Direktschall/Nachhall - das Problem der optimalen Balance
Da ich den folgenden Beitrag hochinteressant finde, ich selbst aber technisch zu wenig weiß, um die Erläuterungen zu bewerten, erlaube ich mir, ein eigenes Thema daraus zu machen (zumal das hier bei Schuberts d-Moll-Streichquartett nicht so recht paßt):
Alles anzeigenDas Problem des Nachhalls bei Aufnahmen ist prinzipiell, dass er dann stört, wenn der Hörer nicht bereit ist bzw. es sich nicht erlauben kann, die Abhörlautstärke nähe Originalläutstärke einzustellen.
Bei geringer Abhörlautstärke ist der Direktschallanteil zu gering, die Musiker klingen zu entfernt. Idealerweise sollten solche Aufnahme so laut abgehört werden, dass der Direktschallanteil in etwa der realen Situation im Konzertsaal am idealen Platz entspricht. Das ist lauter als die meisten Hörer (nach meiner Erfahrung) gewohnt und bereit sind.Umgekehrt: Bei einer direkten Mikrofonierung mit wenig Nachhall klingt es bestenfalls so, als würden die Musiker im Hörraum sitzen. Der Vorteil ist, dass es dann relativ egal ist, wie laut/leise man hört. Nachteil ist, dass es keine Konzertsaalatmosphäre gibt, und dass eine Tiefenstaffellung nur sehr eingeschränkt wirksam ist (man hängt mit den Ohren an allen Instrumenten gleichzeitig, der typische Effekt der DG-Aufnahmen, mir herzlich zuwider. Bei einer Streichquartettaufnahme freilich kein Problem: eine virtuelle Hörposition in ca 2 m Entfernung ist zwar nicht konzertgemäß aber durchaus reizvoll; bei größeren Ensembles aber schon etwas seltsam).
Zwischen diesen beiden Extremen (direkt vs Konzertsaalsound) versucht jeder Toningenieur sein Glück. Und sitzt dabei zwischen den Stühlen, denn die Musiker bevorzugen meistens den Konzertsaalklang mit viel Nachhall, der Toning weiß aber, dass er in Konkurrenz mit dem DG-Sound als Maß aller Dinge steht, versucht irgendwie das beste daraus zu machen und noch möglichst seinem eigenen Klangideal nahezukommen.
Als fauler Kompromiss hat es sich eingebürgert, die Dynamik einzuengen. Die leisen bis mittellauten Stellen sind im derzeitigen Mittel schätzungsweise 10 dB angehoben, dadurch scheinen diese Stellen trotz Nachhall nicht zu entfernt zu klingen. Dass die lauten Stellen dann plötzlich zurückgedreht wirken, stört komischerweise niemanden (sonst wären sie ja zu laut und man müsste schnell zum Lautstärkeregler greifen um die Nachbarn nicht zu stören...).
Gottlob ist dieser Unfug bei Streichquartettaufnahmen noch nicht so verbreitet.
Deshalb gibt es glücklicherweise so toll klingenden Aufnahmen, wie die des Takacs Quartet, des Sorrel Quartet, des Quatuor Terpsychordes, mit einer für mich idealen Balance zwischen Direktschall und Nachhall. Laut aufdrehen und genießen.Sorry, das musste ich mal loswerden.
Gruß,
Khampan
Aus eigener Erfahrung kann ich nur beitragen, daß ich Musik meist über Kopfhörer höre, wobei ich die Lautstärke in der Regel so einstelle, daß es für mein Empfinden der Akustik in Konzertsälen möglichst nahekommt. Damit bin ich ganz zufrieden.
Mich würde interessieren, was Technikkenner/innen hierzu zu sagen haben...