weiß ich inzwischen. Wenn wir alle ob derselben Reize frohlockten, wäre es ja auch arg langweilig.

    Die Anregungen für weiteres Hören nehme ich sehr gern an. Nicht heute oder morgen, aber im weiteren Sinne demnächst ganz sicher.

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