Zeit-Campus-Artikel über freiberufliche Musiker und ihre Lebenssituation

  • Danke für den Hinweis!

    Ein Satz aus dem Zeit-Artikel:

    Zitat

    Unter 30-jährige Musikerinnen verdienten 2017 demnach im Durchschnitt 10.883 Euro pro Jahr, Männer im gleichen Alter 13.649 Euro.

    Ungleiche Bezahlung auch hier...

    :wink:

    Es grüßt Gurnemanz

    ---
    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Danke für den Hinweis!

    Ein Satz aus dem Zeit-Artikel:


    Ungleiche Bezahlung auch hier...


    Es handelt sich um ungleiche Leistung. Die ungleiche Bezahlung ist nur die Folge davon.

    Den Wert einer Leistung bestimmt ausschließlich der Käufer. Also derjenige, der bezahlt. Ihn gilt es glücklich zu machen. Da sind Männer offensichtlich erfolgreicher. Paradoxerweise liegt das nicht an ihrem besseren Einfühlungsvermögen, sondern an ihrem Geltungsdrang. Erfolg=Einkommen=Ansehen. Der Käufer soll möglichst viel Geld locker machen und sich dabei auch noch gut fühlen.

    Und das ist vollkommen in Ordnung. Ich gebe z.B. verhältnismäßig viel Geld aus für Restaurantbesuche im Urlaub aus. Natürlich will ich möglichst gut essen. Entscheidend für mein abschließendes Urteil ist aber, ob ich mich in dem Restaurant wohlgefühlt habe.

    Das Beispiel hat jetzt nichts mit Mann vs. Frau zu tun. Sondern damit, dass der Käufer subjektiv(!) festlegt, was den Wert einer Leistung ausmacht. Analog z.B. bei Kauf von Schuhen. Schuh A kostet 50 Euro, Schuh B 100. Schuh A ist "objektiv besser". Laut Stiftung Warentest, laut Meinung aller Schuhexperten. Und doch verkauft sich Schuh B besser. Wegen des Aussehens? Wegen eines Labels? Wegen der Werbung? Ist alles egal. Schuh B macht seine Käufer glücklicher. Und darauf kommt es an.

    Anekdote zum Thema:
    In Reggio Emilia (Italien, Emilia-Romagna) lernte ich eine junge Sängerin kennen. Notorisch arm, laut Aussage ihres Freundes (ebenfalls arm, aber wenigstens Hochschuldozent). Ich spielte ihnen (auf YouTube) "È la pompa un grand'imbroglio" von Haydn vor. Da hätte sie, also Profi, sofort das Kommando übernehmen müssen. Tat sie nicht, konnte sie nicht. Viel zu brav. Und das lag weder an mir noch an ihrem Freund. Er war selbst eher defensiv, ich erst recht. Wie will sie sich da jemals vor irgendwelchen Profis, oder solchen, die sich dafür halten, durchsetzen???


    Thomas

  • Zitat aus dem Zeit-Campus-Artikel:

    "....In ihrer Studie untersucht die Musikforscherin Bishop unter anderem, welche Karriereziele Musikstudierende haben und in welchen Berufen sie nach ihrem Abschluss arbeiten. Sie sieht vor allem ein Problem im Aufbau des Musikstudiums selbst, da dort Fähigkeiten, die auf dem Arbeitsmarkt notwendig seien, nicht unbedingt vermittelt würden: "Organisationsskills, aber auch musiksoziologisches und kulturpolitisches Wissen". Das Curriculum der meisten Hochschulen sei konservativ ausgelegt, dominiert von musikpraktischen, -theoretischen und -pädagogischen Veranstaltungen. Trotzdem, meint Bishop, liege die Verantwortung auch immer bei den Studierenden selbst: "Fast jede Hochschule hat mittlerweile ein Career Center. Es gibt wirklich gute Angebote – aber viele Studierende nehmen sie nicht an."
    Anne Sophie Bereuter besuchte ein solches Career Center, aber es half nur teilweise.,,,"

    Tatsache ist, dass es für (zu?) viele Absolventen eines Musikstudiums im Anschluss an ihre Ausbildung zu wenig vernünftig bezahlte Arbeitsmöglichkeiten gibt. Daran ändern irgendwelche Einrichtungen wie ein "Career Center" grundsätzlich überhaupt nichts. Man kann die Nachwuchsmusiker mit wer weiß welchen wie auch immer möglichst englisch benamsten Förderweiterbildungen beglücken - daraus resultiert leider kaum eine neue Stelle! Wenn allen die "Organisationsskills" (was für ein Unwort :thumbdown: ) optimal vermittelt würden, wäre die Situation der meisten am Ende keine bessere, weil für zu viele Arbeitssuchende immer noch zu wenig fachgemäße Arbeit vorhanden wäre. Ein erster Schritt zur Verbesserung der Lage bestünde darin, die (Musik)kultur staatlicherseits mehr zu fördern. Sprich: Keine Schließung/Fusionierung von bestehenden Traditionsorchestern, keine Schließung von Städtischen Musikschulen, keine unwürdige Bezahlung von Angestellten dieser Musikschulen...

    Beste Grüße

    Bernd

  • Tatsache ist, dass es für (zu?) viele Absolventen eines Musikstudiums im Anschluss an ihre Ausbildung zu wenig vernünftig bezahlte Arbeitsmöglichkeiten gibt.

    Richtig. Da kommen junge Menschen, die ein Angebot für den Arbeitsmarkt haben, dem leider keine entsprechende Nachfrage gegenüber steht.

    Daran ändern irgendwelche Einrichtungen wie ein "Career Center" grundsätzlich überhaupt nichts.

    Richtig.

    Man kann die Nachwuchsmusiker mit wer weiß welchen wie auch immer möglichst englisch benamsten Förderweiterbildungen beglücken - daraus resultiert leider kaum eine neue Stelle!

    Richtig. Aber vielleicht sind diese Förderweiterbildungseinrichtungen doch für viele eine Chance - die haben zwar gelernt, ihr Demokonzert nachts um halb drei rückwärts auswendig zu spielen und ihre Demoetüde im doppelten Tempo transponiert, aber vielleicht nicht im gleichem Maße gelernt, ihre sonstigen Stärken und Schwächen (Kann ich organisieren? Kann ich mit Menschen? Kann ich abstrakt? Kann ich mit Worten - verbal und in Schriftform? Kann ich strukturieren - angefangen bei mir selbst?) kritisch zu sichten und ggf. auch verkaufen zu können?

    Hatten die jemals eine Unterstützung, mal über einen anderen Job nachzudenken als eine Vollzeitstelle in einem Orchester, die für die meisten aus rein numerischen Gründen leider unerreichbar bleiben wird, trotz ca. zwölf Jahren Privatunterricht und sechs oder acht Jahren Studium? Sind wir bereit, diese Unterstützung zu ermöglichen oder lassen wir die nichteingestellten Musiker achselzuckend in Hartz IV plus ein wenig Privatunterricht abgleiten?

    Wenn allen die "Organisationsskills" (was für ein Unwort ) optimal vermittelt würden, wäre die Situation der meisten am Ende keine bessere, weil für zu viele Arbeitssuchende immer noch zu wenig fachgemäße Arbeit vorhanden wäre.

    Die "fachgemäße" Arbeit ist halt nicht in der benötigten Anzahl vorhanden. Welche Zahlen nannte der Artikel? Vier Jahrgänge à ca. 800 Absolventen (also zusammen ca. 3.200 - und das ohne Calculus Competence Center) bewerben sich auf ca. 120 bis 160 Vakanzen plus ca. 300 Praktikantenstellen und Stellen in Orchesterakademien.

    Ein erster Schritt zur Verbesserung der Lage bestünde darin, die (Musik)kultur staatlicherseits mehr zu fördern.

    Hmmm ... wie groß soll die Förderung denn angelegt sein, wenn für die 3.200 Absolventen nicht 420 bis 460 Stellen, sondern 3.200 Stellen zur Verfügung stehen sollen - Jahr für Jahr?

    Mal anders gefragt: Dürfen andere Studienrichtungen mit Missverhältnis von Anfrage und Nachfrage sich auch solche Jobgarantieförderungen wünschen? Germanisten, Philosophen, Meeresbiologen, Architekten, ...?

    Sprich: Keine Schließung/Fusionierung von bestehenden Traditionsorchestern, keine Schließung von Städtischen Musikschulen, keine unwürdige Bezahlung von Angestellten dieser Musikschulen...

    Genau. Und keine traditionsreichen Kohlebergwerke schließen, weil die Kumpels ja ne Stelle brauchen ... ähem. Nein, das bitte wieder streichen ... aber nochmal in Zahlen: Wie soll es konkret gehen? Jedes Jahr 2.700 Stellen mehr sind 135 M€ Mehrausgaben im ersten Jahr, 270 M€ Mehrausgaben im zweiten, .405 M€ im dritten ... ok, der Berg baut sich dann ab, so dass die Zuwächse geringer werden ...

    ... andererseits fehlen Lehrer, Ärzte, Krankenpfleger, Seniorenpfleger, Polizisten, Richter, ... darf die Gesellschaft auch mitreden und artikulieren, welchen Bedarf sie für sich sieht und für welche Berufe die Steuergelder investiert werden sollen?

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Jedes Jahr 2.700 Stellen mehr

    Eigentlich ist es völlig absurd. Wie viele Vollzeitstellen hat ein Orchester? 120 in Fällen großer renommierter Orchester? Das Orchester des Staatstheaters Mainz nennt 82 Orchestermusiker und 7 Praktikanten auf seiner Webseite. Sagen wir vielleicht 100 im Schnitt (10 mehr oder weniger spielen eigentlich auch keine Rolle, wie wir gleich sehen). 100 Musikerstellen, wohlgemerkt - keine Orchesterwarte, Marketing, Verwaltungskräfte usw.

    Mehrere Jahre lang 2.700 Stellen zu schaffen, hieße also, jedes Jahr 27 Orchester neu zu gründen. Echt jetzt?

    Vielleicht wäre es sinnvoller, das Thema von der anderen Seite her anzugehen? Wenn es im Jahr 420 bis 460 zu besetzende Stellen gibt, warum begrenzt man die Zahl der Studienanfänger nicht auf eine Zahl von 600-700? (Diese wäre mit Zahen über Studienabbrecher, Berufsschwiegersöhne/töchter usw. zu präzisieren.)

    Heißt natürlich auch, dass man weniger Professoren und Lehrbeauftragte braucht - was Möglichkeiten schafft, die freigewordenen Mittel wiederum in Orcheser zu investieren. Wie viele Studenten hat ein Vollzeit-Professor oder -Lehrbeauftragter für Instrumentalspiel? Ich weiß es nicht und tippe auf 15. Wenn es heute pro Jahr 800 Absolventen gibt, in deren Jahrgang es - sagen wir - 1.000 Studienanfänger gab, dann hat man also etwa 300 Studenten weniger. Macht 20 Professoren/Lehrbeauftragte oder 2 Millionen pro Jahr zzgl. Assistenzen, Büromieten, Raummieten für Übzellen, Verwaltungskräfte usw. Damit wäre die Hälfte eines mittleren Orchesters schon wieder bezahlt.

    (Wenn es nur 10 Studenten pro Professor sind, dann hat man 30 Professoren/Lehrbeauftragte weniger oder 3 Mio p. a.)

    Das heißt, die Reduzierung die Anzahl der Studienanfänger schafft überhaupt die Möglichkeit, die prekäre Situation von beiden Seiten her anzugehen - von der Angebots- wie von der Nachfrageseite.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • 120 bis 160 Vakanzen plus ca. 300 Praktikantenstellen und Stellen in Orchesterakademien.

    Sorry, die obige Rechnung war natürlich falsch. Die 420 bis 460 Stellen, die pro Jahr besetzt werden, beinhalten nur 120 bis 160 Orchesterstellen. Praktikantenstellen und Stellen in Orchesterakademien sind unter dem Gesichtspunkt "Anzahl der festen, dauerhaften Arbeitsverhältnisse" ja nur ein Zwischenparkplatz.

    Das heißt: Wenn pro Jahr nur 120 bis 160 dauerhafte Stellen neu besetzt werden, dann werden mehr als 300-350 Studienanfänger vielleicht nicht so sinnvoll sein bzw. geplante Arbeitslosigkeit produzieren.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Dieselben Probleme gibt es doch auch bei den Geisteswissenschaften - in sogar noch verschärftem Ausmaß. Studien dieser Art sind aber nicht nur als Ausbildungswege sondern auch als Bildungswege zu begreifen. Soll heißen: ein Musikstudium bringt einem auch etwas, wenn man nachher als Manager, Firmeneigentümer, Lehrer, Arzt etc.. wirkt.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • Studien dieser Art sind aber nicht nur als Ausbildungswege sondern auch als Bildungswege zu begreifen.

    Unbestritten. Bzw.: Hoffentlich ist es in der Mehrzahl der Fälle tatsächlich so.

    Soll heißen: ein Musikstudium bringt einem auch etwas, wenn man nachher als Manager, Firmeneigentümer, Lehrer, Arzt etc.. wirkt.

    Genau. Die Frage ist halt, wie baut man vom Studium als Orchestermusiker die Brücke zum Beruf als Manager, Firmeneigentümer, Lehrer, Arzt usw.? Da müsste doch die eine oder andere Kompetenz, die im Musikstudium nicht aktiv aufgebaut wird, anderweitig vermittelt werden. Jetzt kann man sich natürlich an der englischen Sprache stören und meinen, dass es das Wichtigste wäre, diese Institutionen nicht "Career Center", sondern echt teutsch zu benamsen (hat hier niemand gefordert). Vielleicht kann man auch auf die Sache schauen und überlegen, ob es dem einen oder anderen eventuell hilft, wenn sich mal jemand, der mit Arbeitsbiographien Erfahrung hat, die Person und den bisherigen Werdegang anschaut und dann Vorschläge unterbreitet und Unterstützung anbietet. Muss ja nicht jeder im Groll auf das System sein Leben fristen.

    Gruß
    MB

    :wink:

    "Den Geschmack kann man nicht am Mittelgut bilden, sondern nur am Allervorzüglichsten." - Johann Wolfgang von Goethe

  • Ich möchte nachfolgend ein paar Dinge zu bedenken geben.

    1) Natürlich sollte der Anzahl an Hochschulabsolventen eine vernünftige Zahl an offenen Stellen gegenüberstehen. In diesem Sinne (und natürlich auch aus anderen Gründen) sollte an Orchesterstellen, aber auch an Stellen für einen möglichen "Plan B" (z. B. als Musiklehrer) von staatlicher Seite nicht weiter gespart werden.

    2) Das rein deutsche Verhältnis (ca. 800 Absolventen auf ca. 120-160 freie Stellen pro Jahr) scheint mir noch gar nicht so jenseits von gut und böse zu liegen - die extreme Konkurrenz auf die Orchesterstellen kommt doch wohl durch die internationalen Bewerber zustande (z. B. 70 Bewerber auf eine Stelle, wie im Artikel geschildert).

    3) Was sollen denn Musiker, die ein Nicht-Orchester-Instrument studiert haben, sagen? Die sind häufig ja zum freiberuflichen Arbeiten verdammt, haben also noch nicht einmal die vage Aussicht auf eine Orchesterstelle. Oder wie geht es studierten Komponisten?

    4) Ist diese Situation wirklich neu? Schon zu meiner Schulzeit (die vor mittlerweile fast 23 Jahren endete) hieß es, dass Stellen in Orchestern extrem umkämpft seien, und allen potenziellen Musikstudenten war diese Situation gegenwärtig. Ging es den freiberuflichen Musikern in den 90er Jahren denn besser als heute?

    Summa summarum: Ich möchte die Sorgen und Probleme freiberuflich tätiger Musiker keineswegs kleinreden und plädiere generell auch dafür, dass Menschen, die uns durch ihre musikalische Tätigkeit Freude bereiten, angemessen für ihre Arbeit entlohnt werden sollen. Ich bin mir nur nicht sicher, ob es für die geschilderte Situation ein "Heilmittel" gibt (bis auf meinen ersten Punkt, der ja aber wohl auch eher mildernd denn heilend wirken dürfte).

    Was mir an dem Artikel sauer aufstieß, war die dort erwähnte Erwartungshaltung, dass die Hochschulen die Misere doch bitte durch modernere Angebote abpuffern sollten. Diesen Unfug hören wir auch an der Uni häufig - die Uni möge doch bitte besser auf den Beruf vorbereiten etc. Hochschulen sind halt keine Berufsschulen, und erst recht sind sie nicht für Arbeitsmarkt-beeinflussende Maßnahmen verantwortlich.

    LG :wink:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Es ist ja auch nicht so, dass Absolventen einer Studienrichtung, für die es wenige Beschäftigungsmöglichkeiten gibt, zum Verhungern verdammt wären. Der Abschluss eines Instrumentalstudiums beweist, dass der Absolvent über ein hohes Maß an Präzision und Disziplin verfügen muss. So etwas entgeht Profilern in HR Abteilungen nicht.

    Im Zweifelsfall immer Haydn.

  • die extreme Konkurrenz auf die Orchesterstellen kommt doch wohl durch die internationalen Bewerber zustande

    wie sieht es denn umgekehrt mit den Möglichkeiten und der Bereitschaft deutscher Musikabsolventen aus, ins Ausland zu gehen (neben den Orchestemusikern auch die Musiklehrkräfte nicht zu vergessen)?

    Immerhin begegnet einem dann und wann jemand, der bereit und in der Lage ist, z.B. in China zu leben und zu arbeiten, was "früher" praktisch undenkbar war.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • wie kommen die 800 Absolventen im Artikel zustande?

    Hier:

    http://www.miz.org/downloads/stat…Studienfach.pdf

    werden für Instrumentalspiel/Orchstermusik ca. 2250 (ohne "Musikerzieher"!) angegeben. Gibts soviel Pianisten, Akkordeonisten und Blockflötisten? und was werden die?

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • wie kommen die 800 Absolventen im Artikel zustande?

    Hier:

    http://miz.org/downloads/statistik/13…sikberufe_Studienfach.pdf

    werden für Instrumentalspiel/Orchstermusik ca. 2250 (ohne "Musikerzieher"!) angegeben. Gibts soviel Pianisten, Akkordeonisten und Blockflötisten? und was werden die?

    Gemeint sind im ZEIT-Artikel anscheinend nur Absolventen deutscher Staatsangehörigkeit ("Und das sind nur die Bewerber aus Deutschland. Hinzu kommen noch die aus dem europäischen und internationalen Ausland..."). Der Anteil Studierender aus dem Ausland, die an deutschen Musikhochschulen ihre Ausbildung abschließen, ist aber anscheinend gerade im Bereich Instrumentalmusik sehr hoch und wird je nach Quelle auf 40 bis 60 Prozent geschätzt. Zu den ca. 800 deutschen muss also wohl noch einmal die gleiche Zahl ausländischer Absolventen hinzugerechnet werden. Die restlichen ca. 600-700 wären dann wohl tatsächlich Pianisten, Gitarristen usw.

    :wink:

    .

  • Gemeint sind im ZEIT-Artikel anscheinend nur Absolventen deutscher Staatsangehörigkeit ("Und das sind nur die Bewerber aus Deutschland. Hinzu kommen noch die aus dem europäischen und internationalen Ausland...").

    danke, das wirds irgendwie sein. Verstanden hätte ich den Artikel allerdings so, daß die 800 diejenigen Studierenden sind, die in Deutschland abgeschlossen haben.

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Verstanden hätte ich den Artikel allerdings so, daß die 800 diejenigen Studierenden sind, die in Deutschland abgeschlossen haben.

    Ja, das ist leider unklar formuliert. Manches spricht für Deine Interpretation. Auf http://musicians-career-center.com/vision/ steht beispielsweise:

    Der Arbeitsmarkt für Musiker ist hart umkämpft und die Situation verschärft sich von Jahr zu Jahr: Jährlich verlassen ca.2000 Absolventen die deutschen Hochschulen, davon ca. 800 Orchestermusiker.

    :wink:

    .

  • Dabei fallen mir noch ein paar Punkte ein:

    Bekanntlich herrscht ein weltweiter Wettbewerb um Ressourcen, Dienstleistungen, Anerkennung, oder platt ausgedrückt: um Geld.

    Was ich für den Thailand-Urlaub ausgebe, fehlt mir für den Konzertbesuch. Da hat die "Reiseindustrie" den Musikern in den letzten Jahren durchaus Marktanteile weggeschnappt. Eine recht neue Entwicklung ist hierbei die Kreuzfahrtindustrie. Man könnte diesen Schiffen jetzt wieder die Kunden abjagen. Oder man verlagert einfach seine Auftritte auf so ein Schiff. Genau das machen nämlich viele Musiker. Sogar mein ehemaliger Mitschüler, heute Jazz-Profi, Komponist, Dozent an der Musikhochschule Karlsruhe, über 20 CDs, etc. hat schon auf einem Kreuzfahrtschiff gespielt.

    Apropos Wettbewerb vs. Sozialismus:
    Interessant ist die Situation in Kuba, wo ich neulich war. Ich habe noch nie so viele Musiker in einem Land gesehen. Was aber nicht heißt, dass diese staatlich besonders unterstützt werden. Oder dass sie überdurchschnittlich gut verdienen. Aber es gibt sie massenhaft. Livemusik hat dort einen deutlich höheren Marktanteil als bei uns. Der Durchschnittsmusiker wird wohl ähnlich "arm" sein wie der Rest der Bevölkerung. Andererseits: Ein Lehrer verdient 20-25 Euro im Monat. Einem Musiker im Restaurant gibt man schnell mal einen Euro, wenn man eine Stunde lang unterhalten wurde. Wenn das 20 Leute am Abend machen, hat ein Solist schon das Monatsgehalt eines Lehrers verdient. Allerdings ist die Konkurrenz ziemlich groß. Und der Tourismus konzentriert sich auf wenige Orte.

    Fazit:
    Es gibt unter den 7 Milliarden Menschen auf diesem Planeten durchaus welche, die Geld für Musik ausgeben. Man muss entweder zu ihnen gehen, oder man muss sie zu sich herlocken...


    Thomas

  • Hallo mal wieder,
    Nachdem ich schon länger nicht mehr hier war und mich jemand auf Facebook zur Diskussion eingeladen hat, schreibe ich mal, was ich auch dort über den Artikel geschrieben habe (mit einigen Ergänzungen) - Sicht einer Betroffenen:

    So einen Artikel schreiben meist Leute von außen. Deren Blick ist zwar interessant und manchmal reißerisch, nützt aber nur bedingt. Es würde z.B.keinen Sinn ergeben, nur noch ein Viertel der Musiker auszubilden. Wir brauchen deshalb so viele, damit daraus die Besten fürs Orchester gefunden werden. Wenn wir das aktuelle Niveau halten wollen, wird es zwangsläufig immer Musiker geben, die keine Stelle bekommen. Wo kämen wir hin, wenn jeder Herz-OPs durchführen dürfte, der das gerne würde?

    Das Studium darf auch nicht mit zu viel "Kram" überladen sein, sonst kommt man zu nichts mehr. Es braucht Zeit, sich künstlerisch zu entwickeln. Das ist ja das "Dilemma". Bis man ein sehr guter Künstler, Musiker und Instrumentalist (ggf. sind das drei Dinge!) wird, vergehen viele Jahre und viel Übezeit. Dennoch: Mehr und bessere Angebote im Management und Marketing sind sinnvoll. In der Tat nehmen die aber nur ein kleiner Bruchteil der Studenten wahr. Da kann ich nur sagen: Selber schuld und ich verstehe das absolut nicht. Ich habe einige solcher Seminare besucht und sie haben mir (je nach Qualität des Seminars) durchaus geholffen auf meinem Weg zum selbstbewussten Künstler, in meiner Denkweise und auch ganz praktisch.

    Ganz so dramatisch wie im Artikel sehe ich das alles aber nicht. Es sollte einem klar sein oder im Studium klar werden, wie hart und umkämpft das Leben als Musiker ist. Sollte man mit 30 oder 40 merken, dass man sich das doch nicht mehr vorstellen kann - wo liegt das Problem? Die allermeisten haben Abitur und durchaus die Möglichkeit, auch in einem anderen Beruf zu arbeiten.
    Man darf sich auch mit dem Gedanken vertraut machen, zu unterrichten. Ich unterrichte sehr gerne und habe auch mehr Anfragen als Platz. Damit befinde ich mich sicher in einer Luxussituation, keine Ahnung, wem ich das zu verdanken habe - aber das Unterrichten kann sehr schön und befriedigend sein, und irgendwie hat man doch auch ein bisschen die moralische Verpflichtung, seine besonderen Fähigkeiten weiterzugeben...

    Der Punkt liegt also noch tiefer. Nicht nur im Studium, sondern in den Köpfen der Leute. Man muss aktiv werden, Chancen erkennen und wahrnehmen, mutig sein, Dinge ausprobieren, sich interessieren und weiterbilden. Dabei können diverse Studienangebote helfen, aber herbeiführen können sie es nicht. Auch kein Multifunktionslehrer. Wir brauchen Professoren auf höchstem künstlerischen Niveau, alles andere ist Blödsinn...

    Davon völlig unangetastet ist die Tatsache, dass von politischer Seite dringend nötig ist, die Situation der Musiker und Musiklehrer zu verbessern. Es ist untragbar, dass der überwiegende Teil des Musikunterrichts für Schüler und Studenten von Honorarkräften und Lehrbeauftragten geleistet wird, die in die Selbständigkeit gezwungen und schlecht bezahlt werden! An Theatern und Musikhäusern herrschen teilweise finanzielle Gefälle von oben nach unten, wo einem ganz anders wird... ;(

    Viele Grüße! Eure Anne / Stilblüte

  • wie kommen die 800 Absolventen im Artikel zustande?

    Hier:

    http://miz.org/downloads/statistik/13…sikberufe_Studienfach.pdf

    werden für Instrumentalspiel/Orchstermusik ca. 2250 (ohne "Musikerzieher"!) angegeben. Gibts soviel Pianisten, Akkordeonisten und Blockflötisten? und was werden die?

    Im Kleingedruckten der Statistik steht doch, dass "Abschlüsse von Aufbau-, Ergänzungs-, Zusatz- und Zweitstudiengängen" jeweils einzeln gezählt werden. Seit der Bologna-Reform machen meines Wissens auch Musikstudenten normalerweise zuerst einen Bachelor, dann einen (oder auch zwei) Master, eventuell noch ein Konzert- oder Solistenexamen. Das alles sind "berufsqualifizierende Abschlüsse" und keine "Zwischenprüfungen". Da es in der Statistik um Abschlüsse, in dem Artikel aber um Absolventen ging, kommen natürlich ganz andere Zahlen raus.

  • Da es in der Statistik um Abschlüsse, in dem Artikel aber um Absolventen ging, kommen natürlich ganz andere Zahlen raus.

    ok, das hatte ich nicht verstanden. Ist anscheinend aber auch ein verwirrender Sprachgebrauch von "Absolvent" - nach der einen Lesart jemand, der die Hochschule mit einem berufsqualifizierenden Abschluß verlassen hat, nach der andern Lesart kann so jemand 3x als "Absolvent" gezählt werden (Bachelor, Master, Konzertexamen). (auch im Kleingedruckten heißt es ja: Bei der Interpretation der Daten ist zu beachten, dass der Anstieg der Absolventenzahlen mitunter auch auf die Einführung der Bachelor- und Masterstudiengänge im Zuge der Bologna-Reform ab 2002 zurückzuführen.)

    ---
    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

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