Montserrat Caballé

  • Montserrat Caballé

    Gestern suchte ich nach einem Thread über die Caballé, fand keinen und dachte, dass ich wohl dann demnächst mal einen eröffnen werde. Dass das nun jetzt schon passiert und v.a. aus diesem Anlass, kam mir natürlich nicht in den Sinn.

    Montserrat Caballé wurde am 12.April 1933 in Barcelona, wo sie heute, am 06.Oktober 2018 im Alter von 85 Jahren verstarb.

    Die Caballé er lernte ihr Handwerk in ihrer Heimatstadt und in Mailand bevor sie 1956 in Basel als Mimi debütierte. Dies laut Wikipedia, nach ihrer eigenen Aussage war ihre erste Bühnenrolle die Arabella. Nach Engagements in Saarbrücken sang sie ab 1959 drei Jahre lang in Bremen. 1965 begann dann schlagartig ihre große Weltkarriere, als sie in New York die erkrankte Marilyn Horne in Donizettis 'Lucrecia Borgia' ersetzte.

    Danach ging es dann Schlag auf Schlag. Im selben Jahr noch die Met, später dann alle großen Opernhäuser der Welt. Lange und intensiv Wien, immer wieder die Scala, die Met, ab 1971 auch regelmäßig in Hamburg.

    Neben der Opernarbeit, Konzerttätigkeit und Lieder- und Arienabende war sie regelmäßig im Plattenstudio. Zahlreiche Aufnahmen sind davon ein Beleg, gerne mit ihren damaligen großen Tenorkollegen Pavarotti und Domingo und v.a. mit Carreras, den sie nachdrücklich förderte.

    Die Caballé sang in ihrer über 50 Jahre lang dauernden Karriere ein riesiges Opernrepertoire von knapp 80 Partien, weitgespannt von Händel über Mozart bis hin zu Wagner, Strauss oder Tschaikowsky, vom lyrische über den Koloratursopran bis hin zur Hochdramatischen. Natürlich waren Schwerpunkte dabei die Italiener. Donizetti, Rossini, Bellini, dann v.a. Verdi und Puccini. Selber gab sie allerdings Strauss als ihren fast Lieblingskomponisten an.

    1992 wurde sie dann schlagartig einem riesigen Massenpublikum bekannt, als sie zusammen mit Freddy Mercury den Olympiasong 'Barcelona' sang.

    Die Caballé war ein ausgesprochenes Bühnentier. Ohne die Nähe zum Publikum konnte sie nicht existieren. Dafür war sie dann auch zu manchem bereit. Auftritte in populären TV-Sendungen, Konzerttourneen bis ins hohe Alter (letzter Auftritt wohl im Juni 2018 in Moskau) und mit kaum noch vorhandener Stimme. Aber auch auf der Opernbühne war sie sich für kaum etwas zu schade. Dabei hatte sie immer einen ganz direkten Draht zum Publikum, verfügte über ungeheuer viel Humor und Charme und schien sich häufig nicht übermäßig ernst zu nehmen. Was aber nicht heißen soll, dass sie nicht zeitlebens eine hochprofessionelle Künstlerin und Arbeiterin gewesen ist.

    Ihre Stimme verfügte nicht über die Höhe eines klassischen Koloratursopran, besaß aber eine außergewöhnliche Schönheit des Timbre, war beweglich und gleichmäßig. Legendär sind dabei ihre berühmten Piani und Pianissimi. Gleichzeitig war die Stimme außergewöhnlich robust, was man an ihrem riesigen Repertoire sehen kann, deren konträre Partien sie teilweise lange gleichzeitig sang.

    Aufgrund ihrer ungewöhnlich guten Technik, ihres weitgespannten Repertoires, der Schönheit ihrer Stimme, ihres berückenden Gesangs, ihrer großen Popularität, der Länge ihrer Karriere und der außerordentlichen Bühnenpersönlichkeit wird sie als eine der ganz, ganz großen Sopranistinnen des XX. Jahrhunderts unvergessen bleiben.

    Ich selber habe sie noch ein paarmal auf der Bühne und im Konzert erleben können, allerdings eher am Ende ihrer langen Karriere. Unvergessen wird mir dabei die 'Semiramide' Anfang der 80iger Jahre Konzert in Hamburg bleiben. Caballé, Horne, Ramey, Araiza unter Lopez-Cobos. Eine absolute Sternstunde!!!!

    :wink: Wolfram

    "Wieder versuchen. Wieder scheitern. Besser scheitern." (Samuel Beckett)

    "Rage, rage against the dying of the light" (Dylan Thomas)

  • Zitat von Wolfram

    1992 wurde sie dann schlagartig einem riesigen Massenpublikum bekannt, als sie zusammen mit Freddy Mercury den Olympiasong 'Barcelona' sang.

    Das entspricht nicht den Tatsachen. Allein schon, weil Mercury 1991 starb. Im Wikipedia-Artikel zu Barcelona heisst es.

    Zitat von Wikipedia

    Zu einer Aufführung im Rahmen der Olympischen Sommerspiele 1992 kam es nicht, weil nach Mercurys Tod infolge seiner AIDS-Erkrankung im November 1991 ein anderer Duettpartner für Caballé laut BBC nicht in Frage kam.

    Der Song samt kompletten Album wurde 1986 veröffentlicht und stieg da schon in den UK-Charts auf Platz 8.

  • Das entspricht nicht den Tatsachen. Allein schon, weil Mercury 1991 starb. Im Wikipedia-Artikel zu Barcelona heisst es.

    Der Song samt kompletten Album wurde 1986 veröffentlicht und stieg da schon in den UK-Charts auf Platz 8.

    Das ist natürlich richtig und von mir nicht korrekt ausgedrückt. Die Caballé hat Mercury noch gefragt, ob sie 1992 zusammen mit dem Song auftreten würden und er hat dann geantwortet, dass er das nicht mehr schaffen wird.

    Allerdings glaube ich nicht, dass dieses Duett nun die größte künstlerische Leistung der Caballé ist und ich finde es schade, dass auch in manchen Nachrufen v.a. dies immer wieder herausgekramt wurde. Caballé war ja nun weiß Gott mehr als 'Barcelona'.

    :wink: Wolfram

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  • Es wäre interessant zu wissen, ob mancheiner über diesen Umweg die Oper kennen- und schätzen gelernt hat. Freddy Mercury war ja offenbar Opernfan.

    Hudebux

  • Es wäre interessant zu wissen, ob mancheiner über diesen Umweg die Oper kennen- und schätzen gelernt hat. Freddy Mercury war ja offenbar Opernfan.

    Mit Sicherheit ist es das Populärste gewesen, was sie gemacht hat und hat ihr damit dann auch die Tür zu großen TV-Shows nicht nur in Deutschland geöffnet. Man kann nur hoffen, dass dabei auch einige Opernfans abgefallen sind. ^^

    :wink: Wolfram

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  • Alter

    In den siebziger Jahren habe ich sie SEHR geschätzt. Am Beispiel der Violetta: sowohldie Dramatik als auch die Zartheit standen ihr zu Gebot.
    Leider hat sie dann nicht aufgehört.
    Ja, es war erstaunllich, wie sie im Alter noch singen konnten,und dennoch: nur ein Abglanz der guten Jahre.

  • Ich habe diese beiden CD's schon im 'Eben-gehört-Thread' eingestellt, aber hier gehören sie natürlich auch her.

    Unter der Leitung von Carlo Felice Cillario und Antonio Guadagno singt die junge Caballé (1968/1970) eben Arien von Rossini, Donizetti und den jungen Verdi.

    Das ist wohl für alle Caballé Fans und solche die es werden wollen ein absolutes Muss!!!

    Nicht nur, weil es sich zum großen Teil um wirkliche Raritäten handelt, sondern v.a. weil die Caballé hier ein Zeichen setzt, ein Zeichen für das Repertoire, für das sie wirklich ganz besonders geeignet war, nämlich den klassischen Belcanto und seine Fortführung bei Verdi. Das ist mit einer unglaublichen Stilsicherheit gesungen! Da beherrscht jemand von Anfang an das Vokabular, die besondere Textur dieser speziellen Gesangsform. Etwas, was so viele für sich in Anspruch nehmen (oder was ihnen zugeschrieben wird), aber trotzdem nicht erfüllen können. Aber hier ist es da. Und sei es nur, dass man im Belcanto den Ton in der Mitte zu treffen hat, nicht irgendwo am Rande. Und dass er dann mit Expression aufgeladen werden muss, denn Belcanto hat ja nichts mit seelenlosem Schöngesang zu tun, was so gerne vergessen wird. Natürlich kommt sie hier nicht an die geradezu animalische Ausdrucksintensität einer Callas heran. Wer kommt daran schon? Aber da wagt jemand etwas, da lädt jemand Töne und Phrasen mit Ausdruck auf und verlässt trotzdem nicht die Gesangslinie. Und die beherrscht sie! Und all die geforderten Verzierungen und Spitzentöne und die ganzen anderen technischen Schwierigkeiten. Und das mit großer Geste, also mit etwas, was man wohl nicht lernen kann, also Persönlichkeit, die man entweder hat oder eben auch nicht. Hier hört, spürt man sie.

    Das sind die Aufnahmen einer großen Diva. Einer Diva oder einem Divo unterwirft man sich (oder eben auch nicht). Unterwirft man sich aber, tut man es nur, weil man bereit ist, sich überwältigen zu lassen. Eine Überwältigung funktioniert aber nur, wenn die Diva oder der Divo nicht nur ihr/sein Handwerk versteht und beherrscht, sondern dies und damit die Kunst auf eine andere Eben zu transportieren weiß. Und genau das kann die Caballé. Sie singt immer die Rolle, sie macht die Besonderheiten der Komponisten deutlich, sie zeigt uns aber auch immer einen 'Dialog' zwischen Bühnenfigur und Sängerin. Sie bleibt eben immer die Diva, die eine Rolle präsentiert. Aber genau wie bei der Callas verwischen sich hier Fiktion und Realität (wobei die Callas noch stärker in die Fiktion eintauchen konnte). Denn die Diva schafft es wohl, ihre eigene Persönlichkeit zu bewahren, zu präsentieren und gleichzeitig die interpretierte Rolle in allen/vielen Facetten deutlich zu machen. 'Ich singe die Rolle der... und gleichzeitig präsentiere ich sie.' Vielleicht ist das sogar ein magisches Geheimnis. Ich weiß es nicht. Aber die Caballé beherrschte es. Jedenfalls in diesen frühen Aufnahmen.

    So also nochmal: EIN MUSS!!!!

    :wink: Wolfram

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    "Rage, rage against the dying of the light" (Dylan Thomas)

  • Caballé und Verrett

    Liebe alle,

    gerade Duette führen m.E. ein gewisses Eigenleben: haben sie auch in der Opernhandlung eine quasi organische Stellung, eignen sie sich wegen der sicht- und hörbaren Interaktion zweier Protagonisten auch als Handlungsminiaturen unabhängig vom Gesamtgeschehen. Daher sind Aufnahmen davon in den diversen Zusammenstellungen eigentlich immer ein Hit. Bisweilen sind sie auch maßstabsetzend. Eine davon ist die Aufnahme von Duetten mit Montserrat Caballé mit Shirley Verrett

    Das Cover ist wohl das einer weiteren Veröffentlichung; das Original habe ich nicht mehr gefunden. Macht aber nichts, wichtig ist ja, was man hört. Und das ist pures Vergnügen; beim Hören ist man versucht, wie eine Katze beim Kinnkraulen zu schnurren, fortwährend... Am schönsten für mich ist "Mira o Norma", wo beide Diven völlig souverän, entspannt und doch konzentriert Wohlklang verströmen. Und das Butterfly - Duett, genauso bestechend. Und eigentlich alles weitere, selbst die abgesungene Barcarole wirkt von diesen beiden Stimmen nur edel.

    Eine CD für die einsame Insel oder die häusliche Isolation.

    Grüße!

    Honoria Lucasta

    "...and suddenly everybody burst out singing." (Busman's Honeymoon)

  • Ich habe die beiden Damen ein einziges Mal gemeinsam auf der Bühne erleben können - 1971 in der Scala in "Maria Stuarda" (von dieser Produktion gibt es auch einen Mitschnitt auf CD). Und obwohl Caballe an diesem Abend nicht in Bestform war, zählt diese Aufführung doch zu meinen großen Erinnerungen.

  • Vielen Dank, lieber Brunello,

    ...für diesen Hinweis, habe die CD gleich geordert. Maria Stuarda ist eine meiner absoluten Lieblingsopern, und die Caballé verkörpert die schottische Königin in Perfektion. Begeisternd das Video mit dem "Deh tu di un umile" und einem endlosen pianissino -Ton (youtube Caballe Maria Stuarda, da kommt es gleich). Man wünscht sich, dabei gewesen zu sein... :(

    Grüße!

    Honoria Lucasta

    "...and suddenly everybody burst out singing." (Busman's Honeymoon)

  • Alles gelöscht, weil keine Bilder angezeigt werden, somit ist der Rest auch nichts wert!

    „ Die einzige Instanz, die ich für mich gelten lasse, ist das Urteil meiner Ohren. "
    Oolong

  • Liebe Capricciosi,

    Montserrat Caballé hat viele wunderbare Aufnahmen und Aufführungen hinterlassen, manchmal allerdings auch durchwachsene. Obwohl sie mit Belcanto und "Barcelona" berühmt geworden ist, lag ihre größte Stärke meiner Empfindung nach in Opernpartien, die man vielleicht als "pseudo-dramatisch" bezeichnen sollte: Rollen, die in der Besetzungstradition - z.T. allerdings erst seit Birgit Nilsson - häufig an dramatische und hochdramatische Sopranistinnen vergeben wurden, aber eigentlich sehr viele lyrische Passagen im Piano und Pianissimo aufweisen und wohl eher vom Spinto her gedacht sind. Ich denke da an ihre maßstabsetzende Salome (die sie zuerst 25-jährig in Basel sang und dann fast bis ans Ende ihrer Karriere regelmäßig), Turandot und Mefistofele-Elena, denen sie mit dem Fluten ihrer warmen Stimme und ihren berühmten schwebenden Pianissimi eine selten erreichte psychologische Tiefe verlieh. Sie selbst hat auch bedauert, nicht mehr Strauss und Wagner gesungen zu haben und insbesondere nie für die Elektra angefragt worden zu sein.

    Liebe Grüße,
    Areios

    "Wenn [...] mehrere abweichende Forschungsmeinungen angegeben werden, müssen Sie Stellung nehmen, warum Sie A und nicht B folgen („Reichlich spekulativ die Behauptung von Mumpitz, Dinosaurier im alten Rom, S. 11, dass der Brand Roms 64 n. Chr. durch den hyperventilierenden Hausdrachen des Kaisers ausgelöst worden sei. Dieser war – wie der Grabstein AE 2024,234 zeigt – schon im Jahr zuvor verschieden.“)."
    Andreas Hartmann, Tutorium Quercopolitanum, S. 163.

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