Ein Symposium "Moses und Aron" flankiert die Bieito-Inszenierung
Zu einem interessanten Symposium zu Schönbergs „Moses und Aron“ hatten Professor Hiekel von der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber und der Dramaturg Kai Weßler von der Semperoper die Bieito-Inszenierung gewissermaßen begleitend am 3. Oktober in Semper Zwei eingeladen.
Der Professor Hiekel referierte zum Auftakt über die Faszinationskraft von Zwölfton-Opern.
Warum Schönbergs Komposition ungerechterweise noch immer als Fragment bezeichnet wird, die Aufführungspraxis aber beweist, dass Schönberg aber mit den zwei Akten ein geschlossenes Werk vorgelegt hat, erläuterte Professor Mösch aus Karlsruhe. Letztlich wollte er kein biblisches Drama vorlegen, sondern mit dem ästhetischem Wagnis sich eine gewisse Selbstgewissheit verschaffen wollte. In Moses Zorn und Arons Phlegma am Schluss des zweiten Aktes sei letztlich das gemeinsame Scheitern zu finden.
Der Jude Schönberg sei ohnehin der Meinung gewesen, dass die Implementierung eines jüdischen Staates in Palästina inmitten muslimischer Gebiete ein Wagnis wäre und das Gebiet von Uganda in der Mitte Afrikas geeigneter gewesen wäre.
Einen breiten Raum nahmen Erläuterungen mit Musik,- Text-, und Partitur-Beispielen zu Quellen ein, die Schönberg anregt hatten. So unter anderem das Moses-Oratorium von Max Bruch und die Sprechchor-Bewegung der 1920er Jahre, von den Professoren Meyer-Kalkus aus Potsdam und Stephan Mösch belegt.
Der Dramaturg Sergio Morabito, seit 25 Jahren in Stuttgart tätig und ab 2020 als Chefdramaturg an die Wiener Staatsoper berufen, erzählte von seiner Arbeit an der Stuttgarter Inszenierung.
Aus den Archiven hatte der Dresdner Professor Hermann eine Rekonstruktion von Vorgeschichte, der Arbeit an der legendären Kupfer-Inszenierung von 1975 und deren Wirkung auf Publikum sowie der nationalenbzw. internationalen Bewertung versucht.
Seine Quellen ergeben, dass es vor allem der damalige Dramaturg Eberhard Schmidt war, der das Projekt forcierte und Harry Kupfer für diese Arbeit begeisterte.
Die vorgestellten Musikbeispiele waren der späteren Leipziger Inszenierung, allerdings mit den identischen Darstellern der Titelrollen, entnommen.
Die kritischen Stimmen, warum im sozialistischen Kunstbetrieb ein religiöses Stück eines kaumbeachteten Zwölftöners aufgeführt werden sollte, bezogen sich ausschließlich auf die Zeit vor der Premiere.
Nach der DDR-Uraufführung mit Werner Haseleu und Reiner Goldberg in den Titelrollen erschien im Zentralorgan der Partei eine begeistere Kritik, der folglich, den Gepflogenheiten der Zeit folgend, die Bezirks-Zeitungen folgten.
Nach dem Erfolg der ersten Aufführungen wurde die Inszenierung auch für die damals üblichen „Brigade-Anrechte“ geöffnet, so dass es bis 1979 zu 39 Aufführungen einschließlich vieler Diskussionen mit den Besuchergruppen kommen konnte.
Ergänzend wurde erklärt, dass die DDR-Kulturpolitik im Scheitern der Protagonisten eine Parallele zum Ausbleiben einer Einheitsfront von SPD und KPDin der Zeit 1932/33 gesehen worden war, was dem deutschen Volk möglicherweise die zwölf dunkelsten Jahre seiner Geschichte hätte ersparen können.