Joachim Kaiser - Großer alter Mann der Kulturkritik oder Auslaufmodell?
Liebe Cappricisten,
ich lese gerade das wahrscheinlich mehreren geläufige Buch "Ich bin der letzte Mohikaner", welches von Joachim Kaiser und seiner Tochter Henriette stammt und welches sein Leben und seine Tätigkeit nachzeichnet.
Die universelle klasische Bildung dieses Mannes kann einen schon umhauen! Dennoch schleicht sich bei mir beim Lesen des Buches, welches ja auch ausgewählte Kritiken Joachim Kaisers enthält, ein gewisses Gefühl ein, daß der junge Joachim Kaiser ein Niveau hatte, das der späte Kaiser nicht mehr erreicht. Die Rezensionen von Adornos "Philisophie der neuen Musik" (1951, Kaiser war 23 und noch Student!) wie auch einer Produktion von "Dantons Tod" durch Korthner (1959, Kaiser wagte als einer der wenigen einen Verriss des mächtigen Theatermannes) sind wahrlich brilliant. Später jedoch scheint sich eine gewisse eitle Selbstgefälligkeit einzustellen, mal ganz abgesehen davon, daß Kaisers sicherlich verblüffendes Fachwissen etwa 1972 endet. So scheint er bei Pianisten mit jenen auszukommen, die noch im 19. Jahrhundert geboren worden waren, Bach endet bei Karl Richter, HIP wird kaum erwähnt.
Was denkt Ihr über Joachim Kaiser? Ist er der große alte Mann deutscher Kulturkritik, oder hat er seinen Zenit vor erheblicher Zeit überschritten?
LG