Ihr als Regisseure - wie Ihr bestimmte Opern inszenieren würdet

  • Ist das nicht die Zusammenfassung fast aller Barockopern? Irgend eine Katastrophe, große Klage, Verwicklung irgendwelcher Art, ein Höhepunkt oder davon auch mehrere und dann irgendein Gott (wir haben ja reichlich) der seinen Stab schwingt und alles ist wieder gut?

  • MAN. DARF. SICH. UEBER. ALLES. LUSTIG. MACHEN.
    Grundvoraussetzung für alle Satire. Es gibt kein Recht darauf, nicht zur Zielscheibe zu werden. Für niemanden.

    na ja, dann gibts halt die auch aus aus außerforischen Gefilden bekannte Auslegungsproblematik im Hinblick auf Forenregel 9:

    Themen und Beiträge, die andere Personen oder Gruppen innerhalb oder außerhalb des Forums beleidigen, diffamieren, demütigen oder in ihrer Würde verletzen, werden nicht geduldet.

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Ich dachte, wir reden von Satire, nicht von Diffamierung et al.
    Wobei die Abgrenzung im Einzelfall Auslegungssache ist. Deswegen gilt Satire auf "staatstragende" Sachverhalte, Institutionen und Personen in totalitären Systemem gemeinhin als Diffamierung, Beleidigung und würdeverletzend und damit als kriminelles, strafbares Delikt. Wegen Witzereissens auf Mitglieder von Sittlichkeitsvereinen ging sogar ein Ludwig Thoma in den Knast. Daß Satire nicht alles darf, steht ausser Frage. Das ist dann aber eine Frage der Form, und nicht des Zielobjektes. Nichts und Niemand ist a priori sakrosankt, und ob Satire im Einzelfall geschmacklos oder anderweitig deplaziert ist, ist auch eine andere Frage. Sagt der ex-Kabarettist Bustopher. Insofern bleibt meine Aussage wortwörtlich stehen - über die Form steht da nämlich nichts drin.
    Kurt Tucholsky: Wenn's der Zensor merkt [Ergänzung: und eine Handhabe findet], ist es keine Satire mehr.

    viele Grüße

    Bustopher


    Wenn ein Kopf und ein Buch zusammenstoßen und es klingt hohl, ist denn das allemal im Buche?
    Georg Christoph Lichtenberg, Sudelbücher, Heft D (399)

  • Wobei die Abgrenzung im Einzelfall Auslegungssache ist.

    eben, darauf wollte ich hinweisen. Aber eben nicht Auslegungssache jedes einzelnen, sondern sowohl im Forum wie außerhalb muß von Entscheidungsberechtigten entschieden werden.

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    Es wäre lächerlich anzunehmen, daß das, was alle, die die Sache kennen, daran sehen, von dem Künstler allein nicht gesehen worden wäre.
    (J. Chr. Lobe, Fliegende Blätter für Musik, 1855, Bd. 1, S. 24).


    Wenn du größer wirst, verkehre mehr mit Partituren als mit Virtuosen.
    (Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln).

  • Ich verstehe das Problem nicht. Hier wird ja weder "Verhetzung" betrieben, noch "Hass" geschürt (was auch immer man unter diesen nicht besonders genau abgegrenzten Begriffen verstehen will), sondern es geht ja um im Grunde harmlose Opern-Satire. Wenn sich irgendjemand persönlich angegiffen fühlt, ist das sicherlich nicht so gemeint, aber da muss man einfach drüberstehen.

    Ist das nicht die Zusammenfassung fast aller Barockopern? Irgend eine Katastrophe, große Klage, Verwicklung irgendwelcher Art, ein Höhepunkt oder davon auch mehrere und dann irgendein Gott (wir haben ja reichlich) der seinen Stab schwingt und alles ist wieder gut?

    Gute Frage, schlechte Antwort: Keine Ahnung, ich kenne fast keine Barockopern. Aber meiner bescheidenen Erfahrung nach (u.a. Alcina, Orlando), ist der Inhalt zumindest teilweise wirklich nicht besonders intelligent, ja :thumbup:

    Wegen der im Mai 2023 in Kraft getretenen Forenregeln beteilige ich mich in diesem Forum nicht mehr (sondern schreibe unter demselben Pseudonym in einem anderen Forum), bin aber hier per PN weiterhin erreichbar.

  • Ja, glaub ich sofort. Aber: Alcina = sehr wirre Handlung (so eine typische böse Hexe (Kirke?) und die armen Männer) und Orlando = liebeskranker Held wird geheilt und kann wieder in den Krieg ziehen. Oder? Also so hab ich diese Stücke bisher wahrgenommen.

    Wegen der im Mai 2023 in Kraft getretenen Forenregeln beteilige ich mich in diesem Forum nicht mehr (sondern schreibe unter demselben Pseudonym in einem anderen Forum), bin aber hier per PN weiterhin erreichbar.

  • Ja, glaub ich sofort. Aber: Alcina = sehr wirre Handlung (so eine typische böse Hexe (Kirke?) und die armen Männer) und Orlando = liebeskranker Held wird geheilt und kann wieder in den Krieg ziehen. Oder? Also so hab ich diese Stücke bisher wahrgenommen.

    Es steckt natürlich sehr viel mehr drin als das von dir Zitierte. Das Problem ist, es steckt sogar mehr drin, als man in einer einzelnen Inszenierung auf die Bühne bringen kann. Insofern hat der Regisseur das gleiche Problem wie der Leser des Librettos: Er muss sich für eine Deutung entscheiden.

    Dabei haben wir "Laien" den Vorteil, dass sich die Deutung auf unser Gehirn beschränken darf, während der Regisseur das Ganze dann auch noch auf die Bühne bringen muss. Und zwar so, dass die Sache für den Zuschauer nachvollziehbar ist, zumindest für den interessierten Zuschauer.

    Ich plädiere bekanntlich immer dafür, dass man sich als Theaterbesucher vorher das Libretto durchliest (nur das Libretto, keinen Opernführer) und das Stück dann für sich selbst im Kopf inszeniert. Beim Besuch der Aufführung konfrontiert man dann seine eigene Idee des Stückes mit der des Regisseurs. Wobei eine gewisse Aufgeschlossenheit gegenüber der Gedankenwelt von anderen Personen nicht schaden kann...


    Thomas

  • Ich glaube sehr gerne, dass viel mehr in diesen Opern drinnensteckt, als ich - etwas provokant, aber nicht bösartig - geschrieben habe. Ich habe Alcina zweimal gesehen und Orlando einmal, beides ohne vorhergehende Beschäftigung mit dem Werk, daher habe ich die Stücke noch nicht wirklich erfasst. Das gebe ich gerne zu.

    Die Frage, worin die "ideale" Vorbereitung auf einen Opernbesuch besteht, ist eine andere, aber durchaus wert, behandelt zu werden.
    Ich bin anderer Meinung als Du, ich denke, man sollte möglichst unbedarft an ein persönlich neues Stück herangehen. So kann man sich möglichst vorurteilsfrei an ein Stück herantasten, und ich denke übrigens auch, dass das durchaus auch im Sinne des Komponisten/Librettisten ist. Das schließt natürlich die Möglichkeit ein, dass man ein Stück mehrmals sehen kann und nicht nur ein einzigesmal.
    Wenn Du vorschlägst, man sollte zuerst das Libretto lesen, nicht aber den Opernführer, würde ich gerne fragen: Wieso ausgerechnet keinen Opernführer? Freilich, es gibt solche und solche, aber wenn es ein guter ist, der einem einen kompakten Überblick über die relevanten Begebenheiten gibt?
    Und wieso sollte man nur das Libretto lesen, nicht aber die Musik hören? Wir alle wissen, dass in Opern nicht alles durch den Text ausgedrückt wird, sondern manches Wichtige nur durch die Musik, also wieso darauf bei der vorbereitung verzichten?
    Daraus ergibt sich leider, dass man durch das Hören einer Aufnahme jedenfalls "vorbelastet" wird, also man hat dann eine bestimmte Realisierung im Kopf, die man unbewusst zum Maßstab für die in Zukunft gehörten erhebt. Also dürfte man sich nur nur eine Aufnahme anhören, sondern möglichst viele, sagen wir 10. Wenn man aber die Zeit aufgebracht hat, 10 Aufnahmen genau zu hören, hat man womöglich gar keine Lust mehr auf das Live-Erlebnis oder kann es dann womöglich gar nicht richtig genießen.
    Außerdem sind bei manchen Opern die Libretti nur mit Mühe zu kriegen. Meine zuletztgesehene Oper war vor ein paar Tagen Król Roger von Szymanowski, dessen Libretto ich im Internet nur im polnischen Original aufgetrieben habe. Und Polnisch kann ich leider gar nicht. Ein deutsches oder englisches Libretto habe ich nicht gefunden, und ich bezweifle, dass es mein Erlebnis verbessert hätte, wenn ich den Text gekannt hätte.
    Insofern bin ich der Meinung: Am besten keine Vorbereitung, um sich unbeeinflusst auf das Stück einlassen zu können. :) Je tiefgehender man sich mit einem Stück beschäftigt, desto tiefgehender wird auch das Wissen um selbiges - aber das muss man ja nicht gleich bei der Erstbegegnung haben, denke ich.

    Wegen der im Mai 2023 in Kraft getretenen Forenregeln beteilige ich mich in diesem Forum nicht mehr (sondern schreibe unter demselben Pseudonym in einem anderen Forum), bin aber hier per PN weiterhin erreichbar.

  • Die Frage, worin die "ideale" Vorbereitung auf einen Opernbesuch besteht, ist eine andere, aber durchaus wert, behandelt zu werden.

    Dazu gibt's meines Wissens bereits einen Thread, den ich aber auf die Schnelle nicht finde.

    :wink:

    PS: Dort: Wie bereitet Ihr Euch auf einen Opernbesuch vor?

    Es grüßt Gurnemanz

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    Der Kunstschaffende hat nichts zu sagen - sondern er hat: zu schaffen. Und das Geschaffene wird mehr sagen, als der Schaffende ahnt.
    Helmut Lachenmann

  • Danke für den Hinweis, ich kopiere meinen Text von vorhin dort hin! Vielleicht mag mir Ecclitico dort antworten; es würde mich jedenfalls interessieren, was er dazu sagt.

    Wegen der im Mai 2023 in Kraft getretenen Forenregeln beteilige ich mich in diesem Forum nicht mehr (sondern schreibe unter demselben Pseudonym in einem anderen Forum), bin aber hier per PN weiterhin erreichbar.

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