Pfitzners Musik – Noch immer vergessen?

  • Neben meinen großen Vier Schütz, Bach, Wagner und Bruckner residiert Hans Pfitzner bei mir sozusagen extraordinär auf einem eigenen Thron. Es gibt eigentlich nichts ihm Vergleichbares in der Musik und wenn man so will und man nicht immer falsch verstanden würde, müsste man sagen; dass seiner Geistigkeit, Vergrübeltheit, Düsternis, Melancholie etwas sehr Deutsches anhaftet. Irgendwie gemahnt mich das alles immer an etwas Faustisches, an ein ungeheures Ringen, sozusagen einen Wagner in Fesseln, aber auch entfesselt. Dass Pfitzner auf lange Sicht trotz der nunmehr zahlreichen auch bei jpc zu erhaltenden Aufnahmen keine Chance hat, wiederentdeckt zu werden, liegt natürlich an den politisch-ideologischen Anwürfen; weil man nach wie vor nicht in der Lage ist, Mensch und Kunst zu trennen; und an der Komplexität und Eigenart seiner Musik, denn Pfitzner ist keine leichte Kost, zumal er zwischen allen Stühlen sitzt und sich nicht einordnen lässt. Er verkörpert für mich den einzig akzeptablen Künstlertypus, ein äußerlich konservativer Musikromantiker; der aber in Wirklichkeit moderner ist als so viele Zampanos der Avantgarde.

    Ich habe ihn übrigens zufällig und völlig unvoreingenommen kennengelernt; ich sah in einer alten Musikhandlung nur den Namen Palestrina, den ich als Komponisten sehr mochte, und so kaufte ich die Oper. Ich wusste zu dieser Zeit noch gar nichts von Pfitzner. Dass ich gleich die beste Aufnahme erwischte, konnte ich damals freilich noch nicht wissen:

  • Wenn Ihr mal einen richtig guten PALESTRINA anhören wollt !

    Den aus FFM von 2010 bei Oehms.

    Habe ihn 6x gesehen und war total begeistert. Kannte Pfitzner vorher kaum (Die Rose vom Liebesgarten)
    aber es wird durchweg auf sehr hohem Niveau gesungen, in den ersten Vorstellungen sang den Kardinal Borromeo F. Struckmann (desolat !!!!)
    In den weiteren Vorstellungen dann Wolfgang Koch ganz wundervoll .

    Es grüßt Euch herzlich
    palestrina

    „ Die einzige Instanz, die ich für mich gelten lasse, ist das Urteil meiner Ohren. "
    Oolong

  • Wenn Ihr mal einen richtig guten PALESTRINA anhören wollt !

    Den aus FFM von 2010 bei Oehms.

    Habe ihn 6x gesehen und war total begeistert. Kannte Pfitzner vorher kaum (Die Rose vom Liebesgarten)
    aber es wird durchweg auf sehr hohem Niveau gesungen, in den ersten Vorstellungen sang den Kardinal Borromeo F. Struckmann (desolat !!!!)
    In den weiteren Vorstellungen dann Wolfgang Koch ganz wundervoll .

    Und den gibt es schon auf Tonträger?

  • Oh ja lieber Yorick, seit einem halben Jahr und die Kritiken waren alle voll des Lobes!

    Bis bald Rainer
    palestrina

    „ Die einzige Instanz, die ich für mich gelten lasse, ist das Urteil meiner Ohren. "
    Oolong

  • Die Moderation hat einige Beiträge in die "Splitter" verschoben. Der polemische Ton, weg von der Sache, hin zur Person (vgl. Forenregel 10) wird hier nicht toleriert.

    Über "Zampanos der Moderne" bzw. das Verständnis von Moderne kann im Forum gern diskutiert werden, wobei es jedem selbst überlassen ist, wieweit eigene Meinungen begründet werden. Es gibt andere Threads, die solche Themen bereits behandeln. Ggf. geht's dort weiter - hier bleiben wir bei Pfitzners Musik.

    Kommentare zur Entscheidung der Moderation sind an dieser Stelle unerwünscht und werden ohne Rücksprache entfernt. Wer dennoch das Bedürfnis verspürt, sich dazu zu äußern, kann das per PN an einen Mod eigener Wahl tun oder sich hierhin wenden: An den Mod

    Für die Moderation
    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Die "Rose vom Liebesgarten" ist nach meiner Kenntnis bislang nur in klangtechnisch gruseligen Aufnahmen auf CD erhältlich. Ich bin kein extremer HiFi- Freak und deshalb nicht besonders empfindlich, aber diese dereinst von mir mit freudiger Erwartung erworbene Einspielung bewegt sich IMHO stark am Rande der Genießbarkeit:

    ABER: Auf Youtube gibt es inzwischen zumindestens den 1. Akt in einer akustisch viel klareren und zumindestens in der Hauptpartie (Siegnot) mit Wolfgang Windgassen sehr prominent besetzten Interpretation:

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    Alleine die ersten 11 Minuten....was für eine Musik! :thumbup:

    Und was für ein Text (den man hier endlich oder leider :D auch versteht).... :thumbdown:

    Text hin oder her - was für eine Musik! :juhu: :fee:

    Viele Grüße

    Bernd

  • Ein völlig überbewerteter Komponist und Nazi, den sollte man wirklich vergessen !!!!!!! :-OOOO-


    was nun beides Aussagen sind, mit denen man es sich erheblich zu einfach macht...

    “There’s no point in being grown up if you can’t act a little childish sometimes” (Doctor Who, der Vierte Doktor)

  • Was ist z.B. an der Oper "PALESTRINA" überbewertet ?! Das ist einfach gute Musik und ein sehr gelungenes Werk !

    oder, Das Christelflein, Der arme Heinrich, die Lieder, die Cello Konzerte usw.

    LG palestrina

    „ Die einzige Instanz, die ich für mich gelten lasse, ist das Urteil meiner Ohren. "
    Oolong

  • Don't feed the trolls.
    Eine derart undifferenzierte und unbelegte Aussage ist der Diskussion nicht wert. Fahren wir lieber fort und sprechen über Pfitzner.

    Lucius Travinius Potellus
    Those who would give up essential Liberty, to purchase a little temporary Safety, deserve neither Liberty nor Safety. (B.Franklin)

  • Das bringt so nichts, Hansi! Dein Lieblingskomponist Sibelius wurde von einem gewissen Adorno abgekanzelt. Das spricht nicht für Adorno und wird dennoch etwas besser begründet, ohne dass einem die Gründe übermäßig einleuchten müssten.

    Doch "überbewertet" wird Pfitzner nach wie vor ganz gewiss nicht. Dafür hat er schon selbst gesorgt - nicht nur wegen seiner fragwürdigen politischen Haltung (Indes ... der werfe den ersten Stein!), sondern wegen seines eckig-paradoxen Charakters.

    Für einen Troll halte ich Dich nicht (1).

    NB: Sibelius und Pfitzner höre ich gerne, ohne dass sie meine Lieblingskomponisten wären.

    :wink: Wolfgang

    EDIT: aus gegebenem Anlass (anderer Thread): noch nicht!

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • In der Tat muß Pfitzner ein unangenehmer Zeitgenosse gewesen sein. Wenn man z.B. seine Haltung zu Bruno Walter nimmt, nachdem der durch die Nazionalsozialisten vertrieben wurde. Walter hatte sich immer sehr für Pfitzner eingesetzt, und die Uraufführung des Palestrina ermöglicht. Das hat ihm der Komponist später nicht gedankt, indem er sich von ihm distanziert hat, um seine Karriere nicht zu gefährden.

    Allerdings sollten wir tunlichst den Menschen und den Schöpfer von Musik trennen, denn es gäbe eine ganze Reihe von Künstlern, bei denen deren Haltung als Mensch dem Schaffen in vielem entgegensteht (man nehme nur Wagner). Dies trifft wohl auch auf Pfitzner zu, der jedoch als Musiker eine aussergewöhnliche Erscheining war. Seine Werke gehören sicher zum Besten was uns in der spätromantischen Tradition geboten wurde. Seine Opern, das Oratorium "von deutscher Seele" oder seine Kammermusik und vor allem seine Lieder sind aussergewöhnliche Werke, denen durchaus mehr Aufmerksamkeit zu gönnen wäre.

    Das Label CPO hat sich in dankenswerter Weise für sein Werk eingesetzt, und z.B. alle seine Lieder mit ausgezeichneten Interpreten herausgebracht (Christoph Pregardien, Iris Vermillion, Andreas Schmidt uva.).

    [Blockierte Grafik: http://ecx.images-amazon.com/images/I/51oS0hIpYxL.jpg]

    Jedem Lieder-Freund kann ich diese Sammlung nur wärmstens empfehlen.

    Eusebius

    "Sie haben mich gerade beleidigt. Nehmen Sie das eventuell zurück?" "Nein" "Na gut, dann ist der Fall für mich erledigt" (Groucho Marx)

  • Über Charaktere von früher lebenden Künstlern zu diskutieren halte ich immer für Hybris, wir alle sind nur Menschen und jeder von uns hier Schreibenden hat vielleicht mehr Leichen im Keller als ein Pfitzner, der immer zwischen allen Stühlen saß und auf keinen Fall von den herrschenden Verhältnissen profitiert hat. Das Gleiche gilt selbstredend und im Besonderen bei politischen Ansichten, die zeitgebunden sind und über die sich von späterer Warte her so leicht und bequem aus der eigenen Sicherheit heraus urteilen lässt. HP ist einer der größten spätromantisch-modernen Komponisten, die wir in Deutschland haben; und dass sein Werk trotz der Bemühungen von CPO kaum wahrgenommen wird, sagt mehr über unsere Zeit aus als über ihn.

  • Du hast - ohne jede Ironie - völlig Recht, LudwigvanGod! Womit wir wieder bei den Gutmenschen wären.

    :wink: Wolfgang

    He who can, does. He who cannot, teaches. He who cannot teach, teaches teaching.

  • Nun, bei Pfitzner kann man durchaus im wörtlichen Sinn von "Leichen im Keller" sprechen, wenn man daran denkt, daß er seine Tochter in den Selbstmord getrieben hat...

    “There’s no point in being grown up if you can’t act a little childish sometimes” (Doctor Who, der Vierte Doktor)

  • Über Charaktere von früher lebenden Künstlern zu diskutieren halte ich immer für Hybris, wir alle sind nur Menschen und jeder von uns hier Schreibenden hat vielleicht mehr Leichen im Keller als ein Pfitzner, der immer zwischen allen Stühlen saß und auf keinen Fall von den herrschenden Verhältnissen profitiert hat. Das Gleiche gilt selbstredend und im Besonderen bei politischen Ansichten, die zeitgebunden sind und über die sich von späterer Warte her so leicht und bequem aus der eigenen Sicherheit heraus urteilen lässt. HP ist einer der größten spätromantisch-modernen Komponisten, die wir in Deutschland haben; und dass sein Werk trotz der Bemühungen von CPO kaum wahrgenommen wird, sagt mehr über unsere Zeit aus als über ihn.


    Es gibt ja vielleicht noch ein Mittelding zwischen strikter moralischer Aburteilung und vollständig beliebigem Relativismus. So könnte man z. B. einen miesen Charakter auch mal als solchen bezeichnen. Etwas vollkommen anderes ist die Frage, was das für den Umgang mit den Werken bedeutet, die der miese Typ geschaffen hat. Ich kenne Pfitzners Musik zu wenig, um mir ein halbwegs belastbares Urteil über ihre Qualität zu bilden. Im Falle der "miesen Type" Richard Wagner möchte ich allerdings die Werke dieses Halunken keinesfalls missen.

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Über Charaktere von früher lebenden Künstlern zu diskutieren halte ich immer für Hybris, wir alle sind nur Menschen und jeder von uns hier Schreibenden hat vielleicht mehr Leichen im Keller als ein Pfitzner, der immer zwischen allen Stühlen saß und auf keinen Fall von den herrschenden Verhältnissen profitiert hat. Das Gleiche gilt selbstredend und im Besonderen bei politischen Ansichten, die zeitgebunden sind und über die sich von späterer Warte her so leicht und bequem aus der eigenen Sicherheit heraus urteilen lässt. HP ist einer der größten spätromantisch-modernen Komponisten, die wir in Deutschland haben; und dass sein Werk trotz der Bemühungen von CPO kaum wahrgenommen wird, sagt mehr über unsere Zeit aus als über ihn.


    Relativismus muss doch auch mal eine Ende haben! Wenn Pfitzner, wie Alex Ross schreibt, Hitler 1923 im Krankenhaus als Gast empfangen hat und schon dort überlegt hat, ob sich eine Vernichtung aller Juden erreichen lasse ("was Hitler missfiel" schreibt Ross!), dann finde ich es unsäglich, von "zeitgebundenen" "politischen Ansichten" zu sprechen. Das geht weit darüber hinaus!
    Ach und zum Thema "Mensch und Werk trennen": Ross weist darauf hin, dass Pfitzner auf die Palestrina-Partitur eine Widmung an Mussolini schrieb.

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