Benjamin Britten: Streichquartett Nr. 3 - Erinnerung an die berühmteste aller Lagunenstädte
Das dritte Streichquartett, op 94, von Benjamin Britten wurde rund ein Jahr vor seinem Tod 1976 abgeschlossen. Es trägt die Spuren der schweren Herzkrankheit und wurde erst kurz nach seinem Ableben im Dezember des Jahres vom Amadeus-Quartett uraufgeführt. Das Finale entstand während des letzten Venedig-Aufenthalts des Komponisten.
Eingeflossen sind musikalische Elemente aus seiner Venedig-Oper (nach Thomas Manns Novelle Tod in Venedig), die 1973 erstmals gespielt wurde. Es liegt vielleicht nahe, Beziehungen zwischen der literarischen Vorlage und Brittens eigener Partnerschaft wahrzunehmen. Abschiedsschmerz in für mich merkwürdig kühlem Raffinement prägt die recht moderne, im Sinne der Instrumentationseffekte nicht selten gänzlich unverwechselbare und tief empfundene Komposition von rund einer halben Stunde Dauer. Fünf Sätze sind es, von denen das getragene Finale gut zehn Minuten umfasst und gewiss auch den gedanklichen Höhepunkt darstellt, finden sich doch primär hier die Bezüge zur Venedig-Oper. Strukturell handelt es sich bei diesem Finale um eine Passacaglia, eine von Britten sehr geschätzte Traditionsform. Das Booklet der Brodsky-Einspielung (Colin Matthews, 2002) verweist auf den weder wirklich heiteren noch aber dunklen Charakter des Satzes, die letzten Takte stellten indes eher eine Frage, als dass sie eine wie auch immer geartete Lösung anböten.
Duets: With moderate movement
Ostinato: Very fast
Solo: Very calm
Burlesque: Fast, con fuoco
Recitative and Passacaglia "La Serenissima": Slow - Slowly moving
Wenn genötigt ( ), würde ich der (sehr guten) Einspielung des Britten Quartet (ca. 1990; Brilliant Classics) gegenüber dem (guten) Brodsky Quartett (2001; Challenge Classics) den Vorzug geben. Mit Aufnahme- und Spieltechnik hat das nichts zu tun; beides erscheint mir jeweils einwandfrei. Aber das Britten Quartet spielt etwas spannender, zeigt vor allem im Schluss-Satz eine subtile Tiefe, die das geradliniger, in den schnellen Sätzen aber sicherlich gleichermaßen kantig interpretierende Brodsky Quartett nicht ganz erreicht. Magie ist es wohl und hätte Marcel Reich-Ranicki gesagt, die sich nicht in gleicher Weise einstellt. Zum Kennenlernen der Komposition erscheint mir das kaum relevant, - denn so etwas wie Faszination dürfte sich in jedem Fall geltend machen, auch wenn man nicht der große Streichquartett-Experte ist -, vielleicht aber bei einer Wiederbegegnung, wenn man das Werk schon recht gut im Griff hat. (Mir ging es jedenfalls so. Als ich das Werk im Rundfunk kennenlernte, war es nicht viel älter als vielleicht fünf Jahre und ich kannte kaum ein Streichquartett aus dem 20. Jahrhundert.)
Hier meine im Schrank befindlichen Einspielungen im Bild - es gibt mittlerweile etliche weitere:
Wolfgang