Franz Schreker: Der ferne Klang. Oper Frankfurt, 13.04.2019 (Premiere: 31.03.2019)
Samstag, 13.04.2019, 19:30 Uhr
Oper Frankfurt
Franz Schreker: Der ferne Klang
Oper in drei Aufzügen
Text vom Komponisten
Musikalische Leitung: Sebastian Weigle
Regie: Damiano Michieletto
Bühnenbild: Paolo Fantin
Kostüme: Klaus Bruns
Video: Roland Horvath, Carmen Zimmermann
Licht: Alessandro Carletti
Chor: Tilman Michael
Dramaturgie: Norbert Abels
Grete Graumann: Jennifer Holloway
Fritz: Ian Koziara
Wirt des Gasthauses "Zum Schwan": Anthony Robin Schneider
Ein Schmierenschauspieler: Iurii Samoilov
Der alte Graumann / 2. Chorist: Magnús Baldvinsson
Seine Frau: Barbara Zechmeister
Dr. Vigelius: Dietrich Volle
Ein altes Weib: Nadine Secunde
Mizi: Julia Dawson
Milli / Die Kellnerin: Bianca Andrew
Mary: Julia Moorman
Eine Spanierin: Kelsey Lauritano
Der Graf: Gordon Bintner
Der Baron: Iain MacNeil
Der Chevalier / 1. Chorist: Theo Lebow
Rudolf: Sebastian Geyer
Ein zweifelhaftes Individuum: Hans-Jürgen Lazar
Ein Polizeimann / Ein Diener: Anatolii Suprun
Die alte Grete: Steffie Sehling
Der alte Fritz: Martin Georgi
Chor der Oper Frankfurt
Frankfurter Opern- und Museumsorchester
Die klassische Guckkastenbühne (oder wie nennt man es, wenn der Bühnenraum einen großen Quader bildet, ohne weitere Unterteilungen?), umgrenzt mit großen weißen Schleiervorhängen, auch horizontal, so daß die Bühne nach hinten begrenzt werden konnte und die Handlung teilweise hinter Schleiern stattfand. Die Handlung selbst bestand aus Rückblenden: Die Geschichte wurde vom Ende her erzählt, die Protagonisten Fritz und Grete als alte Menschen im Seniorenstift, so kann man sich das vorstellen. Fritz und Grete wurden in den ersten beiden Akten gedoppelt, waren nicht nur als junge Menschen präsent, sondern auch als stumme alte Menschen.
Dem Verbergen der Handlung entsprach auch der Orchesterklang: Die Schrekerschen Klangräusche wirkten ebenfalls wie hinter Schleiern. Weigle bot einen Schreker im Weichzeichner: Da gäbe es dramatisch zupackendere Möglichkeiten, die Klänge hätten drastischer, konturierter präsentiert werden können, wie ich es vom kürzlich verstorbenen Michael Gielen kenne, dem die Inszenierung übrigens gewidmet war: Gielen war vor vielen Jahren GMD in Frankfurt und ich lernte dort um 1980 Schrekers Die Gezeichneten kennen, eine hochgerühmte Produktion! Zupackender fand ich auch eine Aufführung in Mannheim 2015 (vgl. Franz Schreker: Der ferne Klang, Nationaltheater Mannheim, A-Premiere am 10.07.2015). Allerdings war ich seinerzeit nicht recht glücklich damit, und das musikalische Niveau in Frankfurt erschien mir deutlich höher als damals in Mannheim.
Wenn ich schreibe, daß es auch dramatisch zupackender hätte zugehen können, so meine ich das keineswegs kritisch, im Gegenteil: Das besagte Spiel "hinter Schleiern" (sowohl optisch als auch akustisch) rückte Schreker in eine unwirkliche Welt, in der Erinnern und Träumen erlebt werden kann, nicht unmittelbares Drama: Das fand ich in hohem Maße beeindruckend: Wie Weigle feinste Klangdifferenzierungen herausarbeitete, besonders in den leisen Stellen, berührte mich sehr! Und war letzlich auch packender als ein direkterer Weg!
Dazu paßten auch die sängerischen Leistungen, vor allem der beiden Protagonisten: Jennifer Holloway (Grete) und Ian Koziara (Fritz) offenbarten sehr schöne Stimmen mit feinen Lyrismen, das paßte (trotz kleiner Einschränkungen in der Textverständlichkeit und im Akzent). Auch die übrigen Sängerinnen und Sänger fand ich ausgezeichnet, ebenfalls den vielbeschäftigten Chor.
Die Orchesterzwischenspiele wurden von riesigen kinoartigen Videoprojektionen begleitet, die etwa den komponierenden Komponisten Fritz zeigen.
Alles zusammen: Orchester, Gesang, Darstellung, Regie, Bühnenbild und Komposition wirkten wie aus einem Guß, das war eine schlüssige Konzeption aller Beteiligten. Wenn der Begriff der Werkgerechtigkeit (dem ich mit Skepsis begegne) überhaupt einen Sinn hat: Hier wurde die Aufführung diesem Begriff gerecht, es "stimmte" alles zusammen!
Weitere Aufführungen: 19.4., 26.4., 28.4., 4.5., 11.5. Am Karfreitag werde ich nochmals dabei sein und ergänze ggf. meinen Bericht. Zu Schreker ließe sich noch so viel sagen...